26.11.2005 Page – Grand Canyon – Flagstaff Schon zeitig erwachten wir in unserem Zimmer im Days Inn in Page – der Jetlag war offensichtlich immer noch nicht komplett überwunden. Während es Claudia aber noch eine ganze Zeit lang dösend im Bett aushielt, zog ich es vor, nach einer ausgiebigen Morgenwäsche in die nahe Lobby zu gehen und bei einem Kaffee ein wenig im Internet zu surfen, das dort den Hotelgästen gratis zur Verfügung gestellt wird – das heimatliche Forum will ja schließlich auch mit Grüßen versorgt werden, oder...?
Hier ist zu sagen, dass das Frühstücksangebot des Days Inn durchaus zu überzeugen wusste: Neben den üblichen Dingen wie Kaffee, Tee, Muffins und Bagels gab es ein Dutzend verschiedene Cerealien, eine Obstauswahl und viele verschiedene Brotaufstriche. Gemessen am niedrigen Preis ist dieses Hotel also voll empfehlenswert.
Etwa eine Stunde später ließ sich auch Claudia überreden, endlich zu frühstücken – wir wollten ja schließlich nicht zu spät zu unserer Tour kommen. Nach dem Frühstück checkten wir aus und brachten unser Gepäck zum Auto. Am Parkplatz blieb mir eines stark in Erinnerung: Obwohl wir nun wirklich ein ziemlich großes Auto hatten, war es von den ca. 20 am Parkplatz befindlichen Fahrzeugen trotzdem mit das kleinste (!). Was da alles an SUV’s, Pick-Ups in Überlänge und Mini-Trucks herumstand, war schier unglaublich. Man hätte annehmen können, in Arizona wäre jeder irgendwie als Nebenberuf Fuhrunternehmer...
Wir fuhren also hinunter zum Glen Canyon Dam und mussten vor verschlossenen Toren erst noch ein wenig warten, weil das „Carl Hayden Visitors Center“ noch nicht geöffnet war. Hier wurden wir auch gleich von anderen wartenden Touristen angesprochen: „Oh, you are also from Colorado...?“ – was sich natürlich auf das Nummernschild unseres Mietwagens bezog. Ich klärte die nette Dame aber dann auf und man hielt noch ein wenig Smalltalk, vor allem über das Wetter in Colorado und im Vergleich dazu in Deutschland.
Kurz später ging es auch schon hinein ins Visitors Center, nachdem man am Eingang von den Park Rangers einer Leibesvisitation unterzogen wird, dass selbst die am Flughafen harmlos erscheint.
Unser deutschsprachiger Führer begann auch gleich seine Tour auf und in den Damm.
Wir erfuhren, dass der Glen Canyon Dam, ähnlich wie der Hoover Dam, erstrangig nicht wegen der Stromproduktion erbaut wurde, sondern den primären Zweck erfüllte, den Wasserhaushalt im Westen der USA zu verbessern. Vor dem Bau der Dämme war die Situation nämlich so, dass der Colorado River im Frühjahr zur Schneeschmelze in den Rocky Mountains ein reißender Fluss war, während er den Rest des Jahres nur aus einem kleinen Rinnsal bestand und so nicht mehr zur Bewässerung genutzt werden konnte. Durch den Bau des Damms entstand der Lake Powell, der nur unwesentlich kleiner ist als der Lake Mead und damit zweitgrößter künstlicher See der Welt. Es dauerte nach dem Bau des Damms insgesamt 18 Jahre, bis der Lake Powell erstmals voll gefüllt war. Die weißen Stellen am Fels bezeichnen übrigens den Höchststand des Wassers.
Aufgrund von Wasserknappheit in den letzten Jahren ist der Wasserspiegel derzeit auf einem historischen Tiefstand, der Höchststand wurde schon seit 1999 nicht mehr erreicht. Ganz anders war die Situation im Frühjahr 1983: Immense Schneefälle im vorangegangenen Winter hatten eine gigantische Schneeschmelze in den Rocky Mountains zur Folge, und das Wasser des Colorado River drohte den Damm zum Überlaufen zu bringen. So ließ man nicht nur alle acht Turbinen auf Volllast laufen, sondern musste auch noch beide Überläufe, die sich an den Seiten des Damms im Fels befinden, ganz öffnen. Trotz der enormen Wassermassen, die so durch und um den Damm strömten, dauerte es satte 52 Tage, bis sich die Situation einigermaßen entspannt hatte und man die Überläufe wieder schließen konnte. Bei der anschließenden Inspektion wurden dann auch etliche Schäden in den Überläufen festgestellt, die die reißenden Wassermassen verursacht hatten. Die kleine Kiesbank im Bild unten rührt übrigens von den Überlauf-Auslässen, die eine regelrechte Senke im Bett des Flusses verursachten und den anfallenden Kies zur Seite beförderten.
Weiter ging die Tour ins Innere des Kraftwerkes, wo die acht Turbinen Strom liefern. Wenn diese, wie 1983, auf Volllast laufen, erzeugen sie etwa 1,4 Gigawatt Strom – eine doch enorme Zahl, wenn man bedenkt, dass ein einzelner Block eines modernen Kernkraftwerks „nur“ etwa 800 Megawatt erzeugt. Aufgrund der Wasserknappheit wurden aber schon lang nicht mehr alle acht Turbinen gleichzeitig betrieben, momentan sind immer nur vier davon am Arbeiten.
Beim Rückweg über die Dammkrone kamen wir auch an einem Betonkübel vorbei, wie sie zum Bau des Damms benutzt wurden. Obwohl dieser ein Fassungsvermögen von etlichen Kubikmetern hat und immer mehrere gleichzeitig im Einsatz waren, musste insgesamt über drei Jahre rund um die Uhr Beton gegossen werden, um den Damm zu bauen – eine schier unglaubliche bauliche Leistung.
Wir beendeten die (übrigens kostenlose) Tour, bedankten uns noch einmal bei unserem Führer und sahen uns im Anschluss noch ein wenig im unvermeidlichen Souvenir Shop um, der erfreulicherweise recht wenig von dem üblichen Kitsch, sondern mehr Buch-, Film- und Bildmaterial zum Kauf anbot. Hier wechselte noch ein schöner Nationalpark-Kalender für das Jahr 2006 den Besitzer, bevor wir uns auf den Weg Richtung Grand Canyon machten.
Der Grand Canyon war zwar schon im Jahr zuvor von uns besucht worden, aber wir wollten unbedingt den Rundflug über den Canyon nachholen, der damals vollständig ausgebucht war. Wir fuhren also bis zum Osteingang des Grand Canyon Nationalparks, wo wir uns nach einiger Überlegung wieder für den Kauf eines National Parks Pass entschieden. Ursprünglich war ich zwar der Meinung, dass wir in diesem Jahr nicht genug Parks besichtigen würden, damit sich der Pass lohnt, dachte mir aber dann, dass er ja auch noch für die gesamte Saison 2006 gültig wäre und so im Endeffekt günstiger sei als überall Einzeleintritte zu zahlen. Es sollte sich aber dann später herausstellen, dass er sich bereits in diesem Jahr bezahlt gemacht hat.
Wir beschlossen, die ganzen Viewpoints am South Rim erst einmal links liegen zu lassen, da wir diese eh schon im Jahr zuvor gesehen hatten. Ich wollte nämlich erst einmal in Tusayan bei Papillon Helicopters abklären, wann wir zu unserem Rundflug erscheinen müssen. Als wir nun den Park am Südeingang verließen und Richtung Tusayan fuhren, hätte es uns fast die Sprache verschlagen: Der Fahrzeugrückstau vom Parkeingang reichte tatsächlich bis nach Tusayan hinein, was ja ungefähr eine Strecke von fünf Kilometern ausmacht. Eigentlich waren wir der Meinung, dass aufgrund der Herbstzeit weniger Besucher im Park wären, aber da wurden wir mal wieder eines Besseren belehrt. Den Plan, nach dem Abklären der Formalitäten bei „Papillon“ die Zeit bis zum Abflug an den Viewpoints zu verbringen, konnten wir also auch ad acta legen – bis wir wieder im Park gewesen wären, hätte es bei dem Rückstau sicherlich 1 ½ Stunden gedauert.
Bei „Papillon“ angekommen legte ich den Voucher für den (diesmal natürlich vorreservierten) Rundflug vor – die „Königstour“ hatten wir uns ausgesucht, ein etwa 50-Minütiger Flug über dem Canyon. Nach kurzem Studieren des Vouchers meinte der Angestellte nur lapidar, dass es ihm leid täte, aber dieser Flug würde heute nicht stattfinden...
Ich konnte die in mir hochkochende Wut gerade noch unterdrücken, obwohl ich mir innerlich schon überlegt hatte, was ich den Leuten von „Papillon“ so alles an den Kopf geworfen hätte, wenn sie uns dieses Jahr auch wieder um das Highlight „Rundflug“ bringen würden, da erklärte mir der Angestellte, dass er uns aber für einen der „normalen“ Rundflüge mit einer Dauer von etwa 25 Minuten buchen könne. Die Kostendifferenz würde man uns wieder auf die Kreditkarte zurück buchen. Ich überlegte im Nachhinein noch lange, warum die (viel teurere) Königstour nicht stattgefunden hat, und kam letztendlich zu dem Schluss, dass es wohl nicht genügend Interessierte für die „große“ Tour gab, um einen kompletten Heli zu füllen. So ließen wir uns eben für einen normalen Rundflug einbuchen, der in etwa einer Stunde beginnen sollte.
Die Zeit bis dahin nutzten wir, um im „Wendy’s“ in Tusayan einen kleinen Snack zu uns zu nehmen – dort bestätigte sich wieder einmal meine Erfahrung, dass die Größe „Small“ in den USA durchaus mit den „Maxi-Menüs“ in Deutschland gleichzusetzen ist: Erinnerungen an den Film „Supersize Me“ wurden in uns wach...
Nach dem opulenten Mittagsmenü fuhren wir zurück zu Papillon und ließen den Film mit den Sicherheitsbestimmungen über uns ergehen. Ein echt hilfreiches Feature, erst jetzt erfuhr ich, dass es verboten ist, während des Fluges abzuspringen oder dem Piloten in den Steuerknüppel zu greifen. Hätte ich so eigentlich gar nicht gedacht...
Als Teilnahmebestätigung erhielten wir einen formschönen Aufkleber an die Jacke gepappt und warteten, bis unser Flug startete.
Vor dem Abflug wurde noch schnell ein Foto gemacht – zum einen für Erinnerungszwecke, zum andern vielleicht auch, um nach einem Absturz die Opfer identifizieren zu können.
Wir bestiegen nach einer vom Bodenpersonal bestimmten Sitzordnung (hier spielt wohl das vorher ermittelte Körpergewicht eine Rolle) den Heli und setzten die Kopfhörer auf, über die man während des Fluges mehrsprachig Erklärungen zum Canyon erhielt, darunter auch auf Deutsch.
Die Gurte angelegt, die Türen geschlossen, und schon gings los! Nach einem ca. 10-minütigem Anflug über ein bewaldetes Gebiet befanden wir uns auch schon direkt über dem Grand Canyon, wo sich uns trotz der furchtbar schmutzigen Scheiben des Helis wunderbare Ausblicke boten...
Schon erstaunlich, welche Gesteinsmassen der an und für sich winzig anmutende Colorado River im Lauf der Jahrmillionen hier abgetragen hat – ich frage mich noch heute, wo das ganze Gestein hingekommen ist. Jedenfalls kamen sowohl wir als auch die mitfliegenden Franzosen aus dem „ah!“ und „oh!“ nicht mehr heraus – so ein Flug über den Canyon ist doch noch mal eine ganze Ecke besser als der Ausblick von den Viewpoints; vor allem den Fluss selbst sieht man vom Helikopter aus viel besser. Leider verging die Zeit da oben viel zu schnell, ich wäre gern noch die eine oder andere Runde geflogen. Zurück am Heliport stiegen wir aus und verließen das Gebäude (selbstverständlich) durch den Souvenir-Shop, den wir allerdings diesmal links liegen ließen.
Da der Flug nun schon viel früher als geplant absolviert war (geplanter Flugtermin wäre erst um nach 15 Uhr gewesen), blieb uns noch eine Menge Zeit zur Verfügung am heutigen Tag. Zurück in den Nationalpark wollten wir wegen der immer noch kilometerlangen Autoschlange nicht (das hatten wir beim Rückflug schon deutlich erkennen können) und so wurde flugs der Autoatlas gezückt und nach einem weiteren lohnenden Ziel im Bereich Flagstaff gesucht. Walnut Canyon, das hörte sich vielversprechend an...
Rauf also auf den Highway, den Tempomaten eingestellt und hinuntercruisen bis nach Flagstaff...
Trotz der zuweilen etwas missverständlichen Beschilderung fanden wir recht gut durch das Städtchen hindurch und schon standen vor dem Parkeingang...
Im Visitors Center benutzten wir zum zweiten Mal am heutigen Tag den National Parks Pass und erhielten neben dem üblichen Kartenmaterial auch die Info, dass wir uns mit dem Rundwanderweg sputen sollten, weil der Park in etwa 90 Minuten schließt. Das wäre aber kein Problem, weil man auch bei langsamerer Gangart den Trail in etwa einer Stunde schaffen kann.
Gesagt getan, und schon befanden wir uns auf dem Wanderweg in den Walnut Canyon. Dieser hat mit Walnüssen nur am Rande zu tun – das wirklich interessante hier sind die sog. „Cliff Dwellings“, also von Indianern in natürliche Felsvorsprünge gebaute Behausungen. Viele dieser über 700 Jahre alten Behausungen konnte man hier besichtigen; leider waren aber die meisten davon nur noch als grobe Ruinen vorhanden – Souvenirjäger im 19. und frühen 20. Jahrhundert hatten hier nach Auskunft des Infomaterials übel gehaust. Einige Bauten waren aber durchaus noch in gutem Zustand...
Nach etwa einer dreiviertel Stunde hatten wir den interessanten Rundwanderweg absolviert und gingen zurück zum Auto. Beim Rückweg geht es ziemlich steil über etliche Treppen bergan, und obwohl wir auch selbst leicht ins Schnaufen kamen, amüsierte ich mich innerlich köstlich über die vielen „wohlgenährten“ Amerikaner, die dort am Wegrand stehend hyperventilierten und den unzähligen „All-you-can-eat“-Abenden in ihrem Leben Tribut zollten...
Da es nun schon dämmerte, fuhren wir den kurzen Weg in das Städtchen Flagstaff hinein und suchten unser vorgebuchtes Motel, das Super 8 Flagstaff West. Auch dieses hatte ich von Deutschland aus vorgebucht, weil es nur etwa 10 Gehminuten von der Innenstadt entfernt lag. Entgegen dem Vortag aber ein totaler Reinfall: Die Lage war zwar sehr gut, das Zimmer jedoch war so ziemlich das Übelste, was ich je in den USA bekommen habe. Die uralte und heruntergekommene Möblierung des Zimmers harmonierte prächtig mit dem verschimmelten Bad und den Armaturen im Stil der 50er Jahre. Zu allem Überfluss waren die Wände auch noch recht hellhörig, so dass das Streiten der zahlreichen Kinder der Mexikaner-Familie im Zimmer nebenan einwandfrei 1:1 mitgehört werden konnte. Der Gipfel aber war die Elektrik: Mit dem Lichtschalter neben dem Haupteingang wurde nicht nur die Stehlampe, sondern auch gleich der Strom für den Fernseher mit ausgeschaltet...
Na ja, wir ließen uns die Stimmung nicht verderben und wechselten nach einer ausgiebigen Dusche erst einmal die Kleidung. Aus einem in der Lobby ergatterten Faltplan erfuhr ich, dass es gleich in der Nähe eine Filiale der Steakhouse-Kette „Sizzler“ gab – Bingo, die wollte ich schon lang mal ausprobieren, weil ich bisher nur gutes über diese Restaurants gehört hatte. Da Claudia eh noch nicht ganz fertig war, fuhr ich in der Zwischenzeit zum Tanken und staunte nicht schlecht, dass trotz eines Preises von $2,37 pro Gallone satte $55 in den Tank passten...
Ich fuhr gleich noch eine Runde durch den historischen Stadtkern, der mir trotz des aufziehenden Gewitters recht gut gefiel. Nachdem ich Claudia abgeholt hatte, fuhren wir also hin zu „Sizzler“, wo wirklich reger Betrieb herrschte. Nach der Bestellung – ein großes Steak für mich, eine Steak & Shrimps-Combo für Claudia, bekamen wir unseren Tisch mit Fensterplatz zugewiesen und machten uns gleich über die gigantische Salat-Bar her. Wenn ich das gewusst hätte: Allein von der riesigen Salatauswahl hätte man sich schon locker sattessen können. Kurz später trafen auch schon die Hauptspeisen ein, die uns voll überzeugten. Mein Steak war wirklich zart und sehr lecker, und auch Claudias Shrimps waren vorzüglich. Fazit: Sizzler also durchaus empfehlenswert!
Pappsatt fuhren wir in die Innenstadt und genehmigten uns in einer Sportsbar noch den ein oder anderen Drink. So wirklich viel los war hier aber auch nicht; gemessen daran, dass es sich um einen der größeren Orte an der Route 66 hier in Arizona handelt, hätte ich da mehr erwartet. Gegen 23.00 Uhr zogen wir uns in unsere „Luxusherberge“ zurück, wo wir den Abend bei ein paar Nachos ausklingen ließen.
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Führung Glen Canyon Dam: gratis
National Parks Pass: $50
Helikopterrundflug: ca. € 191 für zwei Personen, nach Rückbuchung
Walnut Canyon: im NPP enthalten
Tanken: $55
Abendessen „Sizzler“: $35, incl. Trinkgeld
Hotel: Super8 Flagstaff West: € 46