MittwochEher gemächlich machen wir uns auf den Weg, was zwei Gründe haben könnte. Zum einen waren wir schon oft in der Windy City. Zum anderen ist sie heute alles andere als windig. Die Morgensonne entwickelt eine unheimliche Kraft und die Stauräume zwischen den Wolkenkratzern sind bereits mit Wärme geflutet. Der Saunagang kann beginnen.
Für 16 Dollar pro Person bringt uns der pfeilige Lift auf die Aussichtsplatzform des John Hancock Center in zirka 300 Meter Höhe. Die Aussicht ist immer wieder der Wahnsinn. Die Suburbs sehen aus wie Legokisten und die Autobahnen fressen sich in die Vororte und durch Illinois wie Bandwürmer. Strände in warmen Gelbtönen trennen die dunkle Stadt vom blauen Michigan See, der als kleines Meer bei uns durchgeht. Wir genießen den grandiosen Blick in aller Ruhe und jetzt mit ein paar Schmankerl zum Kaffee. Je nach Gedankenlage blicken wir in die Vergangenheit, in die Gegenwart oder in die Zukunft.
Als kleiner Zwischenstopp dient das Shoppingcenter an der Watertower Plaza. Und als wir das HardRock Hotel entdeckt und besichtigt haben - so ein Pech, die Shotgläser waren aus - müssen wir unsere Einkaufstüten auf unser Zimmer bringen, bevor wir zum Esel mutieren. Ich dachte wir haben in den Koffern keinen Platz mehr? Aber wo Frau einen Willen hat, da ist auch ein Weg.
Als man Chicago vor ein paar Jahren von oben betrachtete und sich der Blick nach Süden richtete, endete die Skyline abrupt, dann kam eine freie Wiese, im Hintergrund bzw. mittendrin der Buckingham Brunnen, das Shredd Aquarium und das Soldier Field Stadion. Das ist jetzt ein bißchen anders, denn die freie Wiese, auf der auch schon ein Bahnhof stand, ist seit der Jahrtausendwende der Millenium Park. Wir waren noch nie da.
Schön ist er geworden, der Park. Moderne Architektur, monumentale Skulpturen und fantastisch angelegte Gärten. Selbst ein künstlicher Wasserfall fehlt nicht. Die Hauptattraktion, wenn man das an der Anzahl der Menschen festmachen will, die sich hier tummelt, ist das Cloud Gate, das im Volksmund die Bohne genannt wird. Ein Eldorado für die Fotographen, die sich endlich mal selbst ablichten können, im Hintergrund die Skyline von Chicago. Aber auch gut für die Psyche, denn das Wolkentor verzerrt die Perspektive so, dass man schnell aus einem Volldampf-Ami eine grazile Gestalt machen kann. Sozusagen ein gefälschtes Beweismittel für die letzte gescheiterte Diät. Verdammt, schau ich gut aus! Natürlich darf die Michigan Avenue nicht fehlen. Wrigley-Building am Fluß und zum Schluß noch der Navy Pier, den wir am Wasser entlang erreichen. Die Beine brennen, Schluß für heute.
Der Concierge empfiehlt uns das Benny's Prime Chop House. Das Essen war sehr gut. Meine Short-Ribs ein Traum. Der Wein war überteuert.
DonnerstagHeute wird es noch heißer als gestern. Als wir das Hotel verlassen, rennen wir gegen eine Wand. Die Luftfeuchtigkeit steht der Wärme in nichts nach und bereits nach wenigen Minuten klebt die Kleidung am Körper. Gemessenen Schrittes wandern wir zum Navy Pier und kaufen Karten für das Wassertaxi zum Sears Tower, der ja jetzt Willis Tower heißt.
Auf dem Wasser ist es etwas erträglicher. Wir schippern den Chicago River flußaufwärts. Immer höher werden die Wolkenkratzer, die Loop donnert hoch oben durch die Straßen. Vor einigen Jahren haben wir exakt auf diesem Weg eine sogenannte Architekten-Tour gemacht, die war nur viel, viel teurer. Dafür wurde einiges erklärt, was ich nicht mehr weiß. Rund um den Willis Tower ist Baustelle. Aber nicht so eine, die ein kleines Verkehrshindernis darstellt und umfahren bzw. umgangen werden könnte. Nein, genau aus der Richtung, aus der wir kommen, ist das Monstrum abgesprerrt. Rundummadum und dann endlich in der Schlange zum Skydeck. Für 17 Dollar geht es hinauf in den 103. Stock. Und eine für uns neue Attraktion steht bereit. In einigen Nischen kann man auf einen Glasboden steigen - wer kennt den CN Tower in Toronto? - und in die gähnende Tiefe blicken. Das geht aber nur, wenn man sich in der Schlange anstellt. Also geschenkt!
Wir marschieren weiter zum Palmer House Hilton, in dem wir vor 17 Jahren gewohnt haben. Es ist immer noch ein schönes, altes Hotel und einen Besuch wert. An das Voucher-Zimmer vor all diesen Jahren will ich nicht mehr denken. Als wir die Vorhänge zur Seite geschoben haben, hat man sich fast die Birne an der gegenüber liegenden Hauswand angeschlagen. Wir brauchen noch eine coole Location, also nicht zum Vergnügen, sondern zum abkühlen. Das HardRock Café, das seit unserem letzten Besuch umgebaut wurde, ist jetzt schöner. I take a Sprite. Is Seven up ok? Natürlich, meine Liebe.
Wenn die Sonne scheint, braucht so mancher Mensch, ähm, inzwischen fast jeder, eine Sonnenbrille. Monika auch und deshalb ist es ziemlich verwunderlich, dass sie erst kurz vor dem Hotel merkt, dass ihr das gute Teil abgeht. Ja wo ist es denn? Ruhig bleiben und zurück zum HardRock. Und im Store, dort wo sie die Teile verkaufen, die jeder früher sammelte und trug, haben sie sie herzlich begrüßt, die Monika. Und sie hatten natürlich auch die Brille. Ein paar Scherzchen müssen sein, Deppen, aber dann haben sie sie rausgerückt. Nette Menschen!
Heute spielt Deutschland gegen Italien, es geht inzwischen um viel und nachdem wir hörten, dass unsere Buben eine gute Vorrunde gespielt haben, haben wir es angeschaut. Der gebildete Fußballer weiß, was jetzt kommt. Dann halt nicht! Wir machen uns nochmal auf den Weg ans Binnenmeer, kühlen unsere Füße im Wasser und beochten das Treiben am Strand. Das Wetter ist kaum mehr auszuhalten und so beschließen wir, das Hotel heute nicht mehr zu verlassen. Also zurück, sauber machen, Bar und gleich dort essen. Ein kurzes Gewitter war nicht der Rede wert, es ist nicht kühler geworden.
FreitagNach eineinhalb Stunden erreichen wir Indiana. Hier, entlang der 41er, ist alles flach. Die Fahrbahn bis Boswell ist es aber nicht. Holperdipolter, es ist zum verrückt werden. Vor Attica überqueren wir den Wabash River und über die CR 650 kommen wir zum Portland Arch National Reserve.
Eigentlich ist im Osten kein Paradies für Pfadfinder, denn es ist alles gut ausgeschildert und markiert. So auch hier, nur - und das haben wir erst im nachhinein festgestellt - ein Schild fehlt. Und das stand direkt dort, wo wir hin müssten. Also gut, wir fahren weiter und das Navi kennt einige Straßen einfach nicht. Wir umkreisen das Schutzgebiet und finden keinen Trailhead. Mir reicht's und ich parke im Wald, Luftlinie ist der Steinbogen nicht weit weg. Und da kommt er, unser Retter. Der ältere Herr macht das Fenster auf, fragt ob er helfen kann, ich suche den Trailhead zum Portland Arch und er sagt, dass er dort vorne umdreht und dann soll ich ihm hinterher fahren. Gesagt getan. Mit seinem PKW donnert er über die Dirtroads, dass es nur so raucht und staubt. Ich muss Abstand halten, damit nicht zu viele Lackschäden die Sache bei Hertz komplizieren. Er fährt dorthin, wo wir schon waren und nur die Einfahrt zum Parkplatz und Trailhead, dank des fehlenden Schildes verpasst haben. Herzlichen Dank mein Freund. Ich werde nie mehr behaupten, dass man die Amerikaner nichts fragen darf, weil sie eh nichts wissen und mit einer überzeugenden Inbrunst nur Schmarrn verzapfen.
Die Stiefel geschnürrt und los. Ein gut sichtbarer Trail führt durch den Wald zum Bear Creek hinunter, an einer Ridge entlang, die geologisch sehr interessant aussieht. Die verschiedensten Farben wechseln sich ab. Bereits nach 11 Minuten stehen wir im Sumpf vor dem Portland Arch. Das Wasser hat die Ridge durchbohrt und nur fast trockenen Fußes wandern wir durch den Arch, der ja dank des Wassers eigentlich eine Brücke wäre. Der Roundtrip geht über 0,8 Meilen durch den Wald, worüber wir bei der Hitze sehr froh sind. Es hat inzwischen 98 schwüle Grad.
Über Crawfordeville erreichen wir Spencer und das Thermometer knackt die 100 und steht bei 104. Im McCormick's Creek State Park sind alle Höhlen geschlossen. Die Weiße-Nase-Krankheit-der-Fledermäuse ist der Grund. Wir parken am Wolf Cave Parkplatz und laufen den Trail No. 5. Auch hier Gott sei Dank Wald, Wald, Wald. Es geht ohne Steigung dahin und eigentlich ist nichts spannendes zu sehen, bis wir nach knapp einer Meile die Wolf Natural Bridges erreichen. Durch die erste Brücke hindurch, dann rechts die zweite Brücke. Sehr schön. Nicht hinein gehen - Road Closed! Es soll sich derjenige an die eigene weiße Nase fassen, der immer alles tut, was Vorschrift ist. Oder wie ging das Sprichwort? Ja, wir waren alleine, weit und breit niemand zu sehen. Und auch der Wärter ist nicht aus dem Busch gesprungen.
Der Park hat einiges zu bieten. Wanderwege ohne Ende, Campgrounds und sogar ein Hotel, mit Pool versteht sich. Wir machen uns wieder auf den Weg und erreichen bei Terre Haute erneut Illinois, in dem auch East St. Louis liegt. Der größere, bekanntere und schönere Teil der Stadt liegt aber in Missouri. Es war ein tolles Bild, als wir den Gateway Arch zum ersten Mal sahen und die Skyline dahinter. Leider konnten wir nirgends anhalten, um diesen Blick festzuhalten.
Das Hilton Saint Louis ist schon etwas betagt, aber das ist momentan nicht das Problem. Ich würde gerne mein Auto so einem Typen geben, der es weg fährt. Valet Parking full. Aha, auch noch nie gehabt. Also lade ich verärgert gleich selbst alle Koffer aus und fahre ins Parkhaus. Dafür bekommen wir zwei Gutscheine á 8 Dollar für die Bar. Auch gut, die Gutscheine werden nicht verfaulen, wetten.
Und da geht es schon los: Bier und ein kleines Essen an der Hotelbar. Es ist nun doch spät geworden und wir sind ziemlich fertig von der Hitze.
SamstagBevor die Massen auftauchen, wollen wir auf dem Gateway Arch sein. Und es war auch noch nicht viel los. Hört, hört, mit unserem Nationalpark Pass bekommen wir die Tickets in das Jefferson National Expansion Memorial um 3 Dollar ermäßigt für 7 USD. Die G.u.V. dieses Passes ist so grün, es ist nur noch schön. Wie Kleinigkeiten einen Menschen freuen können.
Die Fahrt hinauf auf den gigantischen Blechbogen ist abenteuerlich und interessant. Zu fünft (5 plus Übergewicht = 6) sitzen wir in einer Art Kapsel, wehe dem, der Platzangst hat, und es geht los. Immer wieder klickt es, wenn sich der Aufzug, der ja in einem runden Bogen nach oben muss, wieder gerade stellt. Eine Treppe ist auch in Sicht, nur für den Fall, dass das Teil ausfällt. 4 Minuten hat es gedauert, dann standen wir an der Spitze. Durch kleine Luken blicken wir auf die Stadt, das Capitol-ähnliche Rathaus, das Baseball Stadion. Super! Und der Arch ist sowieso unglaublich. Ästhetisch spannt er sich am westlichen Ufer des Mississippi vor der Stadt auf. Das Wasser des großen Flußes fließt gemächlich an ihm vorbei. Cooles Teil!
Wir laufen vom Gateway Arch flußaufwärts am Ufer entlang bis zur Eads Bridge. Die nehmen wir, wir haben Fußgänger gesehen, nach Illinois, um den Blick, den wir gestern bei der Einfahrt hatten, nochmal in Ruhe zu genießen. Auf der anderen Seite überblicken wir den Mississippi und die Skyline von Saint Louis. Der Bogen steht majestätisch davor. Just dort ist auch ein Spielcasino und nachdem die Hitzewelle latent ist, kühlen wir uns dort ab. Der Drink ist umsonst, obwohl wir nicht spielen, sondern nur an der Bar hocken. Und vor dem Casino steht ein Bus. Ja, wo geht der denn hin? Er fährt die Casinogäste zum Baseballspiel, das in Bälde auf der anderen Flußseite stattfindet. Ja wunderbar und schon hocken wir drin.
Mit den rot verkleideten Fans steigen wir direkt vor dem Stadion aus. Es dauert keine Minute, da werden uns Tickets angeboten. Junge, alles haben wir, nur keine Zeit für eine so lange Sportveranstaltung. No thank's! Vor dem Stadion spielt eine Band und so begleiten uns zumindest laute Töne lange auf unserem Sightseeing-Pfad durch die Stadt. Bei gefühlten 45 Grad Celsius geht es die Market Street entlang, durch den wunderschönen City Garden. Neidisch sehen wir zu, wie sich die Kinder in verschiedenen Brunnen und Wasserspielen abkühlen. Durch das Schloß-ähnliche Marriott kommen wir in die Union Station. Ein schön restaurierter Bahnhof mit netten Läden und kleinen Restaurants. Der Food Court gehört jetzt aber uns, Hunger! Die angelegten Teiche beherbergen Koi Fische. Sie sehen aus wie überdimensionale Goldfische, sind aber Karpfen. Fett sind sie, denn am Rande des Wassers stehen Futterautomaten. Schon klar, dass es hier permanent Essen gibt. Gleich gegenüber ist das HardRock Café, Shot Glas her, und Landrys Seafood. Sieht gut aus, also Speisekarte kurz gesichtet und für den Abend reserviert.
Zurück über die Pine und Olive Street, die Stadt ist inzwischen wie ausgestorben, da sich bei der Hitze nur noch wir rumtreiben. Zum Ende unseres Stadtspazierganges gehen wir noch das Macy's ab. Wir mussten jedoch wieder einmal feststellen, dass es ausser der bekannten Kosmetik nichts Gescheites mehr gibt in diesem Laden. Alles in allem ist zu konstatieren, dass St. Louis eine Reise wert ist. Insbesondere der Arch hat es uns angetan, wie könnte es bei Arch Huntern auch anders sein.
Das Abendessen war gut, nur die Portionen viel zu groß. Dann haben wir noch ein paar Schritte in die Nacht getan (und wieder geschwitzt).
... Fortsetzung folgt!PS: Bilder zum Text sind bereits online - am schnellsten über "Updates" im Menü auf
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