So hat jetzt etwas gedauert, aber nun geht es weiter:
Tag 6Dieser Tag steht unter dem Motto: „Schlork“ – oder auch „Mudhole of Death“
Flagstaff begrüßt uns am Morgen mit Frost, das Auto ist entsprechend mit Eiskristallen überzogen – sieht nett aus wenn es nur nicht so *****kalt wäre. Frühstück ist wieder mehr als reichlich (ich kann nur bedingt verstehen warum so oft über das Continental gemeckert wird, bin aber eh auch hier kein großer Frühstücksmensch) und erstaunlicherweise haben Thomas und seine Freunde (Tschutschu…) uns trotz der unmittelbaren Nähe in der Nacht nicht merklich gestört.
Schnell noch getankt und wir sind auf den Weg Richtung Kanab. Je weiter wir uns Richtung Norden vorarbeiten desto wärmer wird es – eigentlich unlogisch, relativiert sich aber schnell wieder wenn man die Höhenverhältnisse mit berücksichtigt, denn es geht stetig „bergab“. Mein Vorschlag die US 89 doch mal eben zu verlassen um einen „kurzen“ Abstecher zum Grand Canyon zu machen wird abgeschmettert – „Der steht doch erst beim nächsten Mal wieder an…“ – ja schon recht, war ja auch nicht ganz ernst gemeint, dass hätte den Zeitrahmen dann doch deutlich gesprengt.
Normalerweise sind die Autofahrten ja jetzt nicht unbedingt erwähnenswert, wir kommen in Cameron an der Trading Post vorbei ohne zu stoppen, die kennen wir schon von früheren Besuchen und ja ganz nett, aber deswegen braucht man hier nicht extra noch mal anzuhalten. Bekanntermaßen fährt man ja auch durch die Navajo Reservation und auch wenn man eigentlich weiß was einen erwartet finde ich es doch jedes Mal wieder erschreckend und traurig zu gleich. Von den halbzerfallenen Bretterbuden an denen die zerrissene Fahne „OPEN“ suggeriert, wogegen es tatsächlich eher so aussieht als wäre hier seit Monaten niemand mehr gewesen um den „original“ Navajo Schmuck an den Touristen zu bringen über die ebenso heruntergekommenen Häuser (vor denen aber trotzdem relativ neue dicke Autos stehen) frage ich mich jedes Mal: Muss das hier so aussehen? Ja ich weiß dass die Natives es bei weitem nicht leicht gehabt haben, und dass es auch heute noch Benachteiligung und Repressalien gibt. Aber während man bei anderen Urvölkern diesbezüglich zumindest eine Weiterentwicklung erkennen kann scheint mit hier in den letzten 20 Jahren weitestgehend die Zeit stehen geblieben zu sein. Von einigen Protzbauten wie dem The View oder dem Skywalk über die man die Touris schröpfen kann mal ab hat sich hier aber auch mal gar nichts zum Positiven verändert. Und gerade von einem Volk welches Mutter Erde ja so hochhält sollte man doch eigentlich davon ausgehen, dass die ihren Müll nicht überall in die Gegend schmeißen oder? Wir halten an derselben Tankstelle wie vor 2(?) Jahren, die Toilette ist noch genauso versifft wie damals. Und auch wenn man nicht im Geld schwimmt – mich würde das persönlich einfach stören wenn es so rumpelig aussieht, aber da ist die Einstellung vielleicht einfach eine andere bzw. das wird (schon) gar nicht mehr wahrgenommen.
Wir passieren die Umleitung nach Page (ich meine sogar aus dem Auto den Bereich der US89 ausgemacht zu haben der abgesackt ist) und arbeiten uns weiter Richtung US89A vor.
Insgesamt zieht sich die Strecke ganz schön und ich bin nicht unbedingt traurig, als wir das Reservat wieder verlassen und auf unser Ziel dem Cathedral Wash im Glen Canyon NP zusteuern. Außer uns scheint hier keiner unterwegs zu sein, wir sehen nur einmal am Eingang ein anderes Auto eines Rangers sonst ist es hier komplett verwaist. Der Hike hätte eigentlich schon im Sommer auf dem Programm gestanden, wenn ja wenn sich nicht jemand dort gründlich „vernavigiert“ hätte – hust hust. Egal, so gibt es eine zweite Chance.
Vom Parkplatz aus überquert man die Straße und steigt dann ein paar Meter hinunter in den gut sichtbaren Wash, der in leichten Windungen Richtung Nordosten führt. Je weiter man kommt, desto höher und steiler werden die von den Flash Floods aus dem Felsplateau herausgeschliffenen Canyonwände. Zwar kein echter Slot Canyon (ich liebe die Dinger) aber durchaus schön. An sich ist der Weg schon etwas anspruchsvoller, man muss man ein wenig aufpassen, denn es tauchen immer wieder neue Hindernisse auf, Felsabstürze oder kleine, mit Wasser gefüllte Pools. Zeitweise muss man auch schon vor einem Hindernis stufenweise am Canyonrand nach oben steigen. Ein wenig Voraussicht, Gelenkigkeit und Kraxelei ist also schon gefragt.
Das SCHLORK.Wie geschrieben, manchmal versperren einem kleine Pools den Weg. Pool ist dabei eigentlich nur der bedingt richtige Ausdruck, zu der Zeit zu der wir hier unterwegs sind gleichen die Dinger eher Schlammlöchern. Wir sind vielleicht knapp die Hälfte der Strecke gelaufen, als wieder eins von diesen Dingern auftaucht. Freundlicherweise liegen dort aber Holzstämme die dem geneigten Wanderer die Querung erleichtern sollen. Meine Vorhut macht sich auch gleich mutig daran die Tragfähigkeit zu testen. Zunächst sieht alles noch gut aus, dann aber kommt der entscheidene Fehler:
Der Balken links im Bild (erst auf dem Rückweg geknippst) ist tragfähig, das Stück Holz rechts im Bild leider nicht. Ein Ausfallschritt nach links und es gibt ein saugendes, sabberndes Geräusch eben das erwähnte „SCHLOORRRK“ und das Bein ist bis übers Knie in der Schlammpfütze verschwunden.
Treibsand ist nicht – wie uns Hollywood gerne weiß machen würde – die staubtrockene Masse in denen der Schurke dann zum Ende des Films versinkt, nix da für richtig echten Treibsand braucht man eine Suspension aus Wasser und Sand (oder hier sollte man besser Schlamm sagen). Und genau in so einem Prachtexemplar von Schwimmsand darin steckt jetzt das Bein fest. Ich hatte zwar im Zeitpunkt als sich der unfreiwillige Ausritt ankündigte beherzt nach vorn in den Rucksack gegriffen und so einen kompletten Abgang verhindert, es war nun aber in der Situation gar nicht so einfach da wieder rauszukommen. Unter einem erneuten „SCHLOORRRK“ konnte dann aber das Bein samt Schuh befreit werden. Es sah nicht gut aus, roch noch scheußlicher und erst einmal waren wir bedient.
Den Schuh konnte ich äußerlich provisorisch reinigen, die Socke war jedoch klitschnass und mit Sandkörner durchsetzt – in diesem Ding weiterlaufen hätte eine Blasengarantie bedeutet. Was also tun? Abbrechen? Nichts da, das mussten wir damals schon bei dem Weg zur Subway weil ich mich dort so richtig schön langgemacht habe. Also musste eine trockene Socke her. Insofern bin ich den Weg wieder zurück zum Auto, denn dort lag ja noch ein Paar in der Tüte im Kofferraum. Ähm ja. Da das Motel gestern keine Laundry hatte konnten wir nicht waschen, irgendjemand kam aber auf die tolle Idee man könnte die Klamotten ja wenigstens schon mal von Hand vorwaschen bzw. einweichen.
Also ziehe ich ein paar klatschnasse wenn auch nicht ganz so dreckige Socken aus der Tüte, was jetzt nicht wirklich eine Verbesserung gegenüber dem aktuellen Zustand bedeutet. Damit dass hier nicht alles in Chaos und Tränen endet wuchte ich also die Koffer auf dem Parkplatz aus dem Auto (natürlich ist der Koffer den man braucht immer der ganz hinten) und fange an zu wühlen. Und tatsächlich dort ist noch ein trockenes Paar zu finden, ob sauber oder nicht spielt jetzt erst einmal keine Rolle.
Mit der Beute im Gepäck mache ich mich auf den Rückweg und im zweiten Anlauf schaffen wir es unfallfrei über das „Mudhole of Death“. Weitere Katastrophen bleiben uns auf dem restlichen Weg zum Glück erspart (ok ich habe mir irgendwo beim Klettern noch das Knie angeschlagen, aber das zählt nicht) und wir erreichen das Ziel um dort eine kleine Mittagspause einzulegen.
An einem der Wasserlöcher finden wir noch diese – sehr frischen - Tierspuren:
Erst habe ich behauptet da hätte jemand seinen Hund mit auf den Trail genommen, aber erstens müsste das schon ein ziemlich großer Hund gewesen sein (den man wohl kaum über das ein oder andere Hindernis hätte tragen/hieven können) und zum anderen sind keine Krallen zu erkennen. Auch als nicht Hunde oder Katzenbesitzer meine ich mal gelernt zu haben, dass Hunde ihre Krallen nicht einziehen können, Katzen dagegen schon. Das müsste dann aber schon eine ziemlich große Katze gewesen sein, so mit einer Pfote von ungefähr 15 x 15 cm Durchmesser – für einen Luchs eigentlich deutlich zu viel. Ein unausgesprochenes Wort legt sich drohend über den Wash: „Mountain Lion“… (ja die soll es hier auch geben).
Sind wir beim Schlammloch gerade noch mal dem Tod so von der Schippe gesprungen um jetzt von einem Berglöwen zerfleischt zu werden? Och NÖ! Außer uns ist hier ja auch keiner unterwegs, also funktioniert die „Ich muss nicht schneller sein als der Löwe, ich muss nur schneller sein als Du…“ Nummer leider nicht. Normalerweise bin ich da ja eher entspannt was das angeht und hoffe mal, dass die Tiere grds. mehr Angst vor uns haben als wir vor denen, aber wenn man zwischen zwei Felswänden auf einem schmalen Trail unterwegs ist und sich dort Getier rumtreibt was deutlich besser klettern kann schaut man doch lieber einmal mehr nach oben, damit einem nicht ungefragt was in den Nacken springt.
Im Endeffekt wurden wir nicht attackiert und ich weiß bis heute nicht von was für einem Tier der Abdruck nur wirklich war. Eigentlich wollte ich noch den Ranger vom Eingang fragen, aber selbst der hatte sich verkrümelt und war nicht mehr auffindbar. Wer also hier zur Aufklärung beitragen kann darf dies gern verkünden.
Im Anschluss fahren wir noch weiter bis Lees Ferry – hier stehen doch tatsächlich auch noch ein paar andere Fahrzeuge am Parkplatz und lassen ihre Boote zu Wasser. Ursprünglich wäre noch der Spencer Trail auf dem Plan gewesen, dieser überzeugt uns aber nicht so recht (ein wenig ist die Luft und Lust gerade auch raus) und so machen wir uns auf den Weg Richtung Kanab.
Während wir zum x-ten Mal versuchen die Systematik mit der Zeitumstellung zwischen AZ und UT zu verstehen (UT ist weiter westlich, eigentlich müsste es dort also früher sein, tatsächlich hinkt UT hier AZ eine Stunde hinterher) sehe ich das hier im Rückspiegel was mir ein Foto wert ist:
Wir machen noch einen kurzen Abstecher Richtung Corel Pink Sand Dunes, da es aber schon deutlich beginnt zu dämmern sparen wir es uns dann doch noch die Dünen raufzuklettern.
In unserem Motel begutachte ich mal wieder die amerikanische „Handwerkskunst“. Hier hat es jemand geschafft die Überdachung vor dem Motelzimmer mit ca. 6 cm zu langen Schrauben zu befestigen. Ich hätte es ja noch verstanden, wenn das bei zwei oder drei Schrauben passiert wäre und man den Fehler dann bemerkt hätte, aber nix da. Wenn schon denn schon. Also ragen dort ungefähr 80 Schrauben mehrere Zentimeter aus dem Holz heraus. Bei uns würde jeder Vorarbeiter oder Prüfer spätestens einen Herzanfall bekommen haben, aber nun gut wollen wir mal nicht so sein.
In Kanab hatten wir schon im Sommer Station gemacht und so entscheiden wir uns für das Essen wieder für ein Lokal welches uns damals schon gut gefallen hat. Der Name ist mir leider gerade abhandengekommen und auch bei Google nicht rauszubekommen, es war auf jeden Fall direkt an der W Center Street - Ecke N Main Street. Lecker Rippchen – wenn auch für US Verhältnisse relativ überschaubare Portionen. Der Tag endet unspektakulär, keine neuerlichen Ungeheuerlichkeiten im TV, dafür habe ich den Sender wiedergefunden, welcher „Cops“ in Dauerschleife bringt. Geht doch.