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Autor Thema: Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004  (Gelesen 26232 mal)

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Stefan M.

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Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004
« am: 27.09.2005, 12:57 Uhr »
Reisebericht „Drei Wochen durch den Westen der USA, Oktober 2004“

Hallo USA-Fans,

ich bin zwar noch nicht so lange User dieses Forums, aber einige “alte Hasen” haben mich gestern im Chat dazu überredet, auch unsere Eindrücke des letzten USA-Trips der Allgemeinheit zugänglich zu machen.

Obwohl die von uns gewählte Route mit Sicherheit schon von vielen so oder so ähnlich gemacht wurde, glaube ich, dass sich ein „virtuelles Mitfahren“ durchaus lohnen wird – vielleicht wird ja auch die ein oder andere Erinnerung an Eure eigenen Reisen wach.

„Wir“, das sind meine damalige Freundin Claudia und ich selbst, Stefan. Nachdem ich zuvor schon sechs mal an der Ostküste und einmal im mittleren Westen war (allesamt aber reine Städtereisen; verbunden mit etlichen NHL-Spielen), wuchs die Idee, sich doch auch einmal die westliche Seite der USA näher anzusehen – gehört und gelesen hatte ich ja von der Schönheit der Naturparks dort schon genug. Hinzu kam noch, dass 2004/2005 die NHL-Saison wie erwartet dem Lockout zum Opfer fiel und wir uns deshalb eine andere „Beschäftigung“ suchen mussten.

Vorweg genommen: Wir haben es in keinster Weise bereut, auch wenn wir angesichts der Vielzahl der Eindrücke und Höhepunkte gar nicht so recht wissen, was denn nun „das Schönste“ war.

Die Planung und Buchung habe ich wie immer komplett in Eigenregie über das Internet durchgeführt, mich aber selbstredend vor allem am Anfang der Planungsphase an vorgegebene Routen und Highlights aus Katalogen renommierter Reiseveranstalter angelehnt. Einige der insgesamt 1400 von mir gemachten Fotos werde ich auch an den Bericht anfügen – sie sind zwar nicht so toll wie manche der „Profi-Fotografen“ hier im Forum, vermitteln aber doch die Eindrücke besser als reiner Text.

Als Orientierung hier noch die groben Reisedaten:

06.10.2004   Flug MUC – FRA - SFO
28.10.2004   Flug SFO - MUC

(alle Flüge mit der „guten alten“ Lufthansa)


So, nun aber genug Vorgeplänkel – los geht’s!



06.10.2004 Flug nach San Francisco

Nachdem wir uns wochenlang schon auf die Reise gefreut hatten, und sowohl das Oktoberfest (für mich hieß das nur viel Arbeit) als auch die Hochzeit eines eng befreundeten Paares am 03.10.04 gut „über die Bühne“ gebracht war, ging es am Morgen des 06.10. endlich los. Das kurze Stück (etwa 30 km) bis zum Flughafen MUC wurden wir von einem Bekannten gefahren, und angesichts des miserablen Wetters hier in Bayern waren wir froh, nun in wärmere Gefilde fliegen zu können.
Es war zwar für uns keineswegs die erste Flugreise, aber dennoch eine Premiere: Zum ersten Mal hatte ich keine richtigen „Tickets“ in der Hand, sondern war über E-Tickets gebucht. Meine Befürchtungen, wir würden mit gepackten Koffern am Flughafen stehen und es wäre keine Buchung vorhanden, bestätigten sich aber gottlob nicht: Die Buchung war von dem Reiseveranstalter mit den drei „o“s genau so vollzogen worden, wie von uns beauftragt. Leider war der Direktflug von München nach San Francisco nicht mehr erhältlich, so dass wir erst den kurzen Zubringerflug nach Frankfurt auf uns nehmen mussten, bis wir in den „richtigen“ Vogel steigen konnten: Die Boeing 747 „Hamburg“ der Lufthansa...



Der Flug gestaltete sich recht angenehm, obwohl ich zu meinem Ärger feststellen musste, dass wir in der Sitzreihe gleich vor den Toiletten saßen – geruchsmäßig kein Problem, aber unglücklicherweise ließ sich dadurch die Rückenlehne nur minimal nach hinten verstellen. Was soll’s – ich kann im Flieger eh nie schlafen, schon gar nicht bei Tag. So brachte ich die approximativ 11 Stunden Flug damit herum, zu lesen („Volle Deckung, Mr. Bush“ – wie passend...) und mit meinem Sitznachbarn zu plaudern. Wie sich herausstellte, war dieser ältere Herr ein pensionierter Lufthansa-Flugkapitän aus der Frankfurter Gegend, der seine Stammtischrunde zu einem Westküsten-Trip eingeladen hatte: Flugtickets pro Person für sage und schreibe 60.- €uro – was doch Firmenzugehörigkeit für Vorteile haben kann...
Jedenfalls erfuhr ich von ihm, dass er früher exakt die selbe Strecke (FRA-SFO) x-mal selbst mit der 747 geflogen ist und so konnte er mir auch haufenweise technische Details über die Boeing und Anekdoten von früheren Flügen erzählen – eine echte Auflockerung, wie ich fand.

Die Flugroute führte, wie üblich, über die britische Insel, Grönland, Thunder Bay und Salt Lake City direkt zum Flughafen San Francisco.




Gegen 14.00 Uhr Ortszeit war es dann so weit: Landung in Kalifornien. Bei der Immigration lernten wir dann gleich die neueste Waffe im „Kampf gegen den Terrorismus“ kennen: Die Abnahme biometrischer Daten bei der Einreise. Meine Befürchtungen, es würde eine komplette erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt, bestätigten sich allerdings nicht: Lediglich beide Zeigefinger wurden gescannt und ein Foto mit einer Art Mini-Kamera wurde gefertigt. Die ganze Prozedur dauerte nicht viel mehr als 30 Sekunden, und so kam es dann auch zu keinen nennenswerten Schlangen bei der Einreise.

Nach dem Passieren der Zollkontrolle war mir dann schon bedeutend wohler – unser Gepäck wurde nicht kontrolliert... Da war doch noch was mit 25 Dosen Paulaner Weißbier in unserem Gepäck; und hatte ich auf dem Zollformular nicht etwas von „maximum one liter alcoholic beverages per person“ gelesen? Egal, meine „basic fundamental nutrition“ hatte die Kontrolle ohne Deklarierung überlebt und nun hieß es, sich um den Mietwagen zu kümmern.

Hier zeigte sich zum ersten Mal, wie modern und fortschrittlich der Flughafen SFO doch ist – mit dem kostenlosen AirTrain war es trotz mehrerer schwerer Gepäckstücke kein Problem, zum Car Rental Center zu gelangen – lustigerweise war auch hier der pensionierte Flugkapitän wieder mit uns im Abteil.

Im Car Rental Center angekommen traf mich fast der Schlag: Endlose Schlangen bei allen Vermietern – das hieß erst mal warten. Die Abfertigung erfolgte dann aber zügig und nach etwa einer halben Stunde waren wir bei Hertz an der Reihe: Ohne Probleme erhielt ich unseren Schlüssel und ging in die Garage – dort erwartete ich den von mir bestellten „Compact“. Auf dem zugewiesenen Parkplatz stand aber zu meiner Freude ein goldfarbener Pontiac GrandAm, frisch gewaschen und fast nagelneu (ca. 4000 mls auf dem Tacho). Wie sich später herausstellte, verkauft diesen Hertz normalerweise als Midsize – kein schlechter Deal also für uns.

Genussvoll fuhr ich also mit dem GrandAm, dessen V6-Maschine mich durchaus überzeugen konnte, Richtung Downtown San Francisco. Ohne großes Suchen fanden wir auch das von uns vorgebuchte „Buena Vista Motor Inn“ an der Lombard Street. Einchecken ging ebenso problemlos wie schnell, und kurz darauf saßen wir in unserem Zimmer, das gemessen am niedrigen Preis wirklich sehr schön war.

Claudia packte erst mal ihre Tasche aus, und schon der erste Schocker: Eine der Dosen mit meiner ernährungstechnischen Grundversorgung hatte die rüde Behandlung der Gepäckstücke an einem der Flughäfen nicht überlebt und so waren ein paar von Claudias Wäschestücken jetzt mit dem begehrten Gerstensaft getränkt. Das sorgte natürlich erst mal für Missstimmung – bei Claudia wegen der Wäsche, bei mir... na ihr wisst schon.

Die besagten Teile wurden dann aber flugs mit einem Schuss „Rei in der Tube“ (oder so was ähnliches) im Waschbecken eingeweicht, und wir schlenderten nach dem Umziehen gleich mal zum nahegelegenen Fisherman’s Wharf. Was für ein herrlicher Anblick – endlich am Ziel der Träume! Die sonnige Bay, das lauwarme Wetter und nicht allzu viel Betrieb. Wir genossen erst mal die Impressionen und schlenderten ein wenig umher...



Natürlich musste auch sofort ein erstes Erinnerungsfoto her – für Euch endlich die Gelegenheit, uns beide auch „bildlich“ kennenzulernen. Wir sind also die beiden, bei denen ihr die nächsten drei Wochen „mitfahren“ werdet: Stefan und Claudia



Um punkt 18.00 Uhr fanden wir uns dann vor dem Hard Rock Café ein – und trafen dort auf meinen Arbeitskollegen nebst seiner Freundin! Wer nun an irgendeinen Mega-Zufall denkt, ist auf dem Holzweg: Das war von uns so abgemacht. Martin und Steffi haben eine sehr ähnliche Tour etwa zwei Wochen vor uns gemacht und waren am Schluss ihrer Reise zu Besuch bei Steffis Bruder, der in Davis bei Sacramento lebt. So entstand die Idee, sich doch mal in Kalifornien auf ein Bierchen zu treffen. Unser erster Tag und deren vorletzter Tag stimmten überein, und so saßen wir kurz später beim ersten Burger mit Fries im HRC und ich genoß ein kühles Sam Adams. Die beiden erzählten uns einige ihrer Eindrücke aus den letzten zwei Wochen, was unsere Vorfreude auf die vor uns liegende Reise noch steigerte.

Gegen 19.30 Uhr Ortszeit (für unsere innere Uhr war es ja schon 04.30 Uhr morgens!) waren wir dann aber doch so müde, dass wir zurück zum Hotel gingen und vollkommen fertig ins Bett fielen.
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freddykr

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Re: Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004
« Antwort #1 am: 27.09.2005, 13:11 Uhr »
Hi Stefan,

da jetzt das letzte Bild auch noch drin ist, setz ich mich mit rein und cruise mit Euch durch den Westen.
Viele Grüße,
Danilo


mrh400

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Re: Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004
« Antwort #2 am: 27.09.2005, 13:18 Uhr »
Hallo,
freue mich schon aufs Mitfahren und Eure Erfahrungen
Gruß
mrh400

brigi

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Re: Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004
« Antwort #3 am: 27.09.2005, 13:35 Uhr »
Hallo Stefan,

soweit es die Wies'n zulässt :wink: fahre ich mit.

Freu mich schon auf die Fortsetzung. :prost:
liebe Grüsse Brigi
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Matze

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Re: Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004
« Antwort #4 am: 27.09.2005, 13:36 Uhr »
Ich darf doch hoffentlich auch mitfahren?? :wink:  :zwinker:

Freue mich schon auf eure Erlebnisse!! Ist ja jetzt schon auch was zum Schmunzeln dabei - siehe Bierdosen und " ernährungstechn. Grundversorgung"! (Obwohl es mich, als Pilstrinker, bei Weissbier "schüttelt", kann ich dich, weil aus Bayern -und Biertrinker :bier: gut verstehen!!)
Gruß Matze




San Francisco!!

Westernlady

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Re: Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004
« Antwort #5 am: 27.09.2005, 13:41 Uhr »
Hi Stefan,

ich bin auch eingstiegen und freue mich auf die Weiterfahrt  :D

Stefan M.

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Re: Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004
« Antwort #6 am: 27.09.2005, 15:59 Uhr »
07.10.2004 San Francisco – Sacramento – Lake Tahoe

Der erste “volle” Tag im Westen der USA. Da wir uns entschlossen hatten, die Besichtigung der Stadt San Francisco – zweifelsohne ein Filetstück der ganzen Reise – auf das Ende unseres Aufenthalts zu legen, nahmen wir im Hotel nur noch das sog. „Continental Breakfast“ zu uns und checkten dann aus. Das Frühstück bestand erwartungsgemäß nur aus ein paar Muffins, die aber geschmacklich durchaus überzeugen konnten, und dem für USA typischen extrem dünnen Kaffee. Soweit die Plörre die Bezeichnung Kaffee überhaupt verdient, habe ich dabei grundsätzlich den Eindruck, dass die Kaffeebohnen bei der Zubereitung nur kurz mit einer Zwiesel durch das heiße Wasser geschossen werden.

Das Auschecken verlief problemlos und schnell und kurz darauf ging es los. Da wir ohnehin schon an der Lombard Street wohnten, brauchte ich nur rechts in Richtung Coit Tower zu fahren, um schon auf dem Weg Richtung Oakland Bay Bridge zu sein. Die Entscheidung, San Francisco erst einmal „links liegen“ zu lassen und erst am Ende der Rundreise zu besichtigen, erwies sich als eine gute Wahl: Die Stadt war nämlich über Nacht in den typischen Nebel getaucht und man konnte kaum etwas erkennen. Eine Besichtigungstour hätte also ohnehin keinen großen Sinn gemacht. Wir fuhren also erst einmal auf den steilen Hügel der Lombard Street hinauf und dann die weltberühmten Kurven hinunter – das erste Highlight des heutigen Tages.







Anschließend fuhren wir weiter in Richtung Market Street, da wir die Stadt über die Oakland Bay Bridge Richtung Sacramento verlassen wollten. Eigentlich hätte man von hier aus den Finanzdistrikt gut erkennen können, aber der Nebel tat das Seinige...



So fuhren wir also schnurstracks auf die Oakland Bay Bridge. Auswärts fährt man dabei im unteren der beiden „Stockwerke“ – eine völlig neue Erfahrung für mich. Wer aus der Stadt raus fährt, muss übrigens nichts bezahlen; einwärts kostet die Brücke wie auch die Golden Gate Brückenmaut.



Auf einer gut ausgebauten Autobahn ging es weiter in Richtung Sacramento, einem der heutigen Tagesziele. Unterwegs hielten wir an einem Supermarkt und deckten uns erst mal mit einer großen Ladung Soft Drinks ein. Dabei entdeckte ich auch zum ersten mal die in Deutschland unbekannte Sorte „Coca Cola Light Limette“, also praktisch Cuba Libre ohne Rum. Das Zeug schmeckte wirklich gut und sollte dementsprechend auch ständiger Begleiter in den nächsten drei Wochen werden.



Gut ausgerüstet ging es also weiter. Einige Zeit später tauchte dann die Skyline von Sacramento am Horizont auf – gemessen an anderen Großstädten der USA natürlich nichts Berauschendes, aber wir waren ja auch nicht wegen der Wolkenkratzer hier.




Das Wetter war mittlerweile angenehm sonnig und warm, und kurz darauf parkten wir vor dem Capitol, also dem Regierungsgebäude des Staats Kalifornien.



Das Gebäude sieht dem Capitol in Washington verblüffend ähnlich, nur ist es natürlich viel kleiner. Im Capitol bekamen wir sogar eine deutschsprachige Broschüre in die Hand gedrückt, die den Lageplan der verschiedenen Büros erklärt. Außerdem gab es noch eine Gratis-CD mit Bildern fürs zu-Hause-anschauen. Das Capitol selbst ist schnell erklärt: Einige Büros sind modern ausgestattet und werden auch aktuell genutzt, andere sind mit der typischen Büroeinrichtung aus der Zeit um 1900 ausgestattet und dienen nur touristischen Zwecken. Das beeindruckendste ist eigentlich die Kuppel in der Mitte – der Boden ist hier auch mit Marmor ausgelegt.



Eines durfte natürlich nicht fehlen – ich wollte das Büro des „Gouvernators“ sehen. Arnie selbst war zwar nicht da, aber man konnte kurz sein Büro besichtigen. Im Büro selbst waren Fotos aber streng verboten.



Bei der Besichtigung des Capitols empfahl uns ein Angestellter, uns doch auch noch die historische Altstadt von Sacramento anzusehen. Gesagt, getan – nach kurzer Irrfahrt parkten wir unseren Pontiac neben der Altstadt und schlenderten hindurch. Dieser historische Stadtkern sah exakt so aus, wie man sich als Europäer eine Westernstadt vorstellt. In den alten Gebäuden befinden sich aber jetzt Geschäfte und kleine Restaurants.



Direkt an der Altstadt vorbei läuft (logischerweise) der Sacramento River, und auch ein alter historischer Schaufelraddampfer liegt hier vor Anker. Ob man diesen auch noch ab und zu zu Fahrten nutzt, entzieht sich aber meiner Kenntnis.



In einem der Restaurants gab es ein „All-u-can-eat“-Angebot für $5 plus tax, welches wir ausgiebig nutzten. Die Auswahl des „Buffets“ beschränkte sich zwar auf drei verschiedene Sorten Pizza und ebenso viele Sorten Nudelgerichte, es schmeckte aber ganz gut, und eine Salatbar gab’s ja auch noch.

Gestärkt durch die Mahlzeit fuhren wir weiter zu unserem heutigen Tagesziel: Der Lake Tahoe an der Staatsgrenze zu Nevada. Eine ganze Zeit lang ging es stetig bergauf – man merkte deutlich, dass der Lake Tahoe ein Gebirgssee ist, der auf über 2.500 m Höhe liegt. Schließlich tauchte er in einer Senke vor uns auf – und die berühmte tiefblaue Farbe des Sees hob sich deutlich von der umliegenden Landschaft ab. Der hellbraune Streifen vor dem See ist übrigens der Flugplatz von South Lake Tahoe – fragt mich jetzt aber nicht, welche Art von Flugzeugen hier landen kann/darf...



Unten am See angekommen, bewunderten wir erst einmal die Schönheit der Landschaft hier. Es war zum Baden zwar schon viel zu kühl, aber man konnte sich vorstellen, wie herrlich der Strand hier im Sommer sein muss.



Eigentlich wollten wir noch eine Bootsfahrt auf dem See unternehmen, aber dafür war es schon zu spät (Rundfahrten gingen nur bis ca. 15 Uhr) und zudem erschien mir ein Preis von ca. $40 pro Person für eine halbe Stunde herumgefahren-werden doch etwas happig. Wir suchten uns also das nächste Tourist Info und bekamen dort den Tip, doch den „Rainbow Trail“ zu erwandern. Dieser sei einerseits kostenlos und andererseits könne man genau jetzt die zum Laichen wandernden Lachse beobachten. Da wir beide dieses Schauspiel noch nie gesehen hatten, beschlossen wir, dem Rat zu folgen – keine schlechte Idee, wie sich herausstellen sollte. Wir fuhren also zu dem beschriebenen Trailhead und stellten dort unser Auto ab.
 




Außer uns waren nur wenige Wanderer unterwegs – erstaunlich angesichts der Schönheit dieser an den See grenzenden Sumpflandschaft. Der Weg führte erst durch größere Flächen mit hohem Sumpfgras – auf Infoschildern am Weg wurde einem die lokale Fauna und Flora näher vorgestellt.



Etwas später kam man dann zu dem besagten Flüsschen. Die wandernden Lachse waren tatsächlich knallrot, aufgrund des langsam fließenden Wassers schwammen sie aber eher ruhig gegen den Strom; ein Springen oder wildes Flossenschlagen, wie man es oft im TV sieht, war nicht zu sehen. Trotzdem ein beeindruckendes Erlebnis.



Nach dem Trail, der insgesamt nicht viel länger als 2 km sein dürfte, setzte auch schon langsam die Dämmerung ein, und ich begab mich auf Herbergssuche. An der Hauptstraße war mir ein Super8-Motel aufgefallen, und in Kenntnis der sehr günstigen Preise dieser Kette fuhr ich jetzt auch dort hin. Natürlich war ein Zimmer frei und wir wurden uns schnell handelseinig. In Erinnerung blieb mir allerdings der etwa 40jährige Portier des Motels: In der Lobby lief gerade der Fernseher und zu sehen war eine Wahlkampfrede von George W. Bush (zur Erinnerung: kurze Zeit später fanden die Wahlen in den USA statt!). Der Portier also hörte der Rede von Bush zu, und als sich dieser rühmte, wie toll er doch die US-Wirtschaft nach vorne gebracht hätte, begann er dermaßen lauthals auf den im Fernseher befindlichen Präsidenten zu schimpfen, dass ich Angst bekam, er würde jetzt gleich den Apparat zertrümmern oder in den Pool werfen. Über die Ausdrücke, die da gefallen sind, hülle ich mal lieber den Mantel des Schweigens; jedenfalls war das „F“-Wort auch oft genug dabei. Eins steht aber fest: Ein Stammwähler der Republikaner war der Mann mit Sicherheit nicht...

Nach dem Beziehen des Zimmers – normaler Motel-Standard – wollten wir noch was essen gehen. Wir fanden in der Nähe ein „Applebee’s“ Restaurant, und weil ich bislang nur Gutes über diese Kette gehört hatte, gingen wir rein um den Wahrheitsgehalt dieser Erfahrungsberichte zu überprüfen. Eigentlich hatte ich gedacht, ich wäre Bayern schon seit fast zwei Tagen entkommen – aber weit gefehlt. Auf der Getränkekarte stand doch tatsächlich ein Bier namens „Sam Adams Octoberfest“. Hä? Hab ich was verpasst? Höre ich Stimmen? Seit wann darf denn ein Bierbrauer aus Boston auf der Wiesn was ausschenken? Zu allem Überfluss bestand dieses Getränkeangebot auch noch aus „a pint and keep the glass“ – da konnte ich ja fast nicht widerstehen. Außerdem hatte ich ja noch 24 (ja, eine weniger, ihr wisst schon, warum) Dosen Weißbier, und dafür brauchte ich ja ein Glas. Kurz und gut, ich bestellte also dieses Angebot und bekam dieses Glas:



Es sollte sich tatsächlich für den Rest der Reise sehr hilfreich für den bereits beschriebenen Zweck herausstellen. Nebenbei: Das Essen im Applebee’s war tatsächlich hervorragend und günstig; diese Kette kann man ohne Einschränkung weiterempfehlen. Nach dem Essen schlenderten wir noch ein bisschen in Stateline, also den Ort an der Staatsgrenze herum. Wir bekamen hier schon einen kleinen Eindruck, wie es in Las Vegas zugehen muß – unmittelbar nach der Grenze zu Nevada stehen nämlich etliche Casinos, darunter auch ein Ableger der „Harrah’s“-Kette. Außerdem gibt’s dort tatsächlich ein Hard Rock Café, das aber meiner Meinung nach ebenso klein wie hässlich ist. So beließen wir es dort auch bei einem kurzen Reinschauen. Beinahe hätte ich mir in einem Souvenirladen einen schönen Cowboyhut gekauft - $160 schreckten mich aber ab; eine richtige Entscheidung, wie sich später herausstellen sollte. Gegen 22.00 Uhr fuhren wir dann zurück ins Motel, und mein neues Glas durfte zum ersten mal seinen bestimmten Zweck erfüllen – ich hatte eine der Dosen in dem von mir zu einer Eiswürfeltonne umfunktionierten Abfalleimer kaltgestellt und so klang der Abend vor dem Fernseher aus.
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Stefan M.

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Re: Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004
« Antwort #7 am: 27.09.2005, 20:17 Uhr »
08.10.2004 Lake Tahoe – Yosemite NP

Nach einer erholsamen Nacht in South Lake Tahoe und den obligatorischen morgendlichen Muffins ging es weiter in Richtung Süden. Am Topaz Lake vorbei führte uns der Weg bis hinunter zum Mono Lake, wo wir kurz am Parkplatz hielten und über eine Art „Boardwalk“ hinunter zum See wanderten.



An diesem hölzernen Gehweg entlang sind in den entsprechenden Abständen die Ausmaße des Sees in den letzten Jahrzehnten gekennzeichnet. Der Mono Lake wird von Jahr zu Jahr kleiner, da die Zuflüsse zum See zum Großteil abgepumpt werden, um Trinkwasser für die Großstadt Los Angeles zu gewinnen – eine in Zeiten des immer wichtiger werdenden Umweltschutzes recht fragwürdige Praxis. Der Salzsee bildet so mehr und mehr Salzformationen heraus, die oft bizarre Formen annehmen.



Mit der Besichtigung des Sees hielten wir uns jedoch nicht lange auf – es galt schließlich, noch einiges an Strecke zu machen. Nach einem kleinen Mittagessen in Lee Vining gingen fuhren wir in Richtung Tioga Pass hinauf. Das Interessante an dieser Strecke ist die sich ständig verändernde Landschaft. Während an der Ostseite der Sierra Nevada, wo man am Mono Lake startet, noch eine absolut karge Vegetation herrscht, wird diese immer üppiger, je weiter man in Richtung Westen fährt. Der Grund hierfür liegt auf der Hand – die vom Pazifik hereinziehenden Wolken schieben sich an der Westseite des Gebirgszugs hinauf und regnen dort logischerweise ab – an der Ostseite kommt dann Regen nur noch sehr spärlich an.

Nach einiger Fahrzeit erreichten wir dann den Eingang zum Yosemite Park – hier kam uns eine Gruppe Motorradfahrer entgegen – für mich als eingefleischten Biker natürlich sehr interessant. Zu meinem Erstaunen war bei den Amerikanern im Park nur eine einzige Marke angesagt: BMW! Und das nicht nur im Bezug auf die Motorräder, sondern auch die Helme, Lederkombis und sogar –stiefel stammten vom Zubehörhandel der deutschen Marke. Hätte ich ehrlichgesagt so nicht erwartet...



Wir selbst deckten uns am Parkeingang natürlich mit dem National Parks Pass ein – schließlich sollten ja im Verlauf der Reise noch viele Parks besucht werden. Dann ging die Fahrt weiter bis hin zum Tenaya Lake, wo wir kurz zum Fotografieren stoppten. Das Wetter wurde jetzt deutlich besser, die Sonne schien und es versprach ein wundervoller Tag im Yosemite zu werden.





Unser nächster Stopp erfolgte dann natürlich am Olmstead Point, von wo aus man den berühmten Half Dome von hinten sehen kann. Hier durfte natürlich ein Erinnerungsfoto nicht fehlen.




Beeindruckend sind hier auch die durch Gletschertätigkeiten glattgeschliffenen Felsformationen – wirklich erstaunlich, wenn man bedenkt, dass es sich ja um extrem harten Granit handelt.



Nach einer weiteren halben Stunde Fahrzeit erreichten wir den Eingang zum Yosemite Valley, dem zentralen Punkt im Nationalpark. Hier konnte man zum ersten mal den atemberaubenden Blick ins Tal genießen.



Im Tal selbst machten wir den ersten Stopp bei den Bridalveil Falls – dieser Wasserfall führte aber aufgrund der herbstlichen Jahreszeit nur sehr wenig Wasser. Andere waren komplett ausgetrocknet. An den schwarzen Rändern konnte man aber erkennen, wie groß der Wasserfall im Frühjahr zur Schneeschmelze sein muss. Im Bereich des Wasserfalls sahen wir auch einen kleinen Waldbrand – diese werden durch die Park Rangers überwacht und werden absichtlich gelegt – aber davon später mehr.



Weiter ging es ins Tal hinein. Unterwegs passierten wir „Cathedral Rock“ mit seinen schroffen Felsformationen.



Kurze Zeit später standen wir vor „El Capitan“ – dem zweithöchsten Berg im Tal - zweifelsohne ein atemberaubender Felsbrocken. Angeblich soll es sogar Bergsteiger geben, die in der Steilwand im Seil hängend sogar übernachten (!).



Wir beließen es bei einigen Fotos und setzten die Fahrt fort. Das Wetter hätte nicht besser sein können, es war sonnig, nahe 30° C und aufgrund der herbstlichen Jahreszeit war der Park keineswegs überlaufen. Etwas später bogen wir auf den Parkplatz beim Visitors Center ein. Von dort hatte man einen tollen Blick auf die Hauptattraktion des Parks, den Half Dome. Dieser Berg bietet wirklich einen einmaligen Anblick und ich kann gar nicht sagen, wie oft ich ihn letztlich aus allen möglichen Perspektiven fotografiert habe.



Im Visitors Center hielten wir uns nicht lange auf – die Snacks waren allesamt maßlos überteuert und so beließen wir es bei ein paar Postkarten. Wir fuhren dann das Tal zurück, bogen diesmal aber in Richtung Wawona Tunnel ab.



Von dort aus bietet sich einem erneut ein atemberaubender Ausblick auf das ganze Tal – das gute Wetter spielte auch mit und so lief meine Canon regelrecht heiß.



Da es erst Spätnachmittag war, beschlossen wir, den eigentlich für tags darauf geplanten Ausflug zum Glacier Point schon heute zu unternehmen und sich so das eine oder andere Foto beim Sonnenuntergang zu sichern. Auf dem Weg dorthin blieben wir noch am Taft Point stehen – hier kann man sehr gut erkennen, wie gerade der Half Dome durch die Gletscher geschliffen wurde.



Am Glacier Point war ich dann natürlich nicht der einzige, der auf das begehrte Foto wartete. Für mich überraschend allerdings, dass etwa 75% der Besucher dort Deutsche waren. Egal – etliche Fotos des in Rottönen erstrahlenden Bergs entschädigten für die lange Anfahrt.



Nach dem Sonnenuntergang fuhren wir noch eine knappe Stunde weiter aus dem Park hinaus – schließlich wollte ich mir die recht hohen Preise der Logdes im Park nicht antun. In Oakhurst wurde ich dann tatsächlich auch fündig – ein „Best Inn“ bot schöne, saubere Zimmer recht preiswert an. In einem nahegelegenen Fischrestaurant bekamen wir dann nach kurzer Wartezeit noch einen Tisch für zwei Personen – und das Warten sollte sich lohnen. Das Essen war hervorragend und noch dazu preiswert. Insgesamt kann ich den preisbewussten Besuchern nur empfehlen, zum Übernachten aus dem Park hinaus nach Oakhurst zu fahren – günstige Hotels, Supermärkte und Restaurants sind dort reichlich vorhanden.

Fast erschlagen von den ganzen Eindrücken des Tages fielen wir auch heute wieder todmüde ins Bett.
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Schneewie

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Re: Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004
« Antwort #8 am: 27.09.2005, 20:51 Uhr »
Super  :applaus:

Möchte weiter... :lesend:
Gruß Gabriele

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Re: Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004
« Antwort #9 am: 27.09.2005, 20:59 Uhr »
Hallo Stefan,

die Überzeugungsarbeit gestern im Chat hat sich gelohnt.   :lol:

Prima Bericht und sehr kurzweilig zu lesen. Ich hätte allerdings auch Pils mitgenommen, wenn ich mich denn getraut hätte.  :wink:

Viele Grüße, Petra
Wenn DAS die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück!

Stefan M.

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Re: Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004
« Antwort #10 am: 28.09.2005, 02:00 Uhr »
09.10.2004 Yosemite – Ridgecrest

Noch immer beeindruckt von den Impressionen des Vortags wachten wir im zwar einfachen, aber durchaus bequem eingerichteten Zimmer des Motels in Oakhurst auf. Wie üblich begaben wir uns in die Lobby, um das gewohnt karge Frühstück einzunehmen – aber weit gefehlt! Die Lobby quoll förmlich über von Motelgästen, die dort ihr Frühstück einnahmen – einige mussten sogar stehen. Grund hierfür war, dass es sich diesmal nicht um das 08/15 – Standard-Frühstück amerikanischer Motels handelte, sondern durchaus eine gute Auswahl an Heißgetränken, Saft, verschiedene Sorten Kuchen, Toast mit diversen Aufstrichen und Frischobst vorhanden war. Kurzum: Ein richtiges Frühstück. Wir fanden dann sogar noch einen Sitzplatz neben einem älteren Paar aus England und kamen auch gleich ins Gespräch. Das Paar hatte kurz zuvor den Yellowstone NP besucht und nun diskutierte man über Vorzüge und Nachteile im Vergleich mit dem Yosemite.

Nachdem wir uns im anliegenden Supermarkt noch mit Sandwiches eingedeckt hatten und auch der Tank des Pontiac erstmalig sein Recht eingefordert hatte, ging es wieder in den Yosemite NP hinein. Erstes Ziel des heutigen Tages war etwas, was ich schon seit etwa 20 Jahren unbedingt sehen wollte: Die Giant Sequoias des amerikanischen Westens. Viel hatte ich schon über diese Giganten gelesen und im TV gesehen, aber es geht doch nichts über ein Live-Erlebnis. So fuhren wir also nach Fish Camp wieder in den Park und schnurstracks Richtung Mariposa Grove. Gleich am Eingang musste dann natürlich das erste Erinnerungsfoto her, schon mit der ersten Sequoia...



Die Tatsache, dass der Park angesichts der Herbstzeit nur mäßig besucht war, und die doch noch recht frühe Tageszeit sorgte dafür, dass wir locker noch einen Platz am Parkplatz fanden. Horrorgeschichten von Besuchern, die in einem Endlos-Stau durch den Park schleichen, bewahrheiteten sich für uns somit gottlob nicht. Die Wanderung konnte also losgehen. Und wieder half uns der Zufall: Ohne dies irgendwie zu beabsichtigen oder zumindest gewollt zu haben, waren wir die einzigen Besucher, die den Rundwanderweg durch Mariposa Grove im Uhrzeigersinn wanderten. So wanderten wir dann völlig alleine etwa eine halbe Stunde und konnten in aller Seelenruhe die gigantischen Bäume bewundern, bevor wir wieder auf andere Touristen trafen.

Allen „Mitfahrern“, die diese wahrscheinlich größten Lebewesen der Welt noch nie gesehen haben, kann ich versichern, dass es für jemanden, der einigermaßen naturverbunden ist, wohl kaum ein beeindruckenderes Erlebnis geben kann als auf diese Goliaths des Pflanzenwuchses zu treffen. Man muss wirklich erst neben einem solchen Stamm stehen, um die schiere Größe begreifen zu können. Auch wenn es so wirken mag: Ich bin mit 1,80 m und knapp 90 kg auch kein Pygmäe...



Einige hundert Meter weiter trafen wir dann auf einen Bereich, in dem kurz zuvor offensichtlich ein Waldbrand „gewütet“ hat. Wie weiter oben schon erwähnt, werden diese oft von den Park Rangers absichtlich gelegt. Diese auf den ersten Blick paradoxe Maßnahme macht aber durchaus Sinn: Man hat nämlich festgestellt, dass ausgerechnet die Verhinderung von Waldbränden in den letzten 100 Jahren den Sequoias schadet. Die Zapfen der Sequoias brauchen nämlich die Hitze eines Waldbrandes, damit sich ihre Schuppen so weit öffnen können, um die Samen freizugeben. Folgerichtig kann sich eine Sequoia auch nur nach einem Waldbrand vermehren. Den ausgewachsenen Mammutbäumen kann ein Feuer übrigens nichts anhaben – die Rinde ist feuerhemmend und kokelt nur leicht an.



Wo wir schon beim Thema Zapfen sind: Solche gigantischen Bäume haben natürlich auch entsprechend große Zapfen. Das ist übrigens kein Kinderschuh, sondern mein eigener Fuß – immerhin Größe 43...



Nach dieser Exkursion in das Reich der Naturkunde will ich Euch natürlich nicht die echten „Stars“ des Hains vorenthalten. Kurz darauf trafen wir dann nämlich auf die größten Bäume im Mariposa Grove. Der „California Tree“ ist ein Baum, in dem Ende der 60er Jahre zu Werbezwecken ein Tunnel gebohrt wurde – trotz dieser doch massiven „Verletzung“ lebt der Baum aber weiter und wächst sogar noch. Claudia und ich fanden in der Aushöhlung natürlich locker Platz.



Der größte Baum im Hain ist allerdings der „Grizzly Giant“ – diese über 2800 Jahre alte Sequoia ist mit 68 m Höhe und 9 Metern Stammdurchmesser ein wahres Monstrum. Nach Informationen der Parkverwaltung (keine Ahnung, wie das errechnet wird) besteht dieser eine Baum aus sage und schreibe 858 Festmetern Holz – da könnte meine Oma ihren Kachelofen noch ein paar Jahre heizen...



Ein weiteres Highlight ist die Baumgruppe „The Bachelor and the three Graces“. Während das Wort „Bachelor“ in Deutschland vor allem wegen einer gewissen mega-peinlichen Verkuppel-Show eher negativ angehaucht ist, bietet sich hier dem Betrachter ein echter optischer Leckerbissen. Gleich fünf Sequoias stehen nahe beieinander; davon die Größte etwas abseits, was wohl irgendeinen Betrachter früherer Zeit mit ausgeprägter Phantasie darauf brachte, es könnte sich hier um einen Junggesellen mit vier buhlenden Schönheiten handeln (vielleicht war auch hier mehr der private Wunsch Vater des Gedankens; ich will das aber gar nicht weiter ausführen...).



Weiter ging es zurück in Richtung Parkplatz. Kurz vor dessen Erreichen trafen wir auf eine gefallene Sequoia, den „Fallen Monarch“. Claudia machte ein Foto von mir vor dem Wurzelstock – auch im gefallenen Zustand sind diese Bäume wirklich noch Giganten.




Da ich auf dem Land und auch in der Nähe von viel Wald aufgewachsen bin, schätzte ich zuerst die Liegezeit des Baums auf 30 – 40 Jahre. Die Infotafeln belehrten mich aber eines Besseren: Satte 300 Jahre liegt der Baum hier schon; und es gab auch Bilder aus dem 19. Jahrhundert mit Cowboys auf ihren Pferden, die auf dem Baum reiten. Das sollte auch gleichzeitig das Ende der Besichtigungstour im Mariposa Grove darstellen.

Wir fuhren weiter und gelangten kurz darauf zum Pioneer Yosemite History Center – eine Mischung aus Freilichtmuseum und den gut erhaltenen Überresten der ersten Siedler im Park.



Ausgestellt waren in einem großen Überdach die ersten Kutschen und Arbeitsgeräte der Pioniere – durchaus interessant, mit wie einfachen Mitteln diese hier die ersten Jahre meisterten.



Zudem war ein im Original erhaltenes (oder nachgebautes?) Dorf der Pioniere zu besichtigen – zugleich auch eine Station der Postkutsche früherer Zeit.
 


Dabei informierte mich ein Schild über das erste Gefängnis in dem Siedlerort – in diesem winzigen Kabuff waren zwei (!) Pferdediebe für über ein halbes Jahr eingesperrt... Ich überzeugte mich natürlich gleich selbst vom Liegekomfort dieser prähistorischen JVA...




Wir ließen es uns nicht nehmen, mit der vor Ort verkehrenden Kutsche eine Runde zu drehen – der Kutscher war wirklich ein rechter Spaßvogel und erzählte uns einiges Wissenswerte über die Siedlerzeit. Wir kamen auch am Wawona Hotel vorbei, das angeblich das zweite Hotel in Californien überhaupt darstellt. Es ist heute immer noch in Betrieb; Übernachtungen sollen aber ein halbes Vermögen kosten.



Anschließend setzten wir unsere Fahrt fort in Richtung Tioga Pass, also exakt die Strecke, über die wir tags zuvor in den Park gefahren waren.

Zwischendurch hielten wir noch kurz am Tunnel View - die Sicht war allerdings nicht annähernd mehr so spektakulär wie am Vortag - es war heute ziemlich diesig und ich war froh, die wichtigen Fotos schon am Vortag geschossen zu haben. Dafür kamen wir in den Genuß eines anderen Spektakels: Das sog. Yosemite Shuttle. Also, bevor ich in so ein hässliches sch#%§ding einsteige, fahr ich lieber gar nicht im Park herum. Das sah ungefähr so aus wie eine mobile Legebatterie für eingewanderte Marsmännchen mit vorgebauter Kabine für den Weckdienst...  na ja, wer's mag...



Diesmal hielten wir aber noch bei den Tuolumne Meadows und machten eine kleine Wanderung – diese auf der Hochebene gelegenen Sumpfwiesen mit ihrem ganz eigenen Bewuchs stellen eine für Europäer gänzlich unbekannte Landschaft dar. Zudem boten sich tolle Fotomotive.




Dies stellte auch gleichzeitig das Ende unseres Besuchs im Yosemite dar. Ich kann es vorweg nehmen: Der Park zählte mit zum Schönsten, was wir auf unserer Reise an Naturparks zu sehen bekamen. Man könnte ganze Wochen hier mit Wanderungen verbringen, ohne dass es einem langweilig wird. Im Rahmen einer Rundreise erhält man aber natürlich nur einen groben Abriß der Schönheit des Parks.

Eigentlicher Plan für den heutigen Tag war, nach erneuter Überquerung des Tioga Pass so weit nach Süden zu fahren wie möglich, damit man tags darauf direkt in das Death Valley einfahren konnte. Gesagt, getan – zwischendurch aßen wir noch bei „Denny’s“ in Bishop zu abend, und fuhren dann weiter, in der Hoffnung, irgendwo auf der Strecke ein günstiges Motel zu finden. Es sollte aber alles ganz anders kommen...

Obwohl wir ab ca. 18.00 Uhr bei wirklich jedem Hotel oder Motel (und das sind in dieser gottverlassenen Gegend nicht wirklich sehr viele) anhielten, war absolut nichts mehr zu kriegen. Man merkte deutlich, dass es sich um einen Samstag handelte; zudem war in einem der kleineren Orte (fragt mich jetzt aber nicht, wie der hieß) ein Country-Fest, was wohl zusätzlich für ausgebuchte Unterkunften sorgte. So gern ich auch dem offensichtlich authentischen Fest beigewohnt hätte – das einzig verfügbare Angebot ($120 plus tax für die allerletzte Absteige) wollte ich nicht annehmen.

Es blieb uns also nichts anderes übrig, als immer weiterzufahren – Rettung versprach ich mir mit Erreichen des etwas größeren Ortes Ridgecrest. Das war zwar eh schon ein Umweg, weil die Abzweigung zum Death Valley schon früher kam, aber zur Nachtzeit und völlig allein wollte ich wirklich nicht durch das Tal des Todes durch. So fuhren wir also nach Ridgecrest hinein, und jetzt begann der Ärger erst richtig...

Angesichts der schlechten Straßenbeleuchtung und der mir gänzlich unbekannten Stadt übersah ich kurz nach dem Ortseingang, dass die offizielle Straße mit abknickender Vorfahrt nach rechts weitergeht und fuhr natürlich geradeaus weiter. Ein fataler Fehler, wie sich gleich herausstellte: Das war nämlich die Zufahrt zu einem Navy-Stützpunkt hin. Obwohl ich den Fehler gleich bemerkte und wenden wollte, wurde ich von den Wachen auf den Seitenstreifen beordert. Kurioserweise hielt vor mir auf dem Seitenstreifen exakt der selbe Wagen, wie ich ihn selbst fuhr – ein goldfarbener GrandAm; offensichtlich auch ein Mietwagen (Barcode am Seitenfenster...). Das machte den Wachposten erst recht stutzig, obwohl in dem Wagen vor mir, wie sich herausstellte, zwei italienische Touristen saßen. Der Wachposten kassierte erst einmal unsere Pässe und gab diese weiter zur Überprüfung in Washington – wir könnten ja schließlich Terroristen sein. Die Tatsache, dass sowohl die Italiener als auch wir die Sache eher von der lustigen Seite nahmen und noch lauthals lachten, verwirrte den Posten natürlich noch mehr. Und auch der dritte Wagen mit „Falschfahrern“ ließ nicht lange auf sich warten, diesmal mit Touristen aus Sachsen. Nach einer Viertelstunde vergeblichen Versuchs des Wachpostens, sich mit diesen irgendwie zu verständigen (Wachposten konnte kein Deutsch, das Englisch der Sachsen, na ja, der Mathematiker würde sagen x -> 0) fragte er mich doch tatsächlich, ob ich deutsch sprechen könnte (weil ich ja einen deutschen Pass hätte) und ihm beim Übersetzen helfen würde, weil „these guys in the other car are also Germans but don’t speak any English...“). Ich stieg also hilfsbereit aus und ging zu dem Wagen nach hinten. Leute, ihr hättet die Gesichter der beiden Sachsen sehen sollen, als ich mich grinsend zum Fenster reinbeugte und auf deutsch fragte: „Na? Auch verfahren?“. Ich konnte aber die Fragen des Officers schnell klären und die Lage entspannte sich.

Schon nach etwa einer dreiviertel Stunde stellte sich überraschenderweise heraus, dass ich als bayerischer Gendarm nicht zum erweiterten Kreis der Al-Kaida zähle und wir erhielten unsere Pässe wieder. Wir fuhren dann in das „Städtchen“ rein und fanden auch relativ schnell ein Motel, das noch ein Zimmer frei hatte. Nach zwei Bierchens in einer nahegelegenen Sports-Bar schliefen wir dann hundemüde im Motel ein – mit einer weiteren Erfahrung zum Thema „Kampf gegen den Terror“ reicher...
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Matze

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Re: Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004
« Antwort #11 am: 28.09.2005, 09:52 Uhr »
Absolut super, dass wir dich im Chat überzeugen konnten!! :applaus:
Bericht gefällt mir sehr gut, auch wegen des kleinen "Naturkunde-Exkurses"!
Beim Bericht über dass "Verfahren" und übersetzen des sächs. Englisch (Ich bin geb. Sachse - Englisch mit sächs. Dialekt - köstlich!!!) mußte ich herzlich lachen!!
Wir haben uns übrigens auch mal so verfahren und sind direkt vorm Eingang eines Armeestützpunktes gelandet! Da aber vor 2001 ging es problemlos über die Bühne: konnten sogar nach Weg fragen, wenden und weg!!!

Unbedingt weiter schreiben!! :abklatsch:    wollen noch mehr :lesend:
Gruß Matze




San Francisco!!

Doreen & Andreas

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Re: Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004
« Antwort #12 am: 28.09.2005, 10:15 Uhr »
Super Bericht, da müssen wir us ale "Schwarzfahrer" einfach mal outen.
Viele Bilder sind von den selben Standpunkten fotografiert, wie wir auf unserer Reise 1995 (eigentlich logisch, sind meist Lookouts etc.  8) ) und wecken entsprechend Erinnerungen.
Wir haben uns seinerzeit übrigens erklären lassen, daß die großen Zapfen nicht von den Sequoias stammen, sondern von den Pinien, die da auch noch wachsen. Die Zapfen der Giant Sequoias sind lustigerweise ziemlich klein...
Viele Grüße,
Andreas
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Stefan M.

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Re: Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004
« Antwort #13 am: 28.09.2005, 10:33 Uhr »
Zitat von: Doreen & Andreas
Super Bericht, da müssen wir us ale "Schwarzfahrer" einfach mal outen.
Viele Bilder sind von den selben Standpunkten fotografiert, wie wir auf unserer Reise 1995 (eigentlich logisch, sind meist Lookouts etc.  8) ) und wecken entsprechend Erinnerungen.
Wir haben uns seinerzeit übrigens erklären lassen, daß die großen Zapfen nicht von den Sequoias stammen, sondern von den Pinien, die da auch noch wachsen. Die Zapfen der Giant Sequoias sind lustigerweise ziemlich klein...


Da verwechselst Du was. Die großen Zapfen stammen wirklich von den Sequoias - winzig sind dagegen aber die Zapfen der Coastal Redwood Mammutbäume - die kommen aber erst am Schluß der Reise in Muir Woods. Das Mitnehmen der großen Zapfen ist deshalb auch streng unter Strafe gestellt...
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Doreen & Andreas

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Re: Drei Wochen durch den Westen der USA - Oktober 2004
« Antwort #14 am: 28.09.2005, 10:38 Uhr »
Zitat von: Stefan M
...winzig sind dagegen aber die Zapfen der Coastal Redwood Mammutbäume - die kommen aber erst am Schluß der Reise in Muir Woods.

Da waren wir aber gar nicht  :?
Kann natürlich sein, daß wir diese Erklärung nicht im Yosemite, sondern im Sequoia N.P. bekommen haben. Aber auch da sind es Sequoias und keine Redwoods  :zuck:
Viele Grüße,
Andreas
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