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Autor Thema: Getting to Know the Birthplace of America - 2 Wo. Nordost im August  (Gelesen 23983 mal)

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NähkreisSteffi

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Ein toller Tag in Washington.  Wir waren vom Air and Space Museum auch sehr angetan.


Lupine

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Schön dass dir der Tag gefallen hat, Steffi. :)

25.08.
Am Abend zuvor hatten wir noch einen Gepäckwagen geklaut, damit wir beim Heruntertragen des Gepäcks keinen Portier besorgen und dann mit Tip VERsorgen mussten.  :twisted: Den haben wir unten in einem verlassenen Flur gefunden, mit hoch genommen und in unser riesiges Zimmer gestellt. Am Morgen luden wir ihn dann voll, brachten ihn zu einem Seiteneingang etwas abseits der Portiers, ließen ihn drinne stehen und beluden unser Auto unter den Argusaugen der Portiers. Den Wagen konnten sie gar nicht sehen, aber wahrscheinlich wunderten sie sich, wo wir das ganze Gepäck herholten.  :lachen07: Dann checkten wir aus.


unser Hotel

 Dann beeilten wir uns, in die Stadt zu kommen, denn wir wollten einen Parkplatz am Kapitol bekommen um unsere Führung nicht zu verpassen. Das stellte sich als weit schwieriger als gedacht heraus – es war zwar alles leer, aber „for US. Government Use only“. Und so brauchten wir fast schon zu lange, um einen Parkplatz zu finden und rannten dann zum Kapitol, wo wir dann durch den Sicherheitscheck gingen. Die Eile stellte sich aber als sinnlos heraus, denn auf dem Ticket hieß es „seien sie eine halbe Stunde früher da“, was wir natürlich brav einhielten, aber bereits nach 10 Minuten hatten wir unser Ticket gegen einen Aufkleber eingetauscht und standen in der Halle herum. Na gut.  :zuck:
Wir schauten uns die Figuren aus verschiedenen Staaten an, denn jeder Staat darf zwei Statuen schicken, die wichtige Leute aus dem jeweiligen Staat darstellen. Was für Personen das sind liegt im Ermessen des jeweiligen Staates.



Nachdem die eigentliche Führung dann losging, kam als erstes ein Film in einem kleinen Kino. Ich hatte etwas leicht Unspannendes über die Architektur des Gebäudes erwartet, aber da hatte ich die Amis unterschätzt. Es gab einen heroischen Film mit grandiosen Landschaften und theatralischer Musik mit dem Thema: Warum können wir so viele verschiedene großartige Menschen miteinander vereinen in diesem Land? Wegen unseres Parlaments. Und dann wurde die Geschichte des Parlaments erzählt, die Geschichte seiner Gründung und wie es im Bürgerkrieg weiterging. Zwischendurch gab es immer Abschnitte, in denen mit toller Musik die verschiedenen verabschiedeten Gesetze gezeigt wurden, was dann in einem Abschnitt über „Wie Amerika das tollste Land der Welt“ wurde gipfelte: Krieg gegen die Nazis, Aufbau von Europa/Marshallplan, usw. Wie kritisch man das auch immer sehen mag, es war so großartig gemacht, dass ich sofort die Staatsbürgererklärung unterschrieben und dabei geschluchzt hätte, hätte man es mir angeboten.  :usa:  :liebe: :usa:

Anschließend begann dann unsere eigentliche Führung. Wir hatten eine etwas ironische Führerin, die sich immer lustig machte über das, was im Kapitol so passiert. Die Führung war eher mittelmäßig, auch wenn wir spannende Dinge erfuhren: Das Kapitol steht im Zentrum der vier Quadranten der durch und durch geplanten Stadt Washington DC. Jede Straße von Ost nach West hat Nummern, jede Stadt von Nord nach Süd hat Buchstaben (oder andersherum?) und da es nur 26 Buchstaben gibt, aber mehr als 26 Querstraßen, hat man Washington in vier Quadranten aufgeteilt. So gibt es J Street Ecke 23rd Street vier Mal, und man muss immer den Quadranten dazu sagen. Jedenfalls steht das Kapitol im Zentrum aller Quadranten und in den Katakomben des Gebäudes ist ein Marmorstern, der das absolute Zentrum der Stadt symbolisiert. Hier sollte George Washington einst begraben werden, was aber nicht klappte, weil er starb bevor das Gebäude fertig wurde, woraufhin ein Abkommen mit der Frau getroffen wurde, dass er dort begraben wird, aber dann starb sie auch vor der Fertigstellung des Gebäudes und dann sagte man sich einfach „Ach was solls“.

Der Raum war beeindruckend hoch und an der Decke war ein Gemälde von George Washington, dargestellt als Gott umringt von (Jung-?)Frauen. Seltsam.  :doesig:



An der Wand hingen auch noch gigantische Gemälde, die die Geschichte der USA von der Entdeckung durch Kolumbus bis zum britischen Unabhängigkeits/Revolutionskrieg schilderten. Inklusive Pocahontas’ Taufe. Also insgesamt war der Besuch nicht so gut wie die Führung z.B. in der UNO, aber der Film hat alles rausgerissen. ;-) Ein Besuch im Gift Shop gab uns dann noch unsere restliche Portion Patriotismus für den Tag.


Winkelemente

Nach einigen Fotos rund ums Kapitol gingen wir dann zum Botanischen Garten.





Dort genossen wir die herrlichen Gartenanlagen und liefen durch die Gewächshäuser: Palmen, Orchideen, Bananenpflanzen, Sukkulenten und fleischfressende Pflanzen. Im Eingangsbereich befanden sich außerdem zwei wunderschön angelegte Becken mit Kübelpflanzen und Ampeln drumherum.





Dann holten wir das Auto und fuhren die Mall ein paar Kilometer weiter nach Westen – Wir empfanden Washington zwar als eine wunderschöne Stadt, aber auch als eine sehr weitläufige und so kann die Distanz der gesamten Mall schon einmal langweilig werden, wenn nur wenige Sehenswürdigkeiten am Wegesrand liegen. Dieses Mal hatten wir mehr Glück mit einem Parkplatz und fanden sofort einen (Gratis!). Dann besuchten wir das National History Museum, wovon wir auf den ersten Blick erst einmal irritiert waren.
Es war nicht wie ein normales Geschichtsmuseum angeordnet, sondern beschäftigte sich thematisch mit verschiedenen Bereichen: Musik, wichtige Persönlichkeiten, der Präsident, technische Errungenschaften, „on the move“ usw.



Erst einmal aßen wir einen Snack in der Cafeteria. Wir aßen leckere Sandwiches, aber auch seltsame Törtchen zum Nachtisch (einen Pfirsich-Creme-Muffin, der etwas American-Pie-Mäßig war, und einen Bread Pudding Muffin, der aus klietschigem Teig bestand)… wir sortierten ziemlich viel aus bei unserem Essen und konnten den gleichen Effekt bei unseren Tischnachbarn, offensichtlich Spaniern, beobachten. Europäer eben!  :zwinker:
In dem Ausstellungsteil „on the move“, der mir am besten gefiel, wurde die Geschichte der amerikanischen Mobilität erzählt – vom Planwagen über die Eisenbahn und das Auto bis hin zum Flugzeug und der zunehmenden Ausbreitung von öffentlichen Verkehrsmitteln und wie sich dadurch das tägliche Leben verändert hat.



Da lernten wir auch, dass zum Beispiel das „Lenkrad auf der linken Seite“ im Auto nur ein Zufallseffekt ist: damals baute Ford seine Autos so, und die haben sich durchgesetzt. Auch die Münzausstellung war relativ spannend, es gab sogar eine Umfrage (wo man mit Münzen abstimmen konnte), ob der Penny behalten werden soll oder ob man ein Rundungsprinzip einführen soll. Es gab auch noch eine Abteilung „American Stories“, in der jeweils ein Objekt ausgestellt war, was eine amerikanische Geschichte erzählt: die Kamera, mit der das erste Flugzeug von 9/11 gefilmt wurde; Bells erstes Telefon, die Schuhe einer berühmten Tänzerin. Solche Dinge.



 Schließlich sahen wir uns noch die Einschwörungskleider der First Ladies über die Jahre hinweg an und das von ihnen designte Porzellan. Überrascht hat und das prunkvoll-kitschig goldene Design von Hillary Clinton…
Widergespiegelt wurde die Eigenartigkeit des Museums vom Gift Shop, der Elvis Presley und Starwars-Fanartikel gleich nebeneinander verkaufte, natürlich gemeinsam mit sauren Drops, Kaffeetassen und Kartenspielen. Heikos Theorie ist, dass ein Azubi sich einfach aus dem Internet die 100 bestverkauften Artikel heraussuchte und sie in diesen Gift Shop steckte.  :idee:

Nach diesem mehr als seltsamen Museum machten wir uns auf zu „richtiger Geschichte“: zum Nationalarchiv. Dort stellten wir uns an der Security an, dann an der Schlange für den Raum mit der Declaration of Independence und dann noch mal an der Declaration of Independence. Ok. Der Security-Check-Officer war sehr witzig und ermahnte die Schlangestehenden, dass sie doch bitte ihre Kaugummis draußen lassen, sie könnten sie dann hinterher wieder abholen; und auch Flachbildfernseher müssten draußen bleiben.  :lol: Nach der ganzen Warterei hatten wir es dann endlich geschafft: wir konnten die echte Unabhängigkeitserklärung sehen! Ein sehr vergilbtes, zerbrechliches Stück Papier lag vor uns, die Schrift (Handschrift! – siehe Philadelphiaeintrag, es gibt ja zwei Deklarationen, und diese hier ist die berühmtere) kaum noch lesbar – nicht wie in diesem Abenteuerfilm mit Nicolas Cage, wo die Herrschaften sogar noch die einzelnen Buchstaben abgeschrieben haben. Daneben hingen noch die Bill of Rights und die Constitution (das Grundgesetz). In dieser Dreierkombination bilden diese drei historischen Schriftstücke die rechtliche Grundlage der USA, und wie manche behaupten, auch der ersten modernen Demokratie der Welt.

Dieser Besuch bildete dann den Abschluss der Besichtigung des historischen Washington DC (wobei es sicher noch einen zweiten Besuch geben wird!) und wir suchten in der Innenstadt einen Macy’s auf. Erinnert ihr euch noch an die Bettbezugepisode? Jetzt kommt Bettbezug 2.0. In der Bettenabteilung suchte ich dann (nachdem ich zunächst auf eigene Faust erfolglos versuchte, das englische Wort für Bettbezug durch Betrachten der Waren herauszufinden) einen Angestellten auf und beschrieb ihm, was ich mit meinem Bett machen will. „Ahhh, down comforter covers!“ Na klaaaar, hätte mir aber auch selbst einfallen können!  :kloppen: Naja gut, er zeigte mir ein paar, zunächst die teuren, und dann liebenswerterweise auch das reduziert-Regal, wo ich dann einen Bettbezug meiner Wahl wieder massiv reduziert bekam.
Glücklich kehrten wir zum Auto zurück und fuhren erst noch ein bisschen am Potomac River vorbei (am westlichsten Ende der Mall), sahen noch ein paar Statuen und Memorials und den Flughafen von Washington, bevor wir dann die Stadt Richtung Südwesten verließen und sehr schnell den Staat Virginia erreichten.
Auf unserer Fahrt versuchten wir noch, einen Blick aufs Pentagon zu erhaschen, indem wir unzählige Male auf Gut Glück die Autobahn verließen, aber immer nur um dann auf einem verbotenen Angestellten- oder Besucherparkplatz für angemeldete Touren zu landen.



 Da wir nicht eines Anschlages verdächtigt werden wollten (ob ich jetzt in einem Register auftauche, weil ich in einem Paragraph bestimmte Suchwörter benutze?  :nixwieweg: ), machten wir uns nach ein paar Fotos aus der Ferne aus dem Staub Richtung Thurmont. Nachdem wir einige Zeit über mehrspurige Autobahnen gefahren waren, wurde die Gegend dann recht schnell ländlich. Wir hielten noch an einem Viewpoint und später einem Gemüsestand (wo wir orange Tomaten kauften)  an, bevor wir dann unser Super 8 im kleinen Kaff Thurmont erreichten.



Wir checkten bei Cindy ein, einer älteren Dame mit einem unechten Pferdelächeln (sie war sehr freundlich aber irgendwie nicht echt) und langen Fingernägeln. Wir nahmen unser Zimmer in Beschlag, ein nach Rauch stinkender Raum (besserte sich nachdem wir die Aircondition ausmachten (!) und das Fenster auf – herrliches Zikadenzirpen, aber so laut wie drei Klimaanlagen (O-Ton „die müssen vor dem Fenster gestapelt gesessen haben“!) und 15 Zimmer weiter waren kläffende Tölen, aber zum Glück waren die weit weg genug.

Cindy gab uns zum Abendbrot den Tipp, zum Roy Rogers zu gehen, kannten wir beide nicht, waren aber begeistert. Man bekam einen Burger der aus Brot und Bulette bestand und konnte ihn sich selbst belegen mit Gurken, Salat, Soßen, usw. Wir saßen lange, quatschten mit den Angestellten (die beiden Mädels, die dort arbeiteten, vermutlich im High-School Alter, haben wohl noch nie einen Deutschen getroffen und waren hochinteressiert), bestellten noch Brownie-Nachtisch und bekamen dann sogar noch gratis Mints. Genial!

Weitere Bilder findet ihr wieder im ALBUM (Passwort D00494). http://s169.photobucket.com/albums/u224/Elli_0991/USA%20Northeast%202012/Day%208/?albumview=slideshow
Liebe Grüße,
Rike


Sunrise1508

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Toller Reisebericht! Ich freue mich jeden Tag über die Fortsetzung!!

Yaphi

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Schade, dass ihr Pech mit eurer Kapitolsführung hattet.
Der junge Mann, der es letztes Jahr bei uns gemacht hat, war einfach richtig klasse und unsere Führung ein voller Erfolg. (Fand den Film auch gut gemacht, auch wenn sehr patriotisch).

Angie

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Nun hatte ich einiges zum Nachlesen (klar, meine Schuld, war zuvor tagelang verhindert :oops:) und bin von deinem Reisebericht begeistert :D Einfach klasse, was ihr erlebt und man sieht euch an, wie sehr es euch gefällt. Zugegeben, das wundert mich nicht :wink:


LG, Angie
Viele Grüße,
Angie

Angie's Dreams  Reiseberichte, Trails auf Hawai'i, Infos über Hawai'i, Video, Auswandern nach Gran Canaria u.v.m.

Lupine

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Hey Angie, schön dass du hinterhergefahren bist ;-)  Ja, es war eine echt geniale Tour und auch wenn der Nordosten sich vom (Süd)Westen wie Tag und Nacht unterscheidet, hatte es doch auch wieder ein ganz besonderes USA-Feeling an sich, historischer, sogar noch patriotischer, ein bisschen europäischer (die Autos halten sich auf den Straßen sogar auf der rechten Spur anstatt alle Spuren gleichviel zu belegen :D )..

Gleich gehts weiter, und zwar nach Gettysburg und zu den Amish. Seid ihr aufgeregt? ;) :D
Liebe Grüße,
Rike


Lupine

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26.08.

Nach dem Aufstehen packten wir unsere sieben Sachen und nahmen das Frühstück im kleinen Foyer zu uns, nicht besonders reichhaltig (Bagel, Saft, Butter, Marmelade, usw.). Dann fuhren wir Richtung Gettysburg. Die Fahrt war unspektakulär, es war immer noch ländlich und sah genauso aus wie auf der Fahrt von Washington. Am Pennsylvania-Schild kehrten wir kurz um, so dass wir auch noch ein Maryland-Schild-Foto bekamen und fuhren dann zum National Historic Park-Eingang zum historischen Schlachtfeld. Die ganze Stadt Gettysburg ist übrigens ausschließlich auf Besucher des Bürgerkriegsschauplatzes ausgerichtet, da gibt es ein Battlefield Inn, Battlefield Café, Civial War Inn usw.  :umherschau:



Am Visitor Center suchten wir einen Parkplatz und gingen dann rein. Es war erstaunlicherweise recht voll – der Unterschied zu New York & Washington waren also nicht die Besuchermassen, sondern nur, dass es keine Sicherheitskontrollen gab. Dann überlegten wir kurz was wir machen und entschieden uns für Tickets für einen Film, ein „Cyclorama“ (ein dramatisch illuminiertes 360°-Gemälde der Hauptschlacht) und das Museum.

Vor Vitrinen mit historischen Gewehren und Revolvern warteten wir auf den Film und dann ging es los: der Film war nicht ganz so toll wie der in Washington im Kapitol (aber der war ja auch gar nicht mehr zu toppen  :lol: ), aber trotzdem interessant. Er begann mit der Geschichte der Kolonialisierung, dann mit der Einführung der Sklaverei und den Gründen dafür und dann mit der Spaltung zwischen Nord und Süd. Dann wurde es Gettysburg-Spezifischer: wie ist die Schlacht genau hier abgelaufen? Detailliert wurden Fronten und Kämpfe dargestellt, bevor es dann wieder genereller wurde und die Wichtigkeit dieser Schlacht für den gesamten US-Bürgerkrieg dargestellt wurde und die Rechte der Schwarzen in den USA heute betrachtet wurden. Es ging im Film auch um das historische "Gettysburg Address", einer Rede von Abraham Lincoln, die als eine der wichgsten und rhetorisch meisterhaftesten Reden der amerikanischen Geschichte gilt. Er hielt die Rede bei der Eröffnung des Kriegsfriedhofes in Gettysburg und schaffte es in weniger als 2 Minuten, den Bürgerkrieg mit der Unabhängigkeitserklärung zu verknüpfen und klarzumachen, dass es bei dem Krieg um das Erkämpfen von gleichen Rechten für alle amerikanischen Bürger ginge und dass der Fortbestand der Nation davon abhinge, wie gut man nun diesen Krieg beenden würde. Damit verlieh er den zahllosen Toten der Schlacht von Gettysburg so einen symbolischen Status und ihrem Tod so eine Bedeutung, dass sie nicht umsonst gestorben waren.



Der Film war vor allem in so fern lohnenswert, als dass wir ohne ihn nicht halb so viel von der eigentlichen Outdoortour über das Schlachtfeld später hätten mitnehmen können, er war auch sehr anschaulich. Ich muss zu meiner Schande zugeben, dass ich bis zu diesem Besuch absolut nichts Detailliertes über den Bürgerkrieg, geschweige denn die Schlacht in Gettysburg gewusst hatte.  :oops:

Nach dem Film ging es in das „Cyclorama“. Es war ein 360°-Bild in einem runden, dunklen Raum, das dann mit Geräuschen und Lichteffekten illuminiert wurde, während detailliert der Verlauf der Entscheidungsschlacht am 3. Juli 1863 erzählt wurde. Die Nordtruppen hielten hier eine starke Stellung und hatten über Nacht heimlich Verstärkung herangeholt, während die Südtruppen in der Unterzahl waren (das aber nicht wussten) und deren Kommandant es als letzte Chance sah, jetzt die Nordtruppen in einem letzten vernichtenden Schlag anzugreifen, um den gesamten Krieg für sich zu entscheiden. Sie stürmten also los, auf die Nordtruppen zu, die dann jedoch ihre Stellung verteidigten und dabei in einem riesigen Gemetzel die angreifenden Südsoldaten töteten/verletzten, so dass diese sich nach dieser Schlacht zurückzogen und dann letztlich auch den Rest des Krieges über geschwächt waren.



Das Bild war aus dem 19. Jahrhundert, und nicht, wie ich zunächst gedacht hatte, ein „disneyartiges“ Neuzeitgemälde.  :grins: Da hatte sich jemand damals die Mühe gemacht, detailliert die Landschaft, die Uniformen etc. zu studieren, um ein tolles Gemälde zu erschaffen. Danach huschten wir noch durchs Museum, waren aber schon angemessen angefüllt mit Informationen und schauten uns nur noch ein paar alte Kanonen an, und das wars dann. Wir wollten ja schließlich noch „auf die Piste“ mit dem Auto. Nach einem Besuch im Giftshop (Heiko war begeistert – riesiger Shop mit Süßigkeiten, Ahornsirup, Schnapsgläsern, Hüten, Büchern, usw.) nahmen wir dann eine Map mit und fuhren zum „Drive“, der über die ehemaligen Schlachtfelder führte.



Natürlich konnte man heute keine Überreste der Schlachten mehr sehen, die Sache ist ja schon 150 Jahre her. Die Tour war chronologisch organisiert und führte von einem Schauplatz zum nächsten, da sich die gesamten Schlachten um Gettysburg ja über ungefähr 3 Tage erstreckten. So lagen die Fronten zunächst im Nordosten der Stadt, wo die Nord-Truppen waren, und im Südwesten der Stadt postierten sich die Südtruppen. Und man konnte dann quasi auf einer Straße der Verlagerung der Front bis zur „Hauptschlacht“ in einem großen Tal hinterherfahren. Am Straßenrand waren lauter Denkmäler (kleinere, grabsteinartige aber auch riesige Metalldenkmäler mit Pferden und so weiter), Holzzäune (damalige Frontbefestigungen) und Kanonen aufgestellt und ab und zu gab es Aussichtstürme mit tollen Ausblicken.



Da es Wochenende war, hatten wir das Glück, dass für die Touristen einiges geboten wurde: es gab historisch gekleidete Leute auf Pferden  :pferd: und auch eine Kanonendemonstration mit einem „Erklärbär“, der jeden einzelnen Schritt einer Kanonenzündung beschrieb. An jeder Kanone stand ein Reiniger und Kugelreinstecker, einer der die Zündschnur bedient und einer der lädt. Als dann alle Kanonen fertig vorbereitet waren, wurde zum ranghöheren Offizier Bericht erstattet: „Ready!“ Als alle Ready gemeldet hatten, wurde das Kommando zum Schuss gegeben. Der Hammer, und das war vielleicht ein lauter Knall („macht den Mund auf und haltet euch die Ohren zu!“)!





Die Landschaft während des gesamten Drives war schön und gemeinsam mit den Beschreibungen in der Broschüre, die das Geschehen lebendig machen sollen, wirklich eine lohnenswerte Fahrt. Nachdem wir jedoch das „Große und Ganze“ verstanden hatten, nämlich wie die Schlacht so abgelaufen war, übersprangen wir jedoch zum Schluss ein paar Stopps, da wir keine Historiker sind und daher nicht jeden einzelnen Punkt und jedes einzelne Memorial im Detail sehen mussten.  :zwinker:

Wir stellten das Navi auf Lancaster, PA ein und hielten unterwegs kurz beim Walmart an, um ein paar Snacks und Verpflegungen (Wraps. Heiko hatte mich schon gewarnt, als ich mir eine Sorte aus dem Kühlregal aussuchen wollte : “die schmecken eh alle drei gleich“, was ich ihm nicht so ganz abnahm, aber später dann auch feststellte: sie hatten einfach keinen Geschmack   :zunge: ) einzukaufen. Relativ fix hatten wir Lancaster erreicht, was eine größere Stadt war als wir es erwartet hatten. Unser Motel lag im Osten gelegen, perfekt: nah an einem Gewerbegebiet mit viel Essen und nah an den beiden Ortschaften, die im Reiseführer genannt wurden (Intercourse und Strasburg) um „echte Amish“ zu sehen, indem man über kleine Straßen durch die Walachei fährt. Unser Zimmer war richtig schön, mit einer Bank vor der Tür zum Draußensitzen und einer nächtlichen Stinktierbeobachtung (zum Glück nicht IM Zimmer). Wir machten uns sofort wieder auf, um im herrlichen Abendlicht über besagte Straßen zu fahren. Bereits nach wenigen Metern sahen wir auf dem Highway die ersten Kutschen (!!!),   :smiledance:  bogen dann recht bald auf die kleineren Straßen ab, bis wir zu so kleinen Straßen kamen, dass sie fast schon wie Einfahrten aussahen. Durch Mais-, Luzerne-, Futterklee- und sogar Tabakfelder (hatte ich zuvor noch nie gesehen!) fuhren wir vorbei an Farmhäusern, in deren Gärten Kinder in traditioneller Kleidung spielten. Nach ein paar Häusern hatten wir langsam geschnallt, woran wir ein Amishhaus von einem Nicht-Amish Haus unterscheiden konnten: in der Scheune hingen getrocknete Tabakblätter und Maiskolben, Kutschen waren wie Autos auf dem Hof abgestellt, die Wäsche hing zum Trocknen draußen auf der Leine und es gab keine Anschlussleitungen für Strom.





Die Häuser waren extrem gepflegt und wenn wir nah an einem Haus vorbeifuhren, winkten die Bewohner meistens auch. Wir sahen viele Amish, die einfach von A nach B liefen, oder eine „Ausfahrt“ mit ihrer Kutsche machten.



Spannend waren auch die Kutschenspuren auf der Straße: man konnte richtig sehen, wie die Räder schmale Spuren auf dem Asphalt hinterließen.



Es gab auch viele alte Erntemaschinen, z.B. eine alte Maiserntemaschine, die die Maisstengel einfach abschneidet, anstatt die Kolben abzuernten und dann zu häckseln. Wir kurvten also noch bis Sonnenuntergang herum, genossen die Lichtstimmung und kehrten dann hoch zufrieden (ich hätte nie gedacht, dass wir so viel Amish sehen würden) im Texas Roadhouse ein, um ein Steak zu essen (und lllleeeckker gegrillte Garnelen) – zur Vorspeise gab es süße Brötchen mit süßem Brotaufstrich, ich war sehr irritiert, aber die Amis machen halt überall Zucker rein. Zurück im Motel quatschten wir noch mit dem Motelbesitzer, der uns erzählte, dass er die Amish suspekt findet. Er habe einen Freund, der als Amish sein Auto vor seinen Glaubensbrüdern versteckt, weil die ihn sonst rausschmeißen würden. Das fände er genauso herzlos wie die Tatsache, dass man sich mit 18 nach einer Probezeit entscheiden kann, ob man „Englisch“ werden (in der modernen Welt leben und damit nie wieder Kontakt zu seiner Familie oder seinen Amishfreunden haben) oder Amish bleiben möchte und er wisse nicht, wie man als Elternteil so etwas seinen Kindern antun könne. Der Abend klang auf der Bank vor unserem Zimmer aus, wo wir Trauben aßen und „unser“ Stinktier beobachteten.

Mehr Bilder gibt es im Album. (Passwort D00494) http://s169.photobucket.com/albums/u224/Elli_0991/USA%20Northeast%202012/Day%209/?albumview=slideshow
Liebe Grüße,
Rike


Yaphi

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Gettysburg muss ich mir dann nächstes Jahr wohl auch mal gönnen :)
Auch wenn ich mir als Historiker auch nicht jedes Denkmal anschauen.
Eigentlich will ich vor allem dieses geile Gemälde mitnehmen...
Toller Bericht weiterhin, finde ich gut, dass du deine Eindrücke so detailiert schilderst.

Lupine

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Also ich kann Gettysburg wirklich empfehlen. Es ist sehr schön gemacht, der Film ist informativ, das Gemälde ist beeindruckend (auch wenn die eigentliche Lichtshow nur 10 Minuten dauert; aber man kann sich danach noch ewig das Gemälde anschauen wenn man will) und die Fahrt war dann auch sehr schön. Im Museum wirst du sicher auch noch das ein oder andere Schmuckstück finden, was dich interessiert, wenn du Historiker bist. Wir haben das ganze ja eher überflogen.. ;-)
Liebe Grüße,
Rike


Kirkesgaard

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Ich fand Gettysburg auch toll. Wer vorbereitet hinkommen will (oder auch nachbereiten möchte): Es gibt ein wie ich finde sehr gut geschriebenes Buch dazu: The Killer Angels (von Michael Shaara). Es gäbe auch einen Film dazu, den ich jetzt nicht ganz so gut finde. Happy Reading ..

Lupine

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Weiter geht es mit dem Reisebericht - heute besuchen wir die Schokoladenfabrik und fahren seeehr weit. :wink:

Es wird erst einmal eine kleine Pause bis Sonntag Abend, also Montag Nacht bei euch, geben, denn ich fahre übers Wochenende nach Boston!  :dance: Also euch ein schönes Wochenende bis dahin.

27.08.

Wir standen früh auf und brachen fast ohne Frühstück auf („nur ein Ekelcroissant vom Motel“) zu den Amish Farmers Markets, weil heute Montag war waren sie ja hoffentlich offen. In Bird-In-Hand wollten wir einen großen Markt besuchen, der allerdings leider am Montag generell geschlossen war.  :cry: Und so gingen wir stattdessen in eine Bäckerei, die leider keine Amish-Waren hatte. Wir erkundeten noch ein paar Amish-Giftshops: in einem gab es Lebensmittel und Trödel und Handwerkerware (sehr seltsame Kombination), hier kauften wir „Birch Beer“, was sich als Rootbeer herausstellte, offensichtlich ist das da eine traditionell in der Gegend gebraute Variante, und Peach Butter (Muß/Marmelade - sehr lecker!). Dann schauten wir uns noch einmal einen etwas größeren Giftshop an, der absolut furchtbar war. Es gab Leuchttürme, Bollerwägen, zweietagige Vogelhäuser („Vogelhotel“) mit Einfluglöchern für die Vögel, Kissen in Katzenform („Die Löcher im Vogelhaus waren, damit die Kissenkatze zwei Reihen weiter die Vögel nicht frisst“), Plastikblumen, Sticktischdecken und Schundromane…(„also alles, was ein gut sortierter Polenmarkt hat gab es da auch“) ein ziemlich schrecklicher Laden und ich vermute da ist mehr Made in China als Made by Amish.  :lachen07:



Wir fuhren weiter und nahmen ein spätes Frühstück bei Denny’s zu uns, meine ersten Pancakes in Amerika, richtig gut und lecker. Gut gesättigt fuhren wir weiter in Richtung Hershey, PA – und dreimal dürft ihr raten: die bekannte Schokoladenmarke Hershey’s kommt aus Hershey. Natürlich baut ein vernünftiger amerikanischer Konzern für die begeisterten Kunden auch gleich ein Besuchererlebniszentrum und einen Vergnügungspark mit Achterbahnen: nichts wie hin! Die Achterbahn sparten wir uns aber, und nachdem wir durch die Stadt gefahren waren, bogen wir auf den Chocolate Drive oder so ähnlich ab und suchten uns einen Parkplatz auf dem proppenvollen Gelände, um dann ins Visitor Center zu laufen.



Überall Leute, bunte Kühe und so weiter, und es sah aus wie auf dem Rummel. Wir nahmen zuerst die Gratisfahrt mit einer Art „Geisterbahn“ durch eine Modell-Schokoladenfabrik mit. Die Figuren die man sehen konnte waren allerdings nicht gruselig sondern teils seltsam: das Highlight waren die drei singenden Kühe! Es wurden die Geschichte der Fabrik und die Produktion der Schokolade beschrieben und 10 Minuten später kamen wir gehirngewaschen mit Schokolade aus der Bahn.  :rollen:



Und wohin führte der Weg? Na klaaar: in den Giftshop. Man wurde erst noch angefüttert mit ein paar Gratis-Kisses (das ist Hersheys’ berühmtestes Produkt: Vollmilchschokoladendrops in Form von Regetropfen) und dann sollte man sich in den Konsumrausch begeben. Hat auch prima geklappt: wir haben zwar nichts gekauft, aber mindestens 20 Minuten im Shop verbracht und über die Anzahl an Artikeln gewundert: T-Shirts von sämtlichen Produkten die von Hershey’s hergestellt werden, andere Kleidung, Schminke, Kuscheltiere, Aschenbecher, Tassen, usw. , aber auch 500-Gramm-Schokoriegel und Riesenpackungen vom süßen Gift.





 Als wir dann den Ausgang suchten, stellten wir fest, dass wir uns gut hatten veräppeln lassen: der Ausgang war direkt neben dem Ausgang aus der Geisterbahn – aber so gut versteckt, dass man als erstes geradeaus in den Gift Shop geht. Bravo, Werbepsychologen!  :lachen5: Anschließend machten wir noch die „Create Your Own Candy Bar“- Experience mit (war aber nicht kostenfrei), bekamen Schürzen und Haarnetze und wurde dann in einen Raum geführt, wo wir unseren Schokoriegel designen sollten.



Man konnte sich zwischen hell- / dunkel- und weißer Schokolade entscheiden, die Füllung wählen (Mandeln, Himbeeren, usw.) und dann Zuckerstreusel oben draufstreuen lassen. Dann ging es in den nächsten Raum, wo man die Herstellung seines eigenen Schokoriegels verfolgen konnte: erst wurde eine vorgefertigte Schoko“schale“ hingelegt, dann wurde die Füllung hineingestreut, dann wurde das ganze mit flüssiger Schokolade übergossen und gekühlt. Währenddessen konnte man sich ein Verpackungsdesign ausdenken und einem wurde gezeigt, wie häufig die eigene Designvariante ist (mein Schokoriegel wurde von 0% der anderen Besucher designt… ich hatte dunkle Schokolade mit Himbeeren und Karamell und Streusseln). Schließlich konnte man noch zuschauen, wie der Name auf die Verpackung aufgelasert wurde; der Riegel wurde verpackt und an uns weitergegeben.



Nun wurde es aber auch Zeit - wir wollten ja heute noch die 500 km entfernten Niagarafälle erreichen. Die Ankunftszeit laut Navi war 22.30 Uhr, nun aber fix! Wir fuhren parallel zu einem breiten Fluss, dem Susquehanna River, und die Landschaft war sehr sehr schön, mit Bergen und einer kurvigen Straße. Wir hielten noch an einem Amish Farmers Market an, wo es wesentlich schönere Artikel als in dem Schuppen von heute morgen gab: handgeflochtene Körbe, selbstgezogene Melonen, Paprika, Tomaten, Pfirsiche und Brombeeren und vieles mehr.  :daumen: Wir haben eine kleine Melone, eine Riesentomate und ein Schälchen Brombeeren mitgenommen, was wir an einer tollen Rest Area am Susquehanna River verzehrten.



Die Area war etwas oberhalb des Flusses, aber man konnte eine kleine Treppe nach unten gehen und die Füße ins kühle Wasser baumeln lassen. Wir entdeckten auch noch eine ganze Kolonie von Amerikanischen Flusskrebsen (hatte ich noch nie zuvor gesehen) und hatten unseren Spaß, sie beim Kampf mit der Strömung zu beobachten. Sie versteckten sich hinter einem Stein, aber ab und zu kamen sie doch in die Strömung und kletterten dann mühsam wieder auf die Steine am Rand.



Wir wollten gar nicht mehr weg, aber mussten uns dennoch langsam auf den Weg machen. Auf dem Rest des Weges begann es dann zu regnen und so hatten wir auch keinen Anreiz mehr irgendwo anzuhalten. Abends kamen wir in Niagara Falls an (auf der US-Seite) und suchten unser Hostel auf, fanden unsere kleine Kammer, räumten unsere Sachen ein und mussten dann aber noch einmal einen Spaziergang machen nach der langen Fahrt. Im Dunkeln und nach etwas Suchen fanden wir dann – die Niagarafälle! Wir standen noch eine Weile an den Amerikanischen Fällen, schauten die Illumination mit Licht an und waren beeindruckt und begeistert.  :staunend2:



Nach einem schnellen Nachtmahl bei McDonalds ging es dann ins Bett.

Mehr Bilder gibt es im Album. (Passwort D00494) http://s169.photobucket.com/albums/u224/Elli_0991/USA%20Northeast%202012/Day%2010/?albumview=slideshow
Liebe Grüße,
Rike


NähkreisSteffi

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Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende in Boston. Tolle Stadt!

Viele Grüße

Steffi

Lupine

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So, gerade zurückgekommen aus Boston! Eine Wahnsinsstadt! Wir haben den Freedom Trail erkundet, das Harvard-Yale Football Game gesehen, abends auf dem Harvard Campus Party gemacht und am nächsten Morgen eine Harvard Führung von einem Freund von mir bekommen, inklusive Bibliothek und Mensa, usw.... war genial und viel zu kurz, ich werde definitiv nochmal wiederkommen!  :groove:

Gleich kommt der nächste Reisebericht-Teil ;)
Liebe Grüße,
Rike


Lupine

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28.08.

Wir standen recht früh auf, checkten aus und nutzten dann unsere Zeitvorteil, um ein langes, genussvolles Frühstück in einem schicken und absolut nicht abgeranzten Denny’s zu uns zu nehmen, mit sehr sehr freundlicher Bedienung. Die Sonne schien und es war herrliches Morgenlicht. Es gab Sandwich mit Fruit statt Fritten und für Heiko ein umfangreiches Ami-Frühstück mit Blueberry Pancakes.  :essen:

Der nächste Tagesordnungspunkt war, über die Grenze nach Kanada zu kommen. Dies stellte für mich ein etwas größeres Wagnis dar als für manch andere Reisende, da ich mit einem J1-Visum unterwegs war und für die Rückkehr in die USA eine Unterschrift von der Uni auf meinem Reisedokument brauchte. Da ich aber noch nicht bei der Uni war, konnte ich diese Unterschrift nicht haben und die Rückkehr war ungewiss. Ich hatte also einen glorreichen Plan: den Officer bei der Ausreise frage, wie wahrscheinlich die Rückkehr ist.  :kloppen: Ich hatte jedoch bei meinem glorreichen Plan nicht mit der eigentlich logisch erschließbaren Tatsache gerechnet, dass es eine Straße nach Kanada und eine zurück gibt, aber keine Straße, an der der Ausreiseofficer auch gleichzeitig der Einreiseofficer ist…. nun gut, eh wir uns versahen waren wir schon an eine kanadische Beamtin gelangt, die uns überaus gründlich befragte.   :zuberge: „Wo schlafen Sie in Kanada?“, „Wo kommen Sie her?“, „Wo wohnen Sie?“, „Warum wollen Sie nach Kanada?“, „Wie lange wollen Sie in Kanada bleiben?“, „Ist es Ihr erster Kanadabesuch?“, „Was haben Sie in Ihrem Auto?“…. So eine scharfe Befragung habe ich bisher noch nie erlebt, nicht einmal von einem vermeintlich strengen US-Grenzbeamten. Wir wurden schließlich aber doch gnädigerweise von der resoluten Dame ins Land gelassen und waren immer noch sehr früh dran, so dass wir als eine der ersten Besucher auf den großen Besucherparkplatz konnten, für „nur 20 $ pro Tag“. Tz!!!  :dagegen:

Auf der Fahrt bisher konnten wir die Kanadischen Fälle („Horseshoe Falls“) noch nicht sehen, nur deren Ort erahnen an der riesigen Dunstwolke, die aus den Fällen aufstieg. Wir mussten nur ein Mal die Straße überqueren und schon waren wir an den ersten Stromschnellen angekommen, an denen das Wasser mit unglaublicher Geschwindigkeit an uns vorbeizog und dann in ein weißes Nichts stürzte. Die Fälle hatten wir immer noch nicht gesehen. Entlang der „Promenade“ liefen wir in Richtung der Fälle, das Rauschen wurde immer lauter und schließlich erreichten wir die „Abbruchkante“.



In der Ferne waren weitere Stromschnellen zu sehen und man konnte sehen, wie wild der Fluss war. An der Abbruchkante selbst strömten unglaubliche türkise, klare Wassermassen über den Felsen und stürzten ins Nichts. Man konnte oberhalb der Fälle den Boden sehen und wir spekulierten, wie tief das Wasser wohl sei, waren uns durch dessen Klarheit aber unklar. Haha. Jetzt habe ich gegoogelt und das Wasser ist an dieser Stelle durchschnittlich 4,5m tief; unsere maximalen Schätzungen wären eher gegen 3m gegangen.

Da die Fälle an dieser Stelle die Form eines Hufeisens haben, bildet sich durch den Aufprall des Wassers auf dem Boden eine riesige aufsteigende Dunstsäule und je nach Luftfeuchtigkeit sind die Fälle mal zu sehen, mal weniger. Diese Fälle hier waren noch viel beeindruckender als die gestrigen, so dass wir lange stehen blieben und den Ausblick genossen. Wir konnten das Ausflugsschiff „Maid of the Mist“ (so ungefähr: Nebelmädchen) beobachten, wie es immer von A nach B fuhr und als es an den Fällen angekommen war mit voller Kraft gegen den Strom anzukommen versuchte, aber eigentlich nur noch auf der Stelle fuhr.



 Mittlerweile war es richtig voll und wir verzogen uns erst einmal in den Souvenirshop. Wir kauften Ansichtskarten und stöberten zwischen den Gläsern, Süßigkeiten, Elchplüschtieren und „Kanada“-Shirts. Anschließend spazierten wir an der Promenade entlang, während sich mit jeder Minute neue Blickwinkel eröffneten und wir vor Fotografieren gar nicht voran kamen.



Irgendwann ergab sich sogar ein Blickwinkel, von dem aus man so leicht seitlich unter die Fälle schauen konnte, auch sehr beeindruckend.  :daumen:





Wir liefen nun auch zur Maid of the Mist, kauften übertrieben teure Tickets und bekamen unseren Plastik-Poncho, dessen Klimaaeigenschaften wir schnell kennenlernten: bei Sonnenschein bloß keine Minute zu früh aufsetzen und erst recht nicht auf die Idee kommen, die Kapuze aufzusetzen und zuzubinden. Gewächshausalarm!   :brille: Wir standen nur etwas für den Aufzug nach unten an (klar, wieso sollte man auch eine Treppe bauen… ein Aufzug reicht ja :D ) und waren dann schon mit der ersten Ladung auf dem Boot. Wir schipperten langsam an den Amerikanischen Fällen vorbei und erreichten dann, natürlich mit stärker werdender Gischt die großen Horseshoe Falls. Irgendwann erreichten wir die Stromschnellen und man hörte wie der auf Hochtouren laufende Motor das Boot nur noch auf der Stelle hielt. Wind und Wasser kamen von allen Seiten, während man am Fuße der röhrenden Fälle war, und alle auf dem Boot juchten laut.   :lachen5: Nach einer schnellen Rückfahrt waren wir wieder am Dock und glücklich und zufrieden.



Die Sonne war mittlerweile vollständig rausgekommen und die Dunstsäule wurde immer kleiner, so dass wir noch bessere Blicke auf die Fälle hatten. Wir genossen den Anblick in vollen Zügen, während wir langsam zurück zum Parkplatz flanierten entlang der Promenade. Schließlich verweilten wir noch einmal an der Abbruchkante, auch wenn die Massen mittlerweile unerträglich waren, denn jetzt hatte sich sogar noch ein herrlicher Regenbogen über den Horseshoe Falls gebildet.  :sun:





Gegen 4 brachen wir auf, mit dem Fazit dass diese Wasserfälle nicht einfach irgendwelche Wasserfälle sind, sondern die Niagara Falls. Auch wenn es viel Nepp und Touristenkitsch und Massen gibt, es lohnt sich einfach, und wir waren begeisterter als wir es erwartet hätten.
Nachdem wir Schwierigkeiten hatten, durch die Kitsch-Stadt Niagara Falls auf der kanadischen Seite wieder zurück zur Grenze zu finden (und uns zwischenzeitlich wie in Las Vegas fühlten), kamen wir dann an der US-Grenze an und für mich begann die Zitterpartie: Würde man mich wieder ins Land lassen? Der Beamte checkte alle meine Papiere und nickte dann nur freundlich – „welcome back!“ Ich war sehr erleichtert!  :dankeschoen:

Als nächstes hielten wir beim Whirlpool State Park an und schauten uns die Schlucht an, die der Niagara River hier gegraben hatte.
Wir lagen etwas auf dem Gras und genossen den Nachmittag.



Anschließend fuhren wir entlang des Niagara River zum Fort Niagara, einem State Park an dem Punkt, wo der Ontariosee in den Niagara River übergeht.



Wir stellten das Auto im menschenleeren State Park ab und spazierten am Ufer entlang, sammelten Steine und schossen Fotos.





 Im Reiseführer war die Rede davon, dass man an klaren Tagen sogar die Skyline von Toronto sehen konnte – und es stimmte! Der Turm und andere Wolkenkratzer waren am Horizont auszumachen. Der Wind ging relativ stark und das erste Mal fiel mir eine gravierende Laubfärbung auf, es fühlte sich langsam nach Herbst an…



Ein bisschen fuhren wir noch entlang des Ufers durch ländliche Gegend, um irgendwo in Richtung Rochester (unserem Schlafplatz für die Nacht) den Sonnenuntergang am See anzuschauen. In einem anderen Statepark hielten wir dann an, liefen zum Ufer und – wurden von einem bestialischen Gestank erschlagen. Wir machten erst gute Mine zum bösen stinkenden, schwarzbraunen Wasser und starrten tapfer in die s(t)inkende Sonne, hielten es dann aber irgendwann nicht mehr aus und flüchteten. Auf einem Schild lasen wir noch, dass es hier gerade eine Algenplage gibt, die Schwefelgase produziert… aha!
Nach einer restlichen Fahrt im Dunklen ging es dann nach Rochester, wo wir uns ein Quality Inn suchten und dann eine wunderbar erholsame Nacht hatten.

Mehr schöne Bilder der Niagarafälle aus allen Blickwinkeln findet ihr hier: Album (Passwort D00494).  http://s169.photobucket.com/albums/u224/Elli_0991/USA%20Northeast%202012/Day%2011/?albumview=slideshow
Liebe Grüße,
Rike


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Ja, Boston ist wirklich toll, und die Niagara Fälle sind es auch!