7. Tag Freitag 04.09.2015: Johnston Canyon – Yoho NP – Johnston Canyon
Wir haben gut geschlafen, sind zwar früh wach, aber ausgeschlafen. Beim Durchsuchen der Schubladen stellen wir fest, daß nirgends ein Haartrockner vorhanden ist.
Wir nehmen als erstes Frühstück im Zimmer einen Kaffee und eine Banane zu uns. Das im Restaurant beabsichtigte zweite Frühstück entfällt dann allerdings, weil die erst um 09:00 öffnen. Wann meinen die eigentlich, daß die Leute sich auf den Weg machen, wenn sie im Park wandern wollen?
Es ist ziemlich kalt (ca. -1°C) und aufgrund des vorgestrigen Wetterberichts entscheiden wir uns, heute nicht nach Banff zu fahren, sondern den tendenziell besseren heutigen Tag für die Fahrt in den Yoho NP zu nutzen.
Also fahren wir zunächst auf dem Bow Valley Hwy nach Norden, leider dank tiefhängender Wolken ohne Ausblicke. Die Luftdruckanzeige im Auto mahnt bei allen Reifen zu geringen Druck an – ich vermute mal, daß das eine Frage der niedrigen Temperatur ist. In Castle Junction findet sich eine Tankstelle mit Druckluftschlauch, wo wir nachfüllen dürfen. Das Prüfgerät habe ich in München vergessen, bekomme aber eines geliehen. Ich befülle die Reifen ein Stück über den im Bordcomputer empfohlenen Wert und bezahle mit einem Tip.
Nach der Abzweigung in Richtung Yoho NP klart das Wetter allmählich auf. Am Kicking Horse Pass, wo wir wieder nach British Columbia einreisen, liegt ein wenig Schnee am Straßenrand. Kurz danach kommen wir zum Aussichtspunkt an den Spiral Tunnels, wo schon eine Gruppe aus einem Bus wartet, daß ein Zug kommt. Nach guten 10 Minuten des Herumstehens ruft die Reiseleiterin die Leute in den Bus zurück mit der Feststellung "no train is coming". Das haben wir auch gemerkt und fahren daher wenig später ebenfalls weiter.
an der Grenze nach British Columbia
Wir entscheiden uns, den Park nicht wie ursprünglich geplant "von hinten aufzurollen", sondern das aktuelle schöne Wetter zu nutzen bevor es wieder kippt, und fahren daher zunächst direkt zum Emerald Lake. Auf der Zufahrt quälen wir uns allerdings durch dichtesten Nebel. Am Parkplatz ist aber die Sonne wenigstens zu ahnen. Auch hier bekommen wir kein zweites Frühstück, denn das Restaurant öffnet erst um 11:00 Uhr.
Anlegestelle am Emerald Lake
Seitenarm des Emerald Lake
Wir starten daher den Rundweg um den See und der gestaltet sich geradezu traumhaft schön. Der Nebel steigt allmählich über dem See auf, wodurch ein fast märchenhaftes Licht entsteht. Der See trägt seinen Namen zurecht, die Farbe ist wirklich bemerkenswert grün. Zudem hat man jetzt auch einmal wirklich Blick auf Berge. Auf der Schattenseite des Sees gibt es tolle Spiegelungen und die noch über dem Wasser liegende Nebelschicht erinnert ein wenig an die dampfenden Quellen in Yellowstone. Während die Westseite des Sees nahezu durchgehend sonnenbeschienen ist, geht man auf der Ostseite weitgehend durch relativ dichten Wald mit feuchtem Untergrund. Ich komme jetzt nicht umhin, viele Fotos zu posten:
Emerald Lake
Emerald Lake
Emerald Lake
Emerald Peak
Spinnennetz am Emerald Lake
... und weil's so schön ist, gleich noch eines
Emerald Lake
Emerald Lake
Emerald Lake
Emerald Lake mit dem Berg "The President"
Eigentlich waren wir so unterwegs, daß wir gegen 11:30 für ein frühes Mittagessen am Restaurant sein wollten. Unterwegs realisieren wir allerdings, daß wir in British Columbia sind und daher alles eine Stunde später dran ist. Damit sind wir um 10:30 Ortszeit auch für ein frühes Mittagessen zu früh. In der Lodge, die wir mit unseren verdreckten Wanderstiefeln aufsuchen, gibt es aber einen sehr ansprechenden Barbereich, wo man auch jetzt schon ein paar Kleinigkeiten essen kann. Marianne bekommt einen Salat mit Chicken, ich einen Seared Salmon; dazu gibt es ein "Kölsch" bzw. einen bleifreien Cocktail. Das Essen ist sehr gut und auch hübsch hergerichtet. Der anschließende Kaffee erweist sich leider als sehr dünn – sind wir eigentlich inzwischen auch in Nordamerika gar nicht mehr gewöhnt.
Emerald Lake Lodge
Auf dem Rückweg zum Hwy 1 machen wir noch kurz Halt an der Natural Bridge – da ist richtiger Rummel mit vielen Leuten. Dann fahren wir wie ursprünglich geplant bis zum Ende des Parks zur Abzweigung zu den Wapta Falls (bzw. erst daran vorbei und zu einer Bucht, die wir zum Wenden nutzen). Wir haben etwa 1,7 km gute Gravel Road zurückzulegen, bis wir am Parkplatz sind. Deutsche, die gerade zu ihrem Auto zurückkommen, erklären den Weg für leicht, so daß Marianne trotz zwischenzeitlicher Fußbeschwerden bereit ist, zu den Falls zu gehen. Der Weg ist wirklich angenehm und führt fast eben zunächst durch Sonne, dann mit Schatten durch den Wald mal ein paar Meter rauf, dann wieder ein paar Meter runter. Nach etwas über einer halben Stunde sind wir oberhalb der beeindruckenden Fälle. Den Runterweg zum Wasser (wo Leute sind) ersparen wir uns allerdings.
Kicking Horse River bei der Natural Bridge am Weg zum Emerald Lake
Hochbetrieb bei der Natural Bridge
Hagebutten am Weg zu den Wapta Falls
Wapta Falls
Für den Rückweg muß man leider denselben Weg nehmen. Zurück auf dem Hwy 1 geht es jetzt wieder Richtung Lake Louise, nachdem wir den westlichsten Punkt unserer Tagestour erreicht haben. Das Wetter trübt sich wieder ein, im Seitental Richtung Takkakaw Falls ist es aber noch recht schön. Die Straße ist ein hübsches Bergsträßchen, das vielfach zu lesende Gedöns um die zwei Kehren können wir allerdings nicht wirklich nachvollziehen. Straßen im Gebirge haben halt manchmal so etwas.
Oben kann man dann vom Parkplatz einen ebenen Weg von etwa 10 Minuten zum Fuß der Fälle gehen, die mit ihrer Höhe wirklich beeindruckend sind. Lange halten wir uns allerdings nicht auf.
Das berühmte Schild darf natürlich nicht in der Fotosammlung fehlen
Takakkaw Falls
Wir fahren weiter und an Lake Louise vorbei gleich zum Lake Moraine, wo wir hinter einem offensichtlich bergunkundigen Schleicher hinterhertrotteln müssen – denn eine Möglichkeit zum Überholen gibt der einem natürlich auch nicht.
Der Lake Moraine wäre eigentlich ein sehr hübsches Plätzchen, aber leider beginnt ein Nieselregen und wirklich warm ist es auch nicht. Wir versuchen wieder einmal einen vergeblichen frühen Restaurantbesuch – die öffnen aber erst in einer halben Stunde um 17:30.
Lake Moraine
Da wir nicht solange im feuchten und kühlen Freien herumlungern wollen, fahren wir halt wieder runter nach Lake Louise. Dort fahren wir zum gleichnamigen See und parken im Bereich von dem großen Hotel, das für unseren Geschmack nur als grauenhaft zu beschreiben ist. Demgegenüber könnte der See wohl ganz hübsch sein, wenn er sich nicht im grau-in-grau präsentieren würde. Zudem herrscht ein ziemlicher Rummel, so daß wir keine Lust haben, dort etwas Eßbares zu suchen.
Lake Louise
Ein Ausbund an Häßlichkeit - das Lake Louise Hotel
Daher fahren wir hinunter in den Ort. Ein richtiges Zentrum können wir eigentlich auch nicht entdecken. Wir fahren die Village Road entlang und stellen fest, daß die meisten der dortigen eher protzigen Hotelkästen zum einen offenbar ausgebucht sind, zum anderen keine Restaurants aufweisen, in denen wir gemütlich eine Kleinigkeit essen können. Zurück im "Zentrum" - einem Parkplatz mit ein paar Häusern drumherum - gehen wir in der Einkaufsmall in ein Family Restaurant, das offenbar primär auf asiatische Kundschaft ausgerichtet ist. Wir essen Salmon bzw. Cod mit Fritten – letztlich nicht erwähnenswert. Wahrscheinlich hätten wir in der alten Bahnstation essen sollen, die uns von der Lage her aber gar nicht angemacht hatte.
Zumindest sind wir nicht verhungert und fahren zurück zur Johnston Canyon Lodge. Am Empfangspavillon fragen wir nach einem Hairdryer, der nach Aussage der Tante dort tatsächlich nicht zur normalen Ausstattung gehört, uns dann aber doch in Aussicht gestellt wird.
Im Cabin wartet eine Überraschung auf uns: Das Zimmer ist schlicht nicht gemacht – das Bett ist ungemacht, das Waschbecken offensichtlich nicht geputzt, der Fußboden offensichtlich nicht gesaugt – dafür liegt die Mülltüte aus dem Papierkorb auf dem Sofa. Irgendwie sind wir sogar zu perplex, den Zustand zu fotografieren.
Immerhin kommt nach ein paar Minuten eine Dame vom Housekeeping mit dem Hairdryer. Wir demonstrieren ihr den Zustand, worauf sie nur den nicht entfernten Müll als unnormal einräumt. Das Personal sei angewiesen, "personal items" nicht anzurühren und deshalb sei das Bett nicht gemacht (unsere Schlafanzüge lagen zusammengefaltet am Kopfende). Der Rest (Boden, Bad) werde ohnehin nur bei Gästewechsel gereinigt. Nur Handtücher würden getauscht, wenn man sie auf den Boden legt. Wir sind doch ein wenig erstaunt und teilen das auch deutlich mit – in noch keinem Quartier der Welt habe ich erlebt, daß ein Bett wegen der Schlafanzüge nicht gemacht wird. Und auch der Reinigungsrhythmus ist zumindest ungewöhnlich.
Wir beruhigen uns mit einem Bier und Beschäftigung am PC.
260 km, 4:33 Stunden