Hallo,
dann fahren wir halt mal los - noch ist ja etwas Platz im Auto
1. Tag, Samstag 29.09.2012: München – Zürich – Boston - Revere
Der Wecker bimmelt wie üblich um 07:00. Wir haben aber jede Menge Zeit, so daß wir gemütlich ausduseln. Die Koffer waren weitestgehend schon gepackt, so daß wir „nur noch“ die Wohnung so herrichten müssen, daß uns bei der Rückkehr nicht der Schlag trifft. Bis wir gefrühstückt haben und alles in einem ordentlichen Zustand ist, ist es dann etwa 10:45, bis wir endlich starten.
Nach 500 Metern, am Westfriedhof, fällt mir ein, daß ich noch die Saugnapfhalterung für das Navi aus dem anderen Auto mitnehmen wollte, falls unser Mietwagen kein gescheites Armaturenbrett für die Auflage hat. Noch etwas haben wir vergessen, aber das fällt mir erst am Flughafen ein: Der Wecker wird alle 24 Stunden seine Seele aus dem Leib bimmeln, bis die Batterie leer ist – sei’s drum.
Wir fahren nach Norden auf die Autobahn und das Navi lotst uns um einen Stau zwischen Unter- und Oberschleisheim herum. Der taucht auf der Anzeige immer wieder auf, dann ist er wieder weg, dann wieder da. Da auch im Radio davon berichtet wird, folgen wir brav der Umleitung, die auch nicht allzu viel Zeit kostet.
Die Temperatur liegt bei ca. 13° C und zeitweise tröpfelt es etwas. Der Verkehr ist wechselnd dicht, kurze Stücke kann man ein letztes Mal für drei Wochen auch etwas schneller fahren. Am Flughafen haben wir bereits einen Parkplatz vorreserviert – man hat freie Platzwahl in mehreren Parkhäusern entlang des Terminal 1. Wir wählen P7, fahren auf Ebene 3 und suchen uns auf der Ostseite einen Platz ganz im Süden. Wir bekommen den besten denkbaren Platz ganz am Ende der Reihe. So sind wir mit nur wenigen Schritten an den Laufbändern, die uns über das P 20 zum Terminal 2 bringen.
Die Gepäckabgabe am Business-Schalter dauert nur wenige Minuten, die Sicherheitskontrolle zerlegt die Kamera und will den Techniksums im Rucksack genauer inspizieren. Insgesamt ist der Betrieb heute äußerst ruhig.
In der Business Lounge essen wir eine Kleinigkeit: Fritattensuppe und kleine Näpfchen mit Räucherforelle mit Gurkencreme, Geflügellebermousse mit Aprikosenkompott und Spundekäse (habe ich noch nie gehört) mit Pumpernickelstreuseln. Zum Nachtisch gibt es Mozartkugeln. Marianne trinkt ein bleifreies Bier, ich ein Glas Riesling und ein Wasser.
Das Boarding beginnt mit fünf Minuten Verspätung. Zu unserer Überraschung steht die Maschine am Finger, so daß wir in dem beginnenden Regen nicht naß werden. Der Abflug ist trotz offenbarer Verzögerung bei der Beladung ziemlich pünktlich. In der Business sitzen – uns eingerechnet – gerade mal drei Leute. Schon kurz nach dem Start sticht der Flieger in die Wolkendecke, die er erst unmittelbar vor der Landung in Zürich wieder verläßt.
Gatenachbar in München
Zürich Kloten
Weil wir ja bisher nichts zu essen hatten, gibt es auf einem schönen Prozellantellerchen serviert eine Semmel mit Roastbeef und Waldorf-Salat und noch ein kleines süßes Teilchen. Viel Zeit hat man nicht, denn der ganze Flug dauert ganze 35 Minuten – also wird alsbald wieder abserviert.
Anders als in München fahren wir in Zürich zu einer Außenposition. Dafür gibt es aber einen extra „Business-Bus“, mit dem wir drei zum Terminal gefahren werden. Dort empfängt uns auf der Tafel die schöne Ansage, daß das Gate um 15:50 bekanntgegeben wird. Da wir keine Lust haben, dann möglichwerweise durch den halben Flughafen zu hetzen, erkundigen wir uns nach einer biologischen Pause an einem Schalter, in welchem Terminalbereich wir denn ungefähr starten werden. Die Antwort lautet „E“ – und das ist natürlich ganz woanders als unsere Ankunft.
Wir folgen der Beschilderung und kommen zur nahezu menschenleeren Paßkontrolle. Dahinter führt uns eine Rolltreppe in die Tiefe zur führerlosen Bahn, die uns zu den Gates E führt. Unterwegs ertönt lustige Beschallung: Alphörner tuten, ein Männerchor jodelt, dazwischen Blöken Schafe und muhen Kühe.
Nachdem wir mit neuerlichen Rolltreppen hochgefahren sind, orientieren wir uns und finden eine Treppe höher (keinen Lift entdeckt) die Panorama Lounge. Die Dame am Empfang weiß auch schon, wo wir losfliegen, und sagt uns, wann wir abmarschieren sollen. So machen wir es uns mit Lesestoff und PC gemütlich.
Gegen 16:45 verlassen wir die Lounge und gehen zum Gate. Zunächst ist Paßkontrolle angesagt (offenbar ESTA-Abgleich), erst etwas später ist Boarding. Das Abdocken verzögert sich etwas, weil noch Passagiere mit kurzen Umsteigezeiten fehlen. Bevor es losgeht, ertönt von irgendwoher ein schriller Pfiff, wie wenn wir an einem Schweizer Bahnhof wären.
Dennoch ist der Start einigermaßen pünktlich. Ganz am Rand des Flughafens fällt uns ein völlig ramponierter Flieger auf, was gar nicht zum Schweizer Ordnungssinn zu passen scheint. Beim Heranzoomen mit der Kamera zeigt sich, daß es sich offensichtlich um eine Maschine handelt, an der Evakuierungen und ähnliches trainiert werden. Nach einem kurzen Blick auf den umwölkten Zürichsee stechen wir ins Grau.
Die erste angezeigte Ankunftszeit liegt gerade mal drei Minuten hinter Plan. Während des Fluges ändert sich das aber rapide; schon über Irland wird eine über 20-minütige Verspätung angezeigt. Offenbar haben wir einen kräftigen Jetstream gegen uns.
Trainingsflieger in Kloten
Blick auf den Zürichsee
Nach einem Gläschen Sekt vor dem Start (Marianne trinkt allerdings nur ein Wasser) lassen wir uns nach Erreichen der Reiseflughöhe kulinarisch verwöhnen: Marianne ißt als Vorspeise ein Räucherforellen-Küchlein, ich eine Kombination von Trockenfleisch und Tartar. Zum Hauptgericht gibt es ein Rinderfilet mit Trüffeljus bzw. Seezungenfilet mit Schupfnudeln. Marianne trinkt einen Schweizer Pinot Noir, ich einen Chasselas. Der Nachtisch besteht aus einer Haselnußmousse mit einem Glas Portwein bei mir und Käse nebst Obstsalat bei Marianne.
Zu sehen gibt es währenddessen nicht allzu viel. Die Schweiz ist völlig in den Wolken, über Frankreich klart es nur sehr sporadisch auf. Dafür ist Südengland ganz gut zu erkennen, allerdings alles sehr dunstig. Bevor wir die Irische See erreichen, ist dann alles unter einer Wolkendecke verschwunden. Daher legen wir uns für einen Powernap flach.
Haselnußmousse und Portwein
Englands Südküste bei Eastbourne
Der einzige wirklich tolle Ausblick:
Die Autobahnbrücke Second Severn Crossing zwischen Bristol und Cardiff bei Sonnenuntergang
Die Verspätung ändert sich glücklicherweise nicht mehr. Kurz vor 19:00 Boston-Zeit gibt es nochmal einen Snack: Räucherlachs mit Gurkensalat und Kartoffelplätzchen. Dazu trinke ich das letzte bleifreie Bier in der Kantine, Marianne ein Coke. Vor der Landung geht es dann in ganz dichte Wolken. Erst ganz unten sieht man dann die Stadt.
Aufgrund unserer günstigen Plätze (wir waren im vorderen kleinen Compartment der Business) kommen wir schnell aus der Maschine und finden an der Immigration dennoch eine lange Schlange vor. Ein Flieger aus London und einer aus Frankfurt sind offenbar auch schon da. Nach einer guten halben Stunde Wartezeit geraten wir an einen älteren und recht freundlichen Officer – nur nuschelt er so leise vor sich hin, daß wir ihn kaum verstehen. Meinen Geburtsort kommentiert er mit „in the Black Forest“ und freut sich über unsere Besichtigungspläne.
Unsere Koffer drehen sich natürlich schon eine Ewigkeit im Karussell. Erneut geraten wir in eine lange Schlange vor der Zollabfertigung. Der Officer sammelt aber praktisch nur die Zettel ein und winkt die Leute nach einem kurzen Blick durch.
An der Shuttle-Haltestelle kommt recht bald ein Hertz-Bus. Beim Ausladen reißt der Griff von unserem Cabin-Trolley ab. Gut, daß wir nach North Conway in die Outlets kommen. Am hinteren Ende der Gold-Club-Stellplätze steht unser Auto, ein Hyundai Santa Fe mit Virginia-Kennzeichen, riesigem Kofferraum und 19.445 Meilen auf dem Buckel. Für eine nähere Inspektion ist es zu dunkel und bin ich zu müde. Ich bin froh, daß ich das Licht finde, um nach anfänglicher Fehlfahrt (das Navi hatte noch nicht genug Satelliten) ins Hotel zu kurven.
Das Hampton Inn in Revere liegt in einer schauderbaren Umgebung (das realisiert man sogar nachts). Dafür sind die Zimmer riesig. Wir haben eine Zweizimmersuite mit Kochecke von der Größe einer durchschnittlichen Eigentumswohnung. Bevor wir nächtens um 11:00 ins Bett fallen, trinken wir in der Hotelbar noch ein Schlafbierchen und unterhalten uns mit anderen Gästen über Herkunft und Reisepläne.
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