10.10.2004 Ridgecrest – Las VegasRelativ früh erwachten wir in dem Wüstenstädtchen, das uns tags zuvor fast einen Gratis-Trip nach Guantanamo Bay beschert hätte. Heute stand die Fahrt durch das Death Valley an, deshalb wollte ich mich unbedingt noch in einem Supermarkt mit dem Nötigsten eindecken. Das Auschecken verlief wie immer problemlos, nur die unterirdische Motivation der adipösen Angestellten des „Rodeway Inn“, insgesamt eh die schlechteste Unterkunft der gesamten Reise, fiel mir negativ auf.
Da uns die allmorgendlichen Muffins schon buchstäblich zum Allerwertesten hinausstaubten, beschlossen wir, im lokalen „Denny’s“ zu frühstücken – mit dieser Kette hatten wir noch nie einen Reinfall erlebt und so entwickelten wir uns mehr und mehr zu Stammkunden. So war es auch heute, das Angebot war mehr als reichlich und der Preis stimmte.
Anschließend also hin zum nächsten Supermarkt. In Erinnerung blieb mir, dass dieser Markt einen Parkplatz hatte, dessen Anzahl der Stellplätze wohl weitaus höher war als die Gesamtzahl der in Ridgecrest zugelassenen Pkws. Wie in aller Welt sollte dieser riesige Platz auch nur annähernd gefüllt werden? Über die Antwort grüble ich heute noch, wegen der mehr als abgelegenen Lage des Orts kann „Kundschaft von außerhalb“ die Lösung nicht sein...
Nun, neben den üblichen Softdrinks und ein paar Tüten Knabbereien kauften wir uns auch einen etwa 10 Liter fassenden Behälter mit Frischwasser – für den Fall, dass wir ausgerechnet im Tal des Todes irgendwie hängen bleiben würden. Eine überflüssige Investition, wie sich später herausstellen sollte, aber die $1,50 war mir das beruhigte Gewissen in jedem Fall wert.
Gegen 10.00 Uhr ging es dann los. Nachdem wir Ridgecrest hinter uns gelassen hatten, ging es erst einmal ziemlich lang durch recht ödes Gebiet. Im Wüstenort „Trona“ passierten wir eine Mine, und angesichts der Trostlosigkeit der Gegend kam ich mehr und mehr zu der Erkenntnis, dass Kalifornien nicht nur aus traumhaften Küstenorten wie Santa Monica oder Coronado Beach besteht...
Der Straßenverlauf wurde auch immer übersichtlicher, je näher man in Richtung des Death Valley kam. Die längste Gerade hier ist satte 18 km lang, und vor der dahinter liegenden leichten Linkskurve war ein Warnschild – offensichtlich für die, die am Steuer eingeschlafen waren...
Claudia wollte nun auch unbedingt mal ans Steuer; und weil ja mangels anderer Verkehrsteilnehmer Kollisionen nicht zu befürchten waren, nahm ich auf dem Beifahrersitz Platz. Das Fahren klappte auch ganz gut – Claudia ist ja von meinem BMW Automatikgetriebe gewöhnt – einzig der Tempomat... zwei Welten prellen aufeinander! Immer dann, wenn sie versuchte, das Ding zu betätigen, benahm sich unser Pontiac, als ob wir in Ridgecrest Känguruh-Benzin getankt hätten. (was aber weniger am Auto als vielmehr am nervösen Gasfuß von Claudia gelegen hat). Kurzum, nach etwa 20 km verließ Claudia die Lust am Fahren und ich übernahm das Steuer wieder.
Einige Zeit danach befanden wir uns dann am Eingang zum Death Valley – hier durfte das obligatorische Erinnerungsfoto nicht fehlen.
Leider war ein Großteil des Death Valley wegen Straßenschäden, die angeblich auf Überflutungen zurückzuführen waren (kapier ich heute noch nicht), gesperrt, so dass die Sand Dunes den einzigen echten Höhepunkt im Tal darstellten. Dort ausgestiegen blies einem der heiße Wüstenwind aber recht stark mit ca. 38° C ins Gesicht – für Mitte Oktober ein doch beachtlicher Wert. Wie es hier wohl im Hochsommer sein muss?
Nach ein paar Fotos und ein wenig wandern in den Dunes ging die Fahrt weiter. Wegen der Streckensperrung musste ich den Umweg über Beatty in Kauf nehmen. Kurz vor Erreichen der Staatsgrenze passierten wir eine Unfallstelle, an der die Insassen von zwei Streifenwagen und einem Rettungsfahrzeug sich gerade an einem Auto zu schaffen machten, dass kopfüber etwa 30 m von der Straße entfernt im Gelände lag. Autsch! Hier möchte ich auch nicht verunfallen, bevor da professionelle Hilfe vor Ort ist, vergeht ja eine Ewigkeit.
Kurz danach passierten wir dann die Staatsgrenze nach Nevada. Erster positiver Aspekt: Die Geschwindigkeitsbeschränkungen in Nevada sind nicht so strikt, fortan stellte ich also den Tempomaten auf gute 75 mph ein.
Dass wir uns nun im „Silver State“ befanden, wurde einem schon in dem kleinen Ort Beatty bewusst: Die ersten Casinos und Gambling Halls gibt es nämlich auch hier schon. Weiter ging es auf dem Highway 95 in Richtung Las Vegas.
Mit reichlich Erstaunen bemerkte ich nun zahlreiche Schilder am Straßenrand, die das Mitnehmen von Anhaltern streng unter Strafe stellen – bis zu 10 Jahre Haft soll es dafür geben. Wo in aller Welt sollen denn hier mitten in der Wüste Anhalter herkommen, und vor allem: Was kann denn daran so verwerflich sein, jemanden mitzunehmen? Kurz darauf kam ich auf des Rätsels Lösung: Wir passierten das Staatsgefängnis von Nevada! Klar, hier jemanden mitzunehmen – vielleicht auch noch Träger eines orangefarbenen Designeranzugs – könnte u. U. böse Folgen haben. Das Gefängnis hier mitten in dieser öden Gegend zu bauen, fand ich übrigens keine schlechte Idee: Ein Entkommen zu Fuß ist praktisch unmöglich, weil weit und breit kein einziges Haus steht.
Weiter ging die Fahrt in Richtung der Spielerstadt. Nach etwa zwei Stunden Fahrzeit tauchte dann auch die Silhouette der Stadt vor uns auf, als erstes natürlich der Stratosphere Tower. Im dichten Verkehr ging es dann über die Stadtautobahn rein, und wir erwischten dank aufmerksamen Studiums der Beschilderung auf Anhieb gleich die richtige Ausfahrt. Schon befanden wir uns auf dem „Las Vegas Boulevard“, und das von mir vorgebuchte Hotel tauchte auch gleich vor uns auf: Stratosphere Hotel, Casino & Tower
Das Stratosphere hatte ich deshalb gebucht, weil aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen alle großen Themenhotels am Strip trotz eigentlich billigem Wochentag gesalzene Preise hatten – einzig das Strat bildete hier eine Ausnahme, und so fiel die Wahl auf dieses Hotel. Übrigens keine schlechte Wahl, wie wir feststellten. Nach kurzem Suchen fanden wir auch das riesige direkt am Hotel gelegene Parkhaus, und samt Gepäck ging es nun ans Einchecken. Das funktionierte auch recht problemlos, die Buchung von Deutschland aus hatte perfekt geklappt. Wir bekamen noch eine „Resort Fee“ von $5 pro Tag in Rechnung gestellt, dafür erhält man aber ein Heft mit allen möglichen Gutscheinen und Verbilligungen. Das Zimmer –normaler Standard Room – war sauber und geräumig, allerdings ohne viel Prunk ausgestattet. Gemessen am Preis (€ 45) hatten wir aber doch einen guten Deal gemacht, wie wir fanden.
Wegen der Hitze in den vergangenen Stunden wollte Claudia unbedingt gleich in den Hotel-Pool springen, um sich abzukühlen – ich hingegen wollte gleich die Spielerstadt erkunden, baden gehen kann ich schließlich zu Hause das ganze Jahr. Nach zähem Ringen einigten wir uns auf eine Stunde Pool und betraten also den auf dem Dach eines Nebengebäudes befindlichen Hotelpool. Die Poolanlage ist für das Hotel ausreichend, allerdings längst nicht so spektakulär wie die Pools der teureren Hotels.
Während sich Claudia im Pool vergnügte, beobachtete ich das Treiben auf der Spitze des Stratosphere Tower und war überrascht über den starken Flugverkehr von McCarran Airport aus – beinahe im Minutentakt starteten hier die Flugzeuge.
Nach Ablauf der genehmigten Stunde zogen wir uns im Zimmer um und gingen nach unten, um sich die Stadt anzusehen. Geplant hatte ich für den heutigen Abend die Besichtigung des „alten“ Vegas, also der Fremont Street. Zuvor mussten aber natürlich etliche Fotos von unserem Hotelturm gemacht werden...
Der Turm ist das höchste Gebäude westlich des Mississippi und überragt mit gut 350 m Höhe (ohne die Antenne des Big Shot) alle anderen Gebäude in der Stadt.
Wir gingen also zu Fuß in Richtung der Fremont Street – keine gute Idee, wie wir gleich bemerkten. Obwohl die Entfernung gar nicht so groß ist, führt der Weg durch eine relativ heruntergekommene Gegend, und etliche recht zwielichtig aussehende Gestalten verursachten bei uns ein mulmiges Gefühl. Dabei kommt man an einer Kopie des berühmten Vegas-Schilds im Süden der Stadt vorbei..
In der Fremont Street angekommen sahen wir uns erst mal ein wenig um. Es war noch Tageslicht und deshalb sah alles nicht ganz so spektakulär aus. Ich machte ein paar Fotos von den bekannteren Hotels, z. B. dem „Golden Nugget“.
Und noch etwas fiel auf: Man konnte hier alkoholische Getränke offen auf der Straße trinken – in anderen Bundesstaaten ja ein absolutes Tabu. Ein Getränkestand verkaufte Cocktails und Bier, und ich löschte erst mal mit einem ca. 0,7 l großen Becher eiskaltem Budweiser für $3 meinen Durst. Wir sahen uns in den Läden um und neben einer Sonnenbrille für nur $1 deckten wir uns auch mit Postkarten ein – die lieben Daheimgebliebenen wollen ja auch versorgt sein. Auch einige Souvenir- T-Shirts zum absoluten Spottpreis gingen in mein Eigentum über.
Schön langsam dämmerte es und wir beschlossen, essen zu gehen. Hatte ich da nicht eine Werbung des „Las Vegas Club“ Hotels gesehen, wo ein 20 oz T-Bone-Steak nebst Beilagen für $ 11,95 zu haben war? Dem konnte ich natürlich nicht widerstehen... Wir gingen also zu der angepriesenen Sportsbar und mussten dort etwa 20 Minuten warten, bis wir einen Platz bekamen. Die Warterei lohnte sich aber, das servierte Prachtstück habe ich dann auch gleich noch fotografiert...
Nach dem Essen ging es wieder raus in die Fremont Street. Mittlerweile war es Nacht geworden und die Straße erstrahlte in den vielen Neonlichtern.
Kurz darauf gingen alle Lichter der Hotels aus, und die große Lichterdecke an. Gespielt wurde – was auch sonst – „The Star Spangled Banner“. Alle Leute blieben stehen, nahmen die Hüte ab und sangen mit. Die Lichterdecke und die erstklassige Soundanlage sorgten auch bei mir für Gänsehaut.
Als wir die Fremont Street schon verlassen wollten, fiel mir noch ein Laden mit typischen Souvenirartikeln des amerikanischen Westens auf. Jetzt zahlte es sich aus, dass ich in Lake Tahoe von den überteuerten Preisen für einen Cowboyhut abgeschreckt wurde – es gab hier einen noch viel schöneren für umgerechnet nur € 46 – und der ging natürlich auch gleich in meinen Besitz über - übrigens kein Schund, sondern ein echter „Renegade“ (Made in Texas). Ihr werdet ihn auf einigen Fotos zu einem späteren Zeitpunkt noch bewundern können...
Nun wollten wir aber zurück zum Hotel. Leider waren die wenigen Pendelbusse restlos überfüllt und keine Taxis greifbar, so dass wir den Weg wieder zurück gehen mussten. Wir schafften es aber, ohne ausgeraubt zu werden und erreichten so gegen 22.30 Uhr wieder das Stratosphere Hotel.
Jetzt kam der eigentliche Höhepunkt des Tages: Wir fuhren bei Nacht rauf in die Spitze des Stratosphere Tower. Unten hatten wir uns im Paket schon mit Tickets für den Big Shot und den „X-Scream“ Thrill Ride eingedeckt, zuvor genossen wir aber noch den Ausblick über das Lichtermeer des nächtlichen Las Vegas.
Ich nutzte die Gunst der Stunde und machte Claudia den schon lange so geplanten Heiratsantrag, der auch prompt positiv beschieden wurde. Die Verlobungsringe, die ich schon in Deutschland gekauft und heimlich mitgeführt hatte, wurden natürlich auch gleich angesteckt. Wie ich die Dinger unbemerkt durch den Röntgenapparat am Fuß des Turms bekommen habe, versteht Claudia bis heute nicht, und es wird auch mein Geheimnis bleiben... Ich kann es vorweg nehmen: Am 15. April diesen Jahres gaben wir uns dann in der Heimat das Ja-Wort im Standesamt, die kirchliche Hochzeit wird 2006 folgen.
Nach diesem erhebenden Moment waren nun die Thrill Rides an der Reihe. Von den diversen Volksfesten in der Heimat ja einiges gewöhnt war ich der Meinung, dass mich das auch nicht sonderlich schockieren könne. Wie man sich doch irren kann. Beim Abheben im Big Shot gab mir mein Kleinhirn das deutliche Signal: „So, Dein Leben ist jetzt beendet. Du wirst ins Orbit katapultiert und erst irgendwo jenseits des Pluto wieder zum Stehen kommen..:“ – der anschließende Fall nach unten tat ein Übriges, weil man voll aus den Sitzen gehoben wird und von der Plattform des Turms erst mal nichts mehr sieht – so entsteht der Eindruck, man würde jetzt gleich die über 350 m im Freien Fall bis zum Strip hinunter zurücklegen.
Der Adrenalinspiegel befand sich zwar schon im roten Bereich, die Tickets für den X-Scream wollte ich aber dennoch nicht verfallen lassen. Rein also in die nächste Höllenmaschine. Wir waren zu allem Überfluss die ersten in der Reihe und saßen so in dem Wägelchen ganz vorn. Spaß gemacht hat die Sache allerdings dann schon; und die hoteleigene Fotoanlage hielt „den“ Moment fest...
Nach der Fahrt genossen wir noch ein wenig den Ausblick und versuchten, die in den schillernsten Farben leuchtenden Hotels am südlichen Strip ihren Namen zuzuordnen. Danach ging es mit dem Fahrstuhl wieder nach unten, wo wir am Roulette-Tisch noch $20 verzockten. Anschließend ging es aufs Hotelzimmer – wir waren ja schließlich jetzt Verlobte...