Toll, die Truppe kommt ja langsam wieder zusammen! Zur Belohnung gibt es heute schon die Fortsetzung. Aber ich muss euch warnen: Wir werden erst wieder bei Dunkelheit eine sichere Herberge finden. Seid ihr dabei? Dann brechen wir jetzt auf:
Samstag, 22.9.07Heute morgen machen wir uns auf die unerwartet lange Anfahrt zum Mesa Verde Nationalpark. Die Straße zum und im Park ist mit Baustellen durchsetzt, und der Ranger, bei dem wir unseren America the Beautiful - Pass vorzeigen, warnt uns schon mal, dass es zu Staus kommen wird. Auf dem Parkplatz zum Visitor Center lese ich meinem bandscheibenoperierten, nicht ganz schwindelfreien Freund vor, was wir im Park so alles unternehmen können:
Das Spruce Tree House, problemlos zugänglich, ohne Führung zu besichtigen. Mein Freund wackelt bedächtig mit dem Kopf.
Der Cliff Palace, mit Führung und langen ungesicherten Leitern, die man erklimmen muss. Mein Freund horcht auf.
Und das Balcony House, mit Führung, mehreren ungesicherten Leitern und einem langen engen niedrigen Tunnel, durch den man kriechen muss. Mein Freund bekommt glänzende Augen und nickt. Dort will er hin.
Das Schicksal hat aber offenbar nicht vorgesehen, dass wir das Balcony House besuchen, und sorgt schnell dafür, dass alle Führungen am Vormittag ausgebucht sind. Also nehmen wir stattdessen die Führung am Cliff Palace. Bis es soweit ist, stehen wir zuerst ein bisschen an einer Baustelle im Stau, fahren die Aussichtspunkte auf der Chapin Mesa ab und finden uns schließlich am Treffpunkt zur Führung ein.
Eine nette Rangerin begrüßt uns und führt uns als erstes die schlimmen Gefahren der langen Leiter vor Augen, über die wir nach der Besichtigung den Canyon wieder verlassen werden. Glaubt man ihr, dann ist diese Leiter in regelmäßigen Abständen Schauplatz von Unfällen und menschlichen Tragödien. Eindrucksvoll macht die Rangerin uns klar, wie dehydriert und schwach wir nach dieser Führung sein werden. Viel zu schwach, um uns noch über gefühlte tausend Sprossen hinauf auf die Mesa und zu unserer rettenden Kühlbox zu schleppen.
Ich halte das alles für etwas übertrieben, aber anscheinend war es noch nicht übertrieben genug. Nachdem wir über eine lange Treppe auf das Niveau der alten Anasazi-Bauten hinabgestiegen sind, müssen wir erst einmal über eine Leiter von etwa fünf Tritten wieder ein Stück nach oben. Und hier bleiben schon die ersten, offensichtlich amerikanischen Touristen hilflos hängen, klammern sich zitternd an den Sprossen fest und können kaum noch weiter. Auf welchem Weg die nette Rangerin sie „entsorgt" wird uns nicht ganz klar, aber jedenfalls sind sie nicht mehr dabei, als nach einer ausführlichen und gutgemachten Führung der Aufstieg nach oben ansteht. Die langen Leitern sind enttäuschend leicht zu bewältigen. Da haben wir auf etwas mehr Nervenkitzel gehofft.
Ganz ohne Nervenkitzel, aber dafür mit gut restaurierten Bauten zeigt sich uns wenig später noch das Spruce Tree House. Eine der runden Kivas ist überdacht und man kann hineinsteigen. Das tun wir auch, und das Museum nebenan schauen wir uns auch noch an. So wird es doch deutlich nach ein Uhr, bis wir in den Pontiac steigen und dem Mesa Verde Park den Rücken kehren.
Jetzt heißt es wieder Meilen machen. Denn heute nachmittag wollen wir schon im Monument Valley sein und zum Sonnenuntergang die leuchtenden roten Felsen sehen. Die Fahrt geht zuerst Richtung Bluff, und auf dem Weg dorthin sehen wir einen wunderschönen Regenbogen.
Wo Regenbögen sind, da ist normalerweise auch Regen, aber wir vertrauen auf unser Wetterglück. Das hat uns bisher noch nie im Stich gelassen. Doch als wir uns Mexican Hat nähern und ein Bild vom gleichnamigen Felsen machen, hat sich der Himmel schon dicht zugezogen. Und wenig später am Monument Valley empfängt uns ein schneidender Wind, der uns schon oben auf dem Parkplatz den Sand ins Gesicht weht.
Ob wir eine Tour mitmachen wollen, werden wir natürlich sofort gefragt. Touren von zwei oder drei Stunden bietet der Navajo an und zeigt uns eine Mappe mit Fotos, die bei strahlendem Sonnenschein geschossen wurden. Nach Sonnenschein sieht es im Moment aber überhaupt nicht aus. Es wird immer dunkler, und wir fragen vorsichtig, ob sich denn das Wetter für die nächsten zwei Stunden noch halten wird. Natürlich, behauptet der Navajo. Es sei fantastisches Wetter. Ob er denn wenigstens ein geschlossenes Auto hat, will ich wissen. Na klar, das Auto sei überdacht, erzählt er freudestrahlend und zeigt auf eine Art Mini-LKW, mit Stühlen auf der Ladefläche und einem zeltartigen Dach, das sich darüberspannt. Aber natürlich hätten wir recht, morgen früh sei das Wetter ganz sicher noch viel viel besser, aber wenn wir morgen eine Tour mitmachen wollten, dann müssten wir die jetzt sofort bezahlen.
Wir schauen uns an. Eine lange teure Tour auf der Ladefläche eines LKWs bei diesem Wind und Wetter? Hm, eigentlich sollte man ja nicht.... aber man könnte.... und so schlecht sind die Wege ja bestimmt auch nicht....
Mein Freund weiß es, ich weiß es, der Navajo weiß es auch, nur der Pontiac ahnt noch nichts, als mein Freund wenig später den Motor anlässt. Wahrscheinlich denkt das arme Auto, es dürfte jetzt wieder auf einen gemütlichen, geschützten Motel-Parkplatz. Stattdessen muss es Staub schlucken. Vorsichtig und im Schritttempo lenkt mein Freund den Pontiac vom Parkplatz hinunter und um die vielen Schlaglöcher und spitzen Felsen herum, die den Weg hinunter ins Monument Valley zum Abenteuer machen. Die Autos, die uns entgegenkommen, sehen geländetauglicher aus, aber immerhin, ein anderer Pontiac Grand Prix ist auch dabei, und der hat die Strecke ja offenbar auch geschafft.
Die Wolken jagen inwischen wild über den Himmel, aber zwischendurch strahlen ein paar Sonnenstrahlen wie einzelne Spots die Felsen an, und wir können noch schöne Fotos machen.
Zwischendurch kommt uns noch ein Navajo-LKW mit einer Gruppe Japanerinnen auf der Ladefläche entgegen. Sie pressen Tücher vors Gesicht, denn inzwischen wirbelt der Wind den Staub heftig auf. Wir sind froh, dass wir im geschützten Pontiac sitzen.
Doch jetzt wird es noch dunkler, und mitten auf unserer Runde erscheint der erste Blitz am Himmel. Von den Autos vor uns sehen wir bald nur noch die Rücklichter. So langsam wird uns richtig mulmig. Wenn es jetzt anfängt zu regnen, kriegen wir den Pontiac über die schlammigen Straßen wahrscheinlich nie mehr hier raus. Der Nervenkitzel, den wir am Cliff Palace vermisst haben, ist plötzlich da.
Aber wir haben Glück. Das Gewitter tobt heftiger, aber es fällt kaum ein Tropfen Regen. An Fotos ist auf dem Rest der Runde nicht mehr zu denken, aber wir sind froh, dass wir ohne Schäden wieder aus dem Tal herauskommen. In der Dunkelheit fahren wir zurück nach Mexican Hat und erwischen dort im letzten Motel das letzte Zimmer. Ach, wie schön ist es doch, ein Dach über dem Kopf zu haben. Und das BBQ-Feuer, über dem zum Abendessen unsere Hamburger gegrillt werden, leuchtet warm in die dunkle Nacht hinaus.
An diesem Abend beschließen wir, morgen früh nochmal unser Glück im Monument Valley zu versuchen. Vielleicht wird es ja ein strahlender Sonnenaufgang. Und wenn nicht? Was ist, wenn es am Lake Powell regnet und wir nicht in den Antelope Canyon können? Wenn unser Wetterglück vorbei ist? Aber was soll's, im Moment können wir eh nichts dran ändern. Sondern nur abwarten und Bier trinken.