Hätten wir auch nicht gedacht, dass wir das sehen können, als wir es im Reiseführer gelesen haben!
Dies ist jetzt der vorletzte Tagesabschnitt, danach geht es dann nur noch nach Middlebury. Ich weiß nicht, ob ich innerhalb der nächsten Woche dazu komme, den zu posten, denn hier sind Ferien im College (Thanksgiving) und ich bin zuerst zwei Tage bei meiner Gastfamilie (Wir bekommen hier lokale Gastfamilien zugeordnet, mit denen wir uns treffen können und sie haben mich zum Thanksgiving bei ihnen eingeladen) und dann fahre ich übers Wochenende nach New Haven/Yale. Ich hoffe ich kann das Ende des Berichts noch vor dem Wochenende posten, vielleicht aber nicht.
Weiter geht's:
29.08. Nach einer mittelguten Nacht (nachts fuhren laut Züge vorbei und der vom Vormieter gestellte Wecker klingelte um 5 Uhr) hatten wir ein für Motelverhältnisse fantastisches Frühstück mit riesiger Auswahl: Toast, Würstchen, Muffins, Yoghurt, Obst, Orangensaft usw., aber auch Rührei (anscheinend aus Eipulver oder so, ich habe noch nie so ein Ei gesehen, was absolut nicht nach Rührei schmeckte).
Wir machten uns auf den Weg zu den Finger Lakes, das sind 11 langgezogene Seen aus der Eiszeit im Bundesstaat New York, die von oben betrachtet aussehen wie die Finger an einer Hand, daher auch Finger Lakes – die Indianer benannten sie so. Am Nordende von einem der Seen hielten wir im Örtchen Canandaigua an, um das Visitor Center der Finger Lakes zu besuchen. Dort staubten wir Broschüren ab und ließen uns beraten über Wasserfälle und Weingüter (die Region sei ein großes Weinanbaugebiet, es gäbe auch deutsche Weine, vor allem Riesling) und quatschten noch ein bisschen.
Unser Weg führte uns dann durch sehr ländliche Gegenden mit vielen Feldern, aber wenigen Weinfeldern, so dass wir etwas verwundert waren vom „großen Weinanbaugebiet“.
Nachdem wir das Dörfchen Ovid durchquert hatten (offensichtlich waren die Einwanderer dort erstens deutsch, es gab viele deutsche Städtenamen, und zweitens ließen sie sich wohl von antiken Sagen inspirieren, es gab auch Romulus und Remus und so…), hielten wir dann bei einer Apfelweinkellerei an und gingen in den ausgestorbenen Verkaufsraum, nachdem wir Kontakt zur Hauskatze hergestellt hatten.
Dort konnte man die Sorten probieren und wir kosteten uns durch. Wir entschieden uns für einen der Apfelweine und kauften noch ein paar Käse-Cracker und fuhren dann weiter.
Wir wollten noch einen zweiten Versuch starten, eines der aufgelisteten Weingüter anzuschauen, allerdings kamen wir hier an einen schwer mit Flaggen dekorierten Schuppen – und weit und breit waren keine Weinfelder zu sehen (nur Mais…).
Nachdem wir uns etwas im Laden umgeschaut hatten, wo es alles mögliche gab (nicht nur Wein, auch Geburtstagskarten und Schnickschnack), mussten wir dann einfach fragen, wo die Weinfelder versteckt waren: der Besitzer erklärte uns hier, dass zumindest bei diesem Weingut der eigentliche Wein auf einem anderen Feld gemeinsam mit einem anderen Weingut angebaut werde, dass er aber die volle Kontrolle über die Anbaubedingungen habe. Wir kauften ein bisschen Schnickschnack (zur Verwunderung des Besitzers – wer geht schon zu einem Weingut und kauft keinen Wein, sondern was anderes) und fuhren dann weiter.
Vielleicht haben wir nicht die richtigen Weingüter besucht, aber das Anbaugebiet in dieser Gegend schien nicht so bombastisch zu sein.
Wir fuhren also zum ersten Wasserfall in unserer Wasserfallbroschüre, und natürlich stilecht bis zum Viewpoint mit dem Auto. Der Wasserfall stürzte beeindruckend in eine große Schlucht über eine riesige Distanz nach unten.
Leider war aktuell Dürre –davor hatte man uns im Visitor Center auch schon gewarnt – so dass es eher ein spärliches Rinnsal war als ein wirklich großer Wasserfall. Im selben Statepark versuchten wir dann einen anderen Wasserfall zu sehen, der wegen der Dürre schon gar nicht mehr zu sehen, nämlich ausgetrocknet war.
Wir fuhren also weiter und hielten am nächsten State Park an, dieses Mal, um uns an den Cayuga Lake zu setzen (einen der Finger Lakes). Es war ein herrlicher See mit glasklarem Wasser und wir genossen den Ausblick – irgendwie erinnerte es mich sogar ein bisschen an Italien.
Das Wasser fühlte sich herrlich an (an den Füßen), swimming war aber natürlich nicht permitted. Wir fragten also, wo man denn Schwimmen darf, worauf uns ein 5 Minuten entfernter State Park genannt wurde, wo wir dann hinfuhren. Der See war hier nicht weniger schön und so packten wir die Badesachen um den Swimming-Bereich aufzusuchen. Das stellte sich jedoch als ein (gefühlt) 3x3m großer eingezäunter rettungsschwimmerbewachter Bereich heraus, der für uns absolut nichts Anziehendes hatte, also übersprangen wir das Baden und setzten uns einfach ans Wasser, ließen uns die Sonne ins Gesicht scheinen und hielten die Füße in den See. Als es langsam 3 Uhr nachmittags wurde, brachen wir dann nach Ithaca auf, der „Wasserfallstadt“. Die Stadt ist quasi um zahlreiche Wasserfälle drumherum gebaut und wir wollten die meisten davon aufsuchen. Der erste Wasserfall in der Region war im Robert H Treisman State Park, wo normalerweise auch schwimmen direkt unter dem Wasserfall möglich ist. Aktuell ist das Wasser aber so niedrig, dass die Wasserqualität leidet und daher ist der Wasserfall fürs Schwimmen gesperrt gewesen. Schöne Bilder konnte man trotzdem machen, der Wasserfall war gar nicht so schlecht.
Der nächste Stopp waren dann die Buttermilk Falls, die wohl am meisten unter der Dürre gelitten hatten, denn da gab es fast gar kein Wasser mehr, so dass wir uns hier nicht lange aufhielten.
Das Navigieren in Ithaca stellte sich als ziemlich verwirrend heraus, so dass wir erst nach einigem Herumkurven die nächsten Wasserfälle fanden: was auf den ersten Blick aussah wie eine langweilige Beton-Staumauer, stellte sich als schöne Kaskaden zum Herumklettern heraus. Natürlich litten auch diese Wasserfälle unter der Dürre, aber so konnten wir wenigstens etwas auf den Felsen herumklettern, die normalerweise sicher im Wasser gewesen wären. Während wir kletterten, sahen wir eine Jugendlichengruppe mit einem Hoola-Hoop-Reifen und einem Geweih, die Baden gingen...soso.
Dass Ithaca auch eine Studentenstadt ist (Cornell University), stellten wir fest, als wir zum nächsten Wasserfall fuhren. Mitten im Campusbereich stellten wir das Auto ab und spazierten etwas sowohl auf dem Unigelände herum als auch zu einigen Wasserfällen. Es muss relativ kurz nach Beginn des neuen akademischen Jahrs gewesen sein und man sah wie die Stadt und der Campus voller wuselnder Studenten war, viele davon sicher auch Freshmen, also die neuen Studenten. Der eine Wasserfall auf dem Campus war nicht so wunderschön, so dass wir dann nach unserem kleinen Spaziergang zum Auto liefen und zu unserem Schlafplatz in einer etwas weiter entfernten Stadt fahren wollten. Zufällig sahen wir aus dem Auto aber dann noch einen wunderschönen, großen Wasserfall, so dass wir spontan anhielten und in dessen Flussbett entlangspazierten. Die Stimmung war herrlich und im goldenen Abendlicht saßen wir auf großen Steinen im glitzernden Bach und genossen die Stimmung, ein sehr gelungener Abschluss von dieser Gegend.
Gleichzeitig regten uns die vielen Studenten in der Stadt auch an, ein bisschen über das zu reden, was mir bevorstand: Gedanken, Sorgen, Ängste, Vorfreude – Middlebury war ja nur noch eine Nacht entfernt.
Zu Sonnenuntergang verließen wir dann die Stadt und da die Straße sich als erstes an einem Berg nach oben schlängelte, sahen wir den Sonnenuntergang drei oder vier Mal, je nachdem wie hoch wir gerade auf der Straße waren.
Die Luft war glasklar und die blaue Stunde hielt gefühlt für immer an, man sah Ewigkeiten einen rosa-gelblich-blauen Schimmer am Horizont.
Wir kehrten dann noch in einem Denny’s an unserer Interstate ein, übrigens ein Vorzeige-Denny’s: sehr sauber, wunderschöne Einrichtung, nicht abgeranzt, freundliche Bedienung und sogar ein neues „build your own burger“ System. Heiko bestellte einen Burger mit Rippchenfleisch, ich tat mich gütlich an einem gigantischen „Macho Nacho“ mit Nachos, Jalapenos, Zwiebeln, Tomaten, Gurken, Sour Cream, Chilisoße und Rindfleisch… mhhhh. Das war mit Abstand der beste Burger, den ich je gegessen habe, aber in meinen Ohren hatte ich die ganze Zeit so ein Klingeln in der Kalorienkasse…
Nachts um halb 12 erreichten wir dann unser Motel und fielen völlig erledigt ins Bett.
Mehr schöne Bilder gibt es im Album. (Passwort D00494).
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