01.08.2008 Whitefish-Going to the Sun Road-Post Falls
and miles to go before I sleep
"and miles to go before I sleep"
Diese Zeile aus Robert Frosts "Stopping by Woods on a Snowy Evening beschreibt diesen Tag ziemlich gut. Aber fangen wir am Anfang an.
Zur Erinnerung: Wir waren am Abend zuvor damit gescheitert, ein Motel für zwei Nächte zu finden und hatten auch wenig Hoffnung, bei einer etwaigen Suche heute mehr Glück zu haben. Wir beschlossen, die Zeit lieber für Besichtigungen im Park zu verwenden und dann einfach noch ein Stück Richtung Westen zu fahren. Wieweit, das wollten wir spontan entscheiden. Um vom Tag auch wirklich was zu haben, standen wir ziemlich früh, irgendwann zwischen 6 und 7 Uhr auf. In Whitefish waren wir zuerst anständig frühstücken. Der Inhaber/Manager des Motels hatte uns ein Restaurant "Little Red Caboose" (ich sagte ja, das ist eine Eisenbahnerstadt) empfohlen. Der Tipp war gut und das Essen dort super. So gestärkt ging's weiter zum Park.
Der Glacier National Park wurde 1910 eingerichtet und hat seinen Namen von der durch Vergletscherung während der Eiszeit geprägten Landschaft. Seine vielfältigen Ökosysteme sind noch nahezu ungestört. Aufgrund seiner langen Forschungsgeschichte dient er als Referenzgebiet für die Erforschung der Klimageschichte und der globalen Erwärmung. Die Gletscher im Park gehen seit 1850 ständig zurück und haben nur noch einen Bruchteil der ursprünglichen Fläche. Der Park grenzt direkt an Kanada, jenseits der Grenze liegt der Waterton-Lakes-Nationalpark. Beide Parks wurden 1932 als weltweit erstes grenzüberschreitendes Naturschutzgebiet unter dem namen Waterton-Glacier International Peace Park zu einem Internationalen Friedenspark ernannt und 1995 zum Weltnaturerbe erklärt. Das Gebiet wird auch als Crown of the Continent bezeichnet.
Durch den Park verläuft die "continental divide", die kontinentale Wasserscheide. Das Ökosystem ist sehr vielfältig, im Park leben ca. 1130 Pflanzenarten, 250 Vogelarten und über 70 Säugetierarten, darunter theoretisch auch schätzungsweise 350 Grizzly-Bären und 700 Schwarzbären, auch wenn uns der Beweis dafür schuldig geblieben wurde. Da können die viel behaupten!
Da wir gestern den Park nur "angekratzt" hatten, wollten wir heute die gesamte "Going-to-the-Sun-Road" entlangfahren. Das ist die einzige Straße durch den Park. Da diese ca. 50 Meilen lange Straße über sehr hohe Lagen führt, ist sie die meiste Zeit des Jahres verschneit und meistens nur von Mitte Uni bis Mitte September befahrbar. Die Straße ist stellenweise sehr eng und kurvig, daher dürfen Fahrzeuge länger als 21 feet sie nicht befahren. Dafür gibt es rote Shuttelbusse, die sogenannten "Jammer", die man kostenlos benutzen darf. Das hat natürlich den Vorteil, dass man sich nicht aufs Steuer konzentrieren muss und stattdessen die Landschaft besser ansehen kann. Wir wollten aber flexibel sein und sind deshalb mit unserem Auto gefahren. Ihren Namen hat die Going-to-the-Sun-Road übrigens vom Going-to-the-Sun-Mountain, der vermutlich nach einer indianischen Legende benannt ist.
Beim Fahren merkten wir schon schnell, dass das nicht ganz so einfach war, da die Straße stellenweise wirklich sehr eng und kurvig war und an den meisten Stellen keinerlei Begrenzung oder Absperrung an der bergab gelegenen Seite hatte. Man fuhr stellenweise nur wenige Zentimeter am Abgrund entlang. Eine falsche Lenkbewegung, und nun ja... Außerdem war am Anfang auf weiten Abschnitten Baustelle. Dazu kam die wirklich beeindruckende Berglandschaft, die es einem schwer machte, sich aufs Fahren zu konzentrieren.
Dennoch ist die Going-to-the-Sun-Road für mich die schönste Straße, die ich je gefahren bin.
Nach einiger Zeit waren wir am Logan Pass, wo auf ca. 2025 Metern Höhe die continental divide verläuft. Außerdem gibt es hier einen Parkplatz mit angeschlossenem Visitor Center. Als wir gegen 10 Uhr dort waren, war der Parkplatz noch fast leer. Wir stiegen aus und machten uns auf zu einer kleinen Wanderung Richtung Hidden Lake.
Große Teile des Weges waren noch mit Schnee bedeckt. Es war ziemlich windig und frisch, die gestern gekaufte Fleecejacke war Gold wert. Schon bald kamen uns einige snow goats entgegen, die anscheinend schon sehr an Touristen gewöhnt waren. Außerdem gab es hier lauter Murmeltiere.
Der restroom für die snow goats war direkt neben dem trail:
Nach kurzer Wanderung kamen wir ein einem Aussichtspunkt an. Die Aussicht auf den Hidden Lake und die Berglandschaft waren einfach nur beeindruckend und wunderschön. Wir sahen uns etwas um und genossen die Landschaft.
Wir wären gerne zum See runtergewandert, aber aus Zeitgründen verzichteten wir darauf und kehrten um. Wr fotografierten noch ausgiebig die Berge und Wiesen. Wir hatten echt Glück mit der Jahreszeit, die überall blühenden Bergwiesen waren wunderschön.
Als wir nach knapp zwei Stunden zurück am Parkplatz waren, war dieser randvoll. Man sollte hier echt zeitig unterwegs sein.
Auch der weitere Verlauf der Straße war einfach nur beeindruckend. Viele sagen ja, wenn man die Alpen kenne, dann sei Glacier zwar nett, aber nichts besonderes. Diese Meinung kann ich überhaupt nicht teilen. Ich kenne die Alpen und die sind nichts im Vergleich zu hier. Ich habe nur selten Landschaften gesehen, die mich so in den Bann schlagen und so beeindrucken. Auf den Bildern kommt das leider nur annähernd raus, die können das Panorama dieser hohen Berge und tiefen Täler nicht richtig rüberbringen. Es gibt keine andere Beschreibung als "wunderschön". Für mich ist der Glacier neben dem Grand Canyon der schönste Park, den ich kenne (ok, ich kenne auch nur neun). Er gefiel mir sogar besser als der Yellowstone. Klar, der Yellowstone hat viel mehr unterschiedliche Attraktionen zu bieten, ist abwechslungsreicher, aber schöner finde ich Glacier. So, genug gelobhudelt. Weiter geht's.
Nach kurzer Zeit kamen wir am St. Mary Lake vorbei und erreichten das Ostende des Parks. Zwischendurch zog der Himmel ganz schön zu, wir hofften, dass es keinen Regen oder gar Schneesturm gab, denn die Straße war schon so schwierig genug zu fahren.
Am Osteingang kehrten wir um und fuhren die Strecke zurück. Diesmal ohne Wanderung sondern nur mit ein paar kurzen Fotostopps.
Hier sieht man nicht nur einen er roten "Jammer", sondern auch wie eng es auf der Straße ist. Hab ich schon erwähnt, dass das Fahren hier echt anstrengend ist? Ich würde jedem empfehlen, diese Jammer zu nehmen. Dann hat man noch mehr von dieser schönen Strecke.
Kurz vor 15 Uhr verließen wir den Park. Schnell noch tanken und Huckleberry Fudge kaufen und dann fuhren wir los Richtung Westen.
Man beachte den Benzinpreis!
Wir fuhren zuerst nach Kalispell und dann auf dem Highway 93 weiter nach Süden. Zuerst ging es nach Mal am Flathead Lake vorbei und bei Elmo bogen wir ab nach Westen auf die Montana State Route 28. Nach den ganzen höhen (und wunderschönen!) Bergen war das mal wieder eine ganz andere Landschaft.
Bei Plains kamen wir dann auf die SR 200 und kurz darauf durch den Lolo National Forest. Dies war auch wieder eine sehr schöne Gegend. Grüne Hügel und Täler am Clark Fork River. Hier konnte man bestimmt auch gut wandern und fischen.
Kurz nach Paradise (nicht unpassend der Name, war ein schönes Tal) bogen wir auf die SR 135 ab. Bald erreichten wir die I 90 bei St. Regis. Das ist lediglich eine Ansammlung einiger Häuser, darunter ein paar Burgerläden und ein Motel. Wir suchten zuerst den Burgerladen auf und überlegten, kurz, ob wir hier bleiben wollten. Es war so gegen 18 Uhr. Wir hätten hier ein Zimmer suchen können und noch ein bißchen in der wirklich ganz reizvollen Gegend herumfahren und spazieren können. ber da wir doch noch relativ fit waren, fuhren wir weiter auf die Interstate. Und fuhren und fuhren. Richtige Ortschaften gab es nicht an der Interstate, nur hin und da mal ein paar Häuschen oder ganz selten (wirklich selten) mal eine Tankstelle. Irgendwann sagten wir uns, jetzt brauchten wir hier auch keine Unterkunft mehr zu suchen, jetzt fahren wir durch bis Coeur d'Alene. Dort würden wir bestimmt was finden, selbst am Freitag Abend. War ja schließlich eine größere Ortschaft und einen nationalpark gab es hier auch nicht.
Um 19.16 Uhr überquerten wir die Grenze nach Idaho und damit war es ja wieder 18.16 Uhr, Pacific Standard Time sei Dank. Die Landschaft hier sah schon wieder anderes aus. Das hätte fast auch im Bayerischen Wald sein können.
Kurz vor 7.30 pm (PST) kamen wir nach Coeur d'Alene. Wir fuhren runter von der Interstate und begannen nach Motels Ausschau zu halten. Bald scho sahen wir welche, aber mal zur Abwechslung wieder alle mit dem "no vacancy"-Hinweis. Wir klapperten einige erfolglos ab und kamen immer weiter in die Stadt hinein. Dort sahen wir, dass einige Straßen gesperrt waren und einige Leute dort irgendwelche Buden aufbauten. Da schien morgen irgendwas stattzufinden und wahrscheinlich war deshalb alles ausgebucht. Wir umfuhren die gesperrten Straßen und fuhren wieder ortsauswärts. Wir fuhren sämtliche Ausfallstraßen im Westen von Coeur d'Alene ab und entdeckten dabei dutzende von Motels aber keines mit freien Zimmern. Anscheinend war die gesamte Stadt ausgebucht. Irgendwann gaben wir auf. Es wurde langsam dunkel und wir waren von der stundenlangen Fahrerei langsam etwas müde. Wir fuhren zurück auf die Interstate und weiter nach Westen. Ein paar Meilen hinter Coeur d'Alene befindet sich Post Falls. Dort hielten wir bei dem erstbesten Motel (ein Sleep Inn), gerade ging die Sonne unter. Weitere Motels waren zumindest in der direkten Umgebung nicht sichtbar. Wir schleppten uns nach drinnen und fragten, ob noch was frei wäre (wir hatten etwas Hoffnung, da dort kein "no vacancy"-Schild war. Die nette Dame schaute nach, ja, ein einziges Zimmer mit queen bed wäre noch frei. Für ungefähr $ 150. Das teuerste bisher, aber wir hatten die Schnauze voll und nahmen das Zimmer. Als wir das Gepäck nach drinnen brachten war es schon dunkel. Wir holten von der benachbarten Tankstelle noch ein Sixpack Fat Tire und Knabberzeug. Im Hotel plantschte ich noch ein wenig im Pool. Wenn wir schon so viel zahlten, dann mußte ich natürlich auch den Pool ausnutzen. Danach gab es noch ein paar Bierchen auf den ganzen Stress. Wir schliefen dann ziemlich schnell ein.
Zum Einschlafen noch mal Robert Frost:
The woods are lovely, dark and deep.
But I have promises to keep,
And miles to go before I sleep,
And miles to go before I sleep.
Gefahrene Meilen: über 400