Dienstag, 23.09.2008Heute nacht schlafe ich ziemlich schlecht, da es doch ziemlich abkühlt und mich etwas fröstelt. Mein wärmerer Schlafanzug wäre zwar nur einen Handgriff entfernt, aber dafür bin ich dann doch zu faul und schlafe irgendwann wieder ein. Als ich das nächste Mal aufwache und die Heizung anmache, schaue ich gar nicht auf die Uhr und denke mir, daß es wohl wie immer gegen 8 Uhr sein wird. Als es angenehm warm ist und ich aufstehe, stelle ich jedoch fest, dass ich mich da wohl um eine Stunde verguckt hatte – es ist schon nach 9 Uhr! Toll! Dabei wollten wir doch heute den Harding Icefield Trail machen, für den mindestens 6 Stunden veranschlagt sind. Dann aber mal flott! Wir schaffen es tatsächlich, inklusive Kaffeetrinken um kurz nach 10 vom Campground zu fahren. Es geht auf direktem Weg zum Parkplatz am Exit Glacier. Vor Antritt des Trails erkundigen wir uns noch im Visitorcenter, ob Trail und Wetter heute OK sind. Dabei werden wir von der Parkrangerin „beraten“, die neulich schon mit auf dem Schiff bei der Fjord-Tour war – und sie erkennt uns sogar wieder! Sie stellt noch fest, dass wir ja recht gut ausgerüstet seien und gibt ein uneingeschränktes OK für den heutigen Tag – dann nichts wie los! Noch scheint die Sonne, lediglich oben an den Berggipfeln ziehen ein paar Wolken rein, dort scheint es leicht zu schneien. Die 0,4 Meilen bis zum Trailhead auf geteerten Wegen bringen wir schnell hinter uns, dort gehen dann auch die (kurzen & ebenen) Trails zum Fußende des Exitglaciers ab.
Wir halten uns rechterhand, dort ist auch nochmals eine Infotafel mit den notwendigen Ausrüstungsgegenständen (Essen, Getränke, richtige Kleidung,…), Verhalten bei Bär- und Elchbegegnunen sowie eine Trailbeschreibung. Der Gesamttrail ist oneway „nur“ knapp 4 Meilen lang, steigt auf dieser Strecke aber etwa 3000 Fuß (knapp 1000 Höhenmeter) an. Kurz geht es noch eben durch den Wald, aber dann kommt schon ein recht steiles Stück, bei dem es auf Felsen in einem Bachbett bergauf geht.
Anschließend durchqueren wir ein kleines Waldstück und waten durch einen kleinen Wasserfall. Langsam wird uns warm und es wird Zeit, die ersten Kleidungsstücke im Rucksack zu verstauen. Der Bewuchs entlang des Weges wird nun immer dichter, hauptsächlich handelt es sich hierbei um Farne sowie verschiedene Beerensträucher. Anfangs sind es hauptsächlich Cranberries, als wir weiter nach oben kommen gibt es dann auch viele Himbeeren. Nach einer guten Stunde Gehzeit erreichen wir einen freien Bergrücken.
Von hier aus kann man sowohl einen ersten Blick von oben auf den Exit Glacier werfen als auch einen ersten Blick Richtung Harding Icefield schweifen lassen (wenn auch noch aus relativ weiter Entfernung).
Da dort relativ viele Leute stehen, machen wir nur kurz Photos, bevor wir weiter gehen. Wir werden dabei noch auf einen Schwarzbären aufmerksam, der ganz oben lediglich als kleiner schwarzer Punkt sichtbar ist. Da haben wir doch in den letzten Wochen schon deutlich näher Bären gesehen!
Es geht nun nochmals ein ganzes Stück in Serpentinen auf einem schmalen Pfad zwischen den Beerensträuchern empor. Ganz allmählich wird der Bewuchs nun immer niedriger, zu Fuß registriert man diese Veränderung der Vegetation mit steigender Höhe doch noch deutlicher, als wenn man die Pässe nur mit dem Auto oder RV erklimmt.
Nach gut 2 Stunden Wegzeit erreichen wir den nächsten Aussichtspunkt – die Aussicht auf den Exit Glacier und das Harding Icefield sind einfach traumhaft, wir können uns gar nicht satt daran sehen.
Noch toller wäre es natürlich, wenn wir dazu noch Sonne und einen tiefblauen Himmel hätten. Aber leider sind die Berggipfel in Wolken gehüllt und es macht auch den Eindruck, dass diese langsam weiter nach unten ziehen.
Aber es sind noch einige Leute vor uns auf dem Trail, also haben wir keine Bedenken, noch ein Stück weiter zu gehen. Allmählich hört der Bewuchs nun ganz auf und wir queren ein langes Geröllfeld. Links und rechts am Wegesrand sind auch schon ein paar kleine Schneefelder. Auf halber Höhe des Geröllfeldes queren Bergziegen (Mountain goats) direkt unseren Trail!
Bisher hatten wir diese Tiere ja immer nur als kleine weiße Punkte in weiter Entfernung gesehen, da ist das natürlich schon genial!
Zusätzlich sehen wir auch noch einen Steinadler (Golden Eagle) über uns hinweg fliegen!
Nach kurzer weiterer Strecke überqueren wir eine kleine Bergkuppe. Nun fängt es leicht an zu schneien, anfangs sind es aber nur wenige kleine Flocken. Passend dazu führt der Trail nun immer öfter quer durch einige Schneefelder. Anfangs sind es immer nur kurze Wegstücke, doch dann werden es immer längere Strecken. Die Schneefelder sind seltsam rot an der Oberfläche, das ist ein netter Kontrast zum stellenweise tiefblauen Exit Glacier! Im Visitor Center wird uns am nächsten Tag erklärt werden, daß es sich um bestimmte Bakterien/Algen handelt, die sich dort angesiedelt haben.
Hier überlegen wir auch kurz, ob wir umdrehen sollen, aber da sehen wir schon oben in geschützter Lage die Schutzhütte, die 300 m vor dem Ende des Trails liegt. So kurz vor dem Ziel geben wir dann doch nicht auf!
Es geht nun hauptsächlich auf Schnee bergauf, das ist dann schon recht anstrengend, aber es ist ja nicht mehr weit. Gegen 14:00 Uhr erreichen wir die Schutzhütte und tragen uns dort ins Summit Traillog ein.
Hinter der Schutzhütte geht der Trail relativ eben und auf größtenteils schneefreien Schotterwegen weiter. Wir gehen also noch etwas weiter und hoffen auf ein paar schöne Einblicke ins Harding Icefield.
Dies gelingt auch, allerdings ziehen nun die Wolken immer tiefer, daher kann man die Umrisse der dahinter aufragenden Berge leider nur erahnen. Die unendliche Weite dieses Eisfeldes, welches mehr als 10 Gletscher im Kenai Fjords National Park speist, ist schon sehr beeindruckend! Leider ist mit den Wolken im Hintergrund nur schemenhaft erkennbar, wo das Icefield aufhört und die Wolkendecke beginnt.
Gut 3 Stunden haben wir nun also für den Aufstieg benötigt. Eigentlich gar nicht so schlecht, nachdem am Trailhead eine Gehzeit von 6-8 Stunden für den Roundtrip veranschlagt war. Nach kurzer Pause beginnen wir dann gegen 14:20 Uhr mit dem Abstieg. Auf den Schneefeldern bergab ist es trotz Trekkingstiefeln relativ rutschig und wir kommen nur langsam vorwärts. Die Mountan goats von vorhin haben sich in der kurzen Zeit schon sehr weit nach oben in die Berge verzogen, jetzt sind sie wieder kleine weiße Punkte, die weit oben auf dem Geröllfeld schlafen. Immer wieder hat man auch schöne Ausblicksmöglichkeiten auf den Exit Glacier – die blaue Farbe und die tiefen Gletscherspalten sind schon absolut beeindruckend.
Vom nächsten Aussichtspunkt geht es nun recht zügig in Serpentinen bergab.
Immer wieder essen wir einige der am Wegesrand wachsenden Himbeeren, sie sind etwas säuerlicher und fester im Biß als die von zuhause Bekannten. Langsam kommen wir nun wieder in die Zone, in der der Bewuchs etwa Stephans Körpergröße erreicht. Plötzlich hören wir es direkt vor uns im dichten Gestrüpp rechts des Weges rascheln. Wir bleiben sofort stehen und schauen uns um – da sitzt doch tatsächlich direkt vor uns (etwa 3 Meter entfernt) ein großer Schwärzbar oberhalb des Weges im Gestrüpp, bewegt sich nach unten und isst genüßlich Himbeeren. Uns scheint er zum Glück bisher nicht bemerkt zu haben. Wie wir es überall gelesen haben, gehen wir rückwärts und unterhalten uns in normaler Lautstärke, bis wir eine sichere Entfernung zum Bär erreicht haben. Übrigens gar nicht so einfach, auf einem steilen und holprigen Trail rückwärts bergauf zu gehen! Leider befindet sich nun aber zwischen uns und dem Bären eine Kurve, daher können wir nicht genau beobachten, wohin sich der Bär bewegt. Wir geben ihm daher mal 10 Minuten Vorsprung, bevor wir langsam wieder um die Kurve blicken. Diesmal sehen wir den Bären mitten auf dem Weg laufen. Sofort bleiben wir wieder stehen, auch diesmal hört und sieht er uns nicht und verschwindet nach kurzer Zeit linkerhand bergab zwischen den Himbeersträuchern. Wir sind so erschrocken, daß das unser einziger Schnappschuß vom Bär geblieben ist.
Nun ist er zwar weg vom Trail, aber wir wissen leider nicht, wie weit. Ausserdem sind wir uns nicht sicher, wie der Trail weitergeht. Wenn in kurzer Entfernung eine Kurve kommt, würden wir dem Bären ja auf dem nächsten Serpentinenstück wieder begegnen! Daher warten wir noch eine ganze Zeit ab, bevor wir uns langsam vorwärts bewegen, immer mit nervösem Blick auf die Himbeersträucher am Wegesrand. Bei jedem Knacken bleiben wir erschrocken stehen und hören, wie sich der Bär langsam nach unten bewegt.
Glücklicherweise führt der Trail jedoch nun noch ein ganzes Stück geradeaus, so daß wir uns vom Bären immer weiter entfernen.
Nach einiger Zeit erreichen wir nun den ersten Aussichtspunkt auf der Bergkuppe wieder, hier hat man relativ freie Sicht in alle Richtungen. Nun machen wir uns recht zügig an den weiteren Abstieg, bevor der Bär uns evtl. doch wieder einholt. Auch nach Fotografieren ist uns nun nicht mehr so zumute, daher gibt es nun keine Bilder mehr. Das liegt aber auch daran, daß dieses letzte Teilstück hautpsächlich durch Wald und Gestrüpp führt und es kaum noch Aussichtspunkte gibt. Wer nur einen Teil des Harding Icefield Trails gehen möchte, muß daher aus unserer Sicht zumindest die ersten 1 ½ Stunden bergauf gehen, damit es sich lohnt – erst hier hat man dann die schönen Aussichtsstellen.
Je weiter wir bergab kommen, umso mehr zieht es nun oben in den Bergen zu und wir sind froh, uns rechtzeitig auf den Rückweg gemacht zu haben. Ohne weitere Bärenbegegnung erreichen wir dann wohlbehalten gegen 17 Uhr den Trailhead. Hier tragen wir unsere Rückkehr ein und vermerken, dass wir den Bären auf dem Trail gesehen haben. Da an der Infotafel steht, dass man jede Bärenbegegnung den Parkrangern melden soll, geben wir noch kurz am Visitor Center Bescheid. Obwohl es schon geschlossen hat (17 Uhr ist Schließung), werden wir noch kurz angehört und die Info (sowie die Info, dass noch 4 Personen auf dem Rückweg sind) an die Nachtpatrouille weitergegeben.
In der Zwischenzeit hat es sich nun eingeregnet und die Berggipfel sind gar nicht mehr sichtbar. Da haben wir ja tagsüber noch mal Glück gehabt, und es war sicher eine gute Entscheidung, den Trail heute (und nicht morgen) zu gehen. Zurück am Campground gibt es vor dem Abendessen erst mal ein „Bär-Bier“. Leider geht es nun langsam auf das Ende unseres Urlaubs zu – übermorgen nachmittag müssen wir schon in Anchorage unser Wohnmobil abgeben. Zum Abendessen gibt es daher die letzten Vorräte: Fertignudeln mit Thunfischsoße. Danach noch die üblichen Abendarbeiten, mal sehen, wie das Wetter morgen noch mitspielt.
Gefahrene Meilen: 46
Gelaufene Meilen: 8.8