Schön dass dir der Tag gefallen hat, Steffi.
25.08.Am Abend zuvor hatten wir noch einen Gepäckwagen geklaut, damit wir beim Heruntertragen des Gepäcks keinen Portier besorgen und dann mit Tip VERsorgen mussten.
Den haben wir unten in einem verlassenen Flur gefunden, mit hoch genommen und in unser riesiges Zimmer gestellt. Am Morgen luden wir ihn dann voll, brachten ihn zu einem Seiteneingang etwas abseits der Portiers, ließen ihn drinne stehen und beluden unser Auto unter den Argusaugen der Portiers. Den Wagen konnten sie gar nicht sehen, aber wahrscheinlich wunderten sie sich, wo wir das ganze Gepäck herholten.
Dann checkten wir aus.
unser Hotel
Dann beeilten wir uns, in die Stadt zu kommen, denn wir wollten einen Parkplatz am Kapitol bekommen um unsere Führung nicht zu verpassen. Das stellte sich als weit schwieriger als gedacht heraus – es war zwar alles leer, aber „for US. Government Use only“. Und so brauchten wir fast schon zu lange, um einen Parkplatz zu finden und rannten dann zum Kapitol, wo wir dann durch den Sicherheitscheck gingen. Die Eile stellte sich aber als sinnlos heraus, denn auf dem Ticket hieß es „seien sie eine halbe Stunde früher da“, was wir natürlich brav einhielten, aber bereits nach 10 Minuten hatten wir unser Ticket gegen einen Aufkleber eingetauscht und standen in der Halle herum. Na gut.
Wir schauten uns die Figuren aus verschiedenen Staaten an, denn jeder Staat darf zwei Statuen schicken, die wichtige Leute aus dem jeweiligen Staat darstellen. Was für Personen das sind liegt im Ermessen des jeweiligen Staates.
Nachdem die eigentliche Führung dann losging, kam als erstes ein Film in einem kleinen Kino. Ich hatte etwas leicht Unspannendes über die Architektur des Gebäudes erwartet, aber da hatte ich die Amis unterschätzt. Es gab einen heroischen Film mit grandiosen Landschaften und theatralischer Musik mit dem Thema: Warum können wir so viele verschiedene großartige Menschen miteinander vereinen in diesem Land? Wegen unseres Parlaments. Und dann wurde die Geschichte des Parlaments erzählt, die Geschichte seiner Gründung und wie es im Bürgerkrieg weiterging. Zwischendurch gab es immer Abschnitte, in denen mit toller Musik die verschiedenen verabschiedeten Gesetze gezeigt wurden, was dann in einem Abschnitt über „Wie Amerika das tollste Land der Welt“ wurde gipfelte: Krieg gegen die Nazis, Aufbau von Europa/Marshallplan, usw. Wie kritisch man das auch immer sehen mag, es war so großartig gemacht, dass ich sofort die Staatsbürgererklärung unterschrieben und dabei geschluchzt hätte, hätte man es mir angeboten.
Anschließend begann dann unsere eigentliche Führung. Wir hatten eine etwas ironische Führerin, die sich immer lustig machte über das, was im Kapitol so passiert. Die Führung war eher mittelmäßig, auch wenn wir spannende Dinge erfuhren: Das Kapitol steht im Zentrum der vier Quadranten der durch und durch geplanten Stadt Washington DC. Jede Straße von Ost nach West hat Nummern, jede Stadt von Nord nach Süd hat Buchstaben (oder andersherum?) und da es nur 26 Buchstaben gibt, aber mehr als 26 Querstraßen, hat man Washington in vier Quadranten aufgeteilt. So gibt es J Street Ecke 23rd Street vier Mal, und man muss immer den Quadranten dazu sagen. Jedenfalls steht das Kapitol im Zentrum aller Quadranten und in den Katakomben des Gebäudes ist ein Marmorstern, der das absolute Zentrum der Stadt symbolisiert. Hier sollte George Washington einst begraben werden, was aber nicht klappte, weil er starb bevor das Gebäude fertig wurde, woraufhin ein Abkommen mit der Frau getroffen wurde, dass er dort begraben wird, aber dann starb sie auch vor der Fertigstellung des Gebäudes und dann sagte man sich einfach „Ach was solls“.
Der Raum war beeindruckend hoch und an der Decke war ein Gemälde von George Washington, dargestellt als Gott umringt von (Jung-?)Frauen. Seltsam.
An der Wand hingen auch noch gigantische Gemälde, die die Geschichte der USA von der Entdeckung durch Kolumbus bis zum britischen Unabhängigkeits/Revolutionskrieg schilderten. Inklusive Pocahontas’ Taufe. Also insgesamt war der Besuch nicht so gut wie die Führung z.B. in der UNO, aber der Film hat alles rausgerissen.
Ein Besuch im Gift Shop gab uns dann noch unsere restliche Portion Patriotismus für den Tag.
Winkelemente
Nach einigen Fotos rund ums Kapitol gingen wir dann zum Botanischen Garten.
Dort genossen wir die herrlichen Gartenanlagen und liefen durch die Gewächshäuser: Palmen, Orchideen, Bananenpflanzen, Sukkulenten und fleischfressende Pflanzen. Im Eingangsbereich befanden sich außerdem zwei wunderschön angelegte Becken mit Kübelpflanzen und Ampeln drumherum.
Dann holten wir das Auto und fuhren die Mall ein paar Kilometer weiter nach Westen – Wir empfanden Washington zwar als eine wunderschöne Stadt, aber auch als eine sehr weitläufige und so kann die Distanz der gesamten Mall schon einmal langweilig werden, wenn nur wenige Sehenswürdigkeiten am Wegesrand liegen. Dieses Mal hatten wir mehr Glück mit einem Parkplatz und fanden sofort einen (Gratis!). Dann besuchten wir das National History Museum, wovon wir auf den ersten Blick erst einmal irritiert waren.
Es war nicht wie ein normales Geschichtsmuseum angeordnet, sondern beschäftigte sich thematisch mit verschiedenen Bereichen: Musik, wichtige Persönlichkeiten, der Präsident, technische Errungenschaften, „on the move“ usw.
Erst einmal aßen wir einen Snack in der Cafeteria. Wir aßen leckere Sandwiches, aber auch seltsame Törtchen zum Nachtisch (einen Pfirsich-Creme-Muffin, der etwas American-Pie-Mäßig war, und einen Bread Pudding Muffin, der aus klietschigem Teig bestand)… wir sortierten ziemlich viel aus bei unserem Essen und konnten den gleichen Effekt bei unseren Tischnachbarn, offensichtlich Spaniern, beobachten. Europäer eben!
In dem Ausstellungsteil „on the move“, der mir am besten gefiel, wurde die Geschichte der amerikanischen Mobilität erzählt – vom Planwagen über die Eisenbahn und das Auto bis hin zum Flugzeug und der zunehmenden Ausbreitung von öffentlichen Verkehrsmitteln und wie sich dadurch das tägliche Leben verändert hat.
Da lernten wir auch, dass zum Beispiel das „Lenkrad auf der linken Seite“ im Auto nur ein Zufallseffekt ist: damals baute Ford seine Autos so, und die haben sich durchgesetzt. Auch die Münzausstellung war relativ spannend, es gab sogar eine Umfrage (wo man mit Münzen abstimmen konnte), ob der Penny behalten werden soll oder ob man ein Rundungsprinzip einführen soll. Es gab auch noch eine Abteilung „American Stories“, in der jeweils ein Objekt ausgestellt war, was eine amerikanische Geschichte erzählt: die Kamera, mit der das erste Flugzeug von 9/11 gefilmt wurde; Bells erstes Telefon, die Schuhe einer berühmten Tänzerin. Solche Dinge.
Schließlich sahen wir uns noch die Einschwörungskleider der First Ladies über die Jahre hinweg an und das von ihnen designte Porzellan. Überrascht hat und das prunkvoll-kitschig goldene Design von Hillary Clinton…
Widergespiegelt wurde die Eigenartigkeit des Museums vom Gift Shop, der Elvis Presley und Starwars-Fanartikel gleich nebeneinander verkaufte, natürlich gemeinsam mit sauren Drops, Kaffeetassen und Kartenspielen. Heikos Theorie ist, dass ein Azubi sich einfach aus dem Internet die 100 bestverkauften Artikel heraussuchte und sie in diesen Gift Shop steckte.
Nach diesem mehr als seltsamen Museum machten wir uns auf zu „richtiger Geschichte“: zum Nationalarchiv. Dort stellten wir uns an der Security an, dann an der Schlange für den Raum mit der Declaration of Independence und dann noch mal an der Declaration of Independence. Ok. Der Security-Check-Officer war sehr witzig und ermahnte die Schlangestehenden, dass sie doch bitte ihre Kaugummis draußen lassen, sie könnten sie dann hinterher wieder abholen; und auch Flachbildfernseher müssten draußen bleiben.
Nach der ganzen Warterei hatten wir es dann endlich geschafft: wir konnten die echte Unabhängigkeitserklärung sehen! Ein sehr vergilbtes, zerbrechliches Stück Papier lag vor uns, die Schrift (Handschrift! – siehe Philadelphiaeintrag, es gibt ja zwei Deklarationen, und diese hier ist die berühmtere) kaum noch lesbar – nicht wie in diesem Abenteuerfilm mit Nicolas Cage, wo die Herrschaften sogar noch die einzelnen Buchstaben abgeschrieben haben. Daneben hingen noch die Bill of Rights und die Constitution (das Grundgesetz). In dieser Dreierkombination bilden diese drei historischen Schriftstücke die rechtliche Grundlage der USA, und wie manche behaupten, auch der ersten modernen Demokratie der Welt.
Dieser Besuch bildete dann den Abschluss der Besichtigung des historischen Washington DC (wobei es sicher noch einen zweiten Besuch geben wird!) und wir suchten in der Innenstadt einen Macy’s auf. Erinnert ihr euch noch an die Bettbezugepisode? Jetzt kommt Bettbezug 2.0. In der Bettenabteilung suchte ich dann (nachdem ich zunächst auf eigene Faust erfolglos versuchte, das englische Wort für Bettbezug durch Betrachten der Waren herauszufinden) einen Angestellten auf und beschrieb ihm, was ich mit meinem Bett machen will. „Ahhh, down comforter covers!“ Na klaaaar, hätte mir aber auch selbst einfallen können!
Naja gut, er zeigte mir ein paar, zunächst die teuren, und dann liebenswerterweise auch das reduziert-Regal, wo ich dann einen Bettbezug meiner Wahl wieder massiv reduziert bekam.
Glücklich kehrten wir zum Auto zurück und fuhren erst noch ein bisschen am Potomac River vorbei (am westlichsten Ende der Mall), sahen noch ein paar Statuen und Memorials und den Flughafen von Washington, bevor wir dann die Stadt Richtung Südwesten verließen und sehr schnell den Staat Virginia erreichten.
Auf unserer Fahrt versuchten wir noch, einen Blick aufs Pentagon zu erhaschen, indem wir unzählige Male auf Gut Glück die Autobahn verließen, aber immer nur um dann auf einem verbotenen Angestellten- oder Besucherparkplatz für angemeldete Touren zu landen.
Da wir nicht eines Anschlages verdächtigt werden wollten (ob ich jetzt in einem Register auftauche, weil ich in einem Paragraph bestimmte Suchwörter benutze?
), machten wir uns nach ein paar Fotos aus der Ferne aus dem Staub Richtung Thurmont. Nachdem wir einige Zeit über mehrspurige Autobahnen gefahren waren, wurde die Gegend dann recht schnell ländlich. Wir hielten noch an einem Viewpoint und später einem Gemüsestand (wo wir orange Tomaten kauften) an, bevor wir dann unser Super 8 im kleinen Kaff Thurmont erreichten.
Wir checkten bei Cindy ein, einer älteren Dame mit einem unechten Pferdelächeln (sie war sehr freundlich aber irgendwie nicht echt) und langen Fingernägeln. Wir nahmen unser Zimmer in Beschlag, ein nach Rauch stinkender Raum (besserte sich nachdem wir die Aircondition ausmachten (!) und das Fenster auf – herrliches Zikadenzirpen, aber so laut wie drei Klimaanlagen (O-Ton „die müssen vor dem Fenster gestapelt gesessen haben“!) und 15 Zimmer weiter waren kläffende Tölen, aber zum Glück waren die weit weg genug.
Cindy gab uns zum Abendbrot den Tipp, zum Roy Rogers zu gehen, kannten wir beide nicht, waren aber begeistert. Man bekam einen Burger der aus Brot und Bulette bestand und konnte ihn sich selbst belegen mit Gurken, Salat, Soßen, usw. Wir saßen lange, quatschten mit den Angestellten (die beiden Mädels, die dort arbeiteten, vermutlich im High-School Alter, haben wohl noch nie einen Deutschen getroffen und waren hochinteressiert), bestellten noch Brownie-Nachtisch und bekamen dann sogar noch gratis Mints. Genial!
Weitere Bilder findet ihr wieder im ALBUM (Passwort D00494).
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