30.9.07
Grand Canyon NP (south kaibab trail bis bright angel campground)
Die Nacht war furchtbar. Vor lauter Bibbern kamen wir kaum in den Schlaf oder besser der weibliche Teil bibberte
und hielt damit den mitfühlenden männlichen Part auch wach. Die Elche taten ihr übriges. Kurz gesagt, wir hatten schlecht und wenig geschlafen.
Es wurde dann auch Zeit wir wollten einen frühen hiker-bus zum Ausgangspunkt nehmen und machten uns, nachdem wir alles zusammengepackt hatten, auf den Weg zur Bushaltestelle. Zuvor räumten wir alles was wir nicht brauchten in den Equi, den wir dann auch auf dem Campingplatz stehen ließen. Schließlich hatten wir den Zeltplatz auch für die nächsten Tage gebucht und so war es kein Problem das Auto einfach da stehen zu lassen.
Schwer beladen (v.a. Andreas) ging es also los – in unser kleines Abenteuer.
Der Bus brachte uns zum visitor center. Dort stiegen wir um in den hiker-bus. Der Bus war voll und wurde mit jedem Stopp voller. Mein Gedanke war: die wollen da alle runter??!! Die sind ja echt verrückt – ups du bist jetzt auch eine von denen.
Echt verrückt, das wir das jetzt tatsächlich machen.
Der Bus stoppte und wir waren an diesem recht kühlen, wenn auch klaren morgen noch vor Sonnenaufgang am Canyon rim. Als wir ausgestiegen waren, kam langsam auch die Sonne über den Canyon und wir wanderten in einem wunderschönen Sonnenaufgang los .
Don`t Stopp me now.....
war unser Motto und so gingen wir bester Laune die Serpentinen herab.
Mal überholte uns jemand oder wir überholten jemanden. Wir liefen unser Tempo und die Anderen ihrs. Und dennoch grüßte man sich unbekannter Weise
oder fragte nach dem Wohlbefinden der Anderen, wenn man jemanden am Rand sitzen sah. Es war ein gutes Gefühl, dass die anderen Wanderer einem Beachtung schenkten und man sich untereinander nicht gleichgültig war. Jedem schien bewusst zu sein, dass es eine herrliche, aber auch anstrengende und schwierige Tour war und das man im Notfall auf wildfremde Personen angewiesen war. Die Stimmung unter den Wanderern war ausgesprochen fröhlich.
Das zu beginn enge Feld der Wanderer zog sich allmählich auseinander und so waren wir nach einiger Zeit doch recht allein unterwegs. Hin und wieder begegneten wir ein paar anderen im aufstieg begriffenen Wanderern, denen wir Platz machten, denn die Strapazen des Aufstiegs waren ihnen im Gesicht anzusehen. (Man müssen die früh los sein!!! War unser Gedanke)
Wir waren schon eine ganze Weile unterwegs und die Sonne stieg immer höher und höher und je tiefer wir in den Canyon liefen umso wärmer wurde es und die Luft stand förmlich im Canyon fest.
Kein Windhauch und kein Luftzug. Unter der Last des Gepäcks, der Anstrengung durchs Wandern und der starken Sonneneinstrahlung schwitzen wir so langsam ganz ordentlich. Also galt es trinken, trinken und nochmals trinken.
Die Jacken hatten wir längst in den Rucksack gepackt.
Die Wegbeschaffenheit war zeitweise sandig, zeitweise steinig. Um den Weg vor dem abrutschen zu hindern, waren Hölzer eingebaut worden, die den Weg treppenartig gestalteten. Zum Teil waren diese jedoch ausgetreten und man musste somit über die Hölzer steigen.
Landschaftlich war es einfach nur traumhaft.
Man wanderte von einer Gesteinsschicht zur anderen, wie eine Zeitreise durch die Jahrtausende und dazu ein Panorama, dass man mit Worten kaum beschreiben kann. Dieser Canyon ist so alt und so schön, dass es uns tief in unserer Seele berührte und beeindruckte; wir hatten unseren Rhythmus gefunden und konnten uns nun auch auf die Landschaft einlassen.
Und dann der erste Blick auf den Colorado. Zum erstenmal nach der langen Wanderung konnten wir den Fluß sehen. Einige Wanderer drehten spätestens hier um, mach andere entschieden sich schon früher zur Rückkehr. Es waren diejenigen, die kein Permit hatten. Für uns aber galt, weitergehen immer weiter bergab. Das Tagesziel war schließlich den Fluß zu erreichen.
So langsam wurden die Beine schwerer und der Weg irgendwie endlos. Der Gedanke den Weg wieder rauf zu müssen oder besser all diese Höhenmeter wieder rauf zu müssen, verunsicherte mich mehr und mehr und ich war drauf und dran aufzugeben und umzudrehen. „Das pack ich nie, da wieder hoch“ , „Ich schaff, das nicht, wie soll ich denn noch mehr hoch, schließlich sind wir noch immer nicht unten“ . Andreas beruhigte mich jedoch und meinte es sei nicht mehr soweit und nach ein paar Bögen wären wir bestimmt da. Ich hatte so langsam Angst
vor morgen und bereute es mich darauf eingelassen zu haben. Warum hab ich es nicht gelassen?? Fragte ich mich selbst. Nun ja weiter gings und es sah fast so aus als wären wir da und dann plötzlich macht sich der Weg vor uns auf und noch weitere ca 500 Höhenmeter nach unten. Das war zu viel für mich. Mein Tiefpunkt war erreicht, meine Selbstzweifel schäumten über und tränennaß
war ich bereit zum Rückzug. Ich drehte um und sagte „ich geh da jetzt wieder rauf, morgen pack ich das nie!!! Ich bin doch nicht verrückt“ Andreas besänftigte mich.
Wir müssen nach unten meinte er, schließlich gab es auf dem Weg keine Wasserstellen und wir hatten schon fast alles getrunken, außerdem war da die Mittagshitze und wir würden es bereuen. Er stärkte mich erneut und richtete mich seelisch auf.
Er war davon überzeugt, das mein Problem mehr psychischer als physischer Natur wäre und er hatte Recht. Ich war nicht körperlich müde, aber die Angst vor dem Aufstieg blockierte meine Gedanken total. Nu denn weiter nach unten und nicht an mehr an morgen denken. Ich ließ mich darauf ein und wurde wieder etwas entspannter. Nun sahen wir die Brücke immer deutlicher und nach einigen Metern waren wir an der Brücke angekommen.
So nun waren wir also unten. Ein Glücksgefühl machte sich bei uns beiden dann doch breit
. Erstmal wurde der Moment fotodokumentarisch festgehalten und natürlich auch gefilmt. Wir hatten es also geschafft. Wir waren unten und erstaunlicherweise fühlte ich mich körperlich immer noch gut. Mir kam die Idee mal nachzufragen ob wir den Campingplatz wechseln könnten und heute noch einen Teil des Aufstiegs machen könnten. So nahm ich mir also vor beim Ranger nachzufragen.
Also über die Brücke und Richtung Campground. Dort suchten wir die Rangerin auf, die uns mitteilte das ein Wechsel nicht möglich sei. Wir waren nicht die ersten, die diesen Wunsch geäußert hatten. Nun denn was nicht geht, geht halt nicht. Ich erzählte ihr von meiner Angst vorm Aufstieg und sie beruhigte mich. Ich solle mich ausruhen, dieses Tief hätten viele Wanderer, aber es wären fast alle heil oben angekommen und sicherlich auch ich. Ich machte auf sie anscheinend einen fitten Eindruck.
Wir suchten uns unsere Zeltstelle aus. Direkt an einem kleinen Bach, indem wir nachdem Zeltaufbau erst mal unsere Füße kühlten. Eine echte Wohltat!!!!
Danach gingen wir zur Phantom Ranch. Wir kauften einige Souveniers und tranken Zitronenlimo (die bisher beste in meinem Leben)
. Natürlich kauften wir auch einen Sticker und stempelten unser Nationalparkbuch (der wohl bisher hart erarbeiteste und somit wertvollste überhaupt).
Zurück am Campingplatz ruhten wir uns aus. Andreas hatte mein buch mitrunter genommen. Unglaublich – wenn das kein Liebesbeweis ist, weiß ich auch nicht!!!
Da schleppt er doch tatsächlich 1-1,5kilo Buch den ganzen Tag mit runter nur für mich um mich zu erfreuen.
Ich las also was und Andreas badete erneut die Füße im Fluß.
Am späten Nachmittag gingen wir erneut zur Phantom Ranch. Dort nahmen wir mit dem nächsten Becher leckerer Limo am Ranger-talk
teil. Auch wenn ich nicht alles verstanden haben, war die Einführung in die Gesteinswelt und Entwicklung des Canyons sehr interessant.
Nachdem Ranger Programm kauften wir noch mal Limo und machten uns auf den Weg zu Zelt. Dort aßen wir die letzten Sandwiches und ein paar Erdnüsse und legten uns aufs Ohr.
Schließlich galt es morgen den Aufstieg zu meistern.
Mittlerweile war selbst ich wieder bester Dinge und einfach nur zuversichtlich und ausgesprochen glücklich.
Gruß Krümel