05.10.2015, „Wave oder Nicht-Wave?“, das ist hier die FrageEs regnet.
Das Internet sagt für heute und morgen jeweils 60% Regenwahrscheinlichkeit voraus. Angesichts der aktuellen Luftfeuchtigkeit halten wir das für untertrieben. Mit gemischten Gefühlen fahren wir zum Visitor Center.
Die Rede zur Lage der Wave hält heute ein anderer Ranger. Mit tiefer, bedeutungsschwerer Stimme beginnt er seine Ansprache:
Are you sure … are you really sure, dass ihr zur Wave wollt?
Nein, das sind wir nicht!
Während der Ranger die körperliche Fitness der Touristen im Sinn hat, machen wir uns Gedanken, ob wir heute wirklich an der Lotterie teilnehmen sollen. Die Ampel für die Zufahrt zum Trail Head der Wave ist von 2WD auf 4WD umgesprungen. Eine Furt in der Nordzufahrt, führt ernst zu nehmende Mengen an Wasser. Ob und wie sie passierbar ist, ist im Moment unklar.
Wie die Lage morgen sein wird, ist ungewiss. Nur eines ist sicher: besser bestimmt nicht!
An der Wand hängen “Motivationsfotos“ und wir stehen da mit unserem 2WD-Promenaden-SUV.
Ernsthaft überlegen wir, ohne Lotterie wieder zu gehen. Morgen hätten wir noch eine letzte Chance ...
Aber was, wenn wir morgen kein Glück haben? Vermutlich würden wir unseren Enkeln noch von der vertanen Möglichkeit erzählen.
Wir entschließen uns, dem Schicksal die Entscheidung zu überlassen und nehmen an der Lotterie teil. Insgeheim hoffen wir, dass wir heute nicht gezogen werden und dafür unsere Chancen für morgen steigen. Das ist zwar Schwachsinn, aber in solchen Situationen denkt man halt so.
Heute ist ein anderer Ziehungsleiter am Werk. Da er etwas schneller zur Sache kommt, schaffe ich es nicht, mein Handy rechtzeitig auf „Video“ umzustellen, bevor die erste Zahl gezogen wird.
Es ist die „1“ ...
… unsere Nummer!
Auch meine Augen fangen an zu schwitzen, natürlich nur ein wenig (schließlich bin ich ein Mann …). Wir sind gerührt. Ob wir uns freuen sollen, wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht?
Der Rest der Lotterie zieht an uns vorüber. Uns bewegt nur diese eine Frage:
Wie kommen wir da bloß hin?
Für die Auserwählten folgen 45 min Einweisung zum Weg, zur Ausrüstung und zum richtigen Verhalten. Alles hoch professionell gemacht (Respekt!), aber irgendwie bin ich nicht richtig bei der Sache. Allein die Empfehlung, pro Person 1 Gallone Wasser mitzuführen (auf dem Tisch steht ein „5-Liter-Kanister“) entlockt mir ein müdes Lächeln. „Wassermangel“ ist im Moment gerade nicht unser Problem.
Am Ende der Einweisung schauen wir uns tief in die Augen und sagen uns:
„Wir kommen da hin! – What ever it takes!“Ich habe auch schon einen Plan …
Wir fahren zum Veranstalter der gestrigen Tour und fragen, ob sie „Taxifahrten“ zur Wave anbieten.
Reine Taxifahrten machen sie zwar nicht, aber eine Tagestour mit Guide und allem könnten sie uns anbieten, ... wenn „Scott“ Zeit hat.
Ein Anruf …
… und Scott hat Zeit!
Ob ihr denn die Wetterlage bewusst sei, wollen wir von der netten Dame wissen. (Blöde Frage, ein Blick aus dem Fenser genügt ...)
"Kein Problem, Scott schafft das!"
Unsere Kreditkarte brauchen wir zwar nicht zu zücken, man hat die Daten noch von gestern, aber wir müssen wieder einige von den ganz großen Münzen einwerfen. Egal!!!
Transportproblem gelöst!
Wie sieht es mit der Ausrüstung aus? Wetterfeste Jacken und Schuhe haben wir, aber „dazwischen“ nur Jeans. Stundenlang in nassen Jeans? Keine schöne Vorstellung. Und „unsere Unschuld“ wollen wir uns auch nicht erkälten, schließlich liegen noch zwei Wochen Urlaub vor uns. Also erkundigen wir uns nach einem zuständigen Laden und erstehen dort Regenhosen. Da es der einzige Outfitter im Ort ist, hat er nur „die guten Regenhosen“. Sie müssen besonders gut gewesen sein, denn eine(!) kostete fast so viel wie 2 Paar Jeans vom Bruder Lewi. Egal!
Ausrüstungsproblem gelöst!
Inzwischen ist es Mittag geworden. Eigentlich wollten wir heute in den Zion zu den Emerald Pools. Es ist ein bisschen zu spät dafür. Ersatzziele vor Ort wären der Yellow Rock, der Buckskin Gulch oder Edmeyer’s Secret, aber die liegen alle an für uns wegen des Regens nicht erreichbaren Off-Roads. Die Toadstools, die Nautilus und die Gegend um Page kennen wir.
Schließlich wählen wir ein C-Ziel aus, das Paria-Filmset und los geht es auf dem Highway 89 Richtung Page. An der zuständigen Ausfahrt halten wir und schauen uns die Info-Tafeln an. Hier hat der Regen etwas nachgelassen, aber am Horizont, dort wo wir gleich hinwollen, geht gerade der nächste Wolkenbruch nieder.
Los geht’s auf der Schotterstraße zum Paria Filmset. Soweit kann das doch gar nicht sein und die Straße macht einen sehr soliden Eindruck. Wenn es zu arg regnet, bleiben wir halt im Auto sitzen und schauen uns von da aus die Kulissen an.
Der Weg zieht sich. 5 Meilen sind halt doch 5 Meilen. Langsam wechselt die Piste ihre Farbe von gelb nach rot, ein Detail, dem ich zunächst keine Beachtung schenke. Heute weiß ich:
gelb: Steine, Kies -> gut
rot: Gesteinsmehl, Lehm -> nicht gut
Jetzt müssen wir gleich da sein, nur noch diesen kleinen, steilen Berg hinunter.
Da meldet sich der diensthabende Schutzengel in meinem Kopf und lässt mich erst einmal anhalten. Während ich noch überlege, meldet sich der Schutzengel auf dem Beifahrersitz in gleicher Sache:
„Fahr‘ da bloß nicht runter!“.
Mit einem 4WD unter dem Hintern hätte ich wohl nicht gezögert. Ich gestehe gern, dass ich auch so noch eine Sekunde ernsthaft überlegt habe …
Schließlich siegt der Verstand über das Testosteron (eine Alterserscheinung?). Das ist es einfach nicht wert, wir kehren um.
Gut, aber wie?
Wir stehen jenseits der Bergkuppe auf einer „5 nach 12 Position“. Links geht es steil nach oben, rechts steil nach unten. Wenden ist hier nicht möglich! Ich steige aus, um die Lage zu erkunden. Nach zwei Schritten habe ich Klump-Füße aus Lehm und bekomme weiche Knie …
Meine Frau fragt nach der Lage. Das will sie nicht wirklich wissen:
Wir befinden uns auf Schmierseife, … mit der Nase bergab!!!
Mit einem „alles wird gut“ bitte ich meine Frau, mich einzuweisen. Mal drehen die Räder durch, mal rutsche ich in Richtung Berg, mal in Richtung Abhang, aber am Ende komme ich doch hoch und kann den Wagen auf einem geraden Stück wenden.
Erst jetzt bemerken wir, dass die "Straße" Auflösungserscheinungen zeigt. Aber alles ist gut, wir sind save.
Am Tag darauf beginnen wir die Geschichte unserem Guide zu berichten. Noch bevor wir zur Sache kommen, unterbricht er uns und fragt: „Ihr seid doch hoffentlich nicht den Berg hinunter gefahren?“.
„Even with a 4WD you would have been trapped there for days! “
Offenbar gibt es einschlägige Erfahrungen. Noch jetzt beim Schreiben läuft es mir kalt den Rücken hinunter. Liegen bleiben ist die eine Sache. Aber wenn ich mir vorstelle, dass wir möglicherweise auf so leichtfertige Art und Weise unsere Wave-Permits verspielt hätten ... Ich glaube, ich würde jetzt noch „heulend um den Christbaum laufen.“
Nachzutragen wäre noch, dass die Felsen in der Gegend des Paria-Filmsets faszinierende Farben haben, fast unnatürlich. Wie mag das erst bei Sonne aussehen?
Zurück am Parkplatz essen wir unsere Baguettes (aus dem Glazier-Supermarkt, empfehlenswert!). Als ich danach beginne, dass ich mir gern noch den Zustand der Furt an der House Rock Valley Road (auch eine Schotterstraße) ansehen möchte, braucht meine Frau nur Luft zu holen und ich weiß - falsches Thema.
Wahrlich, wir haben unsere Glückspunkte für heute verbraucht.
Auf dem Rückweg entdecken wir kurz vor Kanab einen Fluss, der in den Highway 89 mündet.
... Fortsetzung in bewegten Bildern.
Für den Rest des Tages bleibt noch ein D-Ziel, die Moqui-Cave, im Norden von Kanab. Es ist eine Höhle im Berg, mit einer privaten Sammlung aus Mineralien, Fossilien und alten Gebrauchsgegenständen und natürlich einem Souvenir-Shop. Die Sammlungen sind „ganz nett“, beachtlich ist die Menge und Vielfalt an fluoreszierenden Steinen.
Zum Abendessen gibt es Spare Ribs in „Calvins BBQ“. Es spielt Livemusik, aber weder Essen noch Ambiente können uns so richtig begeistern.
Übrigens, in der Höhle stand ein Wunschbrunnen:
„Wirf einen Nickel (5 c) oder Dime (10 c),
es wird dein Glück ändern ‚in time‘ “.
Das haben wir natürlich sofort getan, wegen des Wetters morgen und des Weges zur Wave.
Aber ob das richtig war? An dem Glück, das wir heute hatten, soll sich doch eigentlich nichts ändern …
Bleibt dran und drückt uns die Daumen, dass wir es morgen bis zur Wave schaffen.
Fazit:
- Wave gewonnen! Schutzengel strapaziert, daraus gelernt!
- Paria Filmset: Die farbigen Felsen sind sehenswert.
- Moqui Cave: D-Ziel, wie schon gesagt
für Interessierte: tolle fluoreszierende Steine
- Calvins BBQ: man mag es oder nicht (wir nicht)