Tag 12 - 5. Juni 2011
Polson, MT - Coeur d’Alene, ID - Spokane, WA - Packwood, WA
Der heutige Tag ist der Preis dafür, in kürzerer Zeit etwas mehr zu sehen. Ein reiner Fahrtag quer durch drei Bundesstaaten steht an. Um acht Uhr fahren wir los und halten erstmal beim Starbucks zwei Blocks weiter. "Wet or dry?" fragt mich die junge Frau, als ich meinen Cappuccino bestelle. Ich bin etwas irritiert, denn eigentlich trinke ich meinen Kaffe immer nass. Trocken kenne ich ihn nur im Sambuca. Die Fragezeichen in meinem Blick bleiben nicht unbemerkt und so erklärt man mir: "wet" bedeutet mehr Milch und "dry" bedeutet mehr Milchschaum. Aha, wieder etwas dazugelernt.
Wir fahren zuerst über den Highway 93 S und dann über den Highway 200 W in Richtung Südwesten. Von Zeit zu Zeit ragt ein schneebedeckter Gipfel aus der ansonsten grünen Hügellandschaft. Der Flathead River fügt sich hier mit seiner dunkelgrünen Farbe wunderbar in die Landschaft ein. Das letzte Stück bis zur Auffahrt der Interstate 90 in St. Regis führt über den Highway 135 durch den Lolo National Forest. Hier ist der parallel zur Strasse verlaufende Fluß dunkelbraun.
Es ist 10:30 Uhr als wir Montana verlassen, um ab jetzt durch Idahos so genannten "panhandle" zu fahren. Mit Grenzübertritt gewinnen wir netterweise auch wieder eine Stunde Zeit und stellen die Uhren auf 9:30 Uhr.
Das kleine Städtchen Wallace, durch bzw. über das wir bald fahren, spielt die Hauptrolle in dem Vulkanausbruch-Katastrophenfilm "Dante's Peak" mit Pierce Brosnan. Wir halten aber erst eine Stunde später in Coeur d’Alene, um bei für unsere Verhältnisse fast tropischen 23°C einen Kaffee zu trinken.
Das Washington-Welcome-Schild fehlt uns noch in unserer Sammlung. Nur leider hängt das hier an der Grenze mitten über der Intestate - ungünstig für ein Foto. Also fahren wir über Nebenstrassen wieder zurück nach Idaho und finden in der Pampa ein schönes Schild, das zweckdienlicher ist.
Nach Spokane ist es nun nicht mehr weit und wir machen dort bei jetzt 27°C eine Mittagspause. Von nun an ist die Landschaft links und rechts der Autobahn ziemlich uninteressant. So wird das Wild Horses Monument schon fast zu einem Highlight.
Wild Horses Monument
Mittlerweile haben sich doch einige Wolken vor die Sonne geschoben. Trotzdem sehen wir kurz vor Ellensburg zum ersten Mal den Mount Rainier in der Ferne. Um nicht ganz lethargisch zu werden und den Adrenalinspiegel ein wenig zu erhöhen, habe ich das Tanken die ganze Zeit vor mir her geschoben und mich auch durch die Warnsignale nicht aus der Ruhe bringen lassen. Als ich eine Weile später wieder auf die Anzeige der Restreichweite schaue blinkt mich eine große Null an. Und weit und breit ist keine Ortschaft, geschweige denn eine Tankstelle in Sicht. Zu allem Überfluss wird die Landschaft jetzt auch zunehmend hügeliger. Jeden Moment rechnen wir mit dem Stehenbleiben und sind gedanklich schon auf einen Fußmarsch zur nächsten Tankstelle eingestellt. Knapp 20 Meilen später liegt nach Überquerung eines weiteren Hügels das Städtchen Selah vor uns, mit einer herrlich anzuschauenden Shell am Ortseingang. Ich muss Caro hoch und heilig versprechen, Ihre Nerven mit so etwas für alle Zeiten zu verschonen. Dabei wollte ich nur mal testen, inwieweit man der Anzeige Vertrauen schenken kann.
In Yakima verlassen wir die Interstate und fahren auf den Highway 12 Richtung Westen. In der Gegend um Naches gibt es unzählige Hopfenfelder, die ihren typischen Geruch verströmen. Die Landschaft wird hier jetzt wieder um einiges schöner. Am Rimrock Lake fängt es leider leicht an zu tröpfeln - hatten wir lange nicht. Um uns die Beine zu vertreten machen wir einen Stopp am Dog Lake. Hier liegt jetzt wieder überall Schnee auf den Hängen und Bergen und das Thermometer ist auf 12°C abgesackt. Das die meisten Pässe in dieser Gegend noch gesperrt sind wundert uns nicht mehr. Nach Stopps am Rainier Viewpoint und am Palisades Viewpoint erreichen wir das Visitor Center des Mt. Rainier NP - leider etwas zu spät, denn es hat schon zu. Die paar Meilen bis zu den Falls Creek Falls fahren wir noch in den Park hinein und verabschieden uns dann bis Morgen in Richtung Packwood.
Mt. Rainier
Palisades Viewpoint
Falls Creek Falls
Hier hatten wir von zuhause aus ein sehr schönes Hotel vorgebucht und auch schon bezahlt. Um 18:30 erreichen wir das "Chateau Timberline" kurz vor dem Ortseingang. Es sieht schon von Weitem recht verlassen aus. Und so wundert es uns nicht, dass auch die Rezeption unbesetzt ist und uns auf Klopfen und Klingeln nicht geöffnet wird. Jetzt erinnere ich mich, dass ich schon beim Buchen ein komisches Gefühl hatte.
Geisterhotel "Chateau Timberline"
Da schnell feststeht, dass wir hier heute Nacht nicht übernachten werden, fahren wir weiter und halten beim allerersten Motel in Packwood - der Mountain View Lodge.
Die asiatische Inhaberin ist über unser Problem nicht erstaunt. Es sei schon öfter vorgekommen, dass niemand dort gewesen ist und Leute dann bei ihr übernachtet hätten. Sie ist wirklich sehr hilfsbereit und so freundlich, mich telefonieren zu lassen. Ich hinterlasse meinen Ärger auf zwei verschiedenen Mailboxen, die auf unserer Buchungsbestätigung angegeben waren. Schließlich buchen wir uns für überzeugende 50 $ bei ihr ein. Als Caro auf dem Zimmer ihr Handy einschaltet sehen wir, dass wir von dem ominösen Buchungsportal mittags eine Email bekommen haben. Uns wird mitgeteilt, dass das Hotel gestern seine Pforten geschlossen hat und uns das Geld zurückgebucht wird (was schließlich auch 2 Wochen später passiert ist).
Zum Essen ist uns von unserer Gastgeberin das "Blue Spruce" empfohlen worden. Die paar Meter dorthin laufen wir. Packwood ist wirklich eine sehr schöne kleine Ortschaft, die diese typische Montana-Atmosphäre ausstrahlt. Und auch das Restaurant überzeugt uns mit guten Steaks. Bei ein paar kühlen Bieren lassen wir einen Tag ausklingen, der uns - obwohl wir nur Auto gefahren sind - die ein oder andere kleine Aufregung beschert hat.
Hotel: Mountain View Lodge / Packwood, WA
Gefahrene KM: 833