Ein langer WegDas Frühstück überrascht uns positiv. Während das Days Inn am Airport eher zu den einfacheren Motels zählt, ist das Frühstück unerwartet gut. Bis hin zu Obst und Joghurt ist alles da.
An der Tankstelle besorgen wir uns Wasser für den Tag und dann geht es los. Wir wollen heute bis Rapid City kommen und haben daher etwa 650 km vor uns. Das ist schon heftig, aber zwischen Denver und Rapid City reizt uns nichts so sehr, dass es uns eine Übernachtung wert ist. Die Strecke haben wir uns in Etappen aufgeteilt, mit Pausen dazwischen.
Zunächst gibt es ein kleines Problem mit der Luzie vom Navi, denn sie will uns auf eine Maut-Straße führen, was wir erst kurz vorher bemerken. Glücklicherweise haben wir dieses Mal ein Tablet dabei, mit vorbereiteten Offlinekarten von Google und GPS, so dass wir an dem kleinen blauen Punkt auf der Karte immer genau sehen, wo wir sind, und das ganz ohne SIM-Karte und Internet. Technisch neu ist das alles nicht, aber wir haben das in diesem Urlaub erstmalig so genutzt und können es nur empfehlen. Also übernimmt Uta auf dem Beifahrersitz zunächst die Navigation und lotst mich um die Maut-Straße herum.
Unser erstes Ziel ist das Scottsbluff NM. Der Weg dahin zieht sich wie Kaugummi, zumal wir eine weite Strecke auf „Landstraßen“ fahren. Die Landschaft hat nicht allzu viel Interessantes zu bieten, aber unser MP3-Player mit Amerika-Musik von den Beach-Boys bis „Moaschendroaht-Zaun“ sorgt für gute Laune.
Schließlich erreichen wir das Scottsbluff NM und wollen stolz unseren NP-Pass kaufen. Die Rangerin ist „so sorry“, aber die NP-Pässe sind gerade aus. Wir erhalten normale Tickets, die wir später anrechnen lassen können und (verbal) mehr Informationen als wir eigentlich wissen wollen. Wichtig ist, wir können selbst hochfahren und müssen nicht auf das Shuttle warten.
Das Scottsbluff NM ist, so denke ich, hinreichend im Forum bekannt, ein markanter Felsen als Landmarke für den großen Treck gen Westen.
Es ist später Vormittag und schon lecker warm. Eincremen ist für uns Bleichgesichter Pflicht, aber einen Hut aufsetzen … Wofür ? … ist doch nur für kurz. Eine Fehleinschätzung wie sich später herausstellt.
Oben angekommen wandern wir die kurze Strecke bis zum Nord-View-Point und machen einige Fotos. Die endlose Ebene ist schon beeindruckend. Wer will, kann die Erdkrümmung „sehen“. Ob es echt ist oder nur eine optische Täuschung, vermag ich nicht zu sagen.
Ganz am Horizont sieht man im Dunst den Chimney Rock. Der ist sicher auch interessant, aber zu weit entfernt, um ihn heute noch zu besuchen.
Übrigens haben wir euch noch gar nicht unseren Wagen (Midsize-SUV) vorgestellt. Es ist zufällig wieder ein roter Nissan Rouge wie schon vor zwei Jahren, diesmal allerdings mit AWD. Er hat uns soweit gute Dienste geleistet. Wir waren am Ende zufrieden.
Für das Mittagessen habe ich mir als Etappenziel die High Plains Homestead nahe Crawford ausgesucht. Dort baut ein „Freak“ ein Westerndorf im alten Stil nach und bietet Essen sowie Unterkunft an. Ich bin ziemlich stolz auf mich, dass ich das gefunden habe und dass es soweit gut in die Planung passt …
… doch was ist das?
Was auf der Karte wie ein kleiner Umweg zum Highway aussieht, stellt sich in der Realität als Schotterpiste heraus. Und wenn dann auf dem Straßenschild „15 Meilen“ steht, ist das i.a. kein Irrtum, sondern ernst gemeint. Na toll.
Das Westerndorf ist ganz nett. Wir essen recht gute Burritos. Die eiskalte Lemonade, die wir dazu trinken, tut bei der Hitze richtig gut, auch wenn sie pink ist.
Später unterhalten wir uns mit dem Besitzer.
… so so aus „near Cologne“ seid ihr. Mit einem Augenzwinkern fragt er, ob ich als Mann in Köln auch rosa Limonade trinken würde. Die „Weltoffenheit“ von Köln scheint international bekannt zu sein.
Die Gegend um die High Plains Homestead ist bizarr geformt.
Wenige Meilen hinter dem Westerndorf liegt eine Stelle, die als „Hudson-Meng Bison Kill“ bezeichnet wird. Eigentlich wollen wir da nicht hin, weil das nach einem alten Chinesen klingt, der dort ein Massaker unter den Büffeln angerichtet hat. Der Ort wird uns aber wärmstens empfohlen, so dass wir uns überreden lassen …
… und nicht enttäuscht werden.
Auf einer Fläche von der Größe mehrerer Fußballfelder liegen dort versteinerte Skelette von mehreren Hundert Bisons. Ein kleiner Teil davon ist freigelegt und mit einer klimatisierten Ausstellungshalle überdacht, am Rest arbeiten sich Jahr für Jahr Studenten ab.
Eine recht interessante Attraktion, allerdings liegt sie verkehrstechnisch sowas von am A… der Welt, schade. Man könnte auch sagen: am Vormittag kommen zwei Besucher, am Nachmittag wird es dann etwas ruhiger. Auf jeden Fall sind die drei Angestellten froh, dass sie uns ihre Schätze zeigen können.
Für die Hobby-Archäologen unter euch: Das Rätsel um die Knochen ist noch nicht gelöst. Es liegen dort übereinander Bison-Knochen aus einer Zeitspanne von 600 Jahren, wofür es bisher keine schlüssige Erklärung gibt.
Fotos haben wir davon leider, leider nicht. Wer mehr wissen will, möge bitte bei Wikipedia nachschlagen.
Übrigens Herr Hudson und Herr Meng waren Amerikaner, die das Ganze entdeckt und finanziell gefördert haben. Heute wird die Einrichtung halbstaatlich finanziert.
Jetzt aber nichts wie auf nach Rapid City. Zunächst heißt es wieder „Staub fressen“ auf der Schotterstraße. Wir sehen zufällig einen Zug, wie wir ihn in selbst in Amerika noch nicht gesehen haben. Er reicht von Horizont bis Horizont. Wenn ich Zeit hätte, würde ich jetzt das Stativ für ein Panorama aufbauen, aber so müssen zwei Fotos reichen. (Ich weiß, ein modernes Smartphone erstellt ein Panorama automatisch, … haben wir aber nicht.)
Es sollte noch geschlagene zwei Stunden dauern, bis wir in Rapid City eintreffen. Inzwischen ist es etwa 19.00 Uhr geworden.
Nach dem Einchecken ins Hotel geht es noch schnell in den Walmart, um die üblichen Besorgungen zu machen. Drei Sachen sind dabei erwähnenswert:
In der (falschen) Annahme, das Bärenspray könnte vor oder im Yellowstone NP extrem teuer oder gar ausverkauft sein, wollen wir es hier besorgen und suchen die Outdoor-Abteilung auf. Für die Sprühflaschen in der obersten Reihe heißt es: Ask for assistance! Das könnte es sein. Wir wenden uns an einen Zuständigen und fragen nach dem Bärenspray.
Und der geht allen Ernstes …
… zum Waffenschrank und holt dort die Flasche raus.
Angesichts der vielen Gewehre kann ich meine Klappe nicht halten und verlange gleich noch eine Pump-Gun dazu. Wie selbstverständlich dreht er sich noch einmal zum Waffenschrank um ...
Halt, halt, I‘m just kidding. Darauf macht auch er einen Scherz, den ich aber nicht verstehe.
Dann geht es in die Werkzeugabteilung. Wir besorgen uns einen Hammer und einen Meißel. Das hätte ich auch aus Deutschland mitbringen können, hatte aber keine Lust auf eine Diskussion mit der Security oder dem Zoll.
Wofür braucht der Verrückte denn Hammer und Meißel?
Ja, das ist eine Überraschung, auch für meine Frau. Hab Vertrauen Schatz!
Wie der Held meiner Kindertage, Egon Olsen, habe ich einen Plan.
Wir brauchen: zwei Schutzbrillen, einen Bogen Knallfolie, zwei Paar Arbeitshandschuhe, eine Sprühflasche und eben Hammer und Meißel. Die Aktion startet nach dem Yellowstone NP, pünktlich um 1 p.m.
Es werden noch Wetten angenommen, was das werden soll.
Kleiner Tipp: Wir haben vor, am Ende unserer Reise die Staatliche Münze in Denver zu besuchen.
… damit hat es nichts zu tun.
Ja, und dann kaufen wir noch drei Flaschen Rotwein. Als gelernter USA-Reisender weiß man, dass zuweilen selbst grauhaarige Männer in solchen Situationen ihren Ausweis zeigen müssen. Da ich noch nicht einmal grauhaarig bin, zücke ich schon ungefragt meinen Führerschein und halte ihn hin.
Die junge Frau an der Kasse scannt alles, … bis auf die drei Flaschen Wein. Dann stockt es.
Ja wie denn? Ist gerade Sonntagvormittag, Ostern oder sonst irgendein spezieller Feiertag? Dürfen vielleicht zwei Personen nicht drei Flaschen Wein kaufen?
Nein! Sie erklärt uns: „
Sie ist keine 21 Jahre alt.“ Daher darf sie die Flaschen nicht anfassen.
Oh je, da hätten wir Unwissenden doch das arme Kind fast verdorben. Mit den 18 Jahren, die sie wohl mindestens ist, dürfte sie wahrscheinlich schon mit der Army in den Krieg ziehen oder in Märchenfilmen (für Erwachsene) mitspielen, aber eine Flasche Wein auch nur anfassen, Gott bewahre.
Nun könnte das einfach „Elvira“ von der Nachbarkasse übernehmen. Sie hat gerade nichts zu tun und die 21 Jahre schon zweifelsfrei überschritten ...
Nein, für so etwas gibt es die Standardprozedur 17B: Hier muss der Supervisor ran.
Nach gefühlten 10 Minuten kommt dann die Mutter Oberin, führt ihren goldenen Schlüssel in die Kasse ein und scannt höchstpersönlich die drei Flaschen Wein.
Mit einem eindeutig zweideutigen Lächeln auf den Lippen wünscht sie uns einen besonders schönen Abend. Dabei schätzt sie uns in zweierlei Hinsicht falsch ein:
Drei Flaschen Wein liegen deutlich über unserer Leistungsgrenze und …
… ich sage nur 650 km, davon geschätzt 60 km auf Schotter.
Wir sind gut in Rapid City angekommen, aber jetzt „haben wir fertig“. Auch ohne das Glas Wein hätten wird keine Probleme mit dem Einschlafen gehabt.
Morgen geht es in den Custer SP mit allerlei Sehenswertem.
Exkurs für Planer:
Das Days Inn am Airport in Denver ist für die erste Nacht durchaus empfehlenswert. Gutes Preis-Leistungsverhältnis, gutes Frühstück, Nähe zum Flughafen.
Als Zweitnavi ist ein Tablet mit (zuvor heruntergeladenen) Offlinekarten und GPS-Funktion äußerst nützlich (alles ohne SIM-Karte und aktives Internet).
650 km sind ausnahmsweise machbar, zumal wenn am ersten Tag das Jetlag für einen frühen Start sorgt. Man sollte bei einem solchen Ritt aber grundsätzlich Straßen unterhalb des Highway-Status meiden.
Die Fahrt würde ich wieder so unternehmen, allerdings auf die High Plains Homestead auf jeden Fall verzichten. Das Scottsbluff NP ist als Zwischenziel in Ordnung, aber nicht unbedingt ein Must Have.
Die High Plains Homestead, das Hudson-Meng Bison Kill Museum und ein Toadstool Gebiet liegen räumlich recht nahe beisammen. Wer in der Nähe übernachtet und die Gravel Road nicht scheut, für den könnten das durchaus interessante Ziele sein, für einen Durchreisenden aber nicht.