Tag 34, 21.6.Relativ früh (jedoch viel später als an den vorherigen Morgen) standen wir um halb 7 auf. Es war bewölkt und kühl – die Kaltfront, die uns im Yellowstone-Park schon erwischt hatte, hatte uns jetzt eingeholt. Beim Auschecken quatschten wir noch mit zwei anderen Gästen, die auch aus dem Yellowstone kamen und auch in die gleiche Richtung weiterfuhren – zum Mount Rushmore. Wahrscheinlich eine beliebte Route. In einem endlich mal wieder sauberen und aufgeräumten Auto konnte die Fahrt dann beginnen. Auf der Interstate fuhren wir bis Gillette durch und kauften dort im Walmart erst einmal wieder frischen Proviant ein.
Das Wetter hatte sich nicht gerade zum Besseren gewendet, erst nieselte es, dann regnete es stärker und genau auf dem Walmart-Parkplatz gab es Platzregen.
Wir verließen nun die Interstate und fuhren auf einem kleineren Highway weiter Richtung Südosten und South Dakota. Der Mount Rushmore mit den Präsidentenköpfen liegt nämlich in der südwestlichen Ecke von South Dakota, die Interstate knickt aber nach Norden ab, und so wollten wir durch diese Überlandfahrt abkürzen. Zunächst war die Landschaft hügelig-langweilig; schließlich überquerten wir die Staatengrenze nach South Dakota.
Recht bald erreichten wir dann die Black Hills, die anfangs auch langweilig zu sein schienen: Hügelchen mit Felsen und Nadelbäumen. Wenn man aus den Plains kommt ist das sicher spannend, wenn man aber gerade aus den atemberaubenden Rocky Mountains kommt, kann man da nur noch müde gähnen.
Als erstes fuhren wir zum Crazy Horse Memorial, eine gigantische (170m hoch), in den Fels gehauene Skulptur, die allerdings schon seit über 60 Jahren im Entstehen begriffen ist. Die Figur soll irgendwann einmal ein Pferd mit einem indianischen Reiter zeigen und damit ein Gegengewicht zum Mount Rushmore darstellen. Im Mount Rushmore wurden nämlich nur deshalb Präsidentenköpfe in den Fels gehauen, da Einheimische die sonst eher unbekannte Region touristisch aufwerten wollten. Man entschied sich dann, ein patriotisch-amerikanisches-national(istisch)es Motiv einzumeißeln, die Präsidenten. Dies stieß den Indianerstämmen, die nämlich einen großen Teil von North und South Dakota besiedelten, sauer auf, da sie sich benachteiligt fühlten, und so entschloss sich ein Oberhaupt, das Crazy Horse Memorial zu beginnen.
Soviel zur Geschichte. Wir wollten also dort vorbeischauen, doch es stellte sich heraus, dass der Eintritt 27$ pro Fahrzeug kostete – für ein unfertiges Felspferd, das man eh von der Straße aus sehen kann? Nein Danke!
Mit der Erlaubnis des „Schrankenmannes“ wendeten wir an der nächsten Möglichkeit (hätten aber auch hier wieder schummeln können, offenbar wirken wir vertrauenswürdig
).
Als nächstes fuhren wir auf den Needles Highway, wo sich die Black Hills von ihrer schöneren Seite zeigten. Die schmale Straße führte durch Felszinnen und Schluchten, ab und zu hatte man schöne, weite Ausblicke – das gefiel selbst uns Rocky-Mountains-Verwöhnten.
Wir machten auch einen kleinen Spaziergang, bei dem wir entdeckten, dass der Boden durchsetzt war von Rosenquarz oder einem ähnlichen Gestein.
Irgendwann kamen wir dann eine Baustelle – der erster Gedanke: „Neiiiiiinnnnn!!“ Unser Stoppschildglück verhalf uns dann zu 20 Minuten Wartezeit.
Die Belohnung dafür war dann aber der schönste Teil des steilen Highways, der sich in ganz engen Kurven durch die Felsen wand. Man hatte immer wieder tolle Ausblicke auf die umliegende Landschaft und kleinere Tunnel unterwegs.
Das Highlight war dann ein einspuriger Tunnel, wo neben dem Auto links und rechts nur ein paar Zentimeter waren. Schließlich kamen wir noch zu einem schönen See, wo wir etwas spazierten.
Dann fuhren wir zum Mount Rushmore. Wir wurden von einem weiteren netten Schrankenmann begrüßt – denn der Eintritt ist eigentlich frei, man holt sich von den Touris dennoch geschickt Geld, indem man das Parkhaus kostenpflichtig und obligatorisch macht. Wir hatten leider kein Bargeld mehr, und er sagte, das letzte Gewitter hätte die Kabel für die Kartenzahlung lahmgelegt. Super!
Aber es sei kein Problem, wir sollten einfach drinne beim Geldautomaten Geld holen, und beim Herausfahren würden wir automatisch wieder zu einem Schalter geleitet werden, bei dem wir das Zahlen dann nachholen konnten. Ja, ja, wir nickten, das würden wir so machen – auch hier hätten wir wieder schummeln können, taten es aber nicht, sondern holten als erste Amtshandlung drin brav Geld am Automaten. Dann liefen wir durch eine lange Flaggenallee und dann erreichten wir endlich die Plattform, von der aus man einen tollen Blick auf die beeindruckend riesigen Präsidentenköpfe hatte.
Was für eine Leistung, die Gesichter waren sehr originalgetreu, bis auf Lincoln, dessen Wange bei einem Erdbeben abhanden gekommen war…
400 Leute arbeiteten an diesem Meisterwerk 14 Jahre lang. Nicht zuletzt ist es natürlich auch eine typisch amerikanische Attraktion, man stelle sich nur mal Kanzlerköpfe im Harz vor…
Dann hatten wir aber auch genug gesehen. Man kann zwar theoretisch noch zu einem Präsidentennasenloch nach oben wandern oder ins Museum gehen, aber auf beides hatten wir keine Lust und so gingen wir wieder zurück zum Auto. Zu unserer Überraschung wurden wir ohne jegliche Schranken wieder auf die normale Straße zurückgeleitet. Wo sollten wir jetzt unser Parkgeld nachzahlen? Vielleicht an der klitzekleinen Abzweigung nach links, die uns wieder zurück zu den Eingangsschranken gebracht hätte? Ups, na ja, wir können ja nicht immer auf die Schummelmöglichkeiten (Sparmöglichkeiten) verzichten, wenn sie uns so oft unter die Nase gerieben werden.
Unser erster Blick richtete sich in den Himmel, und wir stellten fest, dass eine Gewitterlinie auf uns zukam. Wir waren tagsüber nämlich wieder aus der Kaltfront raus in den warmen Bereich gefahren, und jetzt holte die Kaltfront uns wieder ein, mit mehr oder minder schweren Gewittern. Um sie zu beobachten, mussten wir nur irgendwie aus den hügligen Black Hills herauskommen und fuhren nach Rapid City (976m Höhe). Dort aßen wir im absoluten Schnelldurchgang bei Sonic (endlich!) und tankten, fuhren dann stramm nach Osten auf der Interstate, dann auf einem Highway nach Süden, um die besten Gewitter abzufangen. Nicht nur waren wir jetzt auf so niedriger Höhe wie seit Wochen nicht mehr, endlich waren wir auch wieder zurück in den Great Plains – schnurgerade Straßen und Ausblick soweit das Auge reicht.
Es gab jetzt westlich von uns schöne Gewitter, aber die Straßenlage war mehr als dürftig – in South Dakota scheint es in ländlichen Gegenden nicht besonders viele asphaltierte Straßen zu geben. So konnten wir kein Gewitter richtig jagen, wir mussten einfach bloß der einzigen asphaltierten Straße nach Südosten folgen und schauen, welches Gewitter uns findet.
Dabei kamen wir durch einige echte Ghost Towns und erreichten auch langsam die Badlands, eine Landschaft aus ausgewaschenen bunten Sandsteinhügeln, die an ihrem schönsten Teil auch als Nationalpark geschützt ist.
Es war wirklich genial, diese Felsformationen mit den dunkelblau-grauen Wolkenformationen zu sehen, und immer wieder zuckten Blitze um uns herum.
Irgendwann schlossen sich dann die Gewitter um uns herum zu einer Art Ring zusammen, wir standen eine Weile am einzigen regenfreien Fleck und dann begann es auch bei uns zu gießen. Im Regen fuhren wir also durch den Badlands National Park zur Interstate, es war schon Abend und fast dunkel draußen. Der Sonnenuntergang leuchtete ein paar entfernte Felsnadeln noch glutrot an.
Plötzlich stand dann noch ein junges Bighorn Sheep (Dickhornschaf) am Straßenrand und glotzte uns an, wir glotzten zurück, so ein Glück! Noch ein Häkchen auf unserer Tiersichtungsliste!
Durch unseren Gewitterausflug hatten wir leider die Minuteman Missile Site verpasst, wo Atomraketensilos aus dem Kalten Krieg zu besichtigen sind – na ja, vielleicht ein anderes Mal. An der nächsten Abfahrt der Interstate fuhren wir ab und ins kleine Kaff Kodaka oder Kadako, oder war es doch Kadoka?
Wir hatten nichts reserviert, nichts vorgebucht, keine Landkarte, kein Internet, also mussten wir im strömenden Regen eine Runde durch die Stadt drehen und uns durchfragen. Wir hielten dann bei dem Motel an, was uns vom Aussehen her am günstigsten erschien: dem West Motel. Dort sprach ich mit einem zahnlosen Opi, den ich kaum verstand, der mir aber Postkarten von South Dakota schenkte.
Das Zimmer sollte 42 Dollar kosten (die Hälfte des Preises von den Kettenmotels in der Stadt) – gebongt! Das Zimmer war für den Preis sehr sauber, ordentlich und einrichtungsmäßig eine Zeitreise in die 50er Jahre, nur am nächsten Tag hatten wir ein paar Bettwanzenbisse, na gut, das kann man verschmerzen.
Gefahrene Meilen: 360