Ein altes Gefängnis, Sand und Palmen
Montag, 07.01.2008Gefahrene Meilen: 282.5 (= 455 km)
Gestern Abend durfte ich noch erleben, was bei heftigem Regen so passieren kann. Ich hatte gerade den Tagesbericht hochgeladen und wollte meine Emails abrufen, als es plötzlich stockdunkel wurde. Ein Blick nach draußen überzeugte mich davon, dass nicht nur mein Zimmer vom Stromausfall betroffen war sondern mindestens die ganze nähere Umgebung. Und das Internet war dann natürlich auch weg. Die einzige Lichtquelle, die ich noch hatte, war der Monitor von meinem Laptop und die zwei blauen Leuchtdioden am Gehäuse, die Betrieb und Plattenaktivität anzeigen – und mein kleiner Nintendo DS. Zum Glück war der Laptop voll aufgeladen, so dass ich mir erst einmal keine Sorgen über die Dauer meiner Schummerbeleuchtung machte. Während es draußen unaufhörlich regnete, spielte ich knapp 1 Stunde im Licht des Laptops mit dem Nintendo und beschloss dann, schlafen zu gehen. Also durfte der Laptop ins Bad umziehen, damit ich dort auch etwas Licht hatte. Doof war nur, dass sich nach ein paar Minuten ohne Aktivität der Monitor abschaltete und ich nicht die Geduld hatte, herauszufinden, wie ich unter Linux den Energiesparmodus im Batteriebetrieb vorübergehend abschalten konnte. Die Eingabe von Passwörtern war auch so eine Sache: Ich sah ja nicht, auf welche Tasten meine Finger hackten und auf der Laptop-Tastatur kann ich noch nicht blind starten.
Gerade als ich im Bett lag, wurde es wieder hell; der Strom war wieder da. Also machte ich halt die Lichter aus, die ich vorher vergessen hatte und ging wieder ins Bett. Es war ja auch schon 22 Uhr.
Heute morgen regnete es immer noch, aber das Internet war wieder da, so dass ich meine Emails ansehen und den Wetterbericht für Gila Bend, Yuma und Yoshua Tree abrufen konnte. Nebenher nutzte ich noch die Gelegenheit, um ein paar Kollegen über Skype kurz zu kontaktieren. Während der ganzen Aktionen trank ich eine Dose Fertigkaffee und aß einen Zimt-Rosinen-Bagel aus meinen Vorräten. Das billige Motel hatte zwar Internet, bot aber kein Frühstück, was mir aber egal war. Da der Kaffee in Dose auch ziemlich viel Koffein enthält, brauchte ich heute auch keinen Cappuccino mehr.
Dann konnte ich eine kurze Regenpause zum Beladen des Autos nutzen und fuhr los. Noch während ich Gila Bend Richtung Westen verließ, fing es schon wieder an, heftig zu regnen. Aber als ich etwa 50 km nach Westen gefahren war, war endgültig Schluss mit dem Wasser von oben.
Mein erstes Ziel war dann das Yuma Territorial Prison, das als historisches Gelände vom Staat Arizona verwaltet wird und natürlich Eintritt kostet. Ich hatte mir wirklich etwas mehr davon erwartet als ein zu etwa ¾ abgerissenes Gefängnis mit einem alten Wachturm.
Als das Gefängnis außer Betrieb genommen wurde, wurde ein großer Teil der Einrichtung und Gitter für andere Gefängnisse verwendet. Ein Teil des Geländes musste für den Bau der Eisenbahnbrücke, die direkt neben dem Gefängnis über den Fluss führt, abgetragen werden. Und der größte Teil der Gebäudemauern wurde zum Wiederaufbau Yumas nach einer Flutkatastrophe verwendet.
So standen nur noch die Zellenreihen, deren Mauern mit Metallgittern verstärkt sind, unter freiem Himmel. Das Gebäude drumherum und das Dach fehlten ganz. Aber wenigstens waren ein paar der Zellen wieder eingerichtet worden, so dass man sehen konnte, wie eng die Zellen waren. In dieser Doppelzelle im mittleren Zellengang, die durch ein Gitter in zwei Zellen unterteilt werden konnte, waren 12 Häftlinge untergebracht, immer 3 übereinander. Und die Betten waren ganz schön schmal.
Während der Fahrt zum Gefängnis hatte ich noch ein anderes Hinweisschild auf einen historischen Park gesehen, den ich mir wenigstens mal von außen ansehen wollte – bevor ich mich entschied, ob ich hineingehen würde oder nicht. Es handelte sich dabei um ein altes Armeegelände, auf dem Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts ein Depot untergebracht war. Und es sah von außen schon wesentlich interessanter aus als das Gefängnis.
Dieser Besuch war schon wesentlich lohnender. Da standen noch alte Gebäude, die aufgrund ihrer erhöhten Lage die Flutkatastrophe heil überstanden hatten. Und die Gebäude waren noch mit den Originalmöbeln eingerichtet und alles war erklärt.
Außerdem waren noch alte Fahrzeuge zusammengesucht worden, die jetzt auf dem Gelände ausgestellt werden. So findet sich ein Picknickplatz, der in eine Planwagenburg integriert ist. Auch alte Autos und Pferdewagen konnte man besichtigen sowie eine alte Dampflok und einen Eisenbahnwagen.
Auch das alte Reservoir war noch vorhanden, das die Wasserversorgung des Depots sicherte. In dieses oben offene Gebäude wurde das schlammige Flusswasser gepumpt. Nachdem sich der Schlamm abgesetzt hatte, wurde von oben das klare Wasser abgeschöpft. Natürlich musste von Zeit zu Zeit der ganze alte Schlamm entfernt werden, damit wieder neuer Schlamm Platz hatte. Da finde ich unsere Art der Wasserversorgung sehr viel hygienischer, und darunter fällt auch das ziemlich stark gechlorte Wasser in Amerika.
Irgendwann musste ich mich von diesem interessanten Park losreisen und weiterfahren. Es ging erst einmal immer noch nach Westen, wo schon ziemlich bald seltsame hellbraune Berge auftauchten. Ich rätselte und überlegte, was das für seltsame Berge sein könnten, bis mir schlagartig einfiel, dass kurz hinter Yuma in Richtung Westen die Autobahn direkt durch Sanddünen führt. Und da konnte ich die Dünen auch schon richtig erkennen. Natürlich ist das ganze Gebiet als Erholungsgebiet ausgewiesen und eingezäunt, damit auch Eintritt verlangt werden kann.
Weil wahrscheinlich zu viele Autofahrer auf den Seitenstreifen angehalten und die Sandbuggies beobachtet hatten, wurde wohl ein Rastplatz mit Chemietoiletten zwischen den beiden Richtungsfahrbahnen angelegt, so dass man die Autobahn überqueren muss, wenn man in die Dünen will. Das ist wahrscheinlich der einzige Rastplatz, von dem aus man, wenn man nicht aufpasst, in die verkehrte Richtung weiterfahren kann. Der hat nämlich von beiden Richtungen Zufahrten und somit natürlich auch Abfahrten in beide Richtungen.
Irgendwann fiel mir auf, dass ich ja beim Wechseln nach Kalifornien in Yuma ein Schild gesehen hatte, dass ich auch die Zeitzone gewechselt hatte. Ich hatte also die Stunde wiederbekommen, die ich am Anfang meiner Rundreise verloren hatte. Es wird jetzt also schon früher dunkel und auch früher hell, was für mich heißt, dass ich früher aufstehen muss, damit ich etwas vom Tageslicht habe. Dafür stimmt die Uhr im Auto wieder, die ich nicht umgestellt hatte.
Schon kurz vor Yuma und dann auf der Weiterfahrt nach Westen fielen mir die vielen Wohnmobile auf, die unterwegs waren. Auch gab es sehr viele Campingplätze, die fast alle voll belegt waren. Da fiel mir ein, dass ich hier ja mitten im Gebiet der sogenannten Snowbirds bin, wie die Rentner genannt werden, die normalerweise im Norden wohnen und den Winter in ihren Wohnmobilen hier im Süden verbringen. Deshalb hatte ich auch vermieden, hier in der Gegend übernachten zu müssen. Bei den Wohnmobilen handelte es sich hauptsächlich um die Riesendinger in Busgröße; und alle, die mir unterwegs begegneten, zogen entweder ein normales Auto hinterher oder ein Boot. Das muss ein Leben sein. Haben die Leute dann im Norden auch noch ein Haus oder wohnen die das ganze Jahr in ihrem Campingbus und fahren immer dorthin, wo ihnen das Wetter gerade zusagt?
Inzwischen ging die Fahrt nach Norden in Richtung Palm Springs. Und dann hatte die Border Patrol einfach auf einem zweispurigen Highway eine Spur gesperrt und kontrollierte alle Autos, die sie so in eine lange Schlange lenken konnten. Diesmal gab sich der Beamte aber mit einer Gesichtskontrolle zufrieden. Nur das Auto hinter mir wurde wohl gründlicher untersucht, denn es dauerte ziemlich lange, bis ich wieder Autos im Rückspiegel sah.
Rechts und links der Straße sah ich immer noch die Sandwüste, die wohl für Südkalifornien typisch ist. Aber je mehr ich mich Palm Springs näherte, desto mehr Palmen tauchten am Straßenrand auf. Es sieht fast so aus als würden die Palmen in Großanlagen angebaut. Da gab es Anlagen mit Reihen von ganz kleinen Palmen, dann kamen etwas größere und dann auch die richtig großen. Leider konnte ich nicht anhalten um Fotos zu machen. Da habe ich mal wieder bedauert, keinen Chauffeur zu haben, damit ich auch während der Fahrt fotografieren kann (ist vielleicht auch gut so, ich hab auch so schon über 2500 Bilder gemacht und bin noch nicht wieder zurück in Deutschland). Aber vielleicht kann ich morgen mal auf der Fahrt zum Joshua Tree Nationalpark anhalten und ein paar Palmen fotografieren.
Für die Übernachtung habe ich mir Indio, einen günstigen Vorort von Palm Springs ausgesucht. Dafür habe ich mal wieder kein Internet. Morgen kann ich den ganzen Tag im Joshua Tree Nationalpark verbringen und Kakteen (ja, die gibt es dort auch) und Joshua Trees besuchen – und vielleicht auch eine kleine Wanderung zu einer Oase mit ganz vielen Palmen unternehmen. So wie sich meine Erkältung heute benommen hat, sollte das eigentlich wieder drin sein. Ich hab heute den ganzen Tag weniger gehustet als die letzten Tage in 2 bis 3 Stunden und mein Schnupfen ist fast weg. Da sollte eigentlich die Luft auch wieder für eine Wanderung reichen – vor allem, wenn ich bergauf gaaaanz langsam gehe.