Track 1: Sunshine Swing (ca. 55 Meilen).
Von San Francisco Fort Mason (Hostel) via Half Moon Bay nach Pescadero Lighthouse (Hostel).In regelmäßigem Abstand ist ein tief grummendes Geräusch zu hören: Wo sind wir? -
Von der Insel der Pelikane schallt das Nebelhorn herüber und holt mich an diesem Morgen aus dem Schlaf! -
SAN FRANCISCO, City by the Bay, ma Belle, Chérie, Du lang Vermißte, Juwel der Westküste, Sonne am Morgen, Zucker im Kaffee, i-Punkt auf dem Komma... -
Ich freue mich auf Dich, durch die Straßen laufen, Cable Cars, Little Italy und China Town!
Doch irgendwie hatte ich noch etwas Anderes vor? Langsam fällt es mir wieder ein: Mein Fahrrad steht im Bike-Raum und scharrt mit den Hufen!
Springe also aus den Federn Richtung "Café Franco", dem hosteleigenen Frühstückraum. Das Breakfast ist inklusive und bietet Gelegenheit, die wunderbare Aussicht auf die Bay zu genießen: entweder schaut man durch die Bäume auf Alcatraz, die Golden Gate oder entspannt beim Gleiten der Segelboote im Sonnenschein. Vor mit sitzt Amie aus Hawaii, wir kommen nett ins Gespräch, sie ist das erste mal in San Francisco und hat schon Einiges gesehen. Heute, am Samstag, geht's nach Half Moon Bay, wo sie zu einer Hochzeit einer alten Schulfreundin eingeladen ist, deshalb ist sie eigentlich vor Ort. Half Moon Bay sagt mir irgendwas? - Richtig, let's hit the road!
Nach dem Frühstück raffe ich also meine Sachen zusammen und stecke alles in den Bike-Rucksack (zum Glück paßt alles, aber ich habe ja auch massiv Gewicht gespart, u.A. den Korkenzieher zu Hause gelassen
).
Die Fahrt beginnt mit erhabenem Blick auf die Golden Gate, entlang der Marina auf dem San Francisco Bay Trail Richtung Ocean Beach. Unter das Gefühl der freudigen Erwartung mischt sich aber auch ein wenig Wehmut. Wann werde ich das nächste Mal die Gelegenheit haben, San Francisco zu besuchen, warum fahre ich am ersten Tag schon los, war diese Entscheidung richtig?
Über Lincoln Blvd. nähere ich mich recht schnell Baker Beach:
Von Baker Beach ist es über die 27th Ave. und Cabrillo Street nur ein Sprung an den Great Highway in Ocean Beach. Hier läuft gerade eine Anti-Kriegs-Demo und ne Menge Polizei (inklusive Hubschraubern) ist unterwegs, die Friedensbewegung zu beobachten. Ich nutze die Zeit, um das Bike für die bevorstehende Reise im Pazifik zu "taufen", indem ich das Hinterrad ins Wasser dippe (hatte mal irgendwo gelesen, soll Glück bringen).
Recht nettes Bild, gelle:
"Great Highway" hört sich irgendwie nicht gerade geeignet für Bikes an, aber weit gefehlt, der Fahrradstreifen ist hier recht breit und über Skyline Drive in Daly City und Palmetto Ave. bei Pacifica radele ich durch recht nette, verkehrsärmere Wohngebiete. Möchte nicht verhehlen, dass die Strecke auch die ersten Höhentests bereithält, mit dem Gepäck auf dem Rücken eine ziemliche Herausforderung, langer Anstieg in Daly City, dann Downfall auf die Ausgangshöhe, um dann von Pacifica bis Half Moon Bay hin und her zu pendeln. Das Bild vermittelt nur ungenügend einen Eindruck von dieser Pendelei, die man als Autofahrer wohl kaum wahrnimmt:
Getting high:Der Verkehr entlang des Highways ist an diesem Samstag nicht zu unterschätzen, trotz ständig seigender Sprit-Preise ist man gern in seiner Blechschüssel unterwegs, um noch ein paar Gallonen durch die Einspritzpumpe zu jagen...
So gönne ich mir ein wenig Ruhe vom Seitenstreifen des Highways und radele an den Klippen von Half Moon Bay entlang:
Da ich schon ziemlich geschafft bin, könnte ich jetzt eigentlich aufhören und den Rest des Tages die schöne Aussicht genießen, was allerdings den Zeitplan völlig durcheinander bringen würde. Das am Wochenende schwer zu bekommende Pescadero Lighthouse Hostel wartet, was allerdings nochmal schlaffe 25 Meilen Fahrt voraussetzt
Nach Half Moon Bay wird die ganz Szenerie wunderschön ländlich, aber nicht unbedingt flach. Der Ausblick auf den Pazifik entschädigt für Alles und auch die Autofahrer scheinen hier eine Menge Respekt vor Bikern zu haben, wie das folgende Bild beweist (Radfahrer achtet auf den schmalen Seitenstreifen, den der Pacific Coast Highway außerhalb der Ortschaften nur bietet):
Voller Selbstzweifel, mit der vorhandenen Kondition jemals San Diego erreichen zu können, bringe ich die letzten Meilen hinter mich, bis endlich das erlösende Schild auftaucht:
Pigeon Point ist ein magischer Ort! - Die alten Häuser um den Leuchtturm, ehemals Werkstätten und Unterkünfte für die Mitarbeiter, sind heute ein kleines Hostel, das zum amerikanischen Jugendherbergsverband (AYH) gehört. Sehr sauber, kleine Küche mit Blick auf den Pazifik und Anziehungspunkt unzähliger Whale Watcher, denen ich mich gern anschließe, um mir den Wind um die Nase wehen zu lassen. Es gibt eine Aussichtsplatform und tatsächlich: das erste Mal in meinem Leben sehe ich Wale (natürlich ist die Kamera sicher im Zimmer aufbewahrt!), aber es zählt das Erlebnis, nicht das Beweisfoto...
Eine Wal-Mutter zieht mit ihrem Jungen an Pigeon Point vorbei, taucht ab und nach einer Zeit wieder auf, um letztlich am Horizont zu verschwinden. Ein erhebendes Gefühl und unwahrscheinliches Glück, da sind sich alle Anwesenden einig:
you made my Day!
In Anlehnung an einen Songtext von Reinhard May möchte ich sagen: "ich wär gern mitgezogen"...
Tagesfazit:Kondition: +++
Landschaft: ++++
Erlebnis: +++++