9. Tag Sonntag 06.09.2015: Johnston Canyon - Jasper
In der Nacht prasselte ständig der Regen aufs Dach, um uns wach zu halten, und es gab immer wieder platschende Geräusche, so daß ich rätsle, wer oder was da draußen rumtapst.
Um 07:00 Uhr stehen wir auf. Draußen liegt Schnee, was auch die platschenden Geräusche erklärt – das waren Schneebatzen, die von den Zweigen der Bäume aufs Dach gefallen sind. Wieder einmal frühstücken wir im Zimmer mit Kaffee, Banane und Joghurt.
Johnston Canyon Lodge - Schnee auf den Dächern
Kurz nach 08:00 Uhr starten wir und fahren wieder einmal die Bow Valley Road ohne Aussicht nach Norden. Schon wieder zeigt der Bordcomputer schwachen Luftdruck an, so daß wir die uns schon bekannte Tankstelle an der Castle Junction aufsuchen. Diesmal orientiere ich mich an der Druckanzeige im Display des Bordcomputers, das aber nur mit Verzögerung reagiert und den neuen Wert anzeigt. Mit einiger Pfriemelei haben aber alle vier Reifen den gleichen, diesmal etwas deutlicher über dem vom BC gewünschten Druck.
In Lake Louise machen wir kurz Halt am Visitor Center, um uns über etwaige Straßenbehinderungen zu erkundigen. Aber auch hier ist noch alles geschlossen und die Ausdrucke in den Fenstern sind alles andere als aktuell. Wir fahren daher weiter und hoffen auf Auskunft am Parkeingang – aber die dortige Rangerin weiß von nichts in Bezug auf Straßenzustand. Immerhin meint sie tröstend, wenn es größere Behinderungen gäbe, hätte sie ja wahrscheinlich davon gehört …
Wir fahren somit den Icefield Parkway wechselnd durch Schneefall und Regen mit vielen kurzen Stops – mal mit Aussteigen und mal ohne.
Am Herbert Lake gehen wir den kurzen Weg hinunter. Der ist bei schönem Wetter wahrscheinlich wirklich traumhaft. Auf den Hector Lake schauen wir nur von oben – hier schimmert sogar etwas vom blauen Himmel durch.
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Herbert Lake
Hector Lake
Auf der Weiterfahrt haben wir ab und zu Blick auf die Berge und das Flußbett. Den Bow Lake mit seiner offenbar schönen grünen Farbe können wir durch dichtes Schneetreiben erahnen.
Bow Lake
Der eigentliche Höhepunkt des ersten Teilstücks soll aber der Blick auf den Peyto Lake sein. Am Parkplatz schneit es und auf den Bäumen hat der schwere nasse Schnee dicke Polster angehäuft. Wir gehen trotzdem zum Aussichtspunkt – schließlich wissen wir nicht, ob und wann wir nochmals herkommen. Wir ziehen die Wanderschuhe an, um wenigstens ein bißchen Griff zu haben, und kämpfen uns am Rand des schneebedeckten, rutschigen und stellenweise auch steilen Wegs nach oben. Es geht durch einen richtigen Märchen-Winter-Weihnachtswald. Oben sieht man natürlich nichts (wir wurden auch von entgegenrutschenden Touristen mit "don't expect too much" vorgewarnt) – außer einem putzigen kleinen Schneemann auf der Aussichtsplattform. Hinunter gehen wir auf der Straße, wo sich der Schnee auf dem Teer noch nicht gehalten hat. Das ist zwar etwas weiter, aber gemütlicher.
Icefield Parkway
Da soll der Peyto Lake liegen
Schneemännchen an der Aussichtsplattform zum Peyto Lake
Märchenwinterweihnachtswald
Beim ersten der Waterfowl Lakes gehen wir wieder ans Ufer und bewundern den Schilfgürtel. Der Nebel hängt hier besonders niedrig über dem See. Beim zweiten See stoppen wir nur kurz an der Straße. Anschließend gehen wir den kurzen Weg zum Mistaya Canyon, wo sich der Bach tief ins Gestein gegraben hat. Oberhalb des Wasserfalls kann man direkt ans Ufer gehen und man realisiert, mit welcher Wucht das Wasser an einem vorbeischießt.
Waterfowl Lake
Mistaya Canyon
Mistaya Canyon
Auf der weiteren Strecke fahren wir am flachen Ufer des Mistaya River entlang bis zum Saskatchewan Crossing. Dort erkundigen wir uns nach dem Restaurant, das aber noch nicht geöffnet hat. Außerdem gibt es kein "ordentliches" Menu, sondern nur ein Buffet, was wir eigentlich nicht mögen. Da können wir auch gleich im Self-Service bleiben, was wir auch tun. Marianne ißt eine Tomatensuppe, ich ein Chili con Carne. Außerdem gibt es ein Tuna Sandwich (ein weiteres haben wir als Vorrat mitgenommen) und einen Carrot Cake. Dazu trinken wir ganz amerikanisch einen Kaffee.
Die Weiterfahrt führt uns zunächst an den flachen Ufern des North Saskatchewan River entlang. Dann geht es kräftig bergauf. Nach einer richtigen großen 180°-Kehre halten wir am Aussichtsparkplatz zu den Bridal Veil Falls (deren es auf dem nordamerikanischen Subkontinent sicher mehrere Dutzend gibt). Wenn nicht immer irgendwelche Bäume im Weg wären, wäre der Blick auch ganz gut. Zum hinuntergehen haben wir keine Lust, denn es steht ja noch ein Höhepunkt bevor.
N Saskatchewan River
Bridal Veil Falls am Icefield Parkway
Zehn Kilometer weiter sind wir am Columbia Icefield Centre. Wir parken nicht auf den Massenparkplätzen sondern auf einem Schotterplatz zu Beginn des Forefield Trail. Den gehen wir über die Moräne in der Erwartung, eine Abkürzung zum Icefield zu nehmen. Zumindest bewegen wir uns einmal nicht nur auf der Ebene, sondern es geht zunächst bergauf und über einen Bach, wo ich auf einer nassen Bretterbrücke fast ausgerutscht bin, bis wir einen besseren Übergang gefunden haben. Dann müssen wir aber wieder bergab zum nächsten Parkplatz und erst von dort hinauf zur eigentlichen Moräne, wo man einen schönen Blick auf das gigantische Eisfeld hat, dessen Dimensionen aber z.T. nur zu erahnen sind.
Wir können die Spezialbusse sehen, mit denen man sich auf das Gletschereis kutschieren lassen kann und sehen aus der Ferne die entsprechenden Touristengruppen. Für Flachlandtiroler mag das ein Erlebnis sein. Wenn man regelmäßig in den Alpen unterwegs ist, kommt einem das eher albern vor. An einigen Stellen sieht man gewaltige Eisabbrüche, die offenkundig machen, daß unter einer dicken Schotterschicht eine ganze Menge Eis verborgen ist. Nach dem Runterweg nehmen wir nicht mehr den Weg über die vordere Moräne sondern gehen auf der Verbindungsstraße zu unserem Parkplatz.
Interessant sind die Markierungen entlang der Straße, die die Ausdehnung des Gletschers in früheren Jahren anzeigen. Da der hintere Parkplatz voll ist und auch die Straße über weite Strecken zugeparkt ist, hat sich die Wahl des vorderen Parkplatzes nicht allzu sehr wegverlängermd ausgewirkt.
Columbia Icefield - Athabasca Glacier
Athabasca Glacier - Forefield Trail
Columbia Icefield - Athabasca Glacier
Columbia Icefield - Gletschereis unter Geröll
Columbia Icefield - bis hierher ging der Gletscher im Jahr 1908
Auf der weiteren Strecke hagelt es nochmals Wasserfälle. Die Tangle Falls liegen direkt an der Straße und verlocken somit ganze Horden von Asiaten, die sich gegenseitig und auch selfie-stickig fotografieren. Es folgen die Sunwapta Falls, die man auf einer Brücke überqueren kann, und schließlich die Athabasca Falls – auch hier kann man die Seite des Flusses wechseln. Unser Waterfall-Bedarf ist jedenfalls für einige Zeit gedeckt.
Tangle Falls
Sunwapta Falls
Athabasca River
Athabasca Falls
In Jasper haben wir mit der Bear Hill Lodge einen tollen Griff getan. Wir haben in einem der Cabins ein schönes großes Zimmer mit Fireplace (den wir allerdings nicht benutzen, da er "echtes" Einschüren mit Holz erfordert) und auch wieder Internet. Auch der Ort selbst gefällt uns gut – er hat ein richtiges Zentrum, wo man auch spazierengehen kann. Wir haben die drei von der Lodge empfohlenen Restaurants beäugt und verworfen und sind statt dessen in ein viertes gegangen (wo das empfohlene "Downstream" im Keller lag, sind wir hoch ins Fiddle River Restaurant und hatten einen schönen Ausblick). Wir essen eine ausnahmsweise angeblich einheimische (gute) Trout und anschließend eine (eher enttäuschende) Crisp. Dazu gibt es ein Bier.
Bear Hill Lodge - Zimmer
Jasper - Visitor Center
Jasper - Totem Pole am Bahnhof
Jasper - altes Feuerwehrhaus
Zurück im Zimmer korrespondieren wir mit Mariannes Bruder und diskutieren über Geschäftliches.
277 km, 4:21 Stunden