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Autor Thema: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan  (Gelesen 54304 mal)

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Flicka

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Hm.......

Da hatte ich doch unvorsichtigerweise in die Welt posaunt, ganz alleine nach Japan fahren zu wollen.

Warum auch nicht? Überzeugt davon, mit meiner Reiseerfahrung alle Widrigkeiten meistern zu können, legte ich mir erst einmal zwei Reiseführer zu: Den von Stefan Loose mit viel Text und den von National Geographic mit vielen schönen Bildern. Fremde Sehenswürdigkeiten, fremde Sitten, das alles las sich erst mal unheimlich interessant. Bilder von roten Toren, die auf dem Wasser zu schweben schienen, von Schneeaffen, die sich in heißen Quellen aufwärmten, festlichen Prozessionen, Geishas und Kirschblüten, das alles beflügelte meine Phantasie.

Aber o je, wie sollte ich bei all den vielen fremdartigen Sehenswürdigkeiten den Überblick behalten? Hatte ich überhaupt Chancen, die Schneeaffen Anfang April im Schnee anzutreffen? Waren Kinkakuji und Ginkakuji nur zwei unterschiedliche Schreibweisen für dieselbe Sehenswürdigkeit? Und wo traten die Geihas in Kyoto denn nun genau auf? Wo konnte man die Tickets kaufen? Oder konnte man als Ausländerin dafür gar keine Tickets bekommen? Würde ich mich ohne Japanologie-Studium überhaupt in diesem fremden Land zurechtfinden? Und war das hübsche rote Tor vor der Insel Miyajima zwischenzeitlich vielleicht vermodert und in den Fluten der Inlandsee versunken, während ich noch plante, wie dich dorthin kommen konnte? Nach dem Erdbeben 2011 und dem Atomunfall waren in Deutschland keine Reiseführer über Japan mehr erschienen, der Stefan Loose von 2011 war noch der aktuellste.

Je länger ich meine Reiseführer las, desto häufiger sah ich mich vor meinem inneren Auge arglos stundenlang in einem Shinkansen sitzend, nicht wissend, dass ich nicht Richtung Kyoto unterwegs war, sondern in die Gegenrichtung nach Fukushima. Und dann gab es noch diese vielen kleinen Unwägbarkeiten am Rande: Würde ich überhaupt in der Lage sein, eine japanische Toilette zu benutzen und zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtige Fußbekleidung zu tragen?

Ob Japan wirklich so eine gute Idee war? Und wenn ja, vielleicht dann doch lieber mit einer Reisegruppe? Oder zumindest mit einer teilorganisierten Tour? Ich kam ins Zweifeln und hätte meine Idee fast wieder beiseite gelegt.

Zum Glück gibt es das Internet. Nach ersten unstrukturierten Suchen im world wide web stieß ich – auch dank der wunderbaren Reiseberichte hier Forum - auf DIE (allerdings englischsprachige) Seite für Individualreisen nach Japan schlechthin: www.japan-guide.com

Und damit komme ich zu dem ersten der „Wissenswert“-Bausteinen, die ich in meinem Reisebericht immer mal wieder einstreuen werde, um ein paar zusätzliche Informationen zu geben. Fangen wir der Einfachheit halber doch mit folgendem Thema an.



Wissenswertes über... Planung von Individualreisen in Japan

1) Wo finde ich Informationen?
Egal, ob man erst einmal Routenvorschläge sucht, einen Überblick über Unterkunftsmöglichkeiten und Fortbewegungsarten in Japan bekommen will, sich fragt, wo und wann die Kirschbäume blühen, ob man Beschreibungen, Preise und aktuelle Öffnungszeiten zu Sehenswürdigkeiten sucht oder ob man konkrete Fragen zu Tempelübernachtungen auf dem Koyasan hat: Bei www.japan-guide.com hat man gute Chancen, fündig zu werden. Dank der meist bebilderten Informationen zu vielen Sehenswürdigkeiten, den detaillierten Beschreibungen der Anfahrten zu den Reisezielen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, hilfreichen Links und einem Forum nehmen Reisepläne bald konkrete Gestalt an. Ähnlich wie hier im Forum kann man seine Reiseroute zur Diskussion stellen und abnicken lassen, bevor man in die Detailplanung einsteigt.

Hilfreich sind natürlich auch normale Reiseführer, und wer einen E-book-Reader oder ähnliches nutzt, kann beispielsweise bei www.lonelyplanet.com auch ganze Reiseführer zu Japan, Kyoto und Tokio oder einzelne Kapitel aus diesen Büchern herunterladen. Viele Sehenswürdigkeiten oder örtliche Touristeninformationen in Japan verfügen inzwischen auch über englische Internetseiten.


2) Wie kann ich buchen?

Dazu muss man wissen: In mancher Hinsicht plant und bucht man seinen Urlaub in Japan nicht anders als beispielsweise in den USA. Die Flüge gibt es auf den bekannten internationalen Buchungsseiten, größere Hotels ebenfalls.

Differenzierter wird es allerdings schon, wenn man auf der Suche nach kleineren Häusern ist. Nicht alle Buchungsseiten haben alle Hotels im Angebot, und nicht alle Meta-Suchmaschinen haben alle Buchungsseiten im Angebot. Über www.kayak.com und über www.hotelscombined.com kann man durchaus sehr unterschiedliche Ergebnisse erzielen, vor allem bei der Suche nach Unterkünften abseits der Großstädte. Dazu kommen Ryokans, traditionelle Unterkünfte mit japanisch eingerichteten Zimmern, Gästehäuser oder Tempelübernachtungen. Solche Unterkünfte findet man teilweise nur bei japanischen Anbietern, z.B. bei www.japaneseguesthouses.com für Unterkünfte in Shirakawago oder www.kumano-travel.com für Unterkünfte in Koyasan. Manchmal sind die Unterkünfte auch über eigene englische Internetseiten buchbar. Hilfreich, um erst einmal einen Überblick zu bekommen, was es vor Ort überhaupt gibt, ist Tripadvisor.


3) Unterwegs in Japan
Unterwegs in Japan zu sein, das heißt in den meisten Fällen für den ausländischen Reisenden mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein. Dank Linksverkehr, Straßenkarten in japanischer Schrift, Autobahnmaut, ausufernden Großstädten und Parkplatzknappheit ist die Anmietung eines Autos vermutlich nur in ländlichen Gebieten eine Alternative zu Zügen und Überlandbussen. Wer seinen Wohnsitz außerhalb Japans hat, kann – und muss das ggfs. vor der Anreise tun – einen Gutschein für einen Japan-Railpass erwerben, der in Japan gegen einen entsprechenden Pass eingelöst werden kann. Beziehen kann man diese Pässe beispielsweise über www.jr-pass.com.

Ein Railpass für drei Wochen kostet je nach Wechselkurs derzeit ca. 400 Euro. Für kürzere Reisen ist der Pass auch günstiger als Wochen- oder Zweiwochen-Pass erhältlich. Damit sind fast alle staatlichen JR-Züge nutzbar, auch die meisten Shinkansen-Schnellzüge. Der Railpass gilt nur sehr eingeschränkt im städtischen Nahverkehr, nämlich beispielsweise auf der Yamanote-Linie in Tokio. Fahrten mit Stadt- und Überlandbussen, U-Bahnen und Straßenbahnen sind nicht enthalten, ebensowenig wie die Nutzung von Privatbahnen, wie z.B. nach Koyasan.

Sehr hilfreich für die Planung ist die Seite www.hyperdia.com, die die japanischen Zugverbindungen anzeigt. Und ja: Japanische Bahnhöfe sind auch auf englisch ausgeschildert. So schnell kann man beim Bahnfahren in Japan also nicht verloren gehen.





Puh, dieser „Wissenswert-Baustein“ ist länger geworden, als eigentlich geplant. Aber immerhin haben wir die Grundlagen geklärt. Und weitere Erklärungen ergeben sich vielleicht im Verlauf unserer Reise. Immerhin habe ich es dank der verschiedenen Informationsquellen geschafft, Ginkakuji und Kinkakuji als zwei verschiedene Tempel einzuordnen, und der Besuch der Schneeaffen in den heißen Quellen in der Präfektur Nagano wurde schweren Herzens von meiner Besuchsliste gestrichen. Dafür kamen im Laufe der Planung andere Ziele auf meine Liste, von denen ich vorher nie gehört hatte.

Wenn ihr neugierig seid auf das Land der aufgehenden Sonne, dann kommt doch einfach mit auf diese Reise! Wir werden einige „Top-3“-Ziele besuchen, unter anderem einen der drei schönsten Landschaftsgärten in Japan, eine der drei schönsten Landschaften Japans und eins der drei schönsten Feste Japans. Unterwegs sein werden wir mit Bussen und Bahnen, aber die Schuhsohlen werden auch ordentlich abgenutzt. Die Hotelzimmer werden meistens ziemlich klein sein, aber weil wir morgens schon so früh auf Tour gehen, verbringen wir sowieso nicht viel Zeit im Hotel. Dafür lassen wir es uns abends ab und zu in einem heißem Bad gutgehen. Wer mit Essstäbchen nicht zurechtkommt, kann ein Reisebesteck einpacken, und im Notfall gibt es statt Sushi und Co. auch fast überall „westliches“ Essen, verhungern muss also niemand. Und auch wenn die Zimmer klein sind: Die Betten sind ausreichend groß, um auch einen Europäer Schlaf finden zu lassen.

Ich würde mich freuen, euch mit an Bord zu haben!



Maverick

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #1 am: 26.04.2014, 11:11 Uhr »
Eine Individualreise durch Japan? Das interessiert mich definitiv! Ich bin dabei!  8)

Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #2 am: 26.04.2014, 11:16 Uhr »
Konnichiwa und willkommen an Bord!  :D

Ich weiß ja nicht, ob du selbst mit dem Gedanken spielst, nach Japan zu fahren. Fragen zum Reiseziel und zur Organisation einer solchen Reise beantworte ich in jedem Fall gerne.

Wilder Löwe

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #3 am: 26.04.2014, 13:25 Uhr »
Wir spielen seit Jahren mit dem Gedanken, Japan zu besuchen, da mein Mann beruflich viel mit Japan zu tun hat. Für den Sommer 2011 hatte ich es konkret ins Auge gefasst, aber dann kamen familiäre Umstände dazwischen, die mich davon abgebracht haben. Mit Fukushima hatte sich die Sache dann auch erst einmal erledigt. Aber nun steht Japan wieder ziemlich weit oben auf unserer to do Liste, deshalb reise ich gerne mit und profitierte von Deiner Erfahrung.
Freunde von uns haben übrigens Japan letztes Jahr per PKW auf eigene Faust erkundet. Sie sprechen kein Wort Japanisch und meinten, dass sie zumindest bei den Fahrten von A nach B dank Navi keine Probleme hatten. In den Städten haben sie dann aber doch lieber öffentliche Verkehrsmittel genutzt.
Viele Grüße
Katrin

Inspired

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #4 am: 26.04.2014, 13:51 Uhr »
Du löst sicher einen Run auf Japanreisetickets aus, du wirst sehen! ;)

Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #5 am: 26.04.2014, 13:54 Uhr »
Wilder Löwe, willkommen an Bord! Wenn sich Fragen ergeben, immer her damit!

Auf dem platten Land könnte ich mir das Autofahren in Japan noch vorstellen. Aber als Ersttäterin war ich die meiste Zeit in größeren Städten unterwegs bzw. habe in solchen Städten übernachtet und Tagesausflüge gemacht, und da hätte das Autofahren keinen Sinn gemacht. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln war es allerdings zeitweise auch anstrengend, so viel kann ich schon mal verraten.


Du löst sicher einen Run auf Japanreisetickets aus, du wirst sehen! ;)

Vielleicht sollte ich mir irgendwo versuchen, Provisionen zu sichern.  :wink:

Denver

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #6 am: 26.04.2014, 14:30 Uhr »
Hallo Flicka

Bei deinem Prolog musste ich dauernd mit dem Kopf nicken. Ich bin gerade in dieser Phase und frage mich auch, wie man sich all die Regeln merken soll und ob man mit den Öffis wirklich klar kommt. Japan-Guide sowie Railpass habe ich auch schon gefunden und bin verwirrter als vorher.

Ich freue mich auf deinen Bericht, bin sehr gespannt wie es gelaufen ist und hoffe von deinen Erfahrungen etwas mitnehmen zu können.

LG Denver

Jochen

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #7 am: 26.04.2014, 14:45 Uhr »
Bin gespannt und werde interessiert mitlesen :)

Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #8 am: 26.04.2014, 14:49 Uhr »
Denver, Jochen, willkommen an Bord! Schön, dasss ihr dabei seid!



Bei deinem Prolog musste ich dauernd mit dem Kopf nicken. Ich bin gerade in dieser Phase und frage mich auch, wie man sich all die Regeln merken soll und ob man mit den Öffis wirklich klar kommt. Japan-Guide sowie Railpass habe ich auch schon gefunden und bin verwirrter als vorher.


Ich hoffe, ich kann den Nebel der Verwirrung etwas lichten. Zugegebenermaßen war die Reisevorbereitung für Japan intensiver als für alle anderen Reisen, die ich bisher so gemacht habe. Aber es hat sich gelohnt, und man ist vor Ort auch definitiv nicht auf sich gestellt, sondern findet immer Hilfe. Und mit uns Ausländern ist man dort auch nachsichtig, jedenfalls wenn man merkt, dass wir uns zumindest Mühe geben, die Spielregeln einzuhalten. Nur Mut!

Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #9 am: 27.04.2014, 08:28 Uhr »
28. März: Frankfurt – Seoul

Was lange währt....

Zehn Monate lang habe ich diese Reise geplant, heute geht es endlich los.

Nach alter Tradition beginnt die Reise mit einer Zugfahrt zum Frankfurter Flughafen. Es ist Freitagmittag, sonniges Frühlingswetter, viele Schüler kommen gerade aus dem Unterricht. Der Zug ist trotzdem nur halbvoll, und ich finde problemlos einen Platz. Mit dem Zug werde ich in den nächsten Wochen öfter fahren, denn in Japan werde ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein. Ich kann nur hoffen, dass die Fahrkartenautomaten dort nicht komplizierter sind als die auf dem heimischen Bahnhof, denn als Ausländer hätte ich mir dort sicher keine Fahrkarte kaufen können. Sogar als Einheimische hatte ich Zweifel, ob der Automat mir am Ende eine Fahrkarte ausdrucken würde.

Erstaunlicherweise ist der Zug fast pünktlich. Das entspricht nun ganz und gar nicht der alten Tradition, wonach die Züge, mit denen ich in den Urlaub starte, regelmäßig eine halbe Stunde Verspätung haben. Aber mit dieser unvorhergesehenen Wendung kann ich leben.

Am Flughafen angekommen, suche ich die Schalter von Asiana Airlines. Die sind schnell gefunden, und nach nicht ganz so alter Tradition stelle ich mich fröhlich am First-Class-Schalter an. Der treue Leser meiner Reisebericht wird sich erinnern, dass ich es geschafft hatte, vor ein paar Jahren bei US-Airways günstig an Meilen zu kommen, mit denen ich mir schon einen First-Class-Flug mit Thai Airways nach Australien gönnen konnte. Damals waren noch ein paar Meilen übrig geblieben, und zwischendurch gab es noch eine sehr günstige Meilen-Tausch-Aktion. Langer Rede kurzer Sinn: Auch für meinen Japan-Urlaub hat es wieder für einen First-Class-Flug gereicht, diesmal mit Asiana Airlines über Seoul. Den Flug werde ich voll auskosten, habe ich mir vorgenommen, denn inzwischen haben US Airways und American Airlines fusioniert, und mit den günstigen Meilenflügen ist es wohl vorbei.

Am First-Class-Schalter reiche ich meinen Pass über den Tresen, und die freundliche Mitarbeiterin bearbeitet meine Buchung. Ich fliege zunächst nach Seoul und von dort aus weiter nach Tokio. Dafür bekomme ich auch gleich zwei Boardkarten, aber erst, nachdem die Mitarbeiterin die ersten Boardkarten zerrissen hat: Für die First Class werden die Boardkarten nämlich auf Karten mit einem goldenen Feld ausgedruckt. Da lagen beim ersten Versuch aber noch die normalen Karten im Drucker. Und für den zweistündigen Weiterflug in der Business Class muss die Boardkarte oben ein blaues Feld haben. Da lagen beim ersten Versuch aber noch die goldenen Karten im Drucker.

Als ich gerade die beiden Boardkarten an mich nehme und denke, dass jetzt alles geklärt ist, verblüfft mich die Mitarbeiterin beim Anblick meines Koffers mit der Frage, ob ich eine Tüte wolle. Ich stehe auf dem Schlauch. Wieso sollte ich eine Tüte brauchen, ich habe doch einen Koffer? Bevor ich dazu komme, diese Frage tatsächlich zu stellen, erklärt mir die Mitarbeiterin, dass die Koffer in der First Class auf Wunsch in eine Tüte gepackt werden. Sie sei sich allerdings nicht sicher, ob die Tüte passe, weil die Tüten nicht besonders groß seien, ich solle mich also nicht wundern, wenn der Koffer später doch ohne Tüte in Tokio ankäme. Na, wenn eine Tüte zum First-Class-Programm gehört, dann will ich natürlich eine Tüte, denke ich mir, frage aber vorsichtshalber dann doch noch nach, ob ich meinen Koffer in der Tüte überhaupt erkennen werde. Doch, doch, das würde ich, meint die Mitarbeiterin, es seien goldene Tüten. Also bestelle ich die goldene Tüte.

Es sind noch fast drei Stunden bis zum Abflug, also schaue ich kurz auf der Besucherterrasse im Terminal 2 vorbei, wo heute nachmittag nicht viel los ist. Aber natürlich wird die Zeit bis zum Abflug nicht hier bei McDonalds verplempert, schließlich darf ich mit meinem Ticket in die Lufthansa Senator Lounge ganz in der Nähe von Gate B 45, wo ich später abfliege. Zuerst geht es aber an die Boardkarten- und Sicherheitskontrolle an den B-Gates, und sofort merke ich, was der goldene Rand meiner Boardkarte wert ist. Schon aus einigen Metern Entfernung erkennt man mich offenbar als First-Class-Passagierin, und ich darf an der anderen Seite der Abtrennung vorbei gleich zur Sicherheitskontrolle, statt mich in die Warteschlange einzureihen. Mehr Spaß hätte das zwar gemacht, wenn die Warteschlange aus mehr als 5 Personen bestanden hätte, aber immerhin.

In der Senator Lounge bin ich fest entschlossen, mich mit kulinarischen Köstlichkeiten zu verwöhnen, aber angesichts der Auswahl zwischen Wiener Würstchen und irgendeinem undefinierbaren Gericht mit Bohnen, greife ich dann doch lieber zu einer Brezel und einem Bier. Ich mache es mir in einem der Sessel gemütlich und beginne schon mal mit meinem Reisetagebuch. Die Lounge füllt sich langsam, und wenn ich das richtig beurteilen kann – ein Chinese hatte mir das mal anhand der unterschiedlichen Augenformen erklärt - , sind es vor allem Koreaner, die hier sitzen.






Ziemlich pünktlich beginnt dann das Boarding, ich habe Platz 2K in der nur halb belegten First Class. Kaum sitze ich, wird mir die Cocktail-Karte präsentiert. Na gut, wenns denn sein muss, nehme ich halt einen Manhattan. Als wir schließlich das Gate verlassen, kann ich mit dem Cocktail-Glas in der Hand einen Panoramablick auf den zugegebenermaßen nicht sonderlich attraktiven Flughafen genießen – das goldene Kissen rechts im Bild ist übrigens die Hülle für den Schlafanzug.










In den Schlafanzug hüpfe ich nach dem Start auch ganz schnell und mache noch ein letztes Bild von der untergehenden Sonne.




Dann ist aber wieder harte Arbeit angesagt: Es gilt, ein mehrgängiges Menu zu verspeisen und gleichzeitig den immer wieder nachgeschenkten Weißwein auszutrinken.

Los geht es mit Kartoffeln und Feta-Käse als Amuse Gueule, dann ist der Kaviar-Gang dran. Danach bin ich eigentlich schon fast satt. Gut, dass es vorhin in der Lounge dann doch nur die Brezel war. Es folgen Heilbutt und Lachs, eine Pilzrahmsuppe und ein Salat. Da schaffe ich jeweils schon nur noch die Hälfte. Auch der Hauptgang, Langusten mit Bandnudeln, muss leider teilweise unerledigt in die Küche zurück. O je, wenn ich so weitermache, werde ich die nächsten drei Wochen schlechtes Wetter haben. Also reiße ich mich zusammen und vertilge wenigstens den Käsegang, das Obst und den Nachtisch komplett.












Die Stewardess macht mein Bett bereit und ich schlüpfe unter die Decke. Leider ist der Sitz als Liegefläche nicht so bequem wie bei meinen Flügen mit Thai Airways. Gerade dort, wo man mit der Hüfte aufliegt, ist eine harte Stelle. Oder liegt der normale Asiate dort vielleicht gar nicht mit der Hüfte auf, weil er 20 cm kleiner ist? Egal. Ich schaffe es irgendwann wegzudösen. Da sind wir schon an der Grenze zu Russland.

Gute Nacht!

Inspired

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #10 am: 27.04.2014, 09:55 Uhr »
Das Kabinenfoto sieht so leer aus! Saß da noch niemand oder verschwinden deine Mitreisenden so in den riesigen Sitzen?

Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #11 am: 27.04.2014, 10:19 Uhr »
Das Foto habe ich vom folgenden Tag reingemogelt, als schon alle ausgestiegen waren. Mein Platz war übrigens von hinten aus gesehen rechts unter dem geöffneten Fach. Die Fenster Nr. 5 - 7 auf dem Bild von der Maschine am Gate waren meine. Vorne in der Kabine sind übrigens die Türen zum Schrank für die Jacken usw., denn das Cockpit liegt ja obendrüber.

McC

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #12 am: 27.04.2014, 11:55 Uhr »
Japan, speziell Tokio ist faszinierend. Ich war bisher 4x in Tokio und die Megametropole ist immer wieder abartig interessant, vor allem dort wo gewöhnllich keine Touris zu finden sind (gut wenn man Buddies in Tokio hat). Abgefahrene Sushi-Restaurants (z.B. Sukiyabashi Jiro), abgefahrene Girls, abgefahrener Traffic.... einfach einzigartig!

Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #13 am: 27.04.2014, 14:42 Uhr »
Ja, Tokio ist schon eine Welt für sich. Weit muss man auch gar nicht gehen, um zumindest keine westlichen Touris um sich herum zu haben. Aber als Ersttäter war ich in der kurzen Zeit natürlich vor allem an den Orten, die in den üblichen Reiseführern auftauchen. In der Stadt selbst habe ich auch gar nicht so viel Zeit verbracht.

Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #14 am: 28.04.2014, 20:24 Uhr »
29. März: Seoul – Narita – Tokio

Ein paar Stunden habe ich geschlafen, aber ab 9.00 Uhr Tokio-Zeit bin ich wach und nutze die Ruhe, die noch im Flugzeug herrscht dafür, mich in der Toilette wieder umzuziehen. Dort liegen Zahnbürsten, Lotions usw. bereit, aber offenbar ist alles eher auf den männlichen Reisenden ausgelegt, denn als ich probehalber am Eau de Toilette schnuppere, riecht es doch recht herb.

Zwei Stunden vor der Landung wird dann das Frühstück serviert. Ich nehme Rücksicht auf meinen Magen, schlage das frische Obst aus und entscheide mich für Cornflakes, Croissants und gefüllte Pfannkuchen und verfolge auf dem Bildschirm, wie das Flugzeug einen deutlichen Schlenker nach Süden macht, um nicht über Nordkorea zu fliegen. Beim Landeanflug rächt es sich dann prompt, dass ich gestern abend meine Teller nicht leergegessen habe: Dicke Wolken und nebliges Grau, wohin man auch schaut.






Wir kommen etwas verspätet ans Gate, aber ich habe ja über 2 Stunden Zeit zum Umsteigen. Zuerst geht es durch eine Sicherheitskontrolle und dann in den Abflugbereich. Ich hatte vorher schon gelesen, dass der Flughafen ICN sehr effizient sein soll, und genau diesen Eindruck macht er auch. Alles ist klar ausgeschildert und gegliedert, und immerhin hat man sich bemüht, den etwas kalten Eindruck mit einigen Pflanzen aufzulockern. Ich spaziere durch ein paar Geschäfte, wo es wie an allen Flughäfen dieser Welt „Last-minute-Landestypisches“ mit deutlichem Hang zum Kitsch gibt. Allerdings gibt es auch ein kleines Center für koreanische Handwerkskunst, und dort darf ich als ausländische Reisende kostenlos ein Bild eines Tigers mit Tinte auf feuchtes Papier übertragen und mein Kunstwerk mitnehmen. Ich finde, der Tiger sieht ein bisschen aus wie die Grinsekatze aus Alice im Wunderland.








Für einen Besuch in der Asiana-Business-Lounge bleibt kaum noch Zeit. Ich hole mir dort eine Cola, ruhe ein halbes Stündchen aus und stelle bei dem anschließenden Besuch der Restrooms fest, dass auch hier in Korea die Toiletten mit vielen Knöpfen und Sonderfunktionen ausgestattet sind, so wie ich es wohl auch in Japan zu erwarten habe. Heute gehe ich lieber mal keine Experimente ein, sondern begnüge mich mit den „Grundfunktionen“.

Der Weiterflug nach Tokio boardet pünktlich. Ich habe Platz 1A in der Business Class des A 321, bin fast als erste im Flieger und nutze die Zeit bis zum leicht verspäteten Abflug schon mal, um die Einreisekarte und Zollerklärung für Japan auszufüllen. Der Passagier neben mir reist weiter nach Chicago und schläft schon kurz nach dem Start ein. Gut für mich und gut für ihn, denn so muss er nicht mitansehen, wie ich meinen ersten Kontakt mit der koreanischen Küche mehr schlecht als recht hinter mich bringe und ich fühle mich bei meinen unbeholfenen Versuchen wenigstens nur von der Stewardess beobachtet. Beim Mittagessen wähle ich nämlich nicht die westliche Variante, sondern die koreanische:




Wer sich nun fragt, wie man das isst, für den hat die Speisekarte einen Anleitung parat: Man legt sich ein Blatt auf die Handfläche, gibt Reis, Fleisch, Gemüse und Sauce hinein und rollt das ganze dann zu einer Tasche zusammen. Ich baue mir vorsichtshalber zwischen Tisch und Hals mit der Serviette eine Essens-Auffang-Station, was sich im weiteren Verlauf des Experiments als kluge Entscheidung erweist. Die glatten Blätter gehen ja noch, aber es gibt auch gekräuselte, die nur darauf zu warten scheinen, Reis und Fleisch mit einem leichten Plopp in alle Richtungen abzuwerfen. Dass sich das Flugzeug dabei ständig durch leichte Turbulenzen kämpfen muss, macht die Sache auch nicht gerade leichter. Aber immerhin: Das meiste landet dann doch in meinem Mund, und es schmeckt sehr lecker.

Die Wettergötter scheinen meine Anstrengungen zu honorieren, denn als wir die japanische Küste erreichen, reißen die Wolken tatsächlich auf. Unter mir erscheint eine alpine schneebedeckte Berglandschaft so weit das Auge reicht.






Mit etwa 15 Minuten Verspätung gegen 17.35 Uhr lande ich endlich in Japan.




Jetzt bin ich aber noch nicht in Tokio, sondern in Narita, ca. 80 km von Tokio entfernt. Mein Plan sieht vor, hier erst einmal im Center von Japan Railways meinen Railpass-Gutschein gegen einen Railpass umzutauschen, dann auch gleich den Railpass zu nutzen und mit dem Narita Express zum „Hauptbahnhof“ Tokio zu fahren und von dort aus mit einem örtlichen Zug, der Yamanote Linie, nach Ueno weiterzufahren, wo mein Hotel liegt. Zuerst muss ich dafür noch durch die Immigration und durch den Zoll. Die Immigration läuft ähnlich ab wie in den USA, allerdings bin ich hier schon nach 10 Minuten Wartezeit durch. Als ich zur Gepäckausgabe komme, sehe ich meinen Koffer schon in einer Tüte seine Kreise ziehen und hole ihn vom Band. Na ja, ganz golden ist die Tüte nicht, aber immerhin.




Als ich da stehe und mich frage, wie ich den Koffer jetzt überhaupt transportieren soll, denn Griff  und Rollen stecken in der Tüte, kommt eine Mitarbeiterin von Air Canada und erkundigt sich, ob es ein Problem gibt. Gemeinsam befreien wir den Koffer aus seiner Hülle, ich passiere die Zollkontrolle, stelle dann erleichtert fest, dass „Railways“ groß auf englisch ausgeschildert ist und folge den Schildern hinunter zur Bahnhof-Ebene. Jetzt schnell den Railpass holen, und dann schaffe ich den Zug um viertel nach sechs, denke ich fröhlich.

Zwei Minuten später sehe ich die Schlange am JR-Center, die sich fast länger als bei der Immigration schon aus dem Center hinausschlängelt. Und die Leute, die in dieser Schlange stehen, ziehen Gesichter, als würden sie schon seit Wochen dort warten. Nein, so nicht, denke ich und ändere kurzerhand meine Pläne. Den Railpass hole ich mir morgen in Ueno, und jetzt nehme ich den Keisei-Skyliner, der zwar nicht im Railpass eingeschlossen ist, sondern von einer Privatbahn betrieben wird, der aber den unschätzbaren Vorteil hat, dass die Schalter leer sind und die Bahn ohne Umsteigen direkt nach Ueno fährt.

2400 Yen, etwa 18 Euro, kostet der Schnellzug, nur die Hälfte der Bummelzug. Ich entscheide mich für den Schnellzug, der fährt in einer Viertelstunde und braucht eine Dreiviertelstunde bis nach Ueno. Der Zug ist – mit etwas Hilfe – auch schnell gefunden, ich lasse mich in den Sitz sinken und schnaufe einmal durch. Endlich angekommen.

Als der Zug den Flughafen verlässt und aus dem Tunnel auftaucht, ist es draußen schon dunkle Nacht, dabei war es vor einer Stunde noch richtig hell. Ich schaue zu, wie sich draußen Gewerbegebiete, Wohnsilos und traditionelle niedrige Häuser abwechseln und schließlich die Gebäude höher und moderner werden, als wir uns Ueno nähern. Nach einem Zwischenstopp in Nippori ist dann auch kurz nach sieben Ueno erreicht. Mit etwas Glück nehme ich den richtigen Ausgang, lande dann auch vor einem Lageplan, mit dem ich etwas anfangen kann und bin in ein paar Minuten im Hotel, dem Coco Grand Ueno Shinobazu, wo ich mich für fünf Nächte eingemietet habe. Hier kann ich gleich ausprobieren, ob denn meine deutsche Visa-Card funktioniert, denn das Hotel verlangt die Zahlung schon bei der Anreise. Die Karte geht, erleichtert schleppe ich mich in mein Zimmer und muss dann doch lachen. Ja, ich wusste, dass das Zimmer klein ist, aber so klein hatte ich es mir dann irgendwie doch nicht vorgestellt.






Aber ich will ja nicht im Zimmer bleiben, sondern Japan erleben, und heute abend scheint dafür ein guter Zeitpunkt zu sein. Überall sind fröhliche Menschen unterwegs. Es ist Samstagsabend, mildes Frühlingswetter, die Luft ist klar und die Kirschblüte hat begonnen. Ich schnappe mir den Fotorucksack und gehe hinunter in den Park, der an mein Hotel grenzt. Die Kirschen blühen am Teichufer, Hanami-Parties gibt es auch. Überall fotografieren die Leute Kirschblüten und sich selbst.






Durch eine Gasse von Imbissständen spaziere ich hinüber zum Benten-Tempel und schaue auch über den Shinobazu-Teich zu meinem Hotel hinüber. Die Imbisse, die es hier gibt, würde ich nicht unbedingt alle probieren, aber ich hole mir schließlich noch etwas Süßes.












Zurück im Hotel hüpfe ich erst mal unter die Dusche. Dann probiere ich das Internet aus und mache eine unangenehme Entdeckung. Skype funktioniert, ich kann zuhause anrufen und melden, dass ich gut gelandet bin. Aber wenn ich meine üblichen Internetseiten aufrufen will, wird immer ein Verbindungsfehler gemeldet. Ein bisschen frustriert bin ich schon, denn ich würde mir wenigstens gerne die Wettervorhersage anschauen oder ein paar E-mails schreiben. Aber es hilft erst mal nichts, alle Versuche bleiben erfolglos. Also schreibe ich meinen Reisebericht weiter, lege ein paar Sachen für morgen raus und versuche gegen halb elf einzuschlafen, obwohl es zuhause erst halb drei am Nachmittag ist.

Nach einer Stunde Herumwälzen ist klar: Einschlafen klappt erst mal nicht. Also doch nochmal das Laptop anwerfen, ins Internet gehen und siehe da: da ist ja mein gewohntes Wetter.com, und in meinen E-mail-Account komme ich auch! Also war es wohl doch nur ein vorübergehendes Problem. Einerseits bin ich erleichtert, andererseits verkündet mir Wetter.com für morgen gleich mal starke Regenfälle und viel Wind.  So leicht vergessen die Wettergötter die halbvollen Teller von gestern abend dann doch nicht. Na egal, sage ich mir. Morgen ist ein Tag in der Stadt geplant, da lässt sich garstiges Wetter hoffentlich gut wegstecken, und für übermorgen wird schon wieder Sonne gemeldet.

Irgendwann nach zwei schlafe ich dann schließlich ein.

Ausgaben des Tages:
Keisei-Skyliner-Fahrkarte Y 2400
1 ÜN Hotel Coco Grand Ueno Shinobazu Y 10800
Snacks Y 500
endlich in Japan angekommen zu sein: unbezahlbar

Gute Nacht!