Sil, so schlimm war das gar nicht mit dem Zelten. Man muss sich nur irgendwie vom Gedanken an die Bären ablenken
Und gutes Wetter ist im Yellowstone wirklich wichtig, glaube ich. Viele der Farben kommen dann gar nicht so gut raus, wenn es bewölkt ist, und auch wir waren dann nach den vier Tagen vollkommen Vulkan/heiße Quellen/Geysirgesättigt.
Tag 32, 19.6.Der Wecker klingelte nach einer relativ warmen und gemütlichen Nacht um 4 Uhr morgens.
Wir hatten dennoch 6 Stunden geschlafen, in so fern war das nicht ganz so schlimm. Langsam, vorsichtig und misstrauisch öffneten wir das Zelt und leuchteten mit der Taschenlampe die ganze Campsite aus, immer ängstlich, dass uns jeden Moment ein Grizzlybär anspringen könnte.
Es war jedoch keiner da, und so packten wir schnell unsere Sachen für den Tag zusammen, fuhren hoch zum Waschhäuschen und dann aus dem Campingplatz heraus. Dabei sahen wir auf der Straße noch einen Fuchs oder Kojoten über die Straße huschen!
Dann fuhren wir zügig Richtung Norden. Pünktlich zum Sonnenaufgang gegen 5 wollten wir nämlich im 70km entfernten Lamar Valley sein, wo man um diese Zeit große Chancen haben soll, Wölfe zu sehen. Wir waren so ziemlich alleine unterwegs, der ganze Park schlief noch. Der Fluss im Hayden Valley dampfte malerisch und langsam färbte sich der Horizont rosa.
Als wir die Abzweigung zum Canyon erreichten, kamen wir an einem Schild vorbei, was irgendetwas von „road closure“ sagte. Na gut, wird schon nicht uns betreffen, außerdem stand da eine bestimmte Zeit und morgens um 5 wird da sicher keiner eine Straße sperren.
Also fuhren wir weiter nach Norden, fuhren eine weitere Passstraße mit Schnee, konnten in der Ferne wieder große schneebedeckte Berge sehen, eine wunderschöne Stimmung. Doch dann kamen wir um die Kurve: „road closed“. Keine Chance, kein Durchkommen, eine Schranke versperrte die Straße wegen Bauarbeiten. Also hätten wir das Schild wohl doch besser lesen sollen…
Vor allem ich war sehr enttäuscht, denn das bedeutete das Aus fürs Lamar Valley für heute früh. Es gab nur eine Umfahrung über Mammoth Hot Springs, die aber mindestens 100km lang gewesen wäre (also keine Chance, zum Sonnenaufgang da zu sein), ansonsten gibt es in der Region keine weiteren Straßen. Wir entschieden uns dann, ins Hayden Valley zurückzufahren, um dort wenigstens irgendwelche anderen Tiere am frühen Morgen zu sehen. Noch während ich lamentierte, wie traurig ich war, dass wir nie wieder Wölfe sehen würden, und so weiter und so fort,
lief plötzlich an der Abzweigung zum Canyon etwas direkt vor unserem Auto über die Straße. Sicher Hirsche oder sowas.
Doch dann: „Heiko, das sind Wölfe, das sind Wölfe, das sind Wölfe!“
Ein grau-brauner und ein weißlicher, die schnell von der Chittenden Bridge kamen, über die Straße rannten und dann den Hang hochkletterten und im Wald verschwanden. Unglaublich, sie waren nur wenige Meter am Auto vorbeigerannt!
Wenn das nicht Schicksal war… wir stellten uns noch einmal an den Waldrand, warteten, ob sie vielleicht zurückkommen würden, hörten sie aber nur noch in der Ferne heulen. Kluge Tiere, wenn sie eine der wenigen Brücken über den Fluss nutzen!
Es war gerade einmal halb 6 und draußen waren immer noch kaum andere Touristen unterwegs. Wir machten uns auf den Weg nach Mammoth Hot Springs. Die Straße war eher langweilig, sie führte nur durch den Wald, wenngleich es immer noch früher Morgen war, alles wunderschön aussah und wir Ausschau nach Tieren hielten. Plötzlich bemerkten wir einige Kackhaufen, die entlang der Straße herumlagen, wie als würde ein Tier auf ihr spazieren gehen. Als wir dann um eine Kurve fuhren, sahen wir den Grund: eine Herde Bisons machte ihre Morgenpatrouille und blockierte langsam und gemütlich trottend die ganze Straße.
In Norris Junction bogen wir nach Norden ab und folgten dann einer wunderschönen Straße, die sich durch ein Tal schlängelte, begleitet von einem Bach auf der linken Seite, der aufgrund der höheren Temperatur (heiße Quellen?) unaufhörlich dampfte.
Im sanften Morgenlicht ein großartiger Anblick.
Unterwegs sahen wir auch noch mehr Wapitis. Wir hielten am noch menschenleeren Roaring Mountain an, ein grauer dampfender Berg.
Dann kamen wir zum Swan Lake, wo wir einen tollen Blick auf eine weite Wiese mit Bergen im Hintergrund und einem spiegelglatten See hatten.
Im Gebüsch sprangen ein paar Erdhörnchen herum.
Angekommen bei Mammoth Hot Springs fuhren wir zuerst den Upper Drive, wo wir immer noch allein waren. Von einem Aussichtspunkt aus konnte man das gesamte Tal sehen, mit den Hotels in Mammoth und den berühmten terrassenförmigen heißen Quellen im Vordergrund.
Wir machten dann auch einen kleinen Trail, wobei wir an verschiedenen Terrassen vorbeikamen, die aussahen wie natürliche, kreisrunde Whirlpools, entstanden aus den Sinter-Ablagerungen aus denen die gesamten Terrassen bestehen.
An anderer Stelle floss das Wasser aus der obersten heißen Quelle, um danach dann auf die darunterliegenden Terrassen zu strömen.
Als wir gerade wieder gehen wollten, sahen wir plötzlich im Gebüsch eine ganze Gruppe weiblicher Wapitis, die grasten, dann aber auch vorsichtig auf die weißen Sinter-Ablagerungen gingen und dabei sogar an manchen Stellen etwas einsanken. Was für ein Bild!
Wir fuhren den Drive noch zuende, kamen vorbei am Red Mount (einem riesigen Stein aus Sinter, wo oben die heiße Quelle heraussprudelt) und fuhren dann hinab ins Tal. Von dort aus machten wir einen Boardwalk, mittlerweile wurde es außerdem voll und heißer.
Auch Mammoth Hot Springs sind sehr dynamisch, unser Reiseführer war schon längst nicht mehr aktuell. Ständig werden hier neue Terrassen aktiv, andere ruhen und die Terrassen dieser ehemals aktiven Quellen bröckeln dann langsam auseinander. Auch neben der Straße öffnen sich an vielen Stellen neue Quellen und beginnen, Mini-Terrassen zu bilden.
An manchen Stellen war der Boardwalk sogar abgesperrt, weil sich dort eine neue Quelle zu etablieren begann. Ein schöner Rundweg, die sprudelnden Terrassen haben uns sehr fasziniert.
Danach fuhren wir nach Mammoth, kauften Snacks an der Tankstelle und Briefmarken auf dem Postamt, schauten ins Visitor Center und fuhren dann noch ein Stück weiter zum nördlichen Parkausgang. In den Bergen dort wollten wir Bighorn Sheep (Dickhornschafe) sehen, doch trotzdem wir an jeder Haltemöglichkeit jeden Quadratzentimeter der Berge mit dem Auto absuchten, konnten wir kein Tier entdecken.
Also fuhren wir wieder zurück Richtung Old Faithful, ich hielt erst ein Schläfchen, und als ich wieder aufwachte, standen wir mitten im Stau. Was? Hier in der Wildnis ein Stau?
Wie sich nach einer dreiviertel Stunde herausstellte, wurde der Stau von einem Bison nahe der Straße verursacht, das alle im Park neu Angekommenen kurz fotografieren wollten. Leider reichte bei der aktuellen Verkehrsdichte selbst der kleinste Stopp aus, um einen Stau zu verursachen. Ein einsam abgestellter, verzweifelter Ranger versuchte, die Leute durchzuwinken und von Stopps abzuhalten, vergeblich. Nach dem Bison war dann wenigstens kein Stau mehr, der Verkehr war aber dennoch zähflüssig und man fuhr Kolonne mit hunderten anderer Autos.
Auf dem Weg brach außerdem neben uns im Wald der Grand Geyser aus! Bei Old Faithful suchten wir dann sage und schreibe 17 Minuten lang einen Parkplatz. Als der Geysir dann wohl fertig ausgebrochen war, strömten die Leute zurück zu den Autos und endlich konnten wir parken. Wir statteten dem General Store noch einmal einen Besuch ab und gingen ins Old Faihtful Inn, weil das besonders schön sein soll. Es ist wohl das teuerste Hotel im Park, aber auch das historischste: allein die große Halle ist wunderschön, soweit das Auge reicht sind nur Baumstämme verbaut, alles wirkt sehr zerbrechlich und filigran, aber gleichzeitig rustikal.
Wir nahmen uns vor: wenn wir mal reich sind, schlafen wir auch hier.
Im Visitor Center sahen wir uns noch einen schönen Film über den Park an (und stellten fest, dass wir trotz unseres Mammutprogramms nicht einmal annähernd alles gesehen hatten) und fuhren dann wieder zum Lake Yellowstone, um dort noch etwas zu angeln.
Mittlerweile war es etwas kühler geworden, und als wir die ersten paar Minuten angelten, kam plötzlich richtig starker Sturm auf, der den See aufwühlte.
Wir brachen ab, zogen uns ins Auto zurück und schauten zu, wie Wind und Regen den spiegelglatten, zauberhaften See in ein Meer mit Schaumkronen verwandelten. Um die Regen-Zwangspause zu nutzen, fuhren wir zum RV Park Fishing Bridge um dort zu duschen, ein herrliches Gefühl endlich wieder sauber zu sein.
Als sich draußen das Wetter beruhigt hatte, machten wir einen zweiten Angelversuch auf einer Landzunge.
Dieses Mal fing Heiko innerhalb einer Stunde nichts, aber danach waren wir auch wahnsinnig durchgefroren, denn obwohl die Sonne jetzt wieder schien, hatte der Sturm einen Wetterwechsel mit Kälte (gefühlt: null Grad) und Wind mitgebracht.
Auf dem Rückweg zum Auto sahen wir noch einen kleinen Vogel (Sandpiper?), der am Strand saß, als er uns dann sah plötzlich wie verrückt durch die Gegend lief, sich aufplusterte, anfing zu piepen, und dann Brüten vortäuschte. Heiko schaltete zum Glück sehr schnell und sagte, wir sollten wegen eventueller Eier vorsichtig sein. Und so war es dann auch: der Vogel hatte Eier in den Sand gelegt und hatte uns durch sein Verhalten versucht, von der Brut wegzulocken. So interessant!
Das Vögelchen:
Wir flüchteten vor dem Wetter in die Lake Lodge und aßen dort Abendbrot in einer Art Kantine, lecker und relativ günstig für den Park, vor allem aber war es warm drinnen.
Auf der Rückfahrt sahen wir dann noch den Sonnenuntergang am Lake Yellowstone und kehrten dann zum Zelt zurück, wo Heiko sofort Feuer machte.
Wir tranken noch etwas Bier, aßen Marshmallows und kauerten uns ans Lagerfeuer, obwohl der böige Wind uns immer wieder Rauch ins Gesicht blies. Eiskalt war es trotzdem. Gegen halb 11 legten wir uns dann ins Zelt, wohl wissend wie kalt die nächste Nacht werden würde – es war sogar Frost angesagt.
Gefahrene Meilen: ca. 180