... Fortsetzung 19.4.
New YorkAn diesem Morgen herrschte schlechte Stimmung. Ich war frustriert und gereizt und mein Sohn wählte prompt (und vermutlich folgerichtig) diesen Morgen, um wegen allem und jedem zu motzen und zu nerven. Dadurch wurde auch Lothar sauer. Die Kette machte dann bei Annika halt, die bedrückt wirkte und sicherheitshalber so brav wie möglich war.
Ziemlich missgelaunt machten wir uns auf den Weg zum PATH Train und zum WTC, um erst mal ein Frühstückslokal zu suchen. Der sonnige und recht warme Morgen beruhigte dann die Gemüter einigermaßen.
Wir kamen an der St. Pauls Chapel vorbei, die wir natürlich anschauten.
Die Ausstellungsstücke im Zusammenhang mit 9/11 sind bewegend, und der letzte Rest von Ärger verflog als Peanuts angesichts des Leids der Opfer und Helfer. Die folgenden Bilder haben wir nachträglich am nächsten Tag aufgenommen, aber ich zeige sie hier, damit es nicht so trocken und fotolos bleibt. Dazu eine Anmerkung: Wir haben den Foto nicht groß eingestellt, sondern sofort “losgeknipst”. Die Auflösung bei den Originalbildern ist dementsprechend riesig eingestellt (bis zu 4000 KB pro Bild) und die Qualität beim Runterspeichern hat arg gelitten. Ansonsten sind wir sehr zufrieden mit unserem Kauf.
Kinder aus der ganzen USA hatten etwa 20 000 Briefe an die Helfer geschickt. Sie wurden überall in der Kirche angepinnt und die Helfer konnten sich die Briefe mitnehmen. Manche steckten sie unter den Feuerwehrhelm oder legten sie in ihre Autos.
Die Helfer schliefen in ihren Schichtpausen auf den Kirchenbänken oder auf solchen Liegen, die überall in der Kirche, auch oben entlang der Empore, aufgestellt worden waren. Freiwillige wechselten jeden Tag die Decken und legten ein Stofftier darauf.
So sah es auf dem Friedhof vor der Kirche aus.
Ziemlich aufgewühlt machten wir uns anschließend auf die Suche nach einem Frühstück. Wir landeten in einem McDonalds, das sicher nicht meine erste Wahl gewesen wäre, aber die Familie überstimmte mich mühelos.
Wir nahmen nun die U-Bahn bis zur 86. Straße und fanden bald das empfohlene Fotogeschäft. Einen seriösen Eindruck machte es auf jeden Fall, allerdings war die Auswahl recht bescheiden. Wir wollten die relativ neue Canon Powershot 700 haben, deren Preis und Bewertungen Lothar schon seit dem Herauskommen im März im Internet verfolgte, aber die gab es hier nicht. Der Verkäufer meinte, die meisten Geschäfte würden die noch nicht haben. B&H vielleicht, aber die hätten diese Woche zu (das wussten wir bereits). Oder wir sollten es bei J&R versuchen, das sei irgendwo downtown aber wo genau wüsste er nicht. Na prima, Weltstadt NYC! Jede Wette, dass es den in unserem Fotogeschäft in Balingen schon gab.
Um aus reiner Verzweiflung einen anderen Foto zu kaufen, war es noch zu früh. Und wir hatten uns diese Canon eben in den Kopf gesetzt und wollten vorerst nicht dran rütteln.
Wir zogen unverrichteter Dinge wieder ab und fuhren ein paar Stationen mit der Metro zum Museum of Natural History. Schließlich wollten wir unsere Zeit in NYC nicht ausschließlich mit der Suche nach einem Foto verbringen, ganz abgesehen davon, dass wir ihn ja dann gar nicht gebraucht hätten.
Wir kauften Tickets für die Darwin Ausstellung und konnten auch gleich 10 Minuten später rein. Diese Ausstellung - ich habe es eingangs schon erwähnt - war mit ein Hauptgrund, noch im Frühjahr nach NYC zu reisen. Sie endet Ende Mai am Memorial Day.
Und wir fanden sie sehr interessant. Auch für die Kinder gab es genug zu sehen ohne dass es für sie zu theoretisch wurde.
Gleich am Eingang war ein sehr großes Terrarium mit 2 Galapagos Schildkröten darin.
Mit Hilfe von nicht allzu langen, gut verständlichen Schrifttafeln und mit Fotos sowie Originalbriefen und -schriften wurde Darwins Familie, seine Ausbildung und seine Entwicklung zum Naturforscher dargestellt.
Ausführliche Beachtung erhielt natürlich seine 5-jährige Expeditionsfahrt mit der Beagle (1831 - 36) nach Südamerika, die als Modell ausgestellt war. Sie war überraschend klein, nur 90 ft lang. Ergänzt wurde dies mit Modellen der Tiere (in ihrer natürlichen Umgebung präsentiert), die im Zusammenhang mit ihm besonders bekannt wurden. (Darwin-)Strauß, Finken, und noch einige andere. Dazu die jeweiligen Erklärungen, wie die Beobachtung und das Studium dieser Tiere Darwin zu seinen Ideen brachte.
Als ich das - täuschend echte - Modell eines Leguans ansah, der auf einem dicken Ast lag, sagten mir die Kinder, dass er leben würde. Ich wollte das nicht glauben, bis sie mich darauf hinwiesen, dass man ihn atmen sah. Auch als ich sah, dass ein Auge immer mal langsam zwinkerte, dachte ich immer noch, das sei eine besonders gut gemachte Nachahmung. Wie vernagelt kann man sein?
Aber er lebte wirklich, darauf wies auch ein Schild hin, das ich entdeckte. Ich staune immer noch darüber, dass sich dieser Leguan so dekorativ auf den Ast gelegt hat als wäre er dort drapiert worden.
Es gab natürlich auch Erklärungen darüber, was die Evolutionstheorie eigentlich aussagt. Eine besonders für die Kinder prägnante Erklärung war ein Bildschirm, auf dem orangene und grüne Käfer rumkrabbelten, die von Vögeln weggepickt wurden. Mit einem Hebel konnte man die Bildschirmfläche ebenfalls auf orange oder grün umstellen. War sie grün, wurden von den Vögeln die nun gut sichtbaren orangenen Käfer gepickt, und umkehrt natürlich die grünen. Eine ebenso einfache wie geniale Darstellung.
Weiterhin war Darwins Arbeitszimmer nachgestellt. Mit Schreibtisch, Schriften, Bücherwänden und Vitrinen, in denen seine Studienobjekte lagen.
Ein weiteres Thema war die Wirkung seiner Evolutionstheorie auf die Öffentlichkeit. Nachdem er von der Fahrt mit der Beagle zurückkam, hat er Jahre damit zugebracht, seine Funde zu analysieren und Hypothesen aufzustellen. Dann vergingen weitere Jahre bis er sie zu einer Theorie zusammengefasst hatte. Und dann traute er sich schlicht nicht, sie zu veröffentlichen. Vorsichtig wandte er sich erst an befreundete Kollegen. Erst über 20 Jahre nach seiner Rückkehr brachte er sein Buch “On the origine of species” heraus. Nach den erwarteten Kritiken und Widerständen legte sich dann aber die Aufregung relativ bald.
Die Ausstellung endet mit einem kurzen Gang, in dem an der Seite Blumen dargestellt sind. Sie sollen den Gartenweg symbolisieren, den Darwin fast jeden Tag gegangen ist, während er über seinen Studien grübelte.
Ich merke gerade, die Erzählung ist recht lange geraten, aber wie gesagt, es war auch interessant. Wer mag, kann auch
hier weiterlesen.
Voll mit Eindrücken verließen wir das Museum wieder. Eigentlich wollten wir ja noch ins Rose Center for Earth und Space, aber dazu hatten wir jetzt den Kopf nicht mehr frei.
Wir gingen in den gegenüberliegenden Central Garden und wanderten ein paar Wege entlang. An einem kleinen See konnten die Kinder auf Felsen rumklettern und wir setzten uns in die Sonne, sahen den Ruderern auf dem See und dem Treiben am Ufer zu. Schön war es hier, aber uns fehlte immer noch ein Foto. Also liefen wir so in etwa schräg durch den Park auf die gegenüberliegende Seite und zur Madison Ave. Die Schaufenster der vielen Designerläden waren interessant anzugucken, aber für Fotogeschäfte war es ganz offensichtlich die falsche Straße. Irgendwann kamen wir wieder am Times Square an, mit wunden Füßen aber immer noch ohne Foto.
Aus reiner Verzweiflung gingen wir dann doch in so einen Foto/Souvenirladen. Hinterher können wir bestenfalls sagen, dass es interessant war, diese Erfahrung gemacht zu haben.
Zu unserer nicht geringen Verblüffung hatten sie die Powershot A700 vorrätig. Der Verkäufer sagte uns einen Preis (ich glaube es waren so 265 $). Das erschien uns sehr günstig, wir wussten in etwa was sie in D kostete. Dafür sollte eine Speicherkarte 159 $ kosten und die doppelt so große mit 512 MB 199 $. Er sagte uns dann einen Gesamtpreis mit der kleineren Karte von 400 $. Wir überlegten eine Weile, weil wir absolut nicht sicher waren, ob wir hier kaufen wollen. Andererseits war der Foto offensichtlich original verpackt mit Anleitung, Garantiezettel usw. von Canon. Und die Speicherkarten waren in D günstiger, der Foto aber teurer, was zusammen in etwa dem genannten Preis entsprechen würde. Auf der Packung war übrigens ein Preisaufkleber mit über 700 $. Offensichtlich ein Mondpreis.
Als wir zusagten, wollte der Verkäufer auf einmal nur Bargeld haben. So viel hatten wir nicht dabei. Dann wollte er wenigstens 100 $ bar, und als wir verneinten wenigstens 50 $. Wir schauten ihn noch fassungslos an, als ein weiterer Verkäufer dazukam, und uns einen anderen Foto anbot. Eine Nikon. Er meinte, die sei viel besser und er würde sie uns zum gleichen Preis geben. Er gab sich viel Mühe, uns von den Vorzügen der Nikon gegenüber der Canon zu überzeugen, machte mit beiden Bilder vom Laden, die bei der Canon ganz dunkel waren und bei der anderen schön hell und zauberte offensichtlich ein bisschen. Als wir sagten, wir wollten die Canon, hat er uns noch dumm angeredet und meinte, solche Kunden hätte er noch nie gehabt, die den besseren Foto zum gleichen Preis nicht wollten. Widerwillig legte er sie an die Kasse und der Kassierer schnappte sie gleich, legte sie hinter sich auf ein Regal und meinte, die gäbe er nur in bar raus. Wir hatten nun genug des bösen Spiels und gingen grußlos aus dem Laden. Vermutlich war der erste Verkäufer etwas unbedarft bei der Preisgestaltung, und die anderen beiden wollten ein schlechtes Geschäft verhindern. Und das haben sie dann ja auch geschafft.
Nun wurden die Kinder langsam ungeduldig. Sie wollten zu Toys ‘re Us und sonst nirgendwo hin. Da sie recht brav mitgelaufen waren (Designerschaufenster sind ja nicht so spannend), erfüllten wir diesen Wunsch. Das war eh klar, dass wir das nicht verhindern können.
Julian verschwand sogleich an den Spielkonsolen für den neuen Gameboy DS und rührte sich auch nicht mehr weg. Der Rest von dem riesigen Laden interessierte ihn nicht, er spielte und war versunken.
Annika fand das nicht gar so spannend, also ging ich mit ihr in die beiden oberen Stockwerke. Sie bekamen dann beide eine Kleinigkeit und so langsam konnten wir sie wieder loseisen.
Lothar und ich hatten vor der Reise eine Liste aufgestellt, was wir in NYC machen wollen. Das war zeitlich nicht eng geplant, aber durch die blöde Fotosuche verloren wir doch immer wieder Zeit. Deshalb beschlossen wir, jetzt noch zur Central Station zu fahren. Auch wenn es schon dunkel wurde. Das taten wir dann auch, liefen ein bisschen in den Gängen herum und bewunderten die Decke der großen Halle. Wir schlenderten durch die dortige Markthalle und fühlten uns wie im Schlaraffenland. Toll, was da alles angeboten wird. Als Provinzlerin, die so manches Rezept nie ausprobieren kann, weil ich gar nicht weiß, wo ich die Zutaten kriegen würde, wurde ich ganz grün vor Neid.
Dann meldete sich der Hunger und wir suchten nach einer Essgelegenheit. Fündig wurden wir nicht, deshalb fuhren wir zur 34th St und gingen in das Tick Tock Diner, das an der Ecke vom Hotel New Yorker und uns in guter Erinnerung war.
Ziemlich geschafft fuhren wir anschließend mit Metro und PATH Train ins Hotel zurück. Die Verbindung mit dem PATH ist ja schnell und gut, aber es ist lästig, dass sie nicht bei der Metrocard dabei ist. Man brauchte immer genug Kleingeld bzw. kleine Scheine für 4 Personen.
Fortsetzung folgt ...