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Autor Thema: Die USA-Reise eines deutschen Ehepaares im Jahr 1933  (Gelesen 29481 mal)

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GreyWolf

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Ein freundliches "Hello, how are you today?" an alle Leser(innen),

der ein oder andere wird mich noch kennen, weil ich vor einigen Jahren recht aktiv in diesem Forum war. Da ich nun zwei kleine Kinder habe, war es mit USA-Reisen in den letzten Jahren nicht mehr viel bei mir. Genau genommen war ich 2004 zum letzten Mal drüben.
 
Zufällig hatte ich damals ein altes Fotoalbum über eine Reise zweier Deutscher im Jahr 1924 in die USA in die Hände bekommen. Und daraus einen Reisebericht gemacht, den ich dann bei einem Forums-Treffen vorgestellt habe. Inzwischen habe ich auf meiner Homepage fünf Berichte, bei denen ich anhand alter Reise-Fotoalben Reisen "anno dazumal" nachvollziehe. Bei drei davon hatte ich sogar das Glück, dass diese alten Fotoalben, die ich aufarbeite, eigene Reiseberichte enthielten - ich also "Originalton" bieten kann.

Ich werde nun hier die Reise eines deutschen Ehepaars - Heinz und Daniela - im Jahr 1933 in die USA nachvollziehen. Ist der Bericht hier vollständig eingestellt, nehme ich ihn dann auch auf meine Homepage.

Die Grundlage dafür bietet ein umfangreiches Fotoalbum mit vielen Fotos und interessanten Bildunterschriften. Leider enthält das Fotoalbum keinen Reisebericht. Aber mit etwas Glück habe ich zwei gedruckte Reiseberichte in die Hände bekommen, die sich in vielen Bereichen fast 1:1 neben die Fotos stellen lassen.

Der Reisebericht ist noch nicht ganz fertig, aber ich fange schon mal an, ihn einzustellen. Das setzt mich nämlich unter Druck, auch mal den Rest fertigzumachen.

Also: zurück ins Jahr 1933......

Wer schon immer mal wissen wollte, wie man früher gereist ist: Alte Reiseberichte

captsamson

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Re: Die USA-Reise eines deutschen Ehepaares im Jahr 1933
« Antwort #1 am: 02.06.2011, 20:49 Uhr »
Das könnte interessant werden!

Wahrscheinlich steig ich dann aber erst nach unserem Urlaub Ende Juni ein, also von mir bekommst Du keinen Druck ;-)
Freu mich aber jetzt schon.
2010 NY,NV,AZ,CA
2011 NY,WY,UT,AZ,NV
2011 NY,DC
2012 NV,AZ,CO,UT
2014 WY,MT,AB,BC,WA
2015 WA,OR,CA,NV

Anti

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Re: Die USA-Reise eines deutschen Ehepaares im Jahr 1933
« Antwort #2 am: 02.06.2011, 20:58 Uhr »
Von mir gibt es Druck, wenn du vor meiner Reise fertig werden willst: Abfahrt in 2 einhalb Wochen. Bin aber so oder so dabei.

Kar98

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Re: Die USA-Reise eines deutschen Ehepaares im Jahr 1933
« Antwort #3 am: 02.06.2011, 21:27 Uhr »
Hier ein aktuelles Bild des im Bericht "USA 1924" erwähnten "Hopi-Hauses":

Damals:



Heute:



Es wurde übrigens 1906 erbaut ;)

SusanW

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Re: Die USA-Reise eines deutschen Ehepaares im Jahr 1933
« Antwort #4 am: 02.06.2011, 23:24 Uhr »
Das verspricht mal wieder interessant zu werden    :D  Bin auch  dabei
Liebe Grüße 
Susan

Tinerfeño

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Re: Die USA-Reise eines deutschen Ehepaares im Jahr 1933
« Antwort #5 am: 03.06.2011, 01:33 Uhr »
Habe vorhin mit Staunen den Bericht von 1924 gelesen - freue mich also auch auf mehr!!!
USA: '06, '08, '09, '10, '13, '14, '15, '17, '18 , '19, '20, '21, '22
Kanada: '08, '10, '14, '16/'17, '19, '22
Australien: '16, '17

Kauschthaus

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Re: Die USA-Reise eines deutschen Ehepaares im Jahr 1933
« Antwort #6 am: 03.06.2011, 08:23 Uhr »

Also: zurück ins Jahr 1933......

Da reise ich gerne mit.

Wenn du mir sagst, in welche Gegend es geht, kann ich den Bericht auch gleich ins Verzeichnis eintragen.  :wink:

Viele Grüße, Petra
Wenn DAS die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück!

Buffalo Bill

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Re: Die USA-Reise eines deutschen Ehepaares im Jahr 1933
« Antwort #7 am: 03.06.2011, 13:50 Uhr »
Bin auch dabei!  :D

usa2008

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Re: Die USA-Reise eines deutschen Ehepaares im Jahr 1933
« Antwort #8 am: 03.06.2011, 15:20 Uhr »
Ich komme natürlich auch wieder mit,
1933 ist das Geburtsjahr meiner Mutter.


Gaby

USAflo

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Re: Die USA-Reise eines deutschen Ehepaares im Jahr 1933
« Antwort #9 am: 03.06.2011, 18:23 Uhr »
Moin!

Ich bin auch dabei!

Tschau
Links zu meinen USA-Reiseberichten, Ausflugs- und Gastronomietipps für das Oldenburger Münsterland und Berichte zu unseren Europareisen auf meinem Blog: https://unser-om-und-umzu.blogspot.com/p/blog-page_19.html

GreyWolf

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Re: Die USA-Reise eines deutschen Ehepaares im Jahr 1933
« Antwort #10 am: 03.06.2011, 19:59 Uhr »
Das Fotoalbum

Im August 1933 fährt ein deutsches Ehepaar für 2 Monate in die USA. Zu einer Rundreise im Osten des Landes. Sie kommen in New York an, fahren dann über Niagara und Detroit nach Chicago, wo sie die Weltausstellung besuchen. Von dort geht es über mehrere Zwischenstationen nach New York zurück. Aufgrund von verwandtschaftlichen Beziehungen bleiben sie noch einige Zeit in New York, bevor es dann wieder zurück ins Deutsche Reich geht.

Unsere Reisenden sind übrigens ein mittelaltes Ehepaar namens Heinz und Daniela, wahrscheinlich aus Hagen/Westfalen. Mehr wissen wir nicht. Zwar sind inzwischen im Internet die damaligen Passagierlisten der HAPAG-Schiffe einsehbar, aber dummerweise nur die ab Hamburg – und unsere Reisenden fuhren ab Cuxhaven.

Aber was haben unsere Reisenden denn nun gedacht während ihrer Reise? Das wissen wir nicht, denn im Wesentlichen enthält das Photoalbum eben nur die Fotos (von denen ich 60 online stellen werde).
Aber dennoch kann man es vermuten. Gerade Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts erschienen in Deutschland eine Vielzahl von Reiseberichten, in denen deutsche Amerikareisende ihre Erlebnisse und Eindrücke schilderten. Ganz offenbar bestand eine große Nachfrage nach solchen persönlich gefärbten Berichten über das „gelobte Land“.

Beim Erarbeiten dieses Reiseberichts fiel mir zunächst eine Reisebeschreibung in die Hände, die schon sehr gut passte. Es handelt sich um das 1934 erschienene „Aus dem Reisetagebuch eines Amerikafahrers“ des Gaggenauer Industriellen C. F. Werner.
Diese Reisebeschreibung ist aus zwei Gründen interessant. Zum einen gleicht die Reiseroute teilweise dem des Fotoalbums. Und zum anderen gibt sie einen guten Einblick in die Gedankenwelt eines durchschnittlichen Deutschen in den Anfangsjahren des 3. Reichs. Ich werde mehrfach daraus zitieren.

Als ich dann später noch einmal nach Informationen zur Weltausstellung in Chicago suchte, fand sich das Buch „Zur Weltausstellung in Chicago“ des Pfarrers Friedrich Just, der aus den nach dem I. Weltkrieg zu Polen gehörenden deutschen Gebieten stammte. Und dieses Buch ist wirklich der absolute Volltreffer. Denn Just hat genau die gleiche Reise wie Daniela und Heinz gemacht, lediglich 2 Monate früher. Und er hat darüber einen sehr schönen Reisebericht verfasst, den man in weiten Teilen 1:1 neben die Bilder im Fotoalbum stellen konnte.


Reisen in die USA in früheren Zeiten

Wie leicht haben wir es doch heute. Wenn wir in die USA wollen, buchen wir ein Ticket für ein Flugzeug, fahren zum Flughafen und kommen nur wenige Stunden später schon in der Neuen Welt an. Vielleicht nicht mit allen Koffern, die wir aufgegeben haben, aber wir sind innerhalb eines Tages locker in den USA.

Das war natürlich nicht immer so. Christoph Kolumbus brauchte bei seiner ersten Reise gut drei Monate, um sein Ziel zu erreichen (reine Fahrzeit ohne Aufenthalte für Schiffsreparaturen).

Die späteren Reisen in die neuen Kolonien – von den USA war da ja noch lange keine Rede – waren oftmals eine kaum vorstellbare Quälerei. Für diese nicht ungefährlichen Touren wurden regelmäßig miserable Schiffe eingesetzt. Dies führte bis weit ins 19. Jahrhundert in schöner Regelmäßigkeit zu Totalverlusten, also zum spurlosen Verschwinden von Schiff und Passagieren.
Doch auch wer ankam, erlebte während der Reise oft die Hölle auf Erden. Die Zustände beschrieb der württembergische Organist Gottlieb Mittelberger in seinem 1756 erschienenen Bericht mit dem bezeichnenden Namen „Reise nach Pennsylvanien im Jahr 1750 und Rückkehr nach Teutschland im Jahr 1754. Enthaltend nicht nur eine Beschreibung des Landes nach seinem gegenwärtigen Zustand, sondern auch eine ausführliche Nachricht von den unglückseligen und betrübten Umständen der meisten Teutschen, die in diesen Land gezogen sind und dahin ziehen.“
Nicht nur dass Mittelberger wegen der 36 (!) Zollkontrollen der einzelnen Staaten und Kleinstaaten 7 Wochen brauchte, um von Süddeutschland nach Rotterdam zu kommen. Sein Schiff nach Philadelphia brauchte aufgrund schlechter Wetterverhältnisse weitere geschlagene 15 Wochen, also fast 4 Monate.
Die Schiffe selbst wurden mit 400 bis 600 Passagieren voll gepackt, zuzüglich Gepäck, Proviant, Wasser und Ladung. Jeder Passagier hat eine Bettstatt von 60 cm mal 180 cm. War erstmal der eigene Proviant aufgebraucht, was oft schon binnen weniger Tage der Fall ist, blieb nur noch die miserable Bordverpflegung. Mittelberger schreibt über die Zustände im Schiff:
„Während der Fahrt entsteht in den Schiffen ein jammervolles Elend, Gestank, Dampf, Grauen, Erbrechen, mancherlei Seekrankheiten, Fieber, Ruhr, Kopfweh, Hitzen, Verstopfungen des Leibes, Geschwulsten, Scharbock, Krebs, Mundfäule und dergleichen, welches von alten und sehr scharf gesalzenen Speisen und Fleisch, auch von dem sehr schlimmen und wüsten Wasser herrühret, wodurch viele elendiglich verderben und sterben. Dazu kommen ferner der Mangel der Lebensmittel, Hunger, Durst, Frost, Hitze, Nässe, Angst, Not, Anfechtung und Wehklagen neben andern Ungemach, davon die Läuse öfters, sonderlich bei den kranken Leuten, so überhand nehmen, dass man solche am Leib abstreifen kann.“
Kinder überstanden diese Seereisen kaum. Allein auf Mittelbergers Schiff starben 32(!) Kinder.

Wer nun glücklich die Neue Welt erreichte, hatte damit aber noch lange kein gutes Leben. Denn die durch die hohen Preise der Überfahrt enstandenen Schulden mussten erst einmal abgearbeitet werden. Konkret ging das so, dass niemand das Schiff verlassen durfte, bevor er nicht seine Überfahrt bezahlt hatte. Wer kein Geld hatte – die Mehrheit der Reisenden – bezahlte die Überfahrt, in dem er sich selbst und/oder die Ehefrau und/oder die (überlebenden) Kinder in eine Art von Lohnsklaverei verkaufte. Es gab regelrechte Sklavenhändler, die auf den Schiffen so ihre Ware kauften und dann im Land weiter verkauften. Vielen so eingewanderte Deutsche wurden so auf Dauer zu Leibeigenen.

Die Zustände wurden mit der Zeit besser, insbesondere diese Lohnsklaverei wurde nach und nach zurückgedrängt.
Aber die Beschwerlichkeit der Reise blieb. Noch 1838 benötigte der deutsche Auswanderer und Schriftsteller Friedrich Gerstäcker (einer der Inspirationen für die Geschichten Karl Mays) geschlagene 62 Tage mit einem Auswandererschiff von Bremen nach New York (Gerstäcker, Reisen und Abenteuer in USA).

Zügigeres Reisen erlaubten dann die ersten Dampfschiffe, die ab der Mitte der 19. Jahrhunderts auf den Nordatlantikrouten eingesetzt wurden, sich aber erst nach und nach durchsetzten. Zu dieser Zeit wurden dann allerdings auch die Reisen deutlich angenehmer.

Die Fliegerei war natürlich lange Zeit kein ernsthafter Konkurrent. Erst Beginn des 20. Jhd. wurden die ersten erfolgreichen Motorflüge absolviert. Übrigens als erstes nicht von den amerikanischen Gebrüdern Wright, sondern von dem deutschen Karl Jatho bei Hannover (was in den USA bis heute ignoriert wird).
Nach den ersten Motorflügen über den Atlantik im Jahr 1919 (nein, das war nicht Lindbergh, auch wenn das heute alle glauben, der machte nur die erste Alleinüberquerung), rückte der Luftverkehr verstärkt in den Blickpunkt der Atlantikquerungen. Allerdings etwas anders, nämlich mit dem Zeppelin.
Mit dem 1900 entwickelten und ab 1910 in Deutschland im Linienbetrieb eingesetzten Zeppelinen kam es 1924 zur ersten Fahrt (Zeppeline fliegen nicht, sie fahren) von Deutschland in die USA. Ab 1931 kam es zu einem Liniendienst von Deutschland nach Nord- und Südamerika. Unfallfrei wurden bis 1937 auf 590 Fahrten 34.000 Passagieren transportiert. Und dies, obwohl ein Ticket für eine solche Fahrt nach heutigen Preisen locker 10.000 Euro kostete.
Am 06. Mai 1937 kam es dann zur Katastrophe von Lakehurst, als das Luftschiff „Hindenburg“ beim Anlegen in Flammen aufging und 35 der 96 Insassen ums Leben kamen. Damit endete abrupt das Zeitalter der Luftschiffe, zumal inzwischen Flugzeuge inzwischen entwickelt worden waren, die bessere Möglichkeiten versprachen. Schon Ende 1938 flog eine viermotorige Focke-Wulf Fw-200 nonstop von Berlin nach New York.
Der 2. Weltkrieg beendete erstmal auch dieses Kapitel, führte zugleich aber zu einer weiteren Verbesserung der Luftfahrzeuge.
Erste Passagierflugzeuge flogen auf der Nordatlantikroute nach dem 2. Weltkrieg.  Aber erst ab Anfang der 1970er Jahre wurde auch für den Normaltouristen das Fliegen zur Normalität.
Wer schon immer mal wissen wollte, wie man früher gereist ist: Alte Reiseberichte

usa2008

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Re: Die USA-Reise eines deutschen Ehepaares im Jahr 1933
« Antwort #11 am: 04.06.2011, 12:19 Uhr »

Vielen Dank für diese sehr interessante Einführung, super zusammengefasst.
Du hast ein tolles Hobby, das aber bestimmt auch viel Zeit kostet?!

 :respekt:                 :dankeschoen:

Gaby

GreyWolf

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Re: Die USA-Reise eines deutschen Ehepaares im Jahr 1933
« Antwort #12 am: 04.06.2011, 19:35 Uhr »

Vielen Dank für diese sehr interessante Einführung, super zusammengefasst.
Du hast ein tolles Hobby, das aber bestimmt auch viel Zeit kostet?!

Ja, zeitmäßig kommt da einiges zusammen. Was auch der Grund ist, warum meine Homepage so langsam wächst. Genug Fotoalben zum Einstellen hätte ich ja.

Ach ja, danke für das Vergleichsbild des Hopi-Hauses. Bis auf eine kleine Balkenkonstruktion rechts oben scheint sich nichts geändert zu haben.
Wer schon immer mal wissen wollte, wie man früher gereist ist: Alte Reiseberichte

Flying-N

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Re: Die USA-Reise eines deutschen Ehepaares im Jahr 1933
« Antwort #13 am: 04.06.2011, 23:52 Uhr »
 :groove: Cool - freue mich schon auf eine weitere "Zeit"-Reise von dir! Exzellent aufgearbeitetes Material lieferst du immer, danke für deine Mühe!

Nic
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GreyWolf

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Re: Die USA-Reise eines deutschen Ehepaares im Jahr 1933
« Antwort #14 am: 05.06.2011, 20:47 Uhr »
Zunächst einmal ein Wort zu den Bildern, die ich hier einstelle:
Die Bilder sind Scans von den Originalfotos aus dem Fotoalbum. Das Fotoalbum enthält mehrere hundert Fotos, die ich natürlich nicht alle abscannen konnte. Schon deswegen habe ich mich auf Aufnahmen beschränkt, die wirklich interessantes zeigen.
Zudem sind die Originalbilder von sehr unterschiedlicher Qualität - teilweise super, teilweise schwach. Ich habe mich natürlich beim Abscannen auf die Bilder beschränkt, die so gut waren, dass man sie hier zeigen kann.


Mit der "Hamburg" nach New York

Insofern ist es ganz normal, dass unsere Reisenden ein Schiff nahmen, als sie am 10.08.1933 ab Cuxhaven in See stachen. Ihr Schiff war der HAPAG-Dampfer „Hamburg“.

Fangen wir mal damit an, zu erklären, was die HAPAG war. Die „Hamburg-Amerikanische Packetfahrt Aktiengesellschaft“ wurde 1847 von Hamburger Kaufleuten gegründet und wurde – hier führt der Name in die Irre – von Anfang an mehr als Passagierlinie, insbesondere für Auswanderer, denn als Frachtlinie betrieben.
Die HAPAG erlebte in den nächsten Jahren eine unterschiedliche Geschäftsentwicklung. Besonders hervorzuheben ist ihre Entwicklung unter Albert Ballin ab den 1890er Jahren. Ballin professionalisierte nicht nur das Auswanderergeschäft mit der Errichtung einer eigenen großräumigen Unterkunft für Auswanderer in Hamburg (der sog. Ballinstadt, heute ein Auswanderermuseum), sondern führte auch in großem Stil große Schnelldampfer für die Linie ein, die ein wirklich menschenwürdiges Reisen auch für ärmere Passagiere ermöglichte. Ganz nebenbei war die HAPAG auch der Erfinder der Kreuzfahrten, also der Schiffsreisen zum Vergnügen.

Als unsere Reisenden 1933 in See gehen, ist die HAPAG, die zum damaligen Zeitpunkt auf diversen Linien in alle Welt über 100 Schiffe betreibt, in einer schweren Krise. Die Weltwirtschaftskrise hatte die Zahl der Passagiere und die Menge der Fracht so reduziert, dass die HAPAG auf staatliche Hilfe angewiesen war. Gleichwohl erholte sich die HAPAG wieder, bis der 2. Weltkrieg sie erneut in Schwierigkeiten brachte. Heute besteht das Unternehmen, inzwischen mit der Fa. Lloyd zu Hapag Lloyd fusioniert und zur TUI-Gruppe gehörig, weiter fort und ist auf den Gebieten Reisebüros, Kreuzfahrten und Flugtourismus tätig.

Die „Hamburg“ (eigentlich „Hamburg II“, da es vorher schon einmal eine erste „Hamburg“ der Linie gegeben hatte), war 1925 von der bekannten Werft Blohm & Voss ausgeliefert wurde. Mit 21.455 Bruttoregistertonnen war sie genauso groß wie ihre Schwesterschiffe „Albert Ballin“ und „Deutschland“. Wie diese hatte sie eine Länge von 191,26 m und einer Breite von 22,2 m. Insgesamt konnte sie 1551 Passagiere beherbergen (251 in der 1. Klasse, 340 in der 2. Klasse und 960 in der 3. Klasse). Damit konnte sie sich auch nach heutigen Maßstäben durchaus sehen lassen.
So sah sie aus:




Ein wesentliches Merkmal dieser neuen Schiffe war die Abmilderung der unterschiedlichen Klassen. Zuvor gab es auf den Schiffen eine starke Unterscheidung in die wohlhabenden Passagiere der I. und II. Klasse und dem „Pöbel“ der III. Klasse. Es gab nicht nur eine klare räumliche Trennung der verschiedenen Passagiergruppen (Oberdecke für die Oberklasse, Unterdecke für die Unterklasse), auch die Unterbringung war sehr unterschiedlich. I. und II. Klasse reiste in Kabinen, während die III. Klasse in großen Schlafsälen (teilweise angeblich in der Einteilung „Männer“, „Frauen“ und „Israeliten“) unterkam.
In der nun neuen Generation der Schiffe war der Prunk der I. Klasse deutlich abgemildert. Und die III. Klasse hatte nicht nur kleine Kammern, sondern sogar einen eigenen Speisesaal und eigene Gesellschaftsräume.

Unsere Reisenden haben ein Pauschalangebot der HAPAG zur Weltausstellung nach Chicago gebucht. Dafür spricht die Bezeichnung auf dem folgenden Foto, auf dem die ca. 50 Personen als „Reisegesellschaft nach Chicago“ bezeichnet werden.



Hier sehen wir auch Heinz und Daniela zum ersten Mal.
In der mittleren Reihe steht fast genau in der Mitte eine weiß gewandete Dame. Heinz steht auf dem Bild rechts von ihr, und Daniela noch einmal rechts neben Heinz. Man beachte bitte die gute Kleidung der Reisenden.

Preislich waren diese Reisen übrigens relativ günstig. Die Weltwirtschaftskrise hatte zum einen die Nachfrage deutlich nach unten gedrückt und zum anderen den Wert des Dollars gegenüber der Reichsmark geschwächt. Friedrich Just hält hierzu fest:

„Große Vergünstigungen in Amerika, der Tiefstand des Dollars, die deutsche Registermark. Eine bescheidene Reise kostet nicht viel mehr als ein längerer Aufenthalt in einem Kurort. Also auf nach Amerika!“ (Just, S. 3)

Die "Registermark" war - wenn ich das richtig verstanden habe - eine Möglichkeit, Reichsmark in Devisen umzutauschen (das war ja wegen der Wirtschaftskrise keineswegs unproblematisch, weil natürlich jedes Land strikte Devisenpolitik betrieb).

Auch Just entscheidet sich für die Hapag und berichtet hierüber und die Reisevorbereitungen:
„Ich will mich einer Studienreise der Hapag anschließen. Da braucht man sich nicht mit zeitraubenden Überlegungen und Verhandlungen wegen Unterkunft, Verpflegung, Trinkgeld usw. zu mühen, hat sachkundige Führung in deutscher Sprache und kann in kürzester Zeit das Wichtigste sehen. Nicht ganz so leicht ist es, die Einreisegenehmigung nach den USA zu bekommen. Zwar ist der amerikanische Konsul in Warschau von vorbildlicher Liebenswürdigkeit, aber man muss die verschiedensten Papiere vorlegen und ein peinliches Verhör überstehen, dass man ja nicht goldenen Neuen Welt bleiben wolle, dass man genügend Geld habe, um in Amerika sich während des Aufenthalts dort unterhalten zu können usw.“ (Just, S. 3)

Dazu kommt ein Fragebogen mit 37 Fragen, die zu beantworten sind und die ziemlich den heutigen Fragen entsprechen. Also solche Fragen, ob man Anarchist oder Polygamist ist. Aber ehrlich antworten!

Ach ja, hier gibt es ein Foto und einen Lebenslauf von Friedrich Just

An Bord der Hamburg befanden sich auch deutsche Teilnehmer für die Weltausstellung. Die Bitterfelder Ballonfahrer Schütze und Dr. Körner waren ebenfalls auf dem Schiff, um am 3. September in Chicago an einer Ballon-Wettfahrt teilzunehmen (bei der sie dann den 4. Platz belegten).
8-9 Tage dauerte eine solche Fahrt, was durchaus eine akzeptable Zeit ist. Selbst die schnellsten Schiffe brauchten gut 6 Tage.

Just berichtet über seine Überfahrt: „Die Schiffskapelle spielt 'Muß i denn, muß ich denn zum Städtle hinaus', das Schiff fährt ab. Wer zum ersten Mal ein Überseeschiff betritt, kommt aus dem Staunen über die vielen Treppen und Gänge hinauf und hinab, die Speisesäle, Gesellschaftszimmer, Bäder usw. nicht heraus.“ (Just, S.6)

Für ein umfassendes Unterhaltungsprogramm ist gesorgt. Täglich gibt es ein Teekonzert, außerdem je nach Tag Tanz, Kino, Begrüßungsabend, Waldfest, Bockbierfest, Abschiedessen mit Ball, Decksport und „Pferderennen“ (nicht mit echten Pferden, sondern eine Art Gesellschaftsspiel). Und jeden Tag ein national unterschiedlich ausgerichtetes „Gabelfrühstück“ (Luncheon), nämlich russisch, französisch, caribisch, malaiisch, schwedisch oder amerikanisch.

Hier gibt es drei Bilder von Heinz und Daniela von der Überfahrt:

Beim Shuffleboard-Spielen (bzw. "Schuffelbord", wie Heinz notierte):




Daniela beim Ausruhen in einem Liegestuhl:


Und Daniela mit der Dogge eines anderen Passagiers:


Wieder Just: „Langeweile kommt aber auf dem Schiff nicht auf. Ein Trompetensignal mahnt zum Aufstehen und zu den Mahlzeiten. An drei Vormittagen sind Besichtigungen des Schiffes, der Wirtschafts- und Maschinenräume und der Kommandobrücke. Da staunt man über die Küchen, Proviant- und Kühlräume; alles so sauber und blitzblank. Da steigt man in das Gerassel des Maschinenraums hinab, schaut durch ein Schutzglas in die Ölfeuerung, hört die Umdrehungszahlen der Turbinen und geht an der 35 Meter langen Schiffswelle entlang und bis zum Steuerrad. Da bestaunt man oben auf der Kommandobrücke die Selbststeuerung des Schiffs durch einen Kreiselkompaß. Der Kapitän erzählt von seinen Weltreisen gar interessante und amüsante Stücklein. Außer den Besichtigungen ist Gelegenheit zu Bordspielen, außerdem Abends Kinovorführungen und Konzerte, für Tanzbeflissene Bockbierfest, Kostümball usw."

Werner berichtet noch über eine andere Art des Zeitvertreibs. Passagiere finden sich spontan zusammen, um für die Dauer der Überfahrt eine Art Gesangverein für zünftiges deutsches Liedgut zu bilden.

Das erinnert mich etwas an einen aktuellen Fall, als ein deutsches Gericht den Fall zu entscheiden hatte, ob eine Kreuzfahrt auf einem Schiff, das zum weit überwiegenden Teil mit Schweizern belegt war, die Jodelvereinen angehörten und dies ausgiebigst auf dem Schiff ausübten, eine Minderung des Reisepreises gestattet.....  :D


Wer schon immer mal wissen wollte, wie man früher gereist ist: Alte Reiseberichte