Track 5: Hearst Castle Blues (ca. 88 Meilen)
Von Big Sur über San Simeon nach CambriaDave ist aus Australien, studiert aber in Oakland und ist momentan auf einer Autotour durch Kalifornien. Es steht am Grill und hat eines der größten Steaks aufgeworfen, die ich je in meinem Leben gesehen habe. Er lädt mich ein, am Abend mit ihm zu essen und ich akzeptiere gern.
Aber halt: laßt mich die Geschichte von Anfang an erzählen…
An diesem Morgen beeile ich mich mit dem Frühstück, wohl wissend, dass eine lange Tagesetappe anstehtt. Noch habe ich keine Ahnung, wo es mich heute Abend hinverschlägt, habe keine Vorausbuchung, denke aber an San Simeon, weil es hier einige Motels gibt, das läßt meine Karte erkennen und mehrere Anbieter nebeneinander meint ja meist genügend Konkurrenz für günstige Preise: schaun wer mal…
Den Big Sur Riverside Campground verlasse ich mit ein wenig Wehmut, es hat mir hier sehr gut gefallen, obwohl man ja eigentlich einsam mitten in der Natur unter alten Redwoods nächtigt und kein abendliches Entertainmentprogramm läuft..
Der Pacific Coast Highway grüßt an diesem Morgen gleich mit einem längeren Anstieg, es dauert nicht lange, da bockt das Stahlroß und will geschoben werden. Würde dem widerspenstigen Tier gern einen Gnadenschuß verpassen… - Das fängt ja gut an oder eben nicht und in mir keimt die schwache Ahnung, dass es heute so weitergehen wird. Nicht gerade ermutigend, wenn man kein Zelt dabei hat und nicht weiß, wo man am Abend landen könnte, wie weit die Füße tragen. Zumindest die Wetterbedingungen sind gut, nicht zu heiß und es bläst ein mäßiger Rückenwind : von vorn könnte ich den jetzt gar nicht gebrauchen, (das mit dem Rückstoß klappt doch nicht so).
Zum Glück bin ich mittlerweile so in Tourlaune oder so auf die Steigungen eingestellt, dass mir das ständige Auf und Ab zwar schwerfällt, aber wie ein notwendiges Schicksal erscheint. Es gehört irgendwie schon dazu, wie der Laubfall im Herbst, Opposition und Meckern, Ende des Monats und Ebbe auf dem Konto…
Einzig und allein die unbeschreiblich beeindruckende Landschaft entschädigt für jede Mühe. Ich meine, nun den landschaftlich schönsten Abschnitt des Coast Highways zu befahren und da mir später die Pazifik-Fotos ausgehen, setze ich jetzt einige rein:
Es ist auch eine längere Schiebestrecke dabei, vielleicht kann man auf dem Bild aber erkennen, dass sich auch Autos anstrengen müssen:
Durch diese Aussicht gestärkt, lasse ich die Pedale weiter kreisen, bin allerdings ein wenig entsetzt, als bei Gorda dieses Schild auftaucht:
Waaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaas??? - Noch 25 Meilen bis Hearst Castle und es ist schon später Nachmittag? 25 Meilen, zum Glück kann ich das gerade nicht in Kilometer umrechnen und so denke ich mir die Welt schön und hoffe, dass es bald nur noch bergab gehen wird. Zumindest hat man keine Orientierungsprobleme, es gibt keine gesonderten Radwege oder Umgehungsstrecken, den ganzen Tag verbringen wir auf dem Highway No.1 und der Autoverkehr ist minimal.
Dann ist plötzlich auch der Rückenwind so stark, dass er mich in Windeseile nach Ragged Point bläst. Hier liegt eine ganze Kolonie Sea Lions in der Spätnachmittagssonne und grunzt um die Wette, (könnt Ihr die Ansammlung erkennen?):
San Simeon hatte ich mir vom Namen nach viel größer vorgestellt und bin erstaunt, dass hier weniger Menschen wohnen als in Berlin in einem durchschnittlichen Mietshaus. Es gibt einen Schuppen, etwas, das eine Kirche sein soll, ein paar Schiffe im Wasser und so etwas wie eine kleine Ferienanlage...
Ich schaue auf meine Karte. Bin ich falsch, wo sind die Motels und Hotels? In diesem verschlafenen Nest ist auf jeden Fall nichts los und auf der Fahrradkarte erkenne ich den Ort San Simeon Village, der allerdings noch etwa 4 Meilen entfernt liegt. Dort möchte ich mein Glück versuchen, eine Unterkunft für heute Nacht zu bekommen. Während der Fahrt taucht Hearst Castle linkerhand auf einer Anhöhe auf. Ich hätte große Lust, dem Anwesen einen Besuch abzustatten, weiß aber, dass es um diese Zeit schon fast geschlossen hat (Nachtführungen gibt's wohl habe ich mir gemerkt, aber einfach so?). - Darüberhinaus kommen Zweifel auf, ob ich den Anstieg noch bewältigen kann und in Ermangelung einer Unterkunft für die Nacht entscheide ich mich gegen das Häuschen von Mr. Hearst (was ich natürlich bis heute sehr bedauere).
In San Simeon Village angekommen freue ich mich über die Vielzahl an Übernachtungsmöglichkeiten, die sich am Highway befinden, vom eigentlichen Ort kann man nicht viel entdecken. Im
Motel6 verlangt man für eine Nacht irgendwas um 70 Dollar für ein Single Room. Ich zögere, obwohl ich dringend eine Dusche brauche und das Motel einen sehr guten Eindruck macht. Die anderen Motels anfahren und nach Preisen fragen? - Nach meinen Erfahrungen wird Motel6 im Preis von anderen Anbietern am Ort selten unterboten. Der Blick fällt auf die Fahrradkarte, der Ort Cambria ist noch 9 Meilen entfernt. Nach kurzer Überlegung nehme ich das Risiko auf mich, denn in Cambria soll es ein kleines privat geführtes Hostel geben, der Weg dahin, (ich prüfe es extra), sieht auf der Höhenkarte einigermaßen flach aus. So beschließe ich, noch einige Triolen in die Pedale zu drücken...
Cambria ist ein kleiner aber feiner Ort. Da ich das Hostel nicht sofort finde, weist mir ein Biker den Weg, die Bridge Street geht direkt von der Hauptstraße ab und tatsächlich, das Bridge Street Inn hat noch ein Bettchen frei, Küche, Dusche und nette Menschen gibt's dazu. All das kann man nach über 140 Kilometern im Sattel ganz gut gebrauchen...
Dave ist aus Australien, studiert aber in Oakland und ist momentan auf einer Autotour durch Kalifornien. Es steht am Grill und hat eines der größten Steaks aufgeworfen, die ich je in meinem Leben gesehen habe. Er lädt mich ein, am Abend mit ihm zu essen und ich akzeptiere gern, kaufe Unmengen Nudeln und Sauce, um auch etwas zum Barbecue beizutragen.
Als sich dann noch zwei gesprächige Damen aus Schweden mit einer großen Weinflasche dazugesellen, wird es insgesamt ein sehr vergnüglicher Abend…
"They can't take that away from me" hat Frank Sinatra mal gesungen: und vielleicht helfen diese Memories, um über den Winter zu kommen?!
Tagesfazit:Kondition: ++++++
Landschaft: +++++
Erlebnis:++++