Tag 23 – Sonntag, 30.09.2007:Grand Canyon – Las VegasStatt der geplanten Sunrise-Wanderung zur Cedar Ridge steht das Telefonat mit Alamo auf dem Programm. Der Gedanke an die Unannehmlichkeiten lastet schwer, die Lust auf Wandern ist uns vergangen und ziemlich einsilbig verläuft das Frühstück und der Zeltabbau. Wir trödeln, aber schliesslich lässt sich das Telefonat nicht weiter hinauszögern und wir schreiten zur Tat an einem der öffentlichen Telefone beim Office des Mather Campgrounds.
Ich wähle die Nummer die in den Vertragsunterlagen angegeben ist und klicke mich durch das tastengesteuerte Menü. Eine gut gelaunte Dame nimmt sich unseres Problemes an. Zunächst versteht sie nicht was passiert ist. Ich versuche mein bestes Englisch und vermittele, dass gestern ein Sandsturm durch den Südwesten tobte und eine heftige Windböe die Tür erfasst und gegen die Schließrichtung geblasen hat. Sie möchte uns einen Ersatzwagen zum Grand Canyon schicken, wir aber möchten lieber mit dem Auto bis nach Las Vegas fahren und dort tauschen. Der Vorgang wird im Computer hinterlegt, wir erhalten eine Schadensnummer und die Dame klärt, ob in Las Vegas ein passendes Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt werden kann und drückt uns in die Warteschleife. Musik dudelt, geraume Zeit vergeht, unsere Telefonkarte meldet, dass sie gleich leer ist. Auf glühenden Kohlen warten wir auf die Fortsetzung des Telefonates, vergeblich, die Karte ist leer, die Verbindung unterbrochen. Fluchend kramen wir nach Münzen und ich überlege bereits, wie wir die Schadensmeldung und den Autotausch zu einem glücklichen Ende bringen.
Über das tastengesteuerte Menü landen wir erneut bei der Road Assistance und – welche glückliche Fügung – bei der Dame mit der ich gerade telefoniert hatte. Sie ist ebenfalls very happy, dass ich wieder am Telefon bin und wir erhalten die Auskunft, dass wir einfach zur Flughafenstation von Alamo Las Vegas fahren sollen und uns mit der Schadens-Nr. beim Customer Service melden sollen. Dort würde man uns einen neuen Wagen zuweisen. Für die weitere Klärung der Schadensangelegenheit, würde man in absehbarer Zeit mit uns in Deutschland Kontakt aufnehmen. Ein Unfallbericht der Polizei o.ä. wäre nich erforderlich, da kein Unfallereignis vorliegt. Erleichtert, dass wir uns vorläufig um nichts mehr kümmern müssen, verplanen wir den heutigen Tag: Sightseeing am Grand Canyon. Wir stoppen an verschiedenen Viewpoints und geniessen den Ausblick in die gewaltige Schlucht.
FotoMenschen, klein wie Ameisen im Angesicht der monumentalen Ausmasse.
Yavapai Point, Mather Point, Grand View Point, Moran Point und Lipan Point.
FotoEs ist unser 2. Besuch am Grand Canyon, trotzdem überwältigt uns das Panorama, fassungslos stehen wir am Rim und staunen über die unglaublichen Ausmasse dieses Sandsteinwunders im Westen der USA.
FotoAuf einer Picnic Area sortieren wir den Inhalt von Kofferraum und Fahrzeuginnenraum so, dass wir schnell in den anderen Wagen umziehen können. Das ganze dauert etwa eine Stunde, dafür haben wir jetzt auch schon alles schön verpackt um es mit möglichst wenig Lauferei in unser Zimmer im Casino zu schaffen. Gegen Mittag verlassen wir den Grand Canyon National Park durch die South Entrance Station und stoppen in Tusayan für einen Burger beim grossen M.
Auf dem Gelände nebe dem Burgerladen haben die Navajos eine Reihe von Verkaufsständen errichtet, ebenso einen Tanzplatz. Da heute Sonntag ist, haben sich ganze Navajo-Familien hier versammelt, lachend und schwatzend stehen sie zusammen an den Verkaufsständen, die Atmosphäre ist heiter und gelöst. Auf der Suche nach Mitbringseln streifen wir über das Gelände und werden bald fündig. Neben der für den Tourismus produzierten „Billigware“, bieten die Navajos einige hochwertige, handgearbeitete Silberschmiedearbeiten an. Eine silberne Gürtelschnalle mit Türkisen finden wir gar prächtig, ebenso wie eine handgefertigte Kachinapuppe, die an einem Stand angeboten wird. Leider übersteigen diese exquisiten Arbeiten unser Budget und so wechseln ein paar Dreamcatcher, Armbänder und Ohrringe den Besitzer.
Auf dem Tanzplatz zelebrieren Navajo-Kinder in farbenprächtigen Pow-Wow-Tanzkleidern einen traditionellen Tanz. Im Takt der Trommel wiegen sich die kleinen Tänzer, Federn wippen, Glöckchen klingeln, die Füsse stampfen den Rhythmus. Über dem Tanzplatz ertönt der kräftige Singsang eines Navajo-Ältesten, der mit würdiger Miene feierlich die Trommel schlägt. Nachdem die Trommel kurz verstummt ist und aufs Neue erklingt, mischen sich die Erwachsenen Navajo unter die Tänzer und der Anblick ist grandios. Anstatt der bunten Pow-Wow-Kostüme dominieren jetzt Jeans, Karohemden, Hüte und Sonnenbrillen den Tanzplatz. Jung und Alt wiegt sich zum Schlag der Trommel auf der Freifläche. Ein richtiges Familienfest und wir schauen ergriffen und fasziniert dem fröhlichen Treiben auf dem Tanzplatz zu. Eine junge Navajo lädt uns ein, uns zu den Tänzern zu gesellen. Wir haben als Ausrede die Kamerataschen, die uns um Schulter und Hüfte baumeln, daher halten wir es wie einige andere Navajos, wir stehen am Rand des Tanzplatzes und schauen den Tänzern zu.
Nachdem die Trommel erneut verstummt ist, sollen wir unbedingt den „Grossvater“ kennen lernen, den würdigen weisshaarigen Navajo, der mit Trommelschlag und Singsang dieses Tanzfest erst möglich macht. Ich gebrauche zur Begrüssung die respektvolle, ehrenvolle Anrede für die Älteren – Grandfather, was den Navajo zu freuen scheint. Das zuvor durch die konzentrierten Züge wie in Stein gemeisselt wirkende Antlitz des Alten verändert sich. Die Augen blitzen warm und der teilweise zahnlose Mund verzieht sich zu einem Lächeln. Grossvater ist trotz seiner mind. 80 Jahre noch ziemlich geschäftstüchtig und 5 Minuten später verlassen wir mit einer CD, auf der der Trommelschlag und Gesang des Alten zu hören sind, den Tanzplatz. Verabschiedet werden wir von mind. 20 winkenden Navajos.
Zu den dumpfen Klängen der Trommel und Grossvaters anrührender Stimme aus dem CD-Player im Wagen, verlassen wir Tusayan und fahren in Richtung Williams. Durch die Herumkurverei am gestrigen Tag, ist der Tank des Trailblazers schon beinahe wieder leer und im Ortszentrum von Williams steuern wir eine Tankstelle an. Den Verlauf der historischen Route 66 in Williams säumen einige urige Kneipen und Motels, wir passieren das Eisenbahndepot der Grand Canyon Railway und sind ernüchtert von den Benzinpreisen.
FotoHätten wir doch bloss in Tusayan getankt, hier in Williams werden im Schnitt 4,10 USD für die Gallone Regular verlangt. Mit etwas mehr als halbvollem Tank machen wir uns auf zur Interstate 40 in Richtung Kingman. Auf der Schnellstrasse herrscht mal wieder reger Verkehr und wir wünschen uns ein Sonntagsfahrverbot für Trucks wie in Deutschland. In Kingman gönnen wir dem Trailblazer eine komplette Tankfüllung und nähern uns über die US 93 dem Hoover Dam. Nach der kurzen Kontrolle passieren wir die Grossbaustelle am Hoover Dam. Gewaltige Stützpfeiler sollen die verlegte Fahrbahn aufnehmen, ein Mammutprojekt das sich noch mind. 1 Jahr hinziehen wird. Über Boulder City und Henderson erreichen wir Las Vegas. Es beginnt zu Dämmern, als wir uns über die Interstate 515 dem Stadtzentrum von Las Vegas nähern.
Das Lichterspektakel ist unbeschreiblich, Frank brummelt leise vor sich hin und fleht die Heiligen an, dass wir in dem Wirrwarr aus mehrspurigen und sich kreuzenden Fahrspuren heil bei Alamo ankommen. Ich als Beifahrer habe kleinere Sorgen, z.B. mit meinem Auftrag, das bunte Lichtermeer von Las Vegas zu filmen. Was filmt man am Besten in einem Ozean aus Licht und flimmernden Flatscreens? Ich gebe mein Bestes an der Videocam. Franks angespannte Züge entspannen sich erst wieder, als er in das Rental Car Centre einbiegt und den defekten Trailblazer bei Alamo abstellt. Mit der Schadensnummer auf einem Block und den Vertragsunterlagen gehe ich zum Kiosk des Customer Service auf dem Parkdeck, während Frank mit dem Alamo-Mitarbeiter verhandelt, das dies keine normale Rückgabe ist.
Kaum 10 Minuten später ist alles geregelt und wir dürfen uns in der Choiceline einen anderen Wagen aussuchen. Um diese Uhrzeit, so gegen 19.30 Uhr ist nicht viel Auswahl, ein Trailblazer parkt gerade aus, zur Verfügung stehen noch Jeep Liberty, Toyota RAV 4 und ein Buick Rendezvous. Wir entscheiden uns für diesen mit allen Raffinessen ausgestatteten Wagen. Das einzige was fehlt ist der 4WD, aber den brauchen wir für die letzten Tage in Las Vegas nicht mehr. Schnell das Gepäck umgeladen und auf geht es zum Strip. Die Innenausstattung und Bedienelemente sind beinahe identisch mit dem Trailblazer, so geht das Eingewöhnen schnell von der Hand. Einzig die Sitze und Spiegel sind noch nicht in der idealsten Position. Die Bedienung geht ausschliesslich elektrisch und es dauert eine Weile, bis wir die Hebel und Schalter zum Verstellen gefunden haben.
Bleibt noch der Rückspiegel im Fahrzeuginneren, Frank drückt auf den Verstellknopf, auf den vermeintlichen Verstellknopf. Die Zentrale von 911 begrüsst uns und fragt ob wir einen Notfall melden möchten. Wir sind beide so verdutzt, dass es uns kurzzeitig die Sprache verschlägt. Der Verstellknopf war der Notfallknopf zur Alarmierung der Rettungskräfte. Ich finde als erstes die Sprache wieder, erkläre dass wir in einem neuen Mietwagen sitzen und versehentlich Alarm ausgelöst haben. Wir entschuldigen uns mehrmals, aber ein Fehlalarm scheint in den USA andauernd vorzukummen, jedenfalls ist es kein Problem. Die Zentrale legt auf und beendet den Notruf. Frank und ich schauen noch immer etwas ungläubig und lachend erteilen wir uns gegenseitig ein Spiegelanfassverbot. Mit spitzen Fingern verstellt Frank den Innenspiegel in eine Position in der er bis zur Abgabe verharren wird, bloss nicht mehr in die Nähe des Spiegels mit dem Alarmknopf kommen.
Noch immer etwas feixend und heiter stürzen wir uns mit dem Trailblazer in das Getümmel am Strip. Unser vorreserviertes Zimmer liegt im Stratosphere Tower. Leider führt die Industrial Road nicht bis Turm und so quälen wir uns langsam über die verstopfte Hauptverkehrsader von Las Vegas.
Frank schaut schon wieder etwas verbissen und gequält angesichts der Ablenkung durch die blinkenden Lichter und das Verkehrschaos auf dem Las Vegas Boulevard. Ich filme mit der Kamera unsere Fahrt. Das Lichterspektakel von Las Vegas versetzt uns einmal mehr in Erstaunen, irgendwie ist man nie gänzlich darauf vorbereitet, auch wenn man es schon mehrmals gesehen und erlebt hat.
Ohne weitere Vorkommnisse erreichen wir den Stratosphere Tower, wo wir ein schönes Zimmer mit 2 Queen-Betten beziehen.
Zum Abendessen gönnen wir uns das Courtyard Buffet im Stratsophere. Es ist Seafood and Steak-Night. Entsprechend reichlich und schmackhaft ist die Auswahl und mit vollen Bäuchen bummeln wir noch ein wenig über den nördlichen Strip, bevor es Zeit wird, diesen Tag in den weichen Betten im Stratosphere Tower zu beenden.
Gefahrene Meilen: 195
Übernachtung: Stratosphere Tower Casinohotel 57,75 USD