Glaubensstarke Community aus MährenSonntag, 28. MaiWir verlassen Blacksburg und überqueren bei unserer Fahrt Richtung Südwesten die Grenze nach North Carolina. Bevor wir unser heutiges Quartier begutachten, besichtigen wir das Museumsdorf Old Salem in Winston Salem. Das Museum konserviert und restauriert die alten Häuser der Community der Moravier, die hier von 1730 bis 1850 heimisch war. Die Moravier sind eine protestantische Glaubensgruppe, die den Lehren von Jan Hus folgte. Sie legten viel Wert auf die Gemeinschaft, Individualität galt weniger als die Gruppe. Die Moravier hatten ihren Ursprung in der Herrnhuther Brüdergemeine (ohne d!). Der bei uns allseits bekannte "Herrnhuther Stern" heißt hier "Moravian star". Der Name "Moravier" ist dann auch wenig geheimnisvoll. Er gibt lediglich die Herkunft der Community wieder: Mähren, heute ein Teil von Tschechien.
Der Stern der Herrnhuther Brüdergemeine heißt hier am Zugang zu Old Salem "Moravian star".Ungewöhnlich in diesem Museum ist, dass ungefähr zwei Drittel der Häuser zwar historisch sind, aber jetzt von ganz normalen Privatleuten bewohnt werden. Vor den Häusern parken Autos, man kann auch ohne Eintritt durch das Viertel gehen oder fahren. Nur wenn man in die Museumshäuser hinein und dort von den Guides in historischen Trachten herumgeführt werden möchte, zahlt man an einem Sonntag 22 Dollar Eintritt. Pro Kopf.
Old Salem ist teils Museumsdorf, teils lebendiger Stadtteil von Winston Salem.In den originalgetreu möblierten Häusern erfahren wir allerlei über die fleißigen und geschäftstüchtigen Moravier. Der reiche Uhrmacher erbaute seiner jungen Frau ein repräsentatives Haus, und auch der Doktor lebte recht vornehm. Die unverheirateten jungen Männer und Mädchen aber wurden als Teenager von den Eltern getrennt und kamen schon mit zwölf bzw. 14 Jahren in das "single brother house" bzw. das " single sister house". Dort lebten bis zu 60 Menschen in Gemeinschaft und gingen ihrer Arbeit nach. Werkstätten gehörten zum Haus, aber einige Bewohner gingen auch außerhalb ihrem Tagwerk nach. Was Irene besonders gut gefällt: Alles in allem waren die sisters mit ihrem Business erfolgreicher als ihre männlichen Counterparts auf der anderen Seite der Straße. So steht es im Museum geschrieben.
Diese Dame erläutert uns ihre Stickerei in gebrochenem Deutsch. Nicht wenige, die im Museumsdorf arbeiten, haben deutsche Vorfahren.Er nicht, seine Vorfahren stammen aus England.Wie meist in den USA sind die Museen in Darstellung und Vermittlung um Längen besser als in Deutschland. Auch Old Salem ist bei allem touristischen Drumherum einfach super gemacht.Die Kirche im Dorf ist noch immer Mittelpunkt der Glaubensgemeinschaft. 1200 Mitglieder zählt sie heute noch in der Region um Winston Salem, eine Million auf der ganzen Welt. Am aktivsten ist diese Kirche derzeit in Afrika.
Der Friedhof in Old Salem. Auch im Tod soll niemand vor Gott herausragen.Als wir nach einer kurzen Fahrt in Greensboro (abweichend von unserem Routenplan zu Beginn des Reiseberichts, sorry) ankommen, wartet ein Schock auf uns. Der Campground liegt direkt neben der vielbefahrenen Interstate, entsprechend laut ist es hier. Und dann die Cabin! Ein Doppelbett und ein Stockwerkbett, jeweils mit blanken Matratzen, dazu ein Schrank. Das war's. Selbst Dieter, der diese Ein-Raum-Cabin gebucht hatte, ist leicht entsetzt. Wobei wir gar nicht genau wissen, was wir erwartet haben.
Egal: Jetzt muss ein Abendessen herbei. Wir fahren sofort zu einem Walmart, denn wir brauchen auch noch Kopfkissen und eine Decke. Dünne und besonders leichte Stoffschlafsäcke haben wir aus Deutschland mitgebracht.
Nachdem wir ein gebratenes Hähnchen und Makkaronisalat im Magen haben, sieht die Cabin schon viel netter aus. Dieter entert noch den Pool, dann gibt es einen gemütlichen Abend vor der Cabin mit Gitarrenspiel und Boggle. Wir schlafen tatsächlich gar nicht so schlecht in unseren Baumwollschlafsäcken, eine Decke brauchen wir nicht. Es ist warm.
Hier gibt es nichts zu beschönigen: Trotz der großen Ladefläche im Dodge ist der ständige Wechsel zwischen Cabin und Hotel gepäcktechnisch eine logistische Herausforderung, die sich wegen der unterschiedlichen Bewertung der Präferenzen in der von Spannungen nicht völlig freien Gemeinschaft von Mann und Frau nicht immer befriedigend lösen läßt.