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Autor Thema: Vancouver Island Wet & Wild  (Gelesen 36202 mal)

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Flicka

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #45 am: 20.10.2015, 17:21 Uhr »
Sonntag, 6.9.15: Ucluelet – Courtenay


Heute morgen muss ich leider die Koffer packen und aus dem Guesthouse auschecken. Vorher bekomme ich aber noch French Toast zum Frühstück serviert. Sehr lecker, und den Geruch werde ich die nächsten Stunden noch in der Nase haben.

Heute nacht hat es heftig geregnet, im Moment wechseln sich aber wieder Sonne und Wolken ab. Ich will noch einen Teil des Wild Pacific Trails wandern und mache mit der Inhaberin des Guesthouses ab, dass ich meinen Koffer noch bis heute mittag hier lassen und nicht im unbewachten Auto zurücklassen muss. Überall stehen Warnschilder wegen Autoaufbrüchen, und zumindest meine Gastgeberin meint, es sei die letzten Jahre schlimmer geworden.

Ich nutze den schönen Vormittag also und wandere entlang der Küste auf dem Wild Pacific Trail. Ich weiß nicht, ob sich das „Wild“ auf den Pazifik oder den Weg beziehen soll. Zumindest heute sind sowohl der Pazifik als auch der gut ausgebaute Weg ziemlich zahm. Trotzdem kann man sich bei den Ausblicken in die Buchten und auf die windzerzausten Bäume vorstellen, wie die Sturmfluten hier im Winter an die Felsen krachen und das Treibholz hoch auf den Strand schieben. Heute weht kaum Wind, und das Wasser ist im Moment auf dem Rückzug zur tiefsten Ebbe.








Ich spaziere knapp drei Stunden den Trail entlang, fotografiere Buchten, Felsen und Bäume und versuche zum Schluss noch, ein paar Pflanzen in Szene zu setzen.






















Nachdem ich meinen Koffer abgeholt habe, fahre ich noch einen Umweg in den Pacific Rim NP und verabschiede mich am Kwisits-Center von dem tollen Strand.








Und dann beginnt die Fahrt zurück zur Ostküste von Vancouver Island. Hinter mir bleibt halbwegs sonniges Wetter zurück, vor mir türmen sich die schwarzen Wolken. Ja fein. Anfangs windet sich die Straße noch durch die Landschaft, und ständig gelten Geschwindigkeitsbegrenzungen wegen unübersichtlicher Kurven. Ich finde, dass ich mit den Tempolimits schon großzügig umgehe, aber trotzdem staut sich hinter mir immer wieder der Verkehr, so dass ich ab und zu von der Straße fahre und die Drängler passieren lasse. Die Landschaft ist schön, aber die Fahrt zieht sich. Als ich schließlich um kurz vor drei am Little Qualicum Falls PP ankomme, den ich auf der Hinfahrt ausgelassen habe, bin ich schon ziemlich müde.

Aber der Park mit seinen vielen Stromschnellen ist perfekt geeignet, um mich wieder aufzuwecken. Auf der Karte ist von den Upper und den Lower Fall die Rede, aber tatsächlich bestehen die Upper Falls sogar aus zwei Wasserfällen, und auch rund um die Lower Falls gibt es viele kleinere Fälle. Ich verbringe etwa eine Stunde hier im Park, bevor ich mich erfrischt wieder auf den Weg mache. Und zum Glück hält sich der befürchtete Regen bis auf ein paar vereinzelte Tropfen höflich zurück.












Eine Dreiviertelstunde später ist dann Courtenay erreicht. Hier übernachte ich heute im Holiday Inn Express & Suites, bevor ich morgen vormittag nach Campbell River weiterfahre. Die Übernachtung habe ich mit Punkten bezahlt, das schont die Urlaubskasse.

Heute abend bin ich damit beschäftigt, in der Hotellaundry ein paar Sachen zu waschen und zu trocknen, esse in der nahen Boston-Pizza-Filiale eine leckere Pizza und drehe noch ein paar Runden im Indoorpool.

Die Wettervorhersage für morgen ist mal wieder durchwachsen: Morgens noch trocken, ab dem Nachmittag Regen. Da trifft es sich nicht so gut, dass ich für den Nachmittag eine Whale-Watching-Tour gebucht habe. Und meine Grizzly-Tour am Dienstag wird wohl bei „Heavy Rain“ stattfinden. Aber nachdem bisher kaum eine Prognose gestimmt hat, bin ich halbwegs optimistisch, dass wenigstens der ganz schlimme Regen an mir vorbeigehen wird.

Gute Nacht!

Flicka

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #46 am: 20.10.2015, 21:23 Uhr »
Mir ist gerade aufgefallen, dass ich die nächsten Tage nicht dazu kommen werde, einen weiteren Reisetag einzustellen, also gehen wir heute schon auf Weiterreise. Und ich kann schon mal sagen:

Es gibt Tiere zu sehen!

Flicka

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #47 am: 20.10.2015, 21:48 Uhr »
Montag, 7.9.15: Courtenay – Campbell River


Heute morgen gibt es zwischen den Wolken ein paar Streifen blauen Himmels, aber als ich mich nach einem kleinen Frühstück schließlich auf den Weg nach Campbell River mache, haben sich die Wolken wieder geschlossen. Ich will heute vormittag in den Elk Falls Park fahren und ein wenig wandern, bevor um halb zwei die Whale Watching Tour startet. Zuerst fahre ich aber zur Painters Lodge, wo ich heute und morgen übernachten werde und gebe schon mal meinen Koffer dort ab, damit er nicht den ganzen Tag auf unbewachten Parkplätzen im Auto bleiben muss. Dann fahre ich zum Elk Falls Park. Heute ist Labor Day, viele Familien sind unterwegs und der Parkplatz im Park ist schon gut gefüllt. Der Park selbst ist etwas untypisch, denn der Fluss und der Park teilen sich das Gelände mit BC Hydro, die hier irgendwelche dicken Rohre durch die Landschaft führen. Hat man die hinter sich gelassen, kommt man aber bald zu den Fällen.

An dieser Stelle muss ich mal ein Lob für die Parkverwaltung aussprechen, wer immer das ist: Statt einfach nur vor gefährlichen Klippen und Abhängen zu warnen und dort unüberwindbare Zäune hinzustellen, hat man hier eine neue Aussichtsplattform direkt an den Fällen gebaut und dazu eine Hängebrücke, die über die Schlucht führt und einen tollen Blick direkt nach unten eröffnet.





Das Wasser kracht wuchtig auf die Felsen am Fuß der Fälle, und sogar ein paar arme Lachse sehe ich unten im Fluss springen, wundere mich aber schon, wie die die Wasserfälle heraufkommen wollen.




Und jetzt? Ich könnte noch ein wenig am Fluss entlang den Park erkunden. Oder doch gleich nach Campbell River. Moment, auf dem Rückweg nach Campbell River liegt die Quinsam Hatchery mehr oder weniger auf dem Weg, und laut Internetrecherchen soll es dort im Fluss derzeit auch heimkehrende Lachse geben. Also los.

In der Hatchery schaue ich mir erst mal den kleinen, aber schön gemachten Ausstellungsraum an. Unglaublich, wo die Lachse überall rumkommen.








Provisorische Schilder weisen darauf hin, dass man am Fluss derzeit Pink Salmon beobachten kann, und ich folge den Pfeilen hinter der Hatchery vorbei zum Fluss. Dort gibt es die versprochenen Lachse, und dazu ein Dutzend Möwen, die sich schon wie Raubtiere postiert haben und ab und zu stolz ein Stück Lachs aus dem Fluss fischen. Auch andere Leute sind da, schauen auf die Lachse und die Möwen und machen Fotos.

Ich bin gerade hingebungsvoll damit beschäftigt, ein schönes Möwenfoto zu bekommen, da spricht mich plötzlich eine Frau an. Sie wolle mich jetzt doch mal fragen, ob ich den Bären gesehen hätte. Huch? Wie? Was? Bär? Wo? Bär? Bär??? Wirklich??? Wo????

Ich schaue mich hektisch um und stelle fest, dass außer mir niemand mehr Möwen fotografiert. Und ja, da hinten ist ein Bär. Nicht ganz so weit hinten wie ich zuerst gedacht hätte. Eher direkt am Wehr, vielleicht zwanzig bis dreißig Meter von uns entfernt. Da steht wirklich ein Schwarzbär, fischt nach Lachsen und spaziert dann gemütlich am Wehr entlang. Ein echter Bär!




Ich kann es kaum glauben. Um mich herum stehen etwa fünfzehn fotografierende Touristen, auch Leute mit Kindern und einem Golden Retriever, der treudoof schwanzwedelnd den Bär betrachtet und bestimmt gerade beschließt, den merkwürdigen schwarzen Hund zum Spielen aufzufordern.

Und was macht man als verantwortungsbewusster Tourist in einer solchen Situation? Zieht man sich etwa behutsam rückwärts gehend zurück? Vermutlich. Dummerweise bin ich keine verantwortungsbewusste Touristin, vergessen sind Warnungen und das Bärenspray im Rucksack. Wenn die anderen hier Fotos machen, mache ich das auch, schließlich sind wir eine kleine Herde, und jetzt mal ehrlich, als erstes wird im Falle eines Falles sowieso der dämliche Golden Retriever gefressen.

Also knipse ich die Speicherkarte heiß. Der Bär steht meistens mit dem Rücken zu uns und den Pfoten und der Schnauze direkt am Wehr. Ab und zu dreht er sich aber doch um, spaziert am Wehr entlang und erwischt tatsächlich mehrere Lachse.












Die Lachse werden halb lebendig verschlungen, das Blut spritzt, das ist schon brutal.






Immer öfter schaut der Bär in unsere Richtung, es sind inzwischen noch mindestens 15 weitere Leute dazugekommen, darunter auch zwei Hunde, die etwas intelligenter als der Golden Retriever sind und aufgeregt anfangen zu bellen.




Dem Bär wird es dann wohl doch zu viel. Irgendwann fängt er an zu gähnen, und als eifrige Zuschauerin von Wildlife-Sendungen kann ich mir denken, dass er nicht müde ist, sondern unschlüssig, was er tun soll. Spätestens jetzt bin ich doch wieder eine verantwortungsbewusste Touristin und gehe lieber zurück zur Hatchery.

Innerlich schüttelt es mich. Und ich bin auch ziemlich erschrocken darüber, dass ich so dicht an einem Bär stehen konnte, ohne ihn überhaupt zu bemerken. Was wäre wohl gewesen, wenn ich allein dort gewesen wäre? Wäre der Bär nähergekommen und hätte irgendwann angefangen, an meinem Hosenbein herumzuknabbern, während ich durchs Teleobjektiv nach Möwen gesucht hätte? Ich bin schon komisch, denke ich, während ich mich im Auto kurz durch die Fotos klicke. Morgens bringe ich sicherheitsbewusst meinen Koffer zur Unterkunft, damit er bloß nicht alleine im unbewachten Auto bleiben muss, und mittags gibt’s dann quasi Picknick mit Bären.

Ich mache mich auf den Weg nach Campbell River und checke für meine Whale-Watching-Tour ein. Die startet um halb zwei, im Nieselregen gehe ich mit den anderen Passagieren aufs Schiff, und schon zu Beginn der Tour tut der Captain sein bestes, unsere Erwartungen zu dämpfen. Ja, sie hätten in den letzten Tagen Orcas gesehen, aber heute seien noch keine Sichtungen berichtet worden, es sei halt eine Safari, kein Zoo, man habe ein schnelles Boot und werde jetzt erst mal Richtung Norden fahren. Das tun wir, und kommen gleich mal an der Painters Lodge vorbei, in der schon mein Koffer steht.




An dieser Stelle kann ich schon mal verraten, dass es heute leider keine Orcas zu sehen gibt. Ich bleibe tapfer während der sechsstündigen Tour oben auf dem Oberdeck sitzen und schütze die Kamera vor den gelegentlichen Regenschauern mit einer kürzlich gekauften Plastikhülle. Immerhin gibt es ein paar Vögel zu sehen.




Gerade als ich befürchte, dass das wohl alles an Wildlife war, was die Tour heute hergibt, wird ein große Schule Delfine gesichtet. Als wir näherkommen, fangen sie an, in der Bugwelle zu springen und zu surfen, während der Rest, mindestens 100 Tiere, vor und neben uns schwimmt. Ich kann es kaum beschreiben, es ist einfach atemberaubend, sie so dicht immer wieder aus dem Wasser springen zu sehen. Das Schiff kann kaum mit ihnen mithalten.
















Als unser Captain schließlich anhält, verlieren sie das Interesse an uns, drehen ab und sind schnell verschwunden. Wow, das war toll.


Der Regen lichtet sich, und ss gibt wieder herrliche Küstenlandschaft mit wabernden Wolken zu bewundern.








Danach gerät die Biologin (oder wie immer man „Naturalist“ übersetzen will) an Bord aus dem Häuschen, weil sie Dall's Porpoise sieht, Weißflankenschweinswale, und die sind, wie sie sagt, die schnellsten Schwimmer und selten zu beobachten. Immerhin schaffe ich ein Foto, und laut Ann ist das linke Tier ein Junges.




Eine Gruppe Steller-Seelöwen finden wir noch auf einem Felsen. Eigentlich könnte man sie mit verbundenen Augen finden, denn man müsste nur dem Gestank folgen.






Er hier erinnert mich sehr an den Golden Retriever von heute mittag.




Dann werden die Wolken wieder dichter und es setzt wieder der Regen ein. Alles ist nur noch grau in grau, und wir laufen schließlich abends gegen halb acht wieder in den Hafen ein, ohne weitere Tiere gesehen zu haben.

Sehr schade, dass keine Orcas dabei waren, aber die Begegnung mit dem Schwarzbär am Quinsam River überstrahlt ohnehin den ganzen Tag, und die Delfine waren auch toll. Ich fahre müde und letztlich zufrieden zum Hotel, checke ein und schaffe mein Gepäck ins Zimmer, das in einem Nebengebäude direkt am Wasser liegt. Nur noch schnell die Haare einigermaßen richten, dann kehre ich im Pub im Haupthaus ein und gönne mir einen leckeren Burger mit einheimischem Bier.

Heute abend bin ich todmüde und falle fast sofort ins Bett. Der Wetterbericht für morgen hat sich leider nicht gebessert, immer noch wird Regen für den ganzen Tag vorhergesagt. Dann werde ich morgen wohl auch noch die Regenhose aus dem Koffer holen, wenn es auf Grizzly-Tour geht.

Gute Nacht!

StarWars

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #48 am: 20.10.2015, 22:44 Uhr »
Ich hatte schon Angst die Bilder mit den lachsfressenden Bären wären beim Löschen der misslungenen Versuche der springenden Lachse verloren gegangen  :wink:. So etwas bekommt man eben nur in der freien Natur geboten und die Bilder vom Bären sind wirklich sehr gut gelungen (wie auch ein paar der letzten Tage).

...  als erstes wird im Falle eines Falles sowieso der dämliche Golden Retriever gefressen.
:nono: Ich denke eher da ist es wie mit den Hunden, also dass der Letzte gebissen wird. Von daher immer erst mal umschauen, ob jmd. langsamer erscheint als man selber, dann kann man sich dem Fotografieren beruhigt weiterwidmen  :D.

mfrech

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #49 am: 21.10.2015, 09:48 Uhr »
 :D :D :D Ja, das mit "dem Langsamsten" hab ich im Yosemite auch gehofft :-)

Wobei die einem ja (zumindest früher) diesen Zettel in die Hand gedrückt haben "The bears are not to blame" - man ist quasi selbst schuld, was ja stimmt.
Und man solle sich groß aufplustern und laut brüllen.... Frage mich heute noch, was genau ist "laut" im Vergleich zu einem wirklich laut brüllenden Bären? der lacht sich doch 'nen Ast über unser "laut" :-)

Tolle Bilder und super Bericht!!!
Ein Haubentaucher, der nicht taucht, taucht nix....

snowtigger

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #50 am: 21.10.2015, 16:42 Uhr »
Wirklich wirklich tolle Bärenbilder!
Und die Delfine sind doch herrlich, eine perfekte "Entschädigung" für Wale.
September 2012: http://forum.usa-reise.de/index.php?topic=58760.msg798830#msg798830
September 2014: Yellowstone & the Highlights of Utah
August 2015: SFO > LAX > LAS Honeymoon USA

Flicka

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #51 am: 21.10.2015, 20:51 Uhr »
Tja, immerhin kann ich jetzt von mir behaupten, dass ich dem blutrünstigen Bären tapfer ins Auge geblickt habe.  :zuberge:

Das Lustige an dem Tag ist ja eigentlich, dass ich gar nicht so scharf auf den Besuch der Hatchery war, weil ich ja schon am Stamp River die Lachse gesehen hatte. Und genau da steht dann der Bär.


So, ihr dürft jetzt ein paar Tage in der Painters Lodge bleiben. Wenn ihr mit dem Shuttle rüber nach Quadra Island ins Schwesterhotel fahrt, ins April Point Resort & Spa, könnt ihr euch noch mit Wellnessanwendungen verwöhnen lassen. Ich habe das leider nicht geschafft. Anfang nächster Woche gehts dann auf der Reise weiter.

NähkreisSteffi

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #52 am: 21.10.2015, 21:18 Uhr »
Hallo Flicka,

Du legst vielleicht ein Tempo vor.

Wieder klasse Fotos! :respekt:

Viele Grüße

Steffi

Flicka

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #53 am: 21.10.2015, 21:32 Uhr »
Na ja, ich wollte euch doch noch aus dem Regenwald an die Küste und zur ersten Bärensichtung bringen, bevor ich die nächsten Tage eine Pause einlege. Jetzt könnt ihr euch ja ein paar Tage entspannen.  :D

Flicka

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #54 am: 25.10.2015, 19:44 Uhr »
Dienstag, 8.9.15: Campbell River (Grizzly-Tour Bute Inlet)


Heute nacht hat es weiter geregnet, und von dem schönen Sonnenaufgang überm Wasser, den ich mir bei der Buchung des Zimmer erhofft hatte, kann natürlich nicht die Rede sein. Aber immerhin ist es trocken. Ich bleibe erst mal im Bett liegen und beobachte, wie die Hotelgäste am Dock zu ihren Lachsangeltouren aufbrechen. Dann hole ich mir das Laptop, schreibe E-mails und tippe Reisebericht.




Irgendwie will ich heute morgen nicht aus dem Bett. Ich denke an den Ausflug der heute vor mir liegt, die Fahrt zu den Grizzlys am Bute Inlet auf dem Festland. Im Gegensatz zu dem hochgelobten Ausflug mit Tide Rip, den ich in ein paar Tagen von Telegraph Cove aus unternehmen werde, schweigen sich meine Reiseführer zu der heutigen Tour völlig aus. Ich bin erst bei Tripadvisor über das Angebot gestolpert. Hm, mal schauen, was das heute wird. Nach der gestrigen Whale Watching Tour ohne Wale schraube ich meine Erwartungen für heute jedenfalls erst mal kräftig herunter. Aber eins ist sicher: Wenn ich im Bett bleibe, werde ich unter Garantie keinen Grizzly sehen, also hüpfe ich schließlich doch unter die Dusche.

Anschließend gehe ich raus auf die Terrasse und treffe dort auf eine kleine Schlange. Huch, ob die wohl giftig ist? Ich mache ein Foto, aber lieber aus sicherer Entfernung mit dem Teleobjektiv.




Schlange am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen, beschließe ich und mache mich schließlich wieder auf den Weg nach Campbell River, parke das Auto und spaziere noch ein wenig am Hafen vorbei.






Die heutige Grizzly-Tour startet um zwölf Uhr. Zunächst fahren wir mit dem Schiff ins Bute Inlet auf dem Festland. Unterwegs kommt plötzlich der Ruf: Pacific white-sided dolphins! Alle stürzen raus aufs Deck. Die Delfinschule ist mindestens so groß wie die gestern, vielleicht ist es auch dieselbe, wer weiß. Jedenfalls sind sie sofort am Boot und surfen in der Bugwelle. Ich habe ja gestern schon Fotos gemacht und setze heute bald schon den Fotoapparat ab und genießen einfach das Schauspiel. Die Delfine sind so nah, dass man das Gefühl hat, sie fast berühren zu können. Es ist einfach großartig, und die Delfine können anscheinend gar nicht genug bekommen. Zwischendurch hängt unser Captain noch ein Mikrofon ins Wasser und man kann die Delfine zwitschern und knattern hören.










Die Fahrt geht weiter, vorbei an Inseln und unter den tiefhängenden Wolken hindurch. Ich füge meiner Foto-Sammlung von "Wolken, die um Wipfel wabern" noch ein paar Exemplare hinzu.












Nach etwa 2 Stunden kommen wir dann am Dock im Bute Inlet an. Unsere Gruppe von etwa 25 Leuten wird geteilt, und wir steigen in zwei kleine Busse ein. Hier ist das Gebiet des Homalco-Volkes, eigentlich heißen sie XWE’MALHKWU. Wie ich später im Internet lese, gibt es nur noch etwa 450 Angehörige, und nur 22 Leute sprechen ihre Sprache noch fließend. Zumindest als Besucher kann man das Gebiet nur mit dem Schiff erreichen, eine Zufahrt vom Festland aus gibt es nicht. Zwei Flüsse, in denen im Herbst die Lachse heimkehren, fließen hier zusammen und münden in den Fjord, und zu diesen Flüssen kommen für ein paar Wochen im Jahr die Grizzlybären, bevor sie sich wieder in die Wälder zurückziehen und sich auf den Winterschlaf vorbereiten.




Die Tour wird von den Homalco-Guides geführt, als zusätzliche Begleitung kommen die drei Leute vom Schiff mit. Wir werden ermahnt: Die kleinen Busse dürfen nur verlassen werden, wenn die Guides das Gelände auf lauernde Bären überprüft haben, außerhalb der Busse müssen wir leise sein und uns langsam bewegen, um die Bären nicht zu verscheuchen, niemand darf sich von der Gruppe entfernen, wir müssen immer zwischen den Guides bleiben. Die sind mit Bärenspray ausgerüstet, ob sie auch richtige Waffen dabei haben, bekomme ich in der Aufregung gar nicht mit.




Nach einem kurzen Stopp an einem kleinen Informationszentrum geht es mit den Bussen über unbefestigte Straße zu einem flachen, kieseligen Fluss und zu einer Beobachtungsplattform. Wir steigen aus, steigen schweigend die Stufen zur Plattform hinauf und haben Glück: Aus der Entfernung nähern sich gerade eine Bärenmutter mit ihrem Jungen.










Sie kommen immer näher und ziehen schließlich am gegenüberliegenden Flussufer an der Beobachtungsplattform vorbei. Gerade als ich mich frage, warum die Bärin ausgerechnet unter diesem Baumstamm hindurch vorbei will, bekomme ich prompt die Erklärung:










Der Lachs genügt den hohen Anforderungen der Bärin übrigens nicht, sie schleudert ihn wenig später wieder ins Wasser. Aber es gibt hier ja so viele Lachse, da ist das nächste Opfer nicht weit. Das Junge ist übermütig und fordert die Bärin zum Spiel auf, und die beiden balgen noch ein wenig am Flussufer, bevor sie schließlich hinter den Bäumen verschwinden.











Wow, das war klasse, und ich bin erleichtert, dass wir gleich zu Beginn der Tour schon Bären gesehen haben, und so nah! Ich finde jetzt schon, dass diese Tour ein toller Erfolg war, selbst wenn wir keinen weiteren Bären mehr zu sehen bekommen.

Und ob wir noch mehr Bären sehen, erzähle ich im zweiten Teil des heutigen Reiseberichts.

StarWars

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #55 am: 26.10.2015, 17:59 Uhr »
Also mMn sollte der Touranbieter seine Grafik auf dem Bus noch mal überdenken. Das sieht ja aus, als ob der Bär seinen Artgenossen den Kopf abbeißt  :lol:.

Flicka

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #56 am: 26.10.2015, 18:13 Uhr »
Fortsetzung:


Wir steigen wieder in die kleinen Busse und fahren weiter. Die Guides scherzen, dass hier das Wasser zeitweise so hoch steht, dass die Lachse den Weg kreuzen. Dann halten wir plötzlich an, denn einer der Guides hat im Unterholz neben der Straße einen Bär gesehen. Wir müssen erst warten, dürfen dann aussteigen und starren angestrengt in den Wald, wo man ab und zu ein ziemlich nahes Knacken hört. Andere Gäste deuten öfter aufgeregt in den Wald, ich sehe aber nichts und wir steigen schließlich wieder ein.

Dann aber doch bald der nächste Stopp: Ein kleines Stück weiter hat es sich ein Grizzly gemütlich gemacht und liegt im Dickicht.




Von hier hat man auch einen tollen Blick auf die wolkenumhüllten steilen Berge am Fjord:




Wir fahren weiter und kommen zu einer Stelle, wo der Wald den Blick auf den Fluss frei gibt. Hier kann man zwei Bären im Unterholz erkennen, also steigen wir wieder aus. Die Bären schauen zu uns hinüber, machen einen Abstecher zum Fluss und verschwinden dann lieber doch wieder im Wald.








Die Guides sind sich offenbar unschlüssig. Warten oder doch weiterfahren?




Wir werden zu den Bussen zurückdirigiert, aber die Bären sind noch ganz nahe, also warten wir. Und dann winkt uns schließlich einer der Guides: Die Bären sind wieder im Fluss, wir dürfen zurückgehen. Ja, da sind sie, eine Mutter und ihr Junges. Das Junge jagt plötzlich im Wasser hinter den Lachsen her und direkt auf uns zu, es hat anscheinend überhaupt keine Scheu. Mir zittern die Knie, unglaublich!






Das Junge schafft es, den großen Lachs zu erbeuten und schaut zu der Mutter hinüber, als wollte es seinen Fang vorzeigen.




Die Mutter ist aber selbst beschäftigt. Sie hat einen Lachs erwischt und mit den Vorderpfoten fixiert. Hm, mal testen, wie er schmeckt. Uns wirft sie zwischendurch schwarze Blicke zu. Wir sollen bloß nicht wagen, ihr das leckere Lachsfilet wieder abzunehmen!








So richtig konnte der Lachs aber doch nicht überzeugen, er durfte entkommen, und die Bärin jagt hinter dem nächsten Beutestück her.




Zwischendurch tollt auch das Junge wieder herum und holt den nächsten Lachs aus dem Wasser.




Ich nehme den Finger kaum noch vom Kameraauslöser, Wahnsinn! Und als Zugabe balgen Mutter und Kind noch ein wenig herum.




Auf der Weiterfahrt am Fluss entlang entdecken wir weitere Grizzlys. Aus einiger Entfernung sind wieder eine Mutter und ihr Junges zu sehen. Sie verschwinden aber bald wieder im Wald.






Schließlich kommen wir zu einer Beobachtungsplattform, an der zwei Flüsse zusammenfließen. Zuerst sind wir noch alleine dort und schauen uns eifrig nach allen Seiten um. Dann erscheint in der Entfernung aber eine Bärin. Sie spaziert am Fluss entlang, vertreibt ab und zu ein paar Möwen und fängt dann an zu fressen. Die anderen Bären haben teilweise nur ein paar Bissen von jedem Lachs genommen, diese Bärin frisst aber alles, was sie kriegen kann. Sogar ein Fischgerippe wird testweise angeknabbert.












Unser Guide erklärt uns später, dass sie sich genügend Reserven anfuttert, um während der Winterruhe ihre Jungen auf die Welt zu bringen. Grizzlys bringen nur alle zwei bis drei Jahre Junge zur Welt, meist ein bis drei Jungtiere.

Es ist einfach unglaublich, die Bärin kommt immer näher, frisst in aller Seelenruhe direkt gegenüber der Plattform und stopft Lachs um Lachs in sich hinein. Sie stemmt sich mit den Vorderpfoten auf die Fische und reisst mit dem Maul das Fleisch und die Haut ab. Irgendwann setze ich die Kamera ab und genieße nur noch das Schauspiel. Ich stehe hier in der Wildnis und schaue einem wunderschönen Grizzly beim Lachsfischen zu. Mich überläuft ein richtiger Schauer, und plötzlich habe ich einen Kloß im Hals. Es ist einfach fast zu schön um wahr zu sein.










Irgendwann spaziert die Bärin weiter und die Guides rufen zum Aufbruch. Ich bin völlig bärensatt, das hätte ich heute morgen noch nicht zu träumen gewagt. Auf der Schifffahrt zurück nach Campbell River sichte ich die Fotos und stelle fest, dass ich viele Fotos löschen werde, die ich mir heute morgen noch sehnlich gewünscht hätte.

Auf der Rückfahrt zum Festland setzt heftiger Regen ein, aber nachdem es heute bis auf ein paar Sprühregenschauer trocken geblieben ist, kann ich das gut verkraften. Wir treffen nochmal auf eine kleine Delfinschule. Und zum Sonnenuntergang zeichnet sich am Horizont immerhin ein gelblicher Streifen ab.




Ich gönne mir heute abend wieder einen leckeren Burger und Bier im Pub in der Painters Lodge und treffe dort noch auf ein Paar, das auch auf der Tour war. Wir schwelgen nochmals in Erinnerungen, bis ich mich verabschiede und müde ins Bett falle.

Morgen soll das Wetter besser werden – wie oft habe ich das in den letzten Tagen schon gedacht, aber diesmal scheint es wirklich zu stimmen. Ich will nach Quadra Island, und nachmittags steht dann die Fahrt hinauf in den Norden nach Telegraph Cove an.

Gute Nacht!

Gitania

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #57 am: 27.10.2015, 08:27 Uhr »
Wow, was für tolle Aufnahmen :dankeschoen:
Das ist ja wirklich der Wahnsinn, das du die Bären so aus der Nähe erleben durftest.
Danke für die schönen Bilder!
LG
Gitania

timberwolf

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #58 am: 27.10.2015, 08:54 Uhr »
Tolle Bilder...beneide dich absolut um das Bären-Erlebnis  :D

snowtigger

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #59 am: 28.10.2015, 13:18 Uhr »
Mich überläuft ein richtiger Schauer, und plötzlich habe ich einen Kloß im Hals. Es ist einfach fast zu schön um wahr zu sein.
Das kenne ich gut. Und das ist eines der wunderbarsten Gefühle beim Reisen, oder?  :oops:

Danke fürs Teilen von diesen wunderbaren Bärenbildern!
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