17. Tag Montag, 17.08.2009, 1. Teil Reno – National Automobile Museum
Den heutigen Tag Teile ich in zwei Abschnitte, um die Fotoflut pro Post zu reduzieren (Ich weiß, das ist ein fauler Trick - die Mods mögen es mir verzeihen). Wer Interesse an alten Autos hat, kann sich damit heute entsprechend "bedienen"; wer da nicht so zu begeistern ist, kann dann auf den eigentlichen Reiseteil des Tages im nächsten Post warten.
Wir schlafen gut und lassen den Tag gemütlich angehen. Frühstück gibt es im Hotel, heute mal richtig amerikanisch: Marianne mit eggs easy over, ich mit drei Pancakes. Damit sind wir mehr als satt.
Unser erster Weg führt uns zum National Automobile Museum. Dieses Museum ist eines der absoluten Highlights einer USA-Reise in diese Region und neben der Collection Schlumpf in Muhlhouse wohl eines der besten seiner Art überhaupt, auch wenn nurmehr ein Bruchteil der Harrah’s Collection zusammen erhalten ist. Beide Museen haben auch eine ähnliche Geschichte: Reiche Privatsammler bzw. deren Erben benötigten dringend Geld. Was macht man in einem solchen Falle? Richtig, man verkündet lautstark, daß die Sammlungen aufgelöst und einzeln verkauft werden. Protest regt sich daraufhin, bis sich die Öffentlichkeit aufregt und Vereine gebildet werden, die mit massiver Unterstützung der öffentlichen Hand das Geld für den Erhalt der Sammlungen aufbringen
Sogar Marianne findet gefallen an den z.T. skurrilen Exponaten. Außerdem gibt es jede Menge zeitgenössisches „Zubehör“ wie Kleidung, Hüte, Schmuck usw. Der Schwerpunkt liegt natürlich bei amerikanischen Herstellern der ersten Hälfte des 20. Jh., aber auch ein Käfer von 1947, ein schöner Delahaye und ein gut restaurierter Flügeltüren-300 SL sind vorhanden. Die Ausstellung ist nach Zeitepochen gegliedert. Neben den reinen Sammlungsräumen gibt es auch im Stil der jeweiligen Zeit dargestellte Straßenzüge, Werkstätten usw.
Im Gegensatz zur Ausstellung, die weitgehend nach Zeitepochen aufgebaut ist, habe ich hier die Bilder etwas mehr nach Themenbereichen sortiert.
Ich beginne mit ein paar Fahrzeugen, die ihrer Zeit voraus waren, weil sie Trends aufzeigen, die erst viele Jahr(zehnt)e später zum Durchbruch gekommen sind. Dazu gehören zunächst ein Elektroauto von 1912, der Baker. Elektroautos gab es ja immer wieder, ohne daß sie sich bislang wirklich durchsetzen konnten. Ich kann mich noch gut an die in den 50er Jahren von der Bundespost zur Paketauslieferung verwendeten Elektrolieferwagen erinnern, die dann sang- und klanglos von den Straßen verschwanden. Heute ist es der große Trend - vielleicht aber auch nur eine vorübergehende Hype (wo soll eigentlich der Strom herkommen, wenn schon derzeit in etlichen Ländern die Kapazitäten und Netze an der Grenze der Belastbarkeit stehen?).
Ebenso hat sich lange Zeit in den USA keiner wirklich um Energieeinsparung gekümmert, obwohl bereits 1937 der Airomobile immerhin 43 mpg schaffte. Gebaut wurde der nie, obwohl der Prototyp über 40.000 Meilen erfolgreich absolviert hatte.
Der Ford Fairlane Skyliner von 1957 war der Vorläufer der heutigen Stahldach-Cabrios, nur in Straßenkreuzer-Dimensionen. Auf Knopfdruck konnte das gesamte Hardtop im Kofferraum versenkt werden, der damit - wie bei den heutigen Stahldach-Cabrios - auf einen Bruchteil seines ansonsten wohnzimmergroßen Volumens reduziert wurde. Die Hauptursache für das Scheitern dieser Baureihe war die empfindliche Öffnungsmechanik, die manchmal in halboffener Position stehenblieb.
Schließlich gibt es auch einen Prototypen mit Vollaluminium-Karosserie, den Scimitar auf Chrysler-Basis von 1959, der aber auch nie in Serie ging. Im National Automobile Museum steht die Station Wagon-Variante, auch wieder mit den typischen Dimensionen der Zeit.
Baker Elektrauto von 1912
Airomobile von 1937
der Kofferraumdeckel ist schon angehoben, um das Hardtop aufzunehmen
Ford Fairlane Skyliner von 1957
Scimitar von 1959
Es gibt auch eine ganze Reihe von Kuriositäten zu sehen. Die witzigste für mich ist der der Briggs & Stratton Flyer von 1920, ein kleines Fünfradgefährt, bei dem das - hinten als fünftes positionierte - Antriebsrad angehoben bzw. abgesenkt wird, wenn man fahren möchte. In Großbuchstaben steht auf der beschreibenden Tafel „they were no toys!“.
Amüsant fanden wir auch einen offenen Knox von 1904 - übrigens mit Einzylinder-Mittelmotor - mit hinten angebrachtem Köcher für Golfschläger.
Schließlich möchte ich in die Kategorie der Kuriositäten noch den dampfbetriebenen Pass Mountain Wagon der Zwillingsbrüder Stanley einsortieren. Der Bus wurde vor allem von Resorts und Parks benutzt, um Gäste zu Aussichtspunkten zu transportieren. Die Gebrüder Stanley hatten zunächst Fotoplatten hergestellt, bevor sie - für längere Zeit durchaus erfolgreich in das Dampfautogeschäft eingestiegen sind. Nach dem Tode eines der Zwillinge verlegte sich der Überlebende auf den Bau von Violinen. Insgesamt also eine breit angelegte unternehmerische Karriere. Das hier gezeigte Fahrzeug diente dem Transport von Gästen von Loveland nach Estes Park, wo einer der Zwillinge in Folge eines Kuraufenthaltes das bekannte Luxushotel The Stanley errichtet hatte, in dem das Buch für Kubricks Shining entstanden ist. (wußte ich alles noch nicht, als wir
2006 das Hotel aus der Ferne bewundert hatten).
Briggs and Stratton Flyer von 1920
Knox von 1904
Stanley Steamer Pass Mountain Wagon von 1913
Als weitere Kategorie gab es Fahrzeugtypen, die Ursprünge von noch immer aktuellen Trends waren.
Da gibt es z.B. eine besondere Variante des berühmten Ford T, den Kampkar (wirklich so geschrieben) von 1921 mit Schlafmöglichkeit für bis zu vier Personen, ausklappbaren Picknicktischen, Kochgelegenheit, Stauraum für Lebensmittel usw. Damit war er der Vorgänger der RVs von heute.
Nicht weniger schön ist ein Chevrolet Depot Hack mit Holzaufabau von 1926 – der Name stammte aus einer Zeit, als die Bahnhöfe noch Depot hießen. Als die Bahnhöfe von Depot in Station umbenannt wurden, hießen die Fahrzeuge dann Station Wagon – der Name sollte bedeuten, daß mit solchen Autos Hotelgäste vom Bahnhof (station!) abgeholt wurden.
Ford T Kampkar von 1921
Chevrolet Depot von 1926
Zudem gibt es eine ganze Reihe von Prominentenfahrzeugen, darunter - hier nicht abgebildet, weil vom Typ her ausreichend bekannt - eine Corvette von John Wayne, ein Cadillac von Elvis und ein Lincoln Continental von John F. Kennedy. Etwas weniger geläufig und daher einer Abbildung wert schienen mir ein Chrysler Newport Dual Phaeton mit zwei Windschutzscheiben für die beiden Sitzreihen (und übrigens auch schon Vollaluminiumkarosserie) von Lana Turner, ein Mercury von James Dean (den man ja immer nur mit Porsche assoziiert), sowie ein Ghia auf Chrysler Basis von Frank Sinatra.
Chrysler Newport Phaeton von 1941 von Lana Turner
Mercury Coupé von 1949 von James Dean
Ghia 1961 von Frank Sinatra
Manche Autos sind auch ohne große dahinterstehende Story einfach nur schön, deshalb noch ein paar ohne erläuternde Beschreibung:
American-La France Feuerwehr von 1917
Duesenberg von 1930
Delahaye Cabriolet von 1948
Blick in das Cockpit des 300 SL - Flügeltürers
Auch Details können ihren Reiz haben:
Hupe
Kulissenhebel für Schaltung und Bremse - und Hupe
Lincoln - Kühlerfigur von 1932
Packard Reserverad von 1938
Den Flair der jeweiligen Zeit vermitteln zeitgerecht dargestellte Straßenzüge, Werkstätten und Vitrinen mit verschiedenen Modeartikeln wie Kleider, Hüte, Schmuck.
Hüte und Hutnadeln verschiedener Epochen
Werkstatt der 50er Jahre mit Buick Skylark von 1954
Nicht ganz so gut ausgestattet ist - für den europäischen Geschmack - die Sammlung von Wettbewerbsfahrzeugen. Aber Formel 1-, Grand-Tourismo-, Tourenwagenrennen oder klassische Rallyes wie Monte Carlo sind in den USA halt nicht so interessant. Da ist Mulhouse - jedenfalls für meinen Geschmack - doch unschlagbar. Dennoch gibt es einiges. Ich zeige hier keine der paar wenigen Europäer, sondern den Thomas Flyer, den Siegerwagen des Rennens New York - Paris (via USA, Pazifik, Sibirien und Rußland) von 1907. Das Rennen begann im Februar 1908 und dauerte für den Sieger 169 Tage. Die Strecke war auf langen Etappen in einem Zustand, von dem selbst SUV-Fans nur alpträumen können. Außerdem ein raketengetriebenes Rekordfahrzeug von 1960, der - allerdings nicht sonderlich erfolgreiche - Flying Caduceus.
Thomas Flyer von 1907
Flying Caduceus von 1960
Viele Dutzende anderer interessanter Exponate, darunter etliche Rolls Royce und Cord, schöne Feuerwehren mit interessanter Ausrüstung, ein Edsel, ein Tucker, Ein Fiat Y 600 D Prototyp von Pininfarina, ein traumhafter Mercedes 500 K usw usf sind zu besichtigen. Die Kamera läuft heiß, nachdem man ungehindert fotografieren darf. Allerdings wird durch dunkle Decken und Wände sehr viel vom Blitz wieder geschluckt.
Wir verbringen nur gut 1 ½ Stunden in dem Museum, ohne die Audiotour, die im Preis inbegriffen war, überhaupt zu nutzen. Das wichtigste steht bei jedem Fahrzeug auf einer Tafel. Wenn man auch noch die Audiotour nutzt, kann man in dem Museum sicher auch einen ganzen Tag verbringen.
Anschließend tanken wir noch, nachdem wir eine Tankstelle mit 2,899 entdeckt haben, was uns angesichts der gesehenen kalifornischen Preise günstig erscheint – war es auch, wenngleich am nächsten Eck sogar 2,699 angeboten wurde – nach der kalifornischen Grenze haben wir sogar 3,999 gesehen.