Mic, ich werde auch immer wieder kommen. Ich hab mich zwar in Deutschland wieder gut eingelebt, aber das hat auch seine Zeit gebraucht, und ich vermisse die USA ab und zu schon noch sehr schmerzlich.
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Tag 37, 24.6. Wir schliefen relativ lange und verpassten so fast das im Preis enthaltene „hot breakfast“. 10 Minuten vor dem Ende der offiziellen Frühstückszeit eilten wir ins Restaurant neben dem Motel, wo es serviert wurde. Man war relativ unfreundlich, aber essen durften wir trotzdem – nur das „hot“ war schon aus. Na ja, egal.
Wir fuhren als nächstes mit dem Auto in die Innenstadt, wo wir dreiviertel 11 am im Internet rausgesuchten Parkhaus waren.
Dort konnten wir für 14$ bis nachts um Mitternacht parken. Ein einheimischer Opa meinte noch, dass das ein „good deal“ sei, denn er habe schon mal für 24 $ nur drei Stunden geparkt. Wir liefen vom Parkhaus geradeaus zum Ufer des Lake Michigan und kamen unterwegs an einem großen Springbrunnen mit einer Fontäne vorbei, die zufällig gerade in Betrieb war – was sie laut Reiseführer nur zu jeder vollen Stunde ist. Es soll wohl eine der größten Fontänen der Welt sein und ihr Spektakel vor dem Hintergrund der Skyline war wirklich eindrucksvoll, erinnerte uns aber auch an die Geysire aus Yellowstone…
Als wir dann weiter in die Innenstadt liefen, wurden wir schön vom Sprühnebel aus der Fontäne erfrischt. Wir liefen noch eine Weile durch den großen Park und kamen sogar an einem wunderschön angelegten Rosengarten vorbei.
Als wir uns der „Bohne“ näherten, eigentlich heißt die Skulptur „Cloud Gate“, aber jeder nennt sie „The Bean“ aus offensichtlichen Gründen, kam dann sogar noch die Sonne heraus. Die Bohne liegt im Millennium Garden, einer weiteren kleinen Parkanlage mit Zierpflanzen und Wildblumen, herrlich angelegt vor der atemberaubenden Großstadtkulisse der Wolkenkratzer. Es duftete, die Schmetterlinge flogen zwischen Lavendel und Hortensien herum und ein Hochzeitspaar ließ sich fotografieren.
Unser erster Eindruck von der Bohne war dann: „wow“. Sie war viel größer als wir gedacht hatten und nicht nur die Reflektionen der umliegenden Wolkenkratzer waren ziemlich einmalig.
Auch wenn man darunter stand, sah man die verrücktesten Spiegelungen von einem selber, ein bisschen wie ein Kaleidoskop, und irgendwie erinnerten die Spiegelungen tatsächlich an Wolken, von daher mag der Name „Cloud Gate“ eigentlich ganz passend sein.
Der Park war voll mit Menschen, nicht nur Touristen strömten in Scharen zur Bohne, auch Einheimische in der Mittagspause kamen her oder Familien mit Kindern, die in den zahlreichen Springbrunnen planschten.
Über einen erhöhten Walkway liefen wir jetzt zum Art Institute, dem größten Kunstmuseum der Stadt. Von der Eingangstür aus hatte man einen tollen Ausblick auf die Skyline, aber wir entschlossen uns, erst einmal nicht in das Museum zu gehen, da das Wetter zu gut war und wir außerdem langsam Hunger bekamen.
Jetzt machten wir uns auf den Weg in die Straßenschluchten von Chicago, die uns sehr an New York erinnern – die Wolkenkratzer sollen hier sogar noch höher sein.
Auf der Straße waren sehr viele Businesspeople unterwegs, die auf der Suche nach einem leckeren Lunch waren. Wir blieben bei der Noodle Company hängen, wo Heiko asiatisch gewürztes Hühnchen mit Nudeln aß und ich ein Sandwich mit Fetakäse und dazu eine Tomatensuppe. Alles sehr, sehr lecker. Das Highlight an dem Laden war für mich jedoch der Getränkeautomat. Anders als sonst hatte man hier nicht verschiedene Zapfhähne, sondern einen Hahn für alle Getränke. An einem Bildschirm wählte man aus einer schier unendlichen Wahl an Getränken aus – von Wasser über Ginger Ale oder Minute Maid Saft bis hin zu den üblichen Softdrinks, auch Root Beer und Dr. Pepper, gab es einfach alles. Und nicht nur das, von einem Getränk gab es in der Regel noch mehrere verschiedene Geschmacksrichtungen, die ich noch nie gesehen hatte – z.B. Dr. Pepper Cherry Vanilla. Und seinen Becher konnte man so oft wie man wollte nachfüllen!
Ich hatte mich mittlerweile breitschlagen lassen, auf den Willis Tower mit hinauf zu kommen, auch wenn ich ja kein großer Freund von Höhen und Wolkenkratzern bin.
Der Büroturm, der früher Sears Tower hieß, ist noch immer das höchste Gebäude der USA. Das Kaufhaus Sears baute in den 70er Jahren diesen Turm, um dem aufstrebenden Unternehmen und seinen Mitarbeitern mehr Raum zu geben; mittlerweile musste der Turm aber verkauft werden, wohl wegen finanzieller Probleme von Sears. Laut dem Film, der im Turm gezeigt wurde, kam die große Höhe des Gebäudes nicht durch irgendwelche Rekordambitionen zustande, sondern dadurch, dass ein Architektenteam den benötigten Platz (also die benötigte Anzahl an Stockwerken) für die enstprechende Anzahl Mitarbeiter ausrechnete. Wir waren überrascht von der ungewohnt langen Security-Schlange, hatten wir uns ja sonst in diesem Urlaub bisher eher abseits der Touristenpfade aufgehalten. Wenig später hatten wir aber unsere Tickets und wir fuhren mit dem Fahrstuhl 60 Sekunden lang in die 103. Etage. Meiner Meinung nach wackelte der Lift dabei ein bisschen zu doll, gruselig!
Oben erwartete uns aber dafür ein fantastischer Ausblick auf den Lake Michigan, der wie ein Meer wirkte, auf den Hafen und die Marina und auf die umliegenden Wolkenkratzer von Downtown.
Besonders beeindruckte uns bei Chicago, dass es eine Stadt ist, die gefühlt „direkt am Meer“ liegt. Normalerweise sind ja die Innenstädte von Großstädten in Meernähe immer durch eine Bucht oder eine Flussmündung geschützt, wie zum Beispiel New York, Miami, Sydney, usw., da eine Lage direkt am Meer sich weder für einen großen Hafen eignet noch sicher genug ist (Fluten, Stürme, usw.). Doch Downtown Chicago’s Wolkenkratzer konnte man direkt am Wasser bauen, da es sich ja hier um einen See handelt – aber trotzdem kommt es einem vor wie ein Meer, da der See so riesig ist.
Wir fuhren zurück nach unten. Im Souvenirshop begeisterten wir uns noch für ein Al-Capone-Shirt für Heiko, das wir aber mit Hilfe des netten Mitarbeiters von der Schaufensterpuppe klauben mussten, denn ansonsten war alles ausverkauft. Doch wir waren erfolgreich und wenig später wieder auf der Straße. Mittlerweile war die Mittagshitze am Brüten, es war wieder feucht-heiß draußen.
Wir liefen jetzt zur Magnificent Mile, der Shopping-/Prachtstraße von Chicago. Und schon als wir die Brücke über den Chicago River überquerten, waren wir restlos begeistert.
Wolkenkratzer umrahmten das Flussufer wie ein Canyon, die Architektur war großartig, besonders das Jugendstilgebäude des Chicago Herald begeisterte uns.
Auch die Shoppingstraße war schön und schließlich erreichten wir einen alten Wasserturm, das einzige Gebäude, was den großen Stadtbrand von 1871 überlebt hatte, der ansonsten den Großteil der Stadt zerstört hatte. Daher ist dies heute das älteste Gebäude in Downtown.
Wir gingen noch etwas zu Macy’s im benachbarten Water Tower Shopping Center, Heiko schnökerte nach Hosen und wurde auch fündig (wie immer waren wir begeistert von dem vielen Preisnachlass, den man dort kriegt, inklusive unserem beliebten „out of town discount“
), und als wir das Center wieder verließen, war draußen das (von uns bereits erwartete) Gewitter schon in vollem Gange, es goss wie aus Kübeln. Hatte uns unsere lieb gewonnene Kaltfront also auch dieses Mal wieder eingeholt. Wir warteten noch etwas bis der Regen aufhörte und liefen dann zu Giordano’s, wo es so voll war, dass man kaum trete konnte. Das bekannte Restaurant macht laut Reiseführer die beste Stuffed Pizza, eine Chicagoer Spezialität. Bei dieser Pizza ist das, was normalerweise auf der Pizza liegt, in den Teig eingebacken und nur die Tomatensoße ist oben auf der Pizza drauf.
Da wir 1 Stunde auf die Pizza warten mussten, machten wir uns noch einmal auf den Weg zum Pier, wo es viele Fahrgeschäfte und auch ein Riesenrad gab. Langsam wurde es dunkel in der Stadt und die Lichter der Skyline gingen an.
Pünktlich kamen wir wieder bei Giordano’s an, um unsere Pizza in Empfang zu nehmen und verspeisten sie neben dem historischen Wasserturm auf einer Parkbank.
Die Pizza kann man eigentlich nur als „mächtig“ bezeichnen – ein gigantischer Pizzakuchen.
Wir hatten nur eine kleine Pizza und bereits nach anderthalb Stücken waren wir pappesatt.
Die restliche, noch warme Pizza wollten wir einem Obdachlosen in der Nähe geben, aber wir waren uns nicht sicher, ob wir ihn damit beleidigen würden – vielleicht war er ja gar keiner sondern saß da nur rum. Also ließen wir die restliche Pizza auf der Bank liegen und hofften, jemand würde an ihr noch Freude finden.
Als letzten Punkt am heutigen Tag wollten wir noch auf die Aussichtsplattform des John Hancock Center, da man dort bei einem Besuch der Bar das Eintrittsgeld spart (und in Cocktails investieren kann!). Im 95. Stock saßen wir (fast) direkt an den großen Fenstern und hatten einen spektakulären Ausblick auf Chicago bei Nacht und den dunklen Lake Michigan. Wir tranken zwei leckere Cocktails und bestellten ein Dessert, White & Dark Chocolate Mousse Cake, schmeckte vorzüglich.
Bis kurz nach 11 hielten wir es aus, bevor wir müde wurden. Ich ging noch einmal zur Toilette, von wo der Ausblick fast noch unglaublicher war – wenn man sich die Hände wusch, lag einem linkerhand Chicago zu Füßen.
Nachdem wir 20 Minuten am Fahrstuhl angestanden hatten, waren wir dann endlich wieder unten und konnten uns auf den Weg zu unserer bestimmt 2 km entfernten Parkgarage machen. Diese schloss um Mitternacht, also mussten wir uns beeilen und nahmen ein Taxi (nur 9$) wegen müder Füße und der fortgeschrittenen Zeit. Im Taxi stand übrigens ein Schild, dass der „vomit clean up fee“ (Gebühr fürs Saubermachen von Erbrochenem) 50$ beträgt…
Von der Parkgarage aus fuhren wir dann zurück ins Hotel und fielen völlig erschöpft in die Betten.
Gefahrene Meilen: 32