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Autor Thema: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen  (Gelesen 11653 mal)

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Franz Fredinand

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War Anfang März ne Woche in Boston (wie toll ist denn bitte Boston?!) und Ende März 9 Tage in NYC (wie wahnsinnig ist denn bitte New York?!), dazwischen war ein 15-tägiger Roadtrip in bester Steinbeck-Manier geplant. Da ich aber weniger Geld, weniger Zeit, und weniger Pudel als der gute Herr Steinbeck hatte gings allerdings nur durch die halben USA, und statt Rocinante gab´s nur nen handelsüblichen Mietwagen, den ich aber immerhin, aus Mangel eines vierbeinigen Beifahrers, "Charley" taufte. Als grobes Ziel und Umkehrpunkt war White City, Kansas ausgegeben, nicht etwa weil es der langweiligste Ort der ganzen USA ist, sondern weil ich das Glück hatte ein Jahr meines noch jungen Lebens dort verbracht zu haben, und wenn man schonmal in Boston ist bietet sich ja eine Rückkehr nach Kansas geradezu an, vor allem im März, wo weder wilde Schneegestöber noch vereiste Straßen oder Tornados auf den ca. 1200 Meilen auszuschließen sind. Demnach war ich bis zum Abfahrtstag skeptisch, ob ich die Reise überhaupt so antreten würde oder einen Notfallplan in Richtung Florida entwerfen müsste, und Wetterberichte wurden täglich auswendig gelernt. Mit dem Ergebnis, dass mich das Wetter nicht davon abhalten konnte, loszufahren, und ich mich an einem Dienstagmorgen schwergepäckbepackt auf den Weg zur Autovermietung machte. Als ob es noch eines Beweises bedurfte, dass die Amerikaner den Zusammenhang zwischen Benzinverbrauch und stetigem Schlechterwerden unseres Planeten noch nicht so ganz verstanden haben, bot man mir statt meines gebuchten Kleinwagens ein Gratis-Upgrade zum SUV an, das ich natürlich dankend ablehnte und stattdessen einen zwar leicht dreckigen, aber immernoch nicht gerade kleinen, "Kleinwagen" erhielt: "Charley"!

to be continued...

IkeaRegal

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #1 am: 10.04.2006, 21:27 Uhr »
WOW, ich freu mich jetzt schon auf den Bericht. Vor allem, wie kommt man auf die dolle Idee komplett alleine so ne Tour zu bewältigen? Erinnert mich an den Film "Elizabethtown", wo der Kerl hinterher auch quer durch die Staaten fährt um zu sich selbst zu finden.

Franz Fredinand

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #2 am: 10.04.2006, 23:09 Uhr »
Dann mal schnell zum nächsten Kapitel, hoffe ich bringe das ganze in den nächsten Tagen irgendwie zu Ende, sonst müssen Millionen von Forum-Lesern warten bis die extended version in Buchform erscheint  :D

Und zum IkeaRegal: Die Frage nach dem "Wieso mach ich das eigentlich?" habe ich mir natürlich auch oft gestellt, und bin mir immer noch nicht so ganz sicher was die beste Antwort darauf ist. Elizabethtown hab ich nicht gesehen, aber ich bezweifle mal das ich da die Antwort für mich finde. Am ehesten anfreunden kann ich mich mit irgendetwas hiervon:
-Langjährige Nordamerika-Faszination, gepaart mit der Überzeugung dass das "echte" Amerika (oder eins von vielen "echten" Amerikas) für mich viel mit Alltäglichem fernab von Metropolen wie NYC oder LA zu tun hat. Gab auf jeden Fall unzählige Momente unterwegs, die sich in meinen Augen unglaublich "amerikanisch" anfühlten, ganz kleine, unbedeutende Dinge, z.B. Frühstück in nem Diner irgendwo im Osten von Nebraska.
-Faszination Straße: Eins vorneweg: Ich fahre hierzulande kein Auto. Nie! Insofern war die viele Fahrerei, die anderen wohl eher viel zu stressig gewesen wäre, für mich richtig großartig. Ich nehme jetzt nicht so blöde Worte wie Selbst-Therapie in den Mund; es war einfach schön, soviele verschiedene Landschaften und Orte aus dem Autofenster zu beobachten.
-Für Leute, denen das nicht aufregend genug ist (und für den Teil von mir, der überzeugt ist dass ich mir mit den vorangehenden Erklärungsversuchen nur selber was vormache): Vielleicht war es auch einfach der Versuch, einem einsetzenden Anflug von Alltags-Lethargie mit einem großen Abenteuer entgegenzuwirken, oder doch ein (erfolgloser?)Selbstfindungsversuch, oder gar der verzweifelte Wunsch, meine allererste große Liebe wiederzusehen???
Auf jeden Fall bin ich mittlerweile eigentlich soweit, die Frage nach dem Warum fallenzulassen und der Tatsache, dass ich einen unvergesslichen Trip hinter mir habe, einfach so ins Auge zu sehen.

Jetzt aber, wo war ich stehengeblieben... jetzt merke ich gerade dass ich nicht dazu fähig bin, Fotos hochzuladen, dass tut mir ja jetzt etwas Leid, aber: es wurde kein Bild hochgeladen. Wie auch immer...

Nach einer Woche in Boston hatte ich natürlich schon ein Bild von dem Wahnsinn, den die Leute dort Straßenverkehr nennen, und war deshalb auch heilfroh, als ich auf direktem Wege via Interstate die Stadt hinter mir ließ. In Charleys CD-Player sang die beste Boston-Band aller Zeiten, The Dresden Dolls, über schwarze Jeeps auf den Straßen von Boston, während ich mit einem silbernen Chevy Monte Carlo ebendiesen Jeeps und Straßen den Rücken kehrte. Schon nach den ersten Metern auf der Interstate ein unbeschreibliches Gefühl von Euphorie und vor allem die Bestätigung, dass der Gedanke, dass ein solcher Trip wirklich unglaublich sein würde, nicht ganz falsch war. Erstes Ziel, das ich auf dem Weg nach Kansas unbedingt ansteuern wollte, war Pittsburgh. Da mir das aber für den ersten Fahrtag dann aber doch eine zu lange Fahrt zu sein schien, hatte ich vorher im Internet auf ungefähr halber Strecke ein Örtchen in den Bergen von Pennsylvania entdeckt, dass den Namen des amerikanischen "Athlete of the (20th) Century" trägt: Jim Thorpe, Pennsylvania. Da diese Strecke wiederum nicht zuviel Fahrerei für einen Tag versprach, nahm ich nicht den direkten Weg Richtung Westen, sondern fuhr erstmal ein wenig die Küste entlang, um immer wieder an kleinen oder großen Einbuchtungen entlang des Highways den Atlantik zu sehen. Oft waren diese Buchten mit teils atemberaubenden Brücken zu überqueren, und wenn man sich nicht auf dem Highway befunden hätte wäre man am liebsten auf jeder dieser Brücke angehalten, um die schöne Aussicht zu genießen. So aber ging es mit dem Auto erst durch Massachusetts, dann durch Rhode Island, wo der erste Schnee an den Straßenrändern vereinzelt zu sehen war, der aber so aussah, als würde er schon immer dort liegen, und nicht als wenn er Vorbote düsterer Schneestürme wäre. Überhaupt war das Wetter perfekt, um im warmen Auto durch das kalte, aber sonnige und blauhimmlige New England zu fahren. In Connecticut schließlich Zeit für eine erste Pause, und laut Karte sah New London wie das genau richtige kleine Küstenstädtchen für eine Pause aus. Nach einem kurzen Spaziergang am Wasser (spätestens hier wäre das nächste Foto fällig, wenn ich wüsste wie´s geht), machte ich die erste von vielen zufälligen Entdeckungen während meines Trips: In New London steht, relativ unscheinbar zwar, aber immerhin, das Geburtshaus von Eugene O´Neill! Eugene O´Neill!!! Ein bischen mehr Begeisterung bitte! Vielleicht war es auch garnicht das Geburtshaus sondern nur eins von vielen Wohnhäusern, aber auf jeden Fall ein Stück Leben des genialsten Dramatikers aller Zeiten (und Namensgebers meiner Katze). Nach dem langsamen Abklingen meiner Begeisterung über diese unverhoffte Überraschung, und nach einem kleinen Imbiss, ging es weiter auf vier Rädern, rein in den Staat New York, einen kleinen Bogen um NYC machend, aber trotzdem ein wenig im New Yorker Stau steckenbleibend. Dann ein kurzes, ereignisarmes Stück New Jersey, ehe mir die Kassierstation des Pennsylvania Turnpike nahelegte, dass ich nun in Pennsylvania war (wegen $.50 halten die da jeden extra an, sowas Lächerliches...). Nach soviel Meer am ersten Fahrtag merkte ich erst langsam, dass es immer hügeliger wurde. Nachdem ich mich mit dem Gedanken angefreundet hatte, dass ich den Atlantik jetzt erstmal für eine ganze Weile nicht mehr sehen würde sondern stattdessen erstmal die Appalachians durchqueren würde, genoss ich die wunderschöne Berglandschaft. Als es langsam dunkel wurde fragte ich dann doch mal einen dubiosen Asiaten an einer dubiosen Tankstelle mitten im Nichts nach dem Weg nach Jim Thorpe, und eine halbe Stunde war ich auf dem Broadway jenes Bergdorfes. Mein angepeiltes Guesthouse (Mary´s Guesthouse... besser geht´s nicht... unbedingt hinfahren... SCHLEICHWERBUNG!!!!) fand ich allerdings erst, nachdem ich erfuhr, dass es gleich zwei Broadways in diesem Ort gab. Natürlich war ich der einzige Gast im Gasthaus, dass eigentlich der umgebaute Teil eines Wohnhauses zweier netter Einheimischer ist, obwohl mir diese versicherten, dass im Sommer Jim Thorpe vor Wanderern und Anglern geradezu wimmle. Die beiden erzählten mir noch einiges über sich, ihr Gasthaus, und ihren Ort, ich über mich, meine Heimat, und meinen Trip, und schließlich schickten sie mich in die bester Bar der Stadt, die immerhin eine erstaunliches Auswahl von sieben Bars zu bieten hatte. Die Geschichte, wie ich in jener Bar einen jungen perspektiv- und hoffnungslosen Einheimischen traf, der am nächsten Tag ins Gefängnis musste und so am vorerst letzten Abend in Freiheit mit mir Rumpel Minze trank (fieser Pfefferminz-Schnaps, aber was tut man nicht alles für einen Mann, der seinen letzten Abend in Freiheit verbringt...), erspar ich euch mal aus Zeitgründen. Nur soviel, dass wir irgendwann getrennter Wege gingen, schließlich hatten wir ja beide am nächsten Tag viel vor...

to be continued...

Kauschthaus

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #3 am: 10.04.2006, 23:42 Uhr »
Hallo Franz Ferdinand,

wegen Bilder einfügen schau mal hier.

Ganz klasse geschrieben, und die Ausführungen über Sinn und Zweck und gedankliche Rationalisierungen sind herrlich.

Mit dem einen oder anderen Bild, und - wenn Du mir diese Anmerkung bitte nicht verübelst - dem einen oder anderen Absatz im Text, wird der sowieso schon interessante Bericht dann vollends zum Genuss.  :wink:

Viele Grüße, Petra
Wenn DAS die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück!

Westernlady

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #4 am: 10.04.2006, 23:55 Uhr »
Super Stil  :D  :!:  
Ich freue mich auf die Fortsetzung.

Stephan_

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #5 am: 11.04.2006, 06:27 Uhr »
Hallo Franz Ferdinand,

Dein Reisebericht gefällt mir seht gut, er hebt sich im Stil deutlich von allen anderen ab. Ich bin schon gespannt, wie es weiter geht :-)

stephan
1991 San Francisco - 1993 Dallas - 1995 Seattle - 1997 Atlanta / Mexiko / Kanada - 1999 Seattle - 2001 Detroit / Chicago - 2004 Los Angeles - 2006 Los Angeles - 2008 Los Angeles - 2010 Denver 2012 Seattle - Boston 2013 Las Vegas - 2017 Las Vegas

KarinaNYC

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #6 am: 11.04.2006, 06:48 Uhr »
Bin begeistert von diesem "etwas anderem" RB  :daumen:  - feu mich auf die Fortsetzung!  :D

mrh400

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #7 am: 11.04.2006, 09:05 Uhr »
Hallo,
mal was anderes, macht richtig Spaß beim Lesen.

Allerdings möchte ich mich der Bitte von Petra anschließen: mach ein paar Absätze rein, so habe jedenfalls ich das Problem, daß einem allmählich vor dem Bildschirm das große Flimmern kommt (nicht jeder hat noch perfekte Augen und möchte dennoch Deinen Berichtsstil genießen)
Gruß
mrh400

Doreen & Andreas

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #8 am: 11.04.2006, 10:00 Uhr »
Der Bericht ist super, der Schreibstil brilliant, schreit förmlich nach einer Veröffentlichung in Buchform  :daumen:
Bis es soweit ist, folgen wir dem Geschehen hier im Forum  :wink:
Viele Grüße,
Andreas
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Schneewie

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #9 am: 11.04.2006, 10:47 Uhr »
Danke für den Bericht. Hoffentlich geht es bald weiter!  :arrow:
Gruß Gabriele

atecki

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #10 am: 11.04.2006, 11:35 Uhr »
Hi FF,

der Bericht liest sich toll! Trotzdem eine kleine Anregung: Füge mal eine Zeilenschaltung und eine Absatz ein, dann liest es sich viel leichter...

Grüße

Axel

cleoxx

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #11 am: 11.04.2006, 20:35 Uhr »
Hallo,

super Reisebericht - mal was ganz anderes: Sowohl vom Schreibstil als auch von der beschriebenen Gegend her. Mal wieder etwas ursprünglicheres USA, das gefällt mir gut! Und ein paar Deiner besuchten Staaten stehen auch noch auf unserer "Wunschliste". Da koennen wir uns bestimmt ein paar Geheimtipps abgucken...
Bin auf jeden Fall schon sehr gespannt auf die Fortsetzung und die Bilder!

Grüßle
cleoxx


Franz Fredinand

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #12 am: 11.04.2006, 22:44 Uhr »
So, da bin ich wieder.

Das mit den Absätzen finde ich durchaus nachvollziehbar, hab aber gerade mal probiert es zu ändern, das geht wohl hinterher nicht mehr, aber ich gelobe Besserung für alle zukünftigen Beiträgen.

Nach einigem Hin und Her habe ich jetzt auch die Hoffnung, dass das mit den Fotos jetzt doch klappt; waren, wenn mich nicht alles täuscht, einfach noch zu groß.

Wenn meine mangelnden Multimedia-Kenntnisse mir nicht einmal mehr einen Strich durch die Rechnung macht, hier jetzt mal zu Testzwecken ein Foto von Charley, während seiner wohlverdienten ersten Pause in Connecticut:


Franz Fredinand

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #13 am: 11.04.2006, 23:56 Uhr »
Wooohoo, es funktioniert, jetzt kann mich nichts mehr aufhalten. Aus lauter Freude und Überschwang noch mal schnell ein Foto aus New London nachgereicht



Und zur Belohnung gleich noch mal schnell einen Tag vorgespult:

Nach einer Woche im Jugendherbergsbett in Boston, das zwar nicht komplett unbequem war, aber den großen Nachteil hatte, mit 7 anderen, meist ebenfalls belegten Betten in einem Raum zu stehen, war die erste Nach "on the road" großartig. In Mary´s Guesthouse hatte ich ein Zimmer mit vier großen, bequemen Betten zur Auswahl, und Rumpel Minze trug wohl auch seinen Teil dazu bei dass ich so gut wie lange nicht schlief und am nächsten Morgen beim Aufwachen dachte, dass die nächsten zwei Wochen gerne so weitergehen könnten wie die ersten 24 Stunden.

Zum Frühstück ging´s in das einzige echte Diner von Jim Thorpe (vielleicht sollte eine der 7 Bars mal ne Umschulung in Erwägung ziehen), wo einem wie im Film das (vorsichtig ausgedrückt) einfache Highschool-Mädchen die Eier, den Speck, sowie Toast und Tee an den Tisch brachte, während der dicke und nur begrenzt appetitliche Chef hinter der Theke seinen Chefsachen nachging. Für $2.50 ging´s also wohlgestärkt in den Tag, was ja einerseits nicht wirklich viel ist, andererseits hätte man dafür aber auch fünfmal übern Pennsylvania Turnpike fahren können...

Da ich im Gegensatz zu meiner Rumpel-Bekanntschaft vom Vorabend keinerlei verpflichtende Verabredungen mit irgendwelchen Staatsangestellten hatte, entschloß ich mich mir das anzusehen, was im Sommer angeblich Unmengen von Touristen nach Jim Thorpe zog: Mauch Chunk Lake. Sowohl auf dem ca. 30-minütigen Wanderpfad

als auch am See selber

begegnete mir nicht eine einzige Menschenseele, was zum einen diesen Morgen wunderschön ruhig und friedlich werden ließ und zum anderen dafür sorgte dass mir dass unscheinbare Örtchen mit dem komischen Namen Jim Thorpe als perfektes amerikanisches Berg-Idyll in Erinnerung bleiben wird.

Dann war aber erstmal wieder Schluss mit Idyll, denn ich wollte ja noch nach Pittsburgh. Und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Wonder Boys! Sowohl das großartige und empfehlenswerte Buch von Michael Chabon als auch der nicht ganz so großartige aber dennoch empfehlenswerte Film mit Michael Douglas spielen in Pittsburgh und hatten mir den Gedanken in den Kopf gesetzt, dringend mal nach Pittsburgh fahren zu müssen.

Während Charley und ich die entzückenden Landstraßen in Richtung Pittsburgh befuhren, tauchte auf einmal ein Ortsschild mit der Aufschrift Centralia auf, was mich sofort an einen Artikel erinnerte, den ich irgendwann mal über diesen Ort und den dort befindlichen "Highway to Hell" gelesen hatte.Und tatsächlich war es nicht schwer, in dieser mittlerweile beinahe komplett verlassenen, ehemaligen Minen-Stadt, die Warnschilder zu finden, die mich darauf hinwiesen dass die Straße, die vor mir lag, jederzeit einstürzen könnte und überhaupt irgendwie gefährlich wäre.

Da aber jener Artikel dazu aufgefordert hatte, diese Hinweise zu ignorieren, ließ ich Charley stehen und machte mich zu Fuß auf den Weg das verlassene und gesperrte Stück Highway hinunter, während ich mir gleichzeitig vorzustellen versuchte, mir ein Bild von dem zu machen, was mich laut Artikel gleich erwarten würde.

Wenn ich ehrlich bin, wäre ich wohl ein wenig enttäuscht gewesen, wenn ich extra hierfür nach Centralia, Pennsylvania gefahren wäre. Aber da ich absolut zufällig hier gelandet war gab es keinen Grund zu großer Enttäuschung, und eigentlich war es sogar ganz nett, es gesehen zu haben: Das Tor zur Hölle!

Bei dem es sich eigentlich nur um ein unterirdisches Minenfeuer handelt, dass seit 30 Jahren in dieser verlassenen Mine ununterbrochen vor sich hin brennt. Aber selbst wenn man eigentlich nur eine an Ostdeutschland erinnernde Straße (bitte mir keine Bösartigkeit gegenüber Ostdeutschland unterstellen, nichts läge mir ferner), ein wenig Rauch, und einen leichten Schwefelgeruch sieht bzw. riecht, erinnert das ganze in Echt mit ein bischen Phantasie schon ein bischen an irgendeinen Hollywood-Weltuntergang.

Aber genug mit derart Nebensächlichkeiten aufgehalten (die eigentlich wesentlicher Bestandteil meiner Reise waren, wie hätte man das je planen können?), schließlich wollte ich ja noch möglichst im hellen in Pittsburgh ankommen. Was ich auch tat, wobei ich allerdings in einer Eisdiele nach dem Weg fragen musste, den mir der dicke und nur begrenzt appetitliche Chef auch gerne und viel zu schnell verriet, während mir das für ihn arbeitende, (vorsichtig ausgedrückt) einfache Highschool-Mädchen mit einem um Nachsicht bittenden Lächeln schnell seine wirren Anweisungen in verständlicher Form zu Papier brachte, so dass ich dann doch recht bald mein Ziel fand.

Auf welches ich sehr gespannt war, für Pittsburgh sowie die nächsten zwei angedachten Stationen meiner Reise hatte ich nämlich auf der genialen Internet-Seite hospitality club Unterkunft gefunden. Dahinter verbirgt sich ein weltweites Netzwerk von Leuten, die sich grundsätzlich bereit erklären, Reisende für einen kurzen Zeitraum einen Schlafplatz anzubieten. Natürlich muss man nicht jeden dahergelaufenen Fremden in sein Zuhause lassen, aber da ich bei diesen drei Stationen vorher nett angefragt hatte war ich nun doch sehr gespannt, wer sich da eigentlich bereit erklärt hatte, mich zu beherbergen.

Und falls ihr auch sehr gespannt sein solltet (oder auch nur ein ganz kleines bischen), wer mich in Pittsburgh begrüßen würde, was mich sonst noch so wundersames in dieser Stadt erwarten würde, und wieso ich nur wenige Tage später mit einer Außerirdischen vom Planeten Venus durch St. Louis schlendern sollte, dann schaltet auch morgen wieder ein wenn es heißt... obwohl, morgen Abend sehe ich meinem kleinen Stadtteilverein zu, wie er ins Finale des großen DFB-Pokals einzieht, also müsst ihr vielleicht doch ein wenig länger warten. Aber eine Fortsetzung folgt, sofern sie irgendjemanden interessieren sollte, ganz bestimmt. Aber jetzt muss ich dringend ins Bett, gute Nacht und gute Reise(n) allerseits!

KarinaNYC

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #14 am: 12.04.2006, 07:17 Uhr »
Toll das jetzt Absätze drin sind & Fotos!  :daumen:
Der Bericht ist genial....