Ich habe mit meiner Posting zwar weder eine Frage gestellt, noch sollte sie absolut klingen. Sie stellt eine Meinung dar, die ich versucht habe zu begründen.
Hauptsächlich zwei Gegenargumente sind aufgetaucht:
- "Du verstehst die Amerikaner nicht." Das ist richtig, ich verstehe sie nicht (wenn es um Waffenbesitz geht). Genau das wollte ich zum Ausdruck bringen.
- "Waffen mit sich zu führen sei nützlich, weil man sich, oder andere damit retten/verteidigen kann."
Es ist sehr schwer, als Europaer die amerikanische Mentalitaet bezueglich der Waffenhaltung zu verstehen. Selbst ich weiss nicht, ob ich es bis jetzt voll verstanden habe. Es sit so etwas wie ein Geburtsrecht der Menschen hier. In Verbindung mit dem tief sitzenden Misstrauen gegen Alles, was auch nur annaehernd wie eine Regierung aussieht (besonders die Zentralregierung in Washington), aber auch teilweise gegen die Staatsregierungen, und der Erziehung von juenGsten Jahren an, dass die Freiheit von England und dessen Unterdrueckungspolitik nur erreicht wurde, weil die Siedler genuegend Waffen hatten, um den Englaendern Paroli bieten zu koennen. Dieses Misstrauen den Englaendern gegenueber, wurde auf die heutigen Regierungsformen uebertragen, und man traut eigentlich nur den County Boards, und den City/Town/School Boards, weil man die saeptestens alle 2 Jahre in die Wueste schicken kann.
Da man aber notgedrungen mit den anderen Regierungsformen leben muss, muss man halt aufpassen wie ein schiesshund, damit die nicht die Macht uebernehmen. Es wurde ja schon in der Constitution gesagt, dass eine wohlausgeruestete Militia dazu dienen soll, die Regierung in Schach zu halten. Der oberste Gerichtshof hat diesen Passus nun so ausgelegt (wie die meisten Amerikaner ihn auch vorher schon verstanden haben), dass diese Militia halt die bewaffnete Bevoelkerung ist. Also muss es jedem erwachsenen Buerger meoglich sein, Waffen aller Art tragen zu koennen, die dabei helfen koennen, eventuell eine Regierung aus dem Amt zu jagen.
Meine Frau befuerwortet eigentlich nicht, dass in unserem Haus Waffen vorhanden sind, und sie wuerde auch nie eine Schusswaffe benutzen, aber sie wuerde wie wild dafuer kaempfen, den Passus der Constitution zu verteidigen. Die Amerikaner haben einfach ein anderes Verhaeltnis zur Constitution (die sie sich ja selbst gegeben haben udn die fast als heilig angesehen wird. so werden etwa die Autoren der Consturction ehrfuerchtig mit The Frames bezeichnet), als die Deutschen etwa zum Grundgesetz (welches ihnen ja auf diktiert wurde).
Wilde Tiere: Sicher gibt es entlegene Gebiete, in denen es ratsam ist eine Waffe zu besitzen. Aber die Mehrzahl (ca. 80%) der Amerikaner wohnt in urbanen Gebieten. Gegen Waschbären brauchen sie sicher keine Waffen. Übrigens gegen Luxe auch nicht.
Du hast schon recht, weit aus die meisten Amerikaner leben in urbanen Gebieten. Was aber anders ist als in Deutschland, selbst in diesen urbanen Gebieten sind wilde Tiere zu hause. So hat Duluth in Minnesota, eine Stadt mit fast 100 000 Einwohnern, staendig Probleme mit Schwarzbaeren und Elche (Elche koennen recht gefaehrlich sein), die selbst in der Innenstadt rumlaufen. Aehnliche Situationen gibt es ueberall in den USA. Kojoten, die Rudeljaeger sind, und auch des oefteren kleiner Kinder oder Haustiere angreifen sind in vielen grossen Staedten schon zu Stadtbewohnern geworden (selbst in Chicago werden des oefteren Kojoten abgeschossen), von den Hirschen (Deer), sie in kleineren staedten schon ihren festen Lebensraum gefunden haben, ganz zu schweigen. Und in der Brunftzeit greifen die maennlichen Hirsche auch des oefteren menschen an, in Minnesota sterben jedes Jahr etwa zwei Menschen an den Verletzungen, die ihnen ein Hirsch zugefuegt hat. Scheinbar hast du noch keinen Waschbaer erlebt, der Junge verteidigt, oder in die enge getreiben wurde, da ist man ohne Waffe nicht so ganz im Vorteil! Und wenn Luxe deine Katze oder deinen kleineren Hund oder deine Huehner umbringen wollen, schaust du natuerlich ruhig zu und versuchst mit ihnen zu argumentieren.
Was ich eigentlich sagen wollte, ist, dass in den USA auch in urbanen Gebieten gefaehrliches Wild vorkommt, und man ab und an so einen Schiessknueppel gut gebrauchen kann.
Dazu kommt natuerlich, dass jeder Amerikaner (ab dem 12 Lebensjahr) das Recht hat, zu jagen. Von diesem Recht machen auch jede Menge Bewohner der urbanen Gebiete Gebraucht, und ziehen dann entweder mit Flinte, Schrotbuechse, Pfeil und Bogen, Armbust oder Pistole (der Onkel meiner Frau jagte nur mit Pistolen) nach Wald und Feld, um sich ihre tiefkuehltruhe mit Wildprett aller Art zu fuellen. Ich galube, in Europa gibt es nur in frankreich aehnliche Zahlen an Jaegern.
Das sind natuerlich auch wieder Sachen, die den Waffenbesitz mit Europa nicht vergleichbar machen koennen.
Gegen menschliche Angreifer: Dieses Argument überzeugt mich nicht. Es ist nicht Aufgabe des Bürgers "Polizei" zu spielen. Es ist es auch nicht Wert um eine Walgreens Kasse zu verteidigen und bereit zu sein den Räuber ggf. zu töten. Was im Übrigen auch in den Staaten eine Nothilfeescalation darstellen würde, die zu rechtfertigen sicher einen Anwalt bereichern könnte.
Es sieht nicht besser aus, wenn man sich selbst verteidigen muss: Ich muss bereit sein auf einen Menschen zu schießen und ihn ggf. zu töten. Natürlich in Notwehr. Aber werde ich denn in einer Notsituation, in der man ohnehin aufgeregt ist, die Lage richtig einschätzen können? Wenn ich in Putativnotwehr jemanden erschieße, wenn ich einen unbeteiligten treffe, wenn meine Waffe gegen mich, oder gegen einen Dritten verwendet wird, was dann? Dann muss ich für mein Recht " eine Waffe besitzen zu dürfen" teuer bezahlen dürfen. Ggf. mit meinem Leben, denn die Staaten hat zuweilen auch noch die Todesstrafe.
In den USA wird teilweise vom Buerger erwartet, Polizei zu spielen. Ein Grund dafuer ist die relativ geringen Anzahl von Polizisten im Verhaeltnis zu der Bevoelkerungsgroesse und Flaeche. Jeder hat eventuell schon gesehen, dass die Cops immer nur allein im Auto sind. Unser Landkereis, mit einer Bevoelkerungszahl von etwa 100 k Menschen und einer Flaeche 1906 km² hat 6 Polizeifahrzeuge (der Kreis Heinsberg, in dem ich zuletzt in Deutschland gelebt habe, und der eigentlich ein Doppelkreis aus dem Kreis Erkelenz und dem Kreis Geilenkirchen ist, hat eine Faleche von 628 km² und eine Unmenge an Polzeifahrzeugen) was bedeutet, dass zu einer gegebenen Zeit 6 Polizisten diesen Kreis bedienen. Aus diesem Grunde werden die Buerger angehalten, auch Citizen's Arrests zu machen, wenn es ohne Gefahr moeglich ist. selbst im Notfall kann es bis zu 30 Minuten dauern, ehe ein Polzist zm Einsatzort ist (und wir gehoeren hier zur greater metropolitan area der Twin Cities, einem 3,5 Millionen Einwohner zaehlendem Stadtgebilde, also sicherlich urban). Was soll cih da im Fall eines einbruchs/Bedrohung machen, dem Verbrecher vorschlagen mit mir ein kartenspiel zu machen, bis die Polizei eintrifft, oder ihn mit meiner Waffe in Schach zu halten oder kampfunfaehig zu machen? Es wird nie die Todesstrafe gegen jemanden ausgesprochen werden, der eine Waffe zur Selbstschutz verwendet hat.
Kann man diese Gefahren überhaupt richtig einschätzen? Erhöhen Waffen nicht eher das Potential der Eskalation? Und wenn eine richtige Einschätzung überhaupt möglich ist - entsprechende Pannen kommen auch bei Profis vor - kann das wirklich jeder? Jeder, der das Recht auf eine Waffe hat? Und entfernen wir uns nicht schon wieder von dem Kern, vom eigentlichen Grund?
Statt die wahren Gründe zu diskutieren, reden wir nicht über die plakativen Scheinargumente der Waffenlobby? Die klingen freilich gut - ist ja auch Werbung und als solche, genau so schönfärberisch, wie die harmonischen Musterfamilien aus der Frühstückswerbung. Man gaukelt uns etwas vor. Oder soll ausgerchnet Waffenwerbung ehrlich sein?
man kann die Gefahren scheinbar richtig einschaetzen. Seitdem die Stadt Kennesaw, Georgia 1982 ein Gesetz erlassen hat, dass jeder haushaltsvorstand eine Schussbereite Waffe und genuegend Munition zu haben hat, ist die Kriminalitaet in dieser Stadt innerhalb eines Jahres um mehr als 50% gesunken -- there is evidence that this gun law has reduced the incident rate of home burglaries citing that in the first year, home burglaries dropped from 65 before the ordinance, down to 26 in 1983, and to 11 in 1984.[17] Another report observed a noticeable reduction in burglary from 1981, the year before the ordinance was passed, to 1999 -- Das sind doch nun reale Argumente, oder meisnt du nicht?
Aufzuzählen, in welchen unwahrscheinlichen Situationen man eine Waffe brauchen könnte, sind genau die Scheinargumente, die den Waffenbesitz vernünftig erscheinen lassen sollen. Die meisten Schusswaffenopfer sind nicht in gerechtfertigten Notwehrsitutationen angeschossen worden. Genau genommen, meist wären sie bei strengeren Gesetzen erst gar nicht angeschossen worden. Oder möchte jemand auch das noch schönreden? Zu sagen, man wüsste schon was man tut, oder man verstehe die Amerikaner nicht, sind eigentlich nicht mal Argumente. Aber es ist auch nicht leicht pro Waffenbesitz zu argumentieren.
Ich glaube eher, dass du dich von dem deutschen/europaeischen Verstaendnis zum Waffenbesitz trennen musst, und die Gegebenhieten von Land, Natur und den Menschen in den USA als einenn andere Sache ansehen musst. Der Ruf nach strengeren Gesetzen ist muessig, da die Gesetze nicht strengeren gemacht werden koennen, ohne die Constitution zu aendern, was nie geschehen wird. Was eventuell strenger gemacht werden koennte (und in einigen Staaten schon heute ist), eine gewisse Ausbildung zu etablieren, um halt den Umgang mit Waffen sichere zu machen. In einigen Staaten wird kein Ausbuildungsnachweis fuer den Waffenbesitz verlangt.
Es braucht auch nicht pro Waffenbesitz argumentiert werden, da der Waffenbesitz ein ein Grundrecht ist. Man koennte aehnlich sagen, was spricht denn dafuer, dass in Deutschland mit den Autos so hohe Geschwindigkeiten erlaubt sind. dort sterben auf jeden fall mehr Menschen an den Auswirkungen davon, als in den USA an unvernueftigem Gebrauch der Schusswaffen.
Die Ausnahmen bestätigen hier die Regel nicht: Vielleicht gibt es vernünftige Waffenbesitzer, es gibt Notwehrsituationen (wobei diese oft überhaupt erst entstehen, weil jeder eine Waffe haben darf) und ich verstehe die Amerikaner keineswegs 100%-ig. Wobei ich mich fragen muss, was hat Waffenbesitz an sich mit dem Verstehen der Amerikaner zu tun? Meine Kritik gilt für alle Länder, die den Besitz erlauben.
Um sagen zu können "Waffenbesitz für Jedermann" ist vernünftig, müssten schon sehr triftige Gründe vorliegen. Und die habe ich noch nicht gehört.
Ich weiß auch nicht, weswegen unsere amerikanischen Mitglieder teilweise so scharf reagieren müssen. Ich dachte, man könnte über alle Themen diskutieren.
Mic
Ich meine nicht, dass hier scharf reagiert wird, es wird nur langsam langweilig, immer und ueberall von Deutschen zu hoeren, wie die Amerikaner ihr Grundgesetz auslegen sollen, damit es moeglichst deutschen Verstaendniss angemessen ist. Ja, wir hoeren das nicht nur hier, sondern auch von unseren Verwandten und Freunden und bei unseren Besuchen in Deutschland.
Das Verstehen der Amerikaner, und ihr Verhaeltnis zum Waffenbesitz, habe ich versucht, oben zu erklaeren.
Nein, in Deutschland, mit den deutschen Verhaetlnissen, ein relativ kleines Land, mit sehr dichter Bevoelkerung, wo das einzige, fuer den Menschen gefaehrliche Wild im Zoo zu besichtigen ist, und wo der einzige Baer, der sich dahin verlaufen hatte, nach wochenlangen dilettantischen Versuchen endlich getoetet wurde (obwohl der keinem Menschen was zuleide getan hatte), waere allgemeiner Waffenbesitz absolut dumm. Aber in den USA macht der Waffenbesitz schon Sinn.