Straßenbahn und Großer WagenHeute wollen wir einen Teil der Highlights der „Südschleife“ des Yellowstone NP erkunden. Wir verlassen also Canyon Village in Richtung Süden.
Als wir den „Feldherrenhügel“ des Hayden Valley passieren, stehen dort schon wieder viele Besucher. Im gegenüberliegenden Tal des Yellowstone River können wir im Vorbeifahren aber nichts Interessantes entdecken.
Das erste Ziel ist heute das Gebiet um Mud Vulcano und Sulfur Calderon. Beides liegt unmittelbar nebeneinander. Ein Parkplatz ist schnell gefunden. Es riecht streng und so richtig schön sieht vieles nicht aus, interessant aber schon. Hier die Bilder.
Obwohl manche Pools und Schlammlöcher einen pH-Wert nahe "Batteriesäure" haben, tummeln sich hier auch „zarte“ Lebewesen.
Als wir auf den Lake Yellowstone treffen, legen wir einen kurzen Stopp ein. Über den See hinweg können wir schon die schneebedeckten Berge des Grand Teton entdecken und wie selbstverständlich äst neben uns ein kapitaler Zwölfender.
Später erreichen wir das West Thumb Geyser Basin, wo wir auf die farbigen Pools gespannt sind. Obwohl es schon später Vormittag ist, haben wir mit dem Parkplatz keine Probleme. Wahrscheinlich liegt das daran, dass er relativ groß ist und sich jeder hier nur ca. eine Stunde aufhält, bevor er wieder fährt.
Wir beginnen mit „den kleineren Sachen“ und laufen den Loop entgegen dem Uhrzeigersinn.
Die beiden Pools (Black Pool und Abyss Pool) am nördlichen Ende lassen uns staunen. Wow, ist das schön. Es ist überraschend, wie aus einem türkisblauen Pool plötzlich ein leuchtend orangefarbener Ausfluss herauskommt. Das hat der Designer des Fremdenverkehrsamtes geschmackvoll eingerichtet.
In der Mitte des Gebietes liegen Pools, die eher „giftig“ aussehen. Die Gänse scheint es nicht zu stören oder sie wissen damit umzugehen.
Anschließend besuchen wir noch das Visitor Center, bevor wir uns auf den Weg in Richtung Westen machen. Nach kurzer Zeit treffen wir auf eine Picknick-Area am Waldrand. Hier rasten wir und essen unsere Wraps, die wir kurz zuvor gekauft haben.
Weiter geht es, Old Faithful wir kommen! Auf dem Weg dahin erzähle ich meiner Frau, was ich bei Wikipedia über den „alten Getreuen“ unter anderem gelesen habe:
In den frühen Tagen des Nationalparks wurde Old Faithful auch als Wäscherei genutzt:
„Old Faithful wird ab und zu degradiert, in dem man ihn als Wäscherei gebraucht. Kleidung, die während der Ruhezeit im Krater platziert wird, wird hochgeschleudert und gründlich gewaschen, wenn die Eruption stattfindet. General Sheridans Männer stellten 1882 fest, dass Leinen und Baumwollstoffe durch das Wirken des Wassers unbeschädigt blieben, während Wollkleidung in Fetzen zerrissen wurde.“
Uta bekommt sich vor Lachen kaum noch ein, weil sie sich vorstellt, wie sich Meier, Müller und Schulze nach dem Turbo-Waschgang um ihre Unterwäsche streiten.
Endlich kommen wir in der Old Faithful Area an und mit uns auch noch „ein paar andere Touristen“ …
Das Einchecken geht recht zügig und schon können wir unsere Villa für die kommenden beiden Nächte beziehen, eine Cabin der Old Faithful Lodge. Sie stammt, zumindest äußerlich, gefühlt aus der „Gründerzeit“, ist klein, aber soweit ok. Nur an das Preis-/Leistungsverhältnis denkt man am besten nicht. Ja, Angebot und Nachfrage bestimmen auch hier den Preis. Alternativ hätten wir auch im Old Faithful Inn ein Zimmer buchen können. Die Qualität wäre wahrscheinlich besser gewesen, das Preis-/Leistungsverhältnis vermutlich noch lausiger.
Immerhin hat unsere Cabin ein „Privatklo“. Es gäbe auch preiswertere Cabins mit „Gemeinschaftsklo“ …
Wir sind keine Camping-Fans und haben das Alter von 29 Jahren auch schon überschritten (meine Frau natürlich gerade erst), so dass wir uns das mit dem „nachts über den Hof“ nicht mehr antun wollen.
Belassen wir es dabei. Die Hütte ist akzeptabel, und über den Preis denken wir jetzt nicht weiter nach.
Wir wollen heute noch zu den Kepler Cascades und vor allem zum Lone Star Geyser. Dieser bricht so etwa alle 3 Stunden aus. Eine Vorhersage für dessen nächsten Ausbruch bekommen wir in der Old Faithful Area nicht. Daher müssen wir rechtzeitig genug da sein, um notfalls 2 ½ Stunden vor Ort auf den Ausbruch warten zu können und dann trotzdem vor der Dämmerung wieder zurück am Parkplatz zu sein.
Eine Karte o.ä. nehmen wir nicht mit, denn die Strecke ist ja denkbar einfach, immer am Fluss entlang …
Wir erreichen die Kepler Cascades, werfen einen kurzen Blick darauf und machen uns dann auf den Weg.
Welchen Weg?
Was ich aus den Reiseberichten als breiten Waldweg, ja fast als Straße in Erinnerung habe, stellt sich jetzt als schmaler Trampelpfad heraus, der durchs Unterholz führt.
Wir finden nichts Besseres und gehen einfach mal los. Das ist unsere erste Wanderung im Yellowstone abseits touristischer Massen. Wegen der möglichen Bären habe ich mir das Pfefferspay an den Gürtel geschnallt und das Glöckchen aktiviert. Durch das dichte Buschwerk kann man nur ein paar Meter weit sehen. So ganz wohl ist uns nicht. Uta fragt, ob ich mir denn sicher bin, dass das der richtige Weg sei. „Nein“, wäre die korrekte Antwort gewesen, aber das vermeide ich erst einmal.
Nach ca. 100 m finden wir des Rätsels Lösung. Es gibt zwei Parkplätze: einen für die Kepler Cascades und einen für den Trailhead zum Lone Star Geyser, den wir jetzt gerade erreicht haben. Beide Parkplätze verbindet der schmale Pfad durch den Wald. Der Wanderweg, der vom zweiten Parkplatz losgeht, ist wirklich so breit, dass man ihn auch mit einem Pick-up befahren könnte. Alles gut!
Alles gut?
Nicht so wirklich, denn es kommt uns ein Pärchen entgegen, die berichten, dass sie gerade am Lone Star Geyser gewesen seien und einen schönen Ausbruch erlebt hätten. Das wäre jetzt soundso lange her, dann haben sie für den Rückweg soundso lange gebraucht und, und, und …
„Freunde, das ist too much text for us! Just tell us, wann der nächste Ausbruch ist?“
Ähm ..., ja ..., so in etwa 45 min.
Ob wir das noch schaffen könnten? Ja, da müssten wir uns beeilen, aber wenn wir „harshly walken“ würden, dann könnte es klappen.
Auf geht es! Vor uns liegen 2,5 Meilen = 4 km. Der Weg ist flach und eben. Wir gehen so schnell, wie wir können, getrieben von der Angst, zu spät zu kommen und dann wirklich 3 Stunden warten zu müssen. Das wollen wir um jeden Preis vermeiden. Da wir im Moment allein sind und das Bärenrisiko nicht wirklich einschätzen können, lasse ich die Bärenglocke vorsichtshalber an. Durch unseren forschen Schritt wird sie aber recht heftig angestoßen, so dass das Geläut ziemlich intensiv wird. Menschen, die wir überholen, drehen sich nach uns um, manche weichen uns sogar aus.
Man könnte sagen, wir fegen durch den Wald wie „de Bimmel“ durch Leipzig (lokaler Ausdruck für „Straßenbahn“) .
Egal, wir haben ein Ziel und das wollen wir erreichen. Ein bisschen peinlich ist uns die Klingelei schon, aber auf Befindlichkeiten können und wollen wir jetzt keine Rücksicht nehmen.
Wir haben die Uhr im Blick, und die vorhergesagte Zeit des Ausbruchs rückt näher und näher. Wie weit es noch ist, wissen wir nicht. Wir laufen und laufen, was die Beine hergeben. Viele, die wir überholen, schlendern so vor sich hin. Am liebsten möchten wir sie fragen, ob sie denn nicht wüssten, dass gleich …
Sie sind erwachsen und müssen wissen, was sie tun.
Aber vielleicht sind unsere Informationen falsch? Immerhin haben wir schon mehrere Gruppen überholt, die es nicht so sonderlich eilig hatten. Die können doch nicht alle „unwissend“ sein?
Jetzt sind es noch 10 Minuten bis zum Start, langsam wird es knapp.
Nach noch ein paar hundert Metern öffnet sich der Wald, eine Lichtung wird sichtbar, wartende Menschen tauchen auf und da ist er, der Lone Star Geyser.
Wir sind gerade angekommen, da öffnet sich der Vorhang und das Schauspiel beginnt, als wenn er auf uns gewartet hätte. Wir sind keine Minute zu früh.
Die Rucksäcke fliegen unter einen Baum und wir schießen Fotos aus allen Rohren.
Der Ausbruch dauert ca. 20 min. Wir sind selig, dass wir es geschafft haben.
Eine ähnliche Geschichte hatte ich vor vielleicht 2 Jahren hier im Forum gelesen und meinte damals die Freude über das „Gerade-noch-geschafft-zu-haben“ nachempfinden zu können …
Heute kann ich sagen: Das kann man nicht so wirklich, wenn man es nicht selbst erlebt hat.
Nachzutragen wäre noch, dass wir für die Strecke 38 Minuten gebraucht haben. Wir wollen damit nicht ins Guinnessbuch, sondern nur einen Anhaltspunkt geben, mit welcher Zeit man rechnen kann, wenn es eng wird und man straff läuft.
Nun schlendern wir mit den anderen Besuchern zurück zum Parkplatz und werden dabei von Mücken attackiert. Wir holen die chemische Keule heraus und Ruhe ist. Die Mücken waren vor einer Dreiviertelstunde sicher auch schon hier, konnten da aber bestimmt nicht auf uns landen, weil der „Fahrtwind“ zu stark war.
Jetzt haben wir auch Zeit für ein paar Fotos.
Zum Abschluss sehen wir uns die Kepler Cascades noch etwas ausführlicher an.
Zurück am Old Faithful machen wir uns frisch und gehen zum Restaurant im Old Faithful Inn. Wir hatten mit dem Check-In einen Tisch bestellt, aber nur „21.30 Uhr“ erhalten. Da wir sehr viel früher da sind, lassen wir uns zusätzlich auf die Warteliste eintragen und dann auf einem Balkon des Old Faithful Inn die Seele baumeln.
Deutlich vor 21.30 Uhr klingelt der Pager und wir werden zu unserem Platz geführt. Die „Generaloberlehrerin“ am Empfang, von der wir in einem früheren Reisebericht gelesen hatten, ist uns nicht begegnet. Es ist alles freundlich und korrekt.
Zur Feier des Tages essen wir Buffet, was uns aber von der Auswahl und der Qualität nicht wirklich begeistert.
Inzwischen sind wir müde und machen uns auf den Weg zurück in unsere „Villa“. Während meine Frau schlafen geht, habe ich noch etwas vor …
Ich schnappe mir meine Fotoausrüstung und möchte einen Ausbruch des Old Faithful vor dem Sternenhimmel fotografieren. Das hatte ich mir schon lange vorgenommen und spätestens als Flicka diese Idee in ihrem Reisebericht auch geschildert hatte, wurde das zum Muss.
Für die Fotosession habe ich mir als ADAC-Mitglied beim Universum einen großen Wagen zum Old Faithful bestellt, genauer gesagt
den Großen Wagen.
Spaß beiseite, zur Vorbereitung habe ich zwar Verschiedenes unternommen und weiß z.B. auch, dass ich kein Mondlicht haben werde, aber an eine bestimmte Sternenkonstellation habe ich nicht gedacht. Das ist quasi ein Geschenk des Schicksals.
Ich mache ein paar Probeaufnahmen und nach einiger Wartezeit rührt sich der „alte Getreue“.
Ja, und jetzt kommt die schlechte Nachricht. Der Hausmeister vom Old Faithful hat nicht genug Druck auf den Kessel bekommen (ist auch schon spät) und so gerät der Ausbruch zum Rohrkrepierer.
Eine gewisse Zeit warte ich noch, aber es kommt nichts mehr.
Es ist jetzt irgendwann zwischen 23.00 Uhr und Mitternacht. Soll ich noch einmal anderthalb Stunden warten? Habe ich irgendeine Garantie, dass der Ausbruch dann eindrucksvoller wird?
Morgen wollen wir uns die Perlen des Südwestens ansehen. Dafür muss ich ein bisschen ausgeschlafen sein. So entschließe ich mich, zurück zu unserer Hütte zu gehen, weiß aber nicht, ob ich mich mehr freuen oder mehr ärgern soll.
Als ich später im Bett liege, entscheide ich mich für „freuen“ und schlafe kurz danach ein.
Exkurs für Planer
Die Strecke:
Mud Vulcano und Sulfur Calderon sind durchaus sehenswert, sofern aber aus Zeitnot eine Auswahl getroffen werden muss, wäre dieser Ort verzichtbar.
Das West Thumb Geyser Basin ist sehr sehenswert, insbesondere der Black Pool und der Abyss Pool. Empfehlenswert ist es, die Runde entgegen dem Uhrzeigersinn zu laufen, so dass man diese Highlights am Ende hat.
Lone Star Geyser: Sofern man Zeit für die Wanderung hat, sollte man das unbedingt machen. (Mückenspray mitnehmen, Rückkehrer nach dem letzten/nächsten Ausbruch fragen)
Die Cabins (mit „Privatklo“) der Old Faithful Lodge sind ein aus unserer Sicht sinnvoller Kompromiss für die Übernachtung in diesem Gebiet. Eine Übernachtung hier halten wir grundsätzlich für ratsam, da die Ausbrüche des Old Faithful in ihrer Stärke recht unterschiedlich sind und man schon mal drei Ausbrüche warten muss, bis ein richtig großer dabei ist.
Erwartet keine Wunder vom Essen im Restaurant des Old Faithful Inn. Das Reservieren an der Rezeption erscheint sinnlos, weil man da scheinbar nur „21.30 Uhr“ als Zeit angeboten bekommt. Offenbar kommt man mit der „Live-Warteliste“ eher dran.
Zum Fotografieren des Old Faithful bei Nacht noch ein paar Tipps. Die Foto-Profis unter euch mögen lächelnd darüber hinwegsehen. Ich bin Amateur und möchte Amateuren helfen:
- Eine Spiegelreflex- oder eine Systemkamera sollte es schon sein. (verwendet Canon EOS M5)
- Lichtstarkes Objektiv (verwendete Lichtstärke 2,0)
- Weitwinkelobjektiv (Blickwinkel des verwendeten 22 mm Objektivs an APS-C war schon zu gering)
- Belichtungszeit <= 2 Sekunden, sonst bekommen die Sterne Spuren und aus dem Geysir wird Nebel
- Standort: Hauptgebäude der Old Faithful Lodge im Rücken (ist abends noch hell beleuchtet und gäbe bei anderem Standort sonst Störlicht)
- Mondlicht und Position klären (bei den Fotos schien kein Mond)
- Beleuchtung des Geysirs klären:
+ kräftiger Blitz mit Pappe zur Abschirmung des Nahbereiches (verwendet Metz 52)
+ ein oder mehrere wirklich kräftige Taschenlampen (Geysir ist 50-70 m entfernt)
+ Geheimtipp: Ein Helfer postiert ein Auto neben dem Gebäude der Old Faithful Lodge und gibt Flutlicht
(Das Schicksal hat mir beim ersten Bild einen Helfer dort hingestellt, Danke!)
- Stativ auf den Erdboden stellen, nicht auf den „Laufsteg“.
- vorher zu Hause üben (Man muss seine Kamera quasi blind bedienen können und ein Gefühl die Nachtfotos haben.)
- Die Fotos entstanden am 21.07.2017, gegen 23.00 Uhr. Die Sternenkonstellation wird auch in den nächsten Jahren zu dieser Jahreszeit so sein. Auf geht's!