Vielen Dank für all die netten Kommentare. Das motiviert mich doch gleich, nochmals einen Tag anzuhängen...
TAG 3: Grand Canyon National Park, AZ - Page, AZMontag, 9. Juni 2008Mein Handywecker klingelte mich um 4:30 aus dem Schlaf. Draussen war es noch finster und sehr kalt, also lief ich sofort nach hinten zum Kofferraum, um mich warm anzuziehen. Nun ja, nicht wirklich "warm", sondern so warm es eben ging - ein Jahr in SoCal leben hatte mich doch schon ziemlich verdorben, und so musste ich mit Pullover und einer dünnen Windjacke Vorlieb nehmen... Bevor ich losfuhr machte ich das Auto noch fahrtüchtig (d.h. ich schmiss den Schlafsack auf den Rücksitz und stellte die Kühlbox wieder unter den Beifahrersitz), und dann fuhr ich zurück zum Yavapai Point. Nur ein Auto stand dort auf dem Parkplatz, doch sehen konnte ich niemanden.
Ich setzte mich wieder vorne an den Rim beim Viewpoint und begann, in der Kälte auf die Sonne zu warten. Nach etwa zehn Minuten setzte sich ein älteres Ehepaar zu mir - ich unterhielt mich ein wenig mit ihnen und erfuhr dabei, dass die beiden irgendwo im südlichen Arizona leben aber den Grand Canyon regelmässig besuchen. Die Frau gratulierte mir zu der Entscheidung, so früh aufzustehen, denn der Sonnenaufgang sei ein wunderschönes Ereignis, das die meisten Leute jedoch verpassten. Meine Vorfreude steigerte sich nach diesem Gespräch zusätzlich - und doch wünschte ich mir insgeheim, man hätte einen Starbucks beim Grand Canyon aufgestellt, denn ein Tall Mocca hätte mir die Wartezeit in der Kälte sicher etwas angenehmer gestaltet...
Langsam begann sich der dunkelblaue Nachthimmel immer mehr zurückzuziehen, und vorne am Horizont wurde es immer heller. Die wunderbarsten Farbtöne wechselten sich dort ab, von violette und rot über orange und gelb bis weiss wanderte das ganze Farbenspektrum über den Himmel, immer höher hinauf, die Nacht richtiggehend verdrängend. Das Schauspiel, das sich dort abspielte, lässt sich kaum in Worte fassen - auf englisch käme "sublime" wohl dem am nächsten, wie ich das Aufgehen der Sonne erlebt habe. Hier einer von unzähligen Versuchen, dieses Erlebnis in einem Bild festzuhalten...
Jede Minute veränderte sich das Farbenspiel am Horizont, bis dann endlich die Sonne über den Horizont zu strahlen begann. Ich hatte vorher schon einige Sonnenaufgänge erlebt (meist jedoch nicht absichtlich, sondern weil ich es noch nicht zu Bett geschafft hatte) - doch so etwas wie dort am Grand Canyon hatte ich noch nie mitverfolgen dürfen. Es ist schwer vorstellbar, einen Tag schöner erwachen zu sehen als auf diese Art...
Kurz später musste ich dann aber zurück zum Auto, es war mir nun wirklich zu kalt geworden. Ich drehte die Heizung voll auf und begann, dem East Rim Drive entlang zu fahren. Zwischendurch hielt ich an und schaute in den Canyon hinunter, der nun mehr und mehr von der Sonne ausgeleuchtet wurde. Es wurde rasch hell und auch entsprechend wärmer, und so entschied ich, auf einem Parkplatz einen sonnigen Felsvorsprung als Frühstückstisch zu missbrauchen - das zweite dieser Bilder ist meine 'breakfast location'.
Dann ging es weiter nach Osten, immer mit kurzen Fotostopps, bis ich zum Grandview Point gelangte. Nach meinem gestrigen Kartenstudium hatte ich mich entschieden, von hier aus eine kurze Wanderung hinunter in den Canyon zu unternehmen. Das machte ich dann auch. Der Abstieg war ziemlich steil und es wurde sehr rasch sehr warm. Ich war überrascht, wie viel Vegetation es dort entlang des Weges gab - von oben hatte der Grand Canyon nach einer reinen Steinlandschaft ausgesehen, doch nun wurde ich eines Besseren belehrt: Farne, Blumen, Kakteen, ja sogar Bäume traf ich an. Etwa Dreiviertelstunden lief ich auf dem Weg nach unten - ein wirklich sehr lohnenswertes Unterfangen, denn "von unten" eröffnen sich ganz neue Perspektiven auf den Canyon. Gerne wäre ich dann noch weitergewandert, aber schweren Herzens entschied ich mich zur Umkehr, denn es standen ja heute andere Punkte auf dem Programm...
Der Aufstieg dauerte um einiges länger als der Abstieg, und doch begegnete ich erst kurz vor dem Trailhead dem ersten entgegenkommenden Wanderer. Offenbar war tatsächlich kaum jemand so früh aufgestanden wie ich. Den Grandview Trail kann ich übrigens allen wärmstens empfehlen, die nicht Zeit für eine lange Wanderung hinunter in den Canyon haben, ihn jedoch trotzdem noch von einer etwas anderen Seite zu erleben. Wichtig nur, dass man sich vor solchem nicht fürchtet:
Wieder oben auf dem Parkplatz tauschte ich die Turnschuhe gegen die Flipflops und fuhr dann ohne grössere Unterbrüche durch bis zum Desert View Watchtower. Von hier aus sah ich nun endlich auch den Colorado River, weit unten im Canyon. Auch der Ausblick über den Canyon hinaus auf das anschliessende Plateau war sehr interessant - da wurde mir erst wieder bewusst, dass der Canyon ja nicht zwischen zwei Bergwänden eingeklemmt ist, sondern eher ein tiefes, breites Loch im Boden dieser Hochebene.
Auf dem Parkplatz traf ich noch einen Typen der mich fragte, ob ich ihn im Auto bis nach Page mitnehmen könnte. Er sei ganz alleine vom Zion Canyon hierher gewandert und müsse nun irgendwie zu seinem Auto beim Visitor Center des Zion National Park zurückkommen. Er schien ein ganz netter Kerl zu sein, doch weil ich allein im Auto unterwegs war wollte ich doch kein Risiko eingehen, und so musste ich ihn mit einem etwas schlechten Gewissen dort stehen lassen. Noch bevor ich losfuhr sah ich aber, dass eine Gruppe Jugendlicher ihn in ihren Minivan einluden, und so fühlte ich mich gleich besser und machte mich auf den Weg nach Page.
Dieser führte erst auf der 64 nach Süden und drehte später nach Südosten ab. Die Fahrt war ziemlich abwechslungsreich, es ging stetig nach unten, und zwischendurch gab es tolle Ausblicke hinaus in die Ebene oder hinunter in tiefe Schluchten. Immer wieder säumten Souvenirstände mit indianischem Schmuck die Strasse, doch anhalten mochte ich nicht.
In Cameron traf ich dann auf die 89. Nach einigem Suchen fand ich das Post Office, wo ich Briefmarken kaufte und auch die ersten Postkarten einwarf. Auch in dem riesigen Souvenirgeschäft gleich neben der Post schaute ich mich kurz um, doch weil ich weder Töpferwaren noch eine Friedenspfeife brauchte machte ich mich bald auf den Weg zurück zum Auto und bog auf die 89 in Richtung Norden ein.
Ohne anzuhalten fuhr ich durch teils ziemlich bergige Wüstenlandschaften, bis ich (mehr durch Zufall) die Abzweigung zum Horseshoe Bend Parkplatz fand. Den wollte ich unbedingt anschauen (nicht den Parkplatz, sondern den Horseshoe Bend!
), und so liess ich das Auto stehen und marschierte durch Sand und Hitze zum Colorado. Natürlich hatte ich Bilder vom Horseshoe Bend gesehen, doch hatte ich mir eine völlig falsche Vorstellung davon gemacht. Ich hatte erwartet, dass man die Schlucht schon von weitem sehen würde - doch tatsächlich erkennt man sie erst, wenn man schon fast hineingefallen ist.
Meine Kamera wollte zwar nicht die ganze Kehre des Colorado auf ein Bild bringen, aber das liess mich nicht davon abbringen, weit über eine halbe Stunde knipsend entlang der Klippe herumzuklettern. Viele Eidechsen traf ich dabei, und auch einen Reisebus voller Schweizer. Letztere deutete ich dann als Zeichen dafür, dass ich mich schon lange genug hier aufgehalten hatte, und so kämpfte ich wieder den Sandhügel hoch und dann wieder hinunter zum Parkplatz. Es war richtig heiss gewesen dort draussen, und ein wenig wehmütig dachte ich an den frühen Morgen zurück, als ich noch so gefroren hatte...
Weit war es nicht mehr bis Page. Hier hatte ich die vorläufig letzte Unterkunft (weiter hatte ich noch nicht definitiv geplant) für meine Reise vorgebucht - das Motel 6 gleich rechts nach dem Ortseingang. Es war erst früher Nachmittag als ich eincheckte, und trotzdem legte ich mich nach einer kühlen Dusche ein wenig schlafen, nachdem ich all mein Gepäck ins Zimmer geschleppt hatte. Ich erwachte kurz vor 5 wieder und ging draussen zum Pool, wo ich Karten schrieb und ein wenig schwimmen ging. Im Pool (wirklich IM Pool, klingt witzig, ich weiss...) traf ich ein Ehepaar aus der Schweiz. Mit denen unterhielt ich mich dann fast eine halbe Stunde lang - sie waren zum ersten Mal in dieser Gegend unterwegs und hatten vor, in die Richtung weiterzufahren, aus der ich gekommen war. Ich genoss es, zum ersten Mal seit fast einem halben Jahr wieder einmal Schweizerdeutsch sprechen zu können - obschon das ein wenig komisch geklungen haben muss.
Zurück im Zimmer duschte ich gleich nochmal (eine Dusche hatte ich ja im Auto leider nicht dabei, und so wollte ich hier nun exzessiv davon Gebraucht machen...), und kurz nach sechs wollte ich dann in die Stadt fahren um etwas zu essen. Dummerweise erwischte ich die falsche Strasse und fand mich so plötzlich auf der Brücke vor dem Glen Canyon Dam wieder. Nun gut, da ich schon hier war schaute ich kurz im Museum beim Damm vorbei und meldete mich auch gleich für eine Führung am nächsten Morgen an.
Dann ging es zurück über die Brücke, den Berg hoch, und dort fand ich dann auch noch einen hübschen Aussichtspunkt über Brücke + Damm.
Endlich gelangte ich dann ins Geschäftszentrum von Page. In einer Pizzeria fand ich auf der Terrasse draussen noch Platz an der Abendsonne, und so genoss ich dort mein erstes "richtiges" (da warmes) Abendessen seit Beginn des Trips, und dazu gabs noch zwei eiskalte Bud light - ein perfekter Ausklang für einen tollen, abwechslungsreichen Tag.
Früh fuhr ich zurück zum Motel, wo ich noch ein wenig vom Free Internet profitierte und dann gemütlich vor dem Fernseher einschlief. War schon toll, nach zwei Nächten im Auto endlich wieder ein grosses Bett zum Schlafen zu haben...
Fahrstrecke an diesem Tag: 175 Meilen
Übernachtung: Motel 6
(In Page werde ich noch eine Weile bleiben - wer also nachreisen will wird hier gerne erwartet
)