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Autor Thema: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien  (Gelesen 61607 mal)

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wuender

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #45 am: 11.10.2012, 09:18 Uhr »
wowww! Welch ein Ausblick aus eurem Zimmer auf die Aschewolke des Vulkans Puyehue!! Beeindruckend und erschreckend zugleich.

Besonders beeindruckend ist diese Aschwolke - meiner Meinung nach - vor allem aufgrund der Tatsache, dass Bariloche 95 km Luftlinie vom Puyehue entfernt liegt. Wie diese Wolke aus der Nähe gesehen aussieht (bzw. während dem großen Ausbruch im Frühjahr 2011) aussah, kann man sich zum Beispiel bei der Google-Bildersuche anschauen. In Anbetracht dieser Bilder bin froh, dass wir ein paar Monate später unterwegs waren...

Zu den vielen toten Tieren: Bei einem Ascheregen wird Fluor gebildet und das wird vielen Tieren zu Verhängnis, sie sterben durch die Aufnahme von Gräsern etc. an einer Fluorvergiftung.

Super, danke für die Auskunft! Das war ein Punkt, bei dem mit Google nicht weiter helfen konnte.

Ich bin jetzt auch dabei. Die Gegend hat mich immer schon fasziniert und nächstes Jahr kann ich zumindest mal reinschnuppern und im November/Dezember2 Wochen in Feuerland und dem südlichen Patagonien verbringen. Vorher geht es für 2 Wochen noch ein ganzes Stück weiter südlich  :D
Dein Bericht gefällt mir bisher sehr gut!

Vielen Dank!

Bei den "zwei Wochen noch ein ganzes Stück weiter südlich" handelt es sich um eine Antarktis-Kreuzfahrt, richtig? So etwas würde uns irgendwann auch noch sehr reizen...

Steht Deine weitere Reiseroute durch Feuerland und das südliche Patagonien schon fest?

Mal eine Frage: Wie weit kommt man denn in Argentinien und Chile mit englisch oder deutsch? Spanisch kann ich leider gar nicht und mehr als ein paar Brocken aus dem Reiseführer werden es wohl auch bis dahin nicht werden.

Ich hatte den Eindruck, dass die Sprachkenntnisse der Chilenen und Argentinier relativ stark von der Region abhängen: Im Norden von Patagonien (also z.B. in Bariloche) haben selbst die Angestellten an der Hotelrezeption kein bzw. kaum Englisch gesprochen. Weiter im Süden hat sich die Situation dann geändert: Sobald wir uns den bekannten Nationalparks (Los Glaciares in Argentinien und Torres del Paine in Chile) genähert haben, konnten wir uns in den Estancias oder Hotels immer auch auf Englisch unterhalten. Dennoch würde ich empfehlen, so viele Brocken aus dem Reiseführer wie möglich zu lernen. Denn die Leute, die nicht im Tourismusgewerbe tätig sind, können unabhängig von der Gegend relativ selten Englisch. Smalltalk wird somit sehr schwer wenn nicht unmöglich (wir haben zum Beispiel auf der Carretera Austral einen jungen Anhalter mitgenommen, mit dem ich mich eigentlich gerne etwas mehr unterhalten hätte).

Bei einem eventuell nötig werdenen Werkstattbesuch zur Reparatur des Autos bzw. von Fahrzeugkomponenten spricht unserer Erfahrung nach typischerweise auch niemend eine andere Sprache als Spanisch. Zur Reparatur von Fahrzeugkomponenten gibt es übrigens eine Vokabel, die man in Südamerika unbedingt kennen sollte, und zwar "Gomeria". Das sind - oft winzige - Werkstätten, die ausschließlich Reifen reparieren. Zu erkennen sind Gomerien meistens durch einen an die Hauswand oder den Zaun genagelten alten Reifen.

In ursprünglich fast ausschließlich von Deutschen besiedelten Regionen (zum Beispiel der Ortschaft Frutillar am Westufer des Lago Llanquihue oder in Puerto Puyuhuapi an der Carretera Austral) wird es sicherlich einige Leute geben, die Deutsch können. Allgemein und vor allem in Süden sind Deutschkenntnisse nur sehr puntuell zu finden. Und zwar denn, wenn eine Estancia oder ein Hotel von Deutschen oder von Nachfahren von Deutschen betrieben wird (das hatten wir - wie beschrieben - exakt einmal, und zwar in Pucon).

Fazit: Man kommt auch mit mangelnden Sprachkenntnissen sehr gut durch. Wenn man sich einmal verbal nicht versteht, kommunizert man halt irgendwie anders - ich habe die Leute in Patagonien als sehr freundlich und geduldig erlebt. Ich persönlich habe mir allerdings vorgenommen, vor einem eventuellen zweiten Aufenthalt in Südamerika (angedacht ist eine Schleife durch den Norden von Argentinien und Chile) mein Spanisch deutlich aufzupolieren.

Schöne Grüße,
Dirk

wuender

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #46 am: 11.10.2012, 09:27 Uhr »
Hallo allerseits,

heute steht eine weitere Wanderung auf unserem Programm. Diese wird uns an die Hänge eines der größten Vulkane in der Gegend um Bariloche führen. Da wir zudem ein paar Kilometer Strecke zurücklegen wollen, müssen wir früh aufstehen.

31.10.2011: San Carlos de Bariloche - El Bolson
Heute verzichten wir auf das Frühstück im Hotel und brechen stattdessen früh auf. Wir fahren ein kurzes Stück entlang des Ufers vom Lago Nahuel Huapi nach Westen und biegen dann nach Süden auf eine kleine Straße, die uns durch die Ausläufer von San Carlos bis an die Nordspitze des Lago Guiterrez führt. Von hier aus geht es ein kleines Stück über geschotterte Serpentinen weiter in östlicher Richtung bis wir wieder die asphaltierte Ruta 40 erreichen. Dieser folgen wir nach Süden. Die aufgehende und noch tief stehende Sonne sorgt für eine wunderschöne Beleuchtung der wilden Berglandschaft, die wir durchqueren. Direkt rechts von uns steht das Cerro Catedral-Massiv, in dem wir gestern unterwegs waren. An das Südende des langgezogenen Lago Guiterrez schließt nahezu nahtlos der nicht minder malerische Lago Mascardi an. Hier machen wir einen kurzen Halt um eine, vom argentinischen Automobilverein ACA betriebene, historische Tankstelle zu bewundern. Auch wenn wir fast noch zu früh im Jahr dafür unterwegs sind, sehen wir hier direkt neben der Straße auch einige blühende Lupinen. Diese farbenfrohen Blumen sind typisch für ganz Patagonien.



Blick vom Lago Mascardi nach Norden auf das Cerro Catedral-Massiv.


Lupinen.

Am Südende des Lago Mascardi verlassen wir die Rute 40 und biegen nach Westen auf die Ruta 81 ab. Diese gute Schotterstraße führt uns in den Parque Nacional Nahuel Huapi. Zu dieser frühen Stunde ist das Parkrangerhäuschen am Eingang noch unbesetzt, wir sparen uns also das Eintrittsgeld für den Park. Die Straße führt ein paar Kilometer nach Westen, ein Stück davon verläuft sehr interessant direkt über den Strand des Lago Mascardi. Kurz hinter dieser Stelle teilt sich die Straße auf, wir biegen hier nach rechts ab, auf die Ruta 82 Richtung Pampa Linda und Glaciar Negro. Die Straße führt über zahlreiche Serpentinen bergauf und dann wieder bergab direkt in Richtung des schroffen und fast 3500 Meter hohen Vulkans Tronador. Ab der Abzweigung ist diese Straße ziemlich schmal und daher als Einbahnstraße ausgezeichnet: vormittags darf man in das Tal hineinfahren und am Nachmittag wieder hinaus. Nachts ist es erlaubt, in beide Richtungen zu fahren. Wir fragen uns, wie denn dann die Vorgehensweise aussieht, wenn Gegenverkehr kommt und aufgrund der steilen Berghänge auf beiden Seiten der Straße auch kein Ausweichen möglich ist. Als uns dann prompt ein großer LKW entgegen kommt, sehen wir, wie es klappt: irgendwie ist es halt mit etwas Geduld und Fingerspitzengefühl doch möglich, die beiden Autos aneinander vorbei zu bugsieren. Wir haben Berichte gelesen, die uns schlimmste Straßenverhältnisse mit übel tiefen Schlaglöchern befürchten ließen, und sind daher überrascht, als wir eine zwar etwas rumpelige aber mit unserem Pick Up recht gut zu bewältigende Straße vorfinden. Das Fahren macht richtig Spaß. Kurz vor Pampa Linda öffnet sich das Tal etwas zu einer schönen weiten und grünen Landschaft. Hier sehen wir einen männlichen Magellanspecht direkt neben der Straße auf einem Baum sitzen, sehr auffällig mit seinem schwarzen Körper und den knallroten Kopf.


Unterwegs zur Pampa Linda.


Ein männlicher Magellanspecht.

Pampa Linda ist eine Ansammlung von Häusern mit Rangerstation, Restaurant und Nationalparklodge. Wir stellen unser Auto ab und schauen uns um. Ursprünglich hatten wir gehofft, zum auf genau 2000 Metern gelegenen Refugio Otto Meiling laufen zu können. Diese Hütte gehört, wie das von uns gestern besuchte Refugio Frey, dem Club Andino Bariloche. Sie stellt quasi eine Art Basislager für die Besteigung des Tronador dar und liegt direkt an bzw. zwischen den Armen der zahlreichen von diesem Berg fließenden Gletscher. Es war uns aber schon bei der Reiseplanung klar, dass es für diese Wanderung eventuell noch zu früh im Jahr sein könnte und unsere gestrigen Erfahrungen mit dem vielen Schnee am Refugio Frey haben diese Befürchtung ja quasi bestätigt. Wir entscheiden uns aber spontan, keine der möglichen Ausweichwanderungen zu machen. Stattdessen wollen wir versuchen, soweit wie möglich in Richtung Refugio Otto Meiling zu kommen. Wir hoffen, dabei La Almohadilla zu erreichen, einen langgezogenen Grat, von dem aus sich ein toller Blick auf den Tronador eröffnen soll.


Forstweg im ersten Teil des Anstiegs zum Refugio Otto Meiling.

Gesagt, getan. Im Parque Nacional Nahuel Huapi muss man sich eigentlich für Wanderungen registrieren. Nachdem wir aber scheinbar auch hierfür zu früh unterwegs sind, brechen wir einfach auf. Die ersten drei Kilometer laufen wir relativ flach auf einer Forststraße durch lichten Laubwald bis zum Rio Castano Overo. Hier biegen wir nach links ab und überqueren auf einer Gitterbrücke den kleinen aber reißenden Gebirgsfluss. Nun führt der Weg - im Grunde handelt es sich immer noch um eine Forststraße - in mehr oder weniger weiten Serpentinen bergauf. Von der umgebenden Berglandschaft oder gar vom Tronador ist rein gar nichts zu sehen, da wir nun von relativ dichtem Wald umgeben sind. Nach einiger Zeit erreichen wir das Ende der Forststraße und sind ab hier auf einem sehr schmalen Bergweg unterwegs. Immer noch im Wald, nun recht steil bergauf über zahlreiche schmale Serpentinen. Wir überqueren einige kleinere Schneefelder. Mit zunehmender Höhe nimmt auch die Größe der Schneefelder immer mehr zu und irgendwann ist der Weg komplett schneebedeckt. Ab hier würde der Weiterweg ohne ausreichende Ausrüstung kritisch werden, wir haben glücklicherweise unsere Grödel dabei. Nur zwei Serpentinenbiegungen weiter, es handelt sich um nur wenige Höhenmeter, lichtet sich der Wald und der Weg flacht ab. Wir haben die erstaunlich weite Fläche von La Almohadilla erreicht. Hier laufen wir ein wenig herum und finden dabei eine kleine Schneehöhle, die offensichtlich von anderen Bergwanderern für ein Biwak benutzt worden ist.


Wir stapfen durch den Schnee auf La Almohadilla.

Der Blick auf den Tronador ist im Prinzip phantastisch: Unter dem beeindruckenden Doppelgipfel ziehen sich die weißen Gletscher bis an eine senkrechte Kante aus tiefschwarzem Gestein. Die Abbruchkante oberhalb dieser Wand ermöglicht einen Blick auf das helltürkise Eis des Gletschers. Alle paar Minuten bricht mit großem Getöse ein Stück des Gletschers ab und fällt in die Tiefe. Der Name Tronador ist übrigens auch eine Abwandlung des spanischen Worts für "der Donnernde". Über die Steilwand ergießt sich das Schmelzwasser des Gletschers in zahlreichen kleinen Wasserfällen. Ein ganz besonderer Anblick, der allerdings trotz eines blauen Himmels bis zu einem gewissen Grad getrübt wird von der immer noch vorhandenen Aschewolke des Vulkans Puyehue. Die gesamte umgebende Landschaft erscheint wie von einem dünnen Milchschleier überzogen. Dieser Effekt wird ganz besonders deutlich beim Blick über Pampa Linda und den Verlauf der Ruta 81 hinweg Richtung Osten. Von den in dieser Richtung einige Kilometer entfernt stehenden Bergen sind fast keine Details zu erkennen. Wie vorher schon erwartet erscheint uns eine Weiterwanderung in Richtung Refugio Otto Meiling wenig sinnvoll zu sein. Nach einer kurzen Pause steigen wir daher wieder ab. Gerade im Schnee geht es dabei sehr schnell voran und in der Summe sind wir noch weit vor dem Wechsel der Richtung der Einbahnstraße wieder an der Pampa Linda.


Tronador samt beeindruckender Gletscherabbruchkante.

Daher fahren wir auf der Straße noch die acht Kilometer bis zum nahezu am Talabschluss gelegenen Ventisquero Negro, dem schwarzen Gletscher. Dieses Stück der Straße ist deutlich anspruchsvoller zu fahren als das Teil zur Pampa Linda. Mit einem normalen PKW würden wir hier nicht mehr unterwegs sein wollen. Für die Argentinier scheint das aber kein Hindernis zu sein, wir sehen am Parkplatz des Ventisquero Negro sogar einige Menge Minibusse. Das letzte Stück der Straße, zur Garganta del Diablo, einem großen Wasserfall ist gesperrt. Wir verzichten daher auf einen Besuch und beschränken uns auf den Blick aus der Ferne. Stattdessen bewundern wir ausgiebig den schwarzen Gletscher. Oberhalb einer Abbruchkante besitzt dieser Gletscher noch seine normale weiße bzw. hellblaue Farbe. Unterhalb der Kante allerdings entsteht der Gletscher aus den herab fallenden Eistrümmern quasi neu und sammelt dabei jede Menge Sedimente auf, die das Gletschereis schwarz färben. Dieser schwarze Gletscher fließt dann auch noch in einen milchiggrünen Gletschersee auf dessen Oberfläche sich jede Menge schwarze, weiße und gemischtfarbige Eisberge tummeln. Ein skurriler Anblick und über allem thront der mächtige Tronador.


Der Ventisquero Negro.


Gletschersee unterhalb des Ventisquero Negro.

Wir fahren zurück zur Pampa Linda und nach einem kurzen Snack im dortigen Restaurant weiter zur Ruta 40. Entlang des Lago Guilleimo geht es nun weiter nach Süden, durch eine beeindruckende Berglandschaft. Die Straße schraubt sich über unzählige Kilometer in ein tiefes Tal und dann auf der anderen Seite wieder hoch. Dabei tauchen am Horizont immer wieder neue schneebedeckte Gipfel auf. Wir fühlen uns ganz entfernt an Kanada erinnert - und doch ist die Landschaft andererseits auch wieder komplett unterschiedlich zu der in Nordamerika. Kurz vor der Ortschaft El Bolson befindet sich direkt am Straßenrand die Cascada Virgen, ein im Privatbesitz befindlicher Wasserfall. Wir würden gerne den Eintritt bezahlen, um uns das Schauspiel näher anschauen zu können, allerdings scheinen die Eintrittsgelder nicht ausgereicht zu haben, um dieses Geschäft über Wasser zu halten - es ist wohl für immer geschlossen. Wir laufen auf einem kleinen Wanderweg außerhalb des abgezäunten Geländes ein Stück entlang des Wassers in Richtung des Wasserfalls, müssen aber nach ein paar hundert Metern an einer senkrechten Felswand umkehren.


Blick von der Ruta 82 über den Lago Mascardi.


Die Cascada Virgen etwas nördlich von El Bolson.

Die Ortschaft El Bolson ist bei jungen Argentiniern als Urlaubsort sehr beliebt, früher war es auch eine Hochburg der Hippiekultur. Letzteres lässt sich auch heute noch anhand der Namen einiger der Lodges erahnen und ein wenig auch beim Anblick einiger der Leute, die hier unterwegs sind. Wir sind trotz der tollen Lage der Stadt nicht so wirklich begeistert: die Häuser stellen eine Mischung aus einigen herausgeputzten repräsentativen Objekten mit vielen lieblosen Betonkonstrukten und auch heruntergekommenen Gebäuden dar. Wir sind ja nicht hauptsächlich wegen den Ortschaften hier sondern wegen der Natur und der Landschaft aber ein klein wenig drängt sich doch der Gedankengang auf, dass eine Stadt in dieser Lage in Europa oder Nordamerika anders aussähe.

Nach dem Einchecken im Hotel fahren wir noch mit dem Auto auf den Cerro Amigo, einen einige hundert Meter oberhalb von El Bolson gelegenen Aussichtspunkt. Bis knapp unterhalb des Gipfels führt eine Straße, den Rest legen wir zu Fuß zurück. Die Sonne steht schon tief und trotz der immer noch in der Luft vorhandenen Aschewolke ist der Blick auf die sich direkt unterhalb im Tal ausbreitende Ortschaft ein schöner Abschluss für einen äußerst abwechslungsreichen Tag.


Spätnachmittäglicher Blick auf El Bolson.

Übermorgen geht es weiter...

Schöne Grüße,
Dirk

Saguaro

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #47 am: 11.10.2012, 12:20 Uhr »
So einen schmutzigen fast schwarzen Gletscher habe ich noch nie gesehen und dazu noch das grünliche Wasser - das hat schon wieder was  :daumen:.

Wie hoch ist man da eigentlich bei den Wanderungen unterwegs? Ist das schon Höhentraining  :zwinker: ?

LG,

Ilona
Liebe Grüße

Ilona

"Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat." (Erich Kästner)


wuender

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #48 am: 11.10.2012, 16:57 Uhr »
Hallo Ilona,

So einen schmutzigen fast schwarzen Gletscher habe ich noch nie gesehen und dazu noch das grünliche Wasser - das hat schon wieder was  :daumen:.

Falls sich Leser an der schmutzigen Farbe des Gletschers stören sollten: Wir haben im weiteren Verlauf der Reise natürlich danach gesucht, ob es in Patagonien irgendwo auch saubere Gletscher gibt. Und - soviel kann ich hier schon verraten- wir waren einigermaßen erfolgreich dabei :wink:

Wie hoch ist man da eigentlich bei den Wanderungen unterwegs? Ist das schon Höhentraining  :zwinker: ?

Nein, hoch ist es dort definitiv nicht. Der allerhöchste Berg Patagoniens (der Monte San Valentin) ist ungefähr 4000 Meter hoch (über den genauen Wert findet man je nach Quelle recht unterschiedliche Werte). Der Tronador, an dessen Hängen wir im aktuellen Tag der Reise unterwegs waren ist mit seinen 3500 Metern Höhe also schon einer der höheren Berge in Patagonien. Auf diese Berge kommt man aber nur mit viel Zeit, ein wenig Erfahrung und entsprechender Ausrüstung. Als normaler Wanderer kommt man in Patagonien in den seltensten Fällen deutlich über 2000 Meter - auch wir wollten am Tronador ja allermaximal zur auf genau dieser Höhe gelegenen Refugio Otto Meiling laufen. Weiter geht es so oder so nur mit Gletscherausrüstung und die hatten wir natürlich nicht dabei (im Rucksack waren lediglich die kleinen Grödel, ohne die wir nicht einmal auf La Almohadilla gekommen wären). Das Höhentraining bleibt also auf die Hochebenen in Nordchile beschränkt :wink:

Schöne Grüße,
Dirk

SusanW

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #49 am: 11.10.2012, 22:20 Uhr »
Hallo Dirk,

unser Hippo ist schon ganz grün vor Neid wie euer Nili so herumkommt  :zwinker: Die Probleme mit dem Überreden rühren eher daher, dass ihm Südamerika -ähnlich wie Asien- fremdartiger vorkommt als etwa Australien. Da aber beides eh keine Sommerferienziele sind, hab ich noch ein paar Jahre zum Überzeugen  8)
Von den Gebäuden her mutet mir auch einiges sehr älplich an ( was beim Überzeugen helfen kann). Vulkane und Gletscher ist ja eine interessante Verbindung.
Liebe Grüße 
Susan

DocHoliday

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #50 am: 11.10.2012, 22:55 Uhr »

Bei den "zwei Wochen noch ein ganzes Stück weiter südlich" handelt es sich um eine Antarktis-Kreuzfahrt, richtig? So etwas würde uns irgendwann auch noch sehr reizen...

Steht Deine weitere Reiseroute durch Feuerland und das südliche Patagonien schon fest?

Noch nicht im Detail. Da die Antarktis-Kreuzfahrt (richtig geraten ;)) auf den Falkands endet habe ich die Möglichtkeit dort noch mehr Zeit zu verbringen oder ein bisschen Feuerland und Patagonien anzuschauen.

Bei 2 Wochen bleibt dann gerade Zeit für etwas Feuerland, Bootsfahrt durch die Beagle Street, Torres del Paine, Lago Argentino mit den Getschern und Fitz Roy. Die Entfernungen sind ja nicht gerade klein.

Danke für die Ausführungen zur Sprache. Leider gibt es bei mir kein spanisch, dass ich aufpolieren könnte. Für mehr als ein paar rudimentäre Brocken wird es also bis dahin nicht reichen. Aber ich habe ja noch Hände und Füße ;)
Gruß
Dirk

wuender

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #51 am: 12.10.2012, 11:05 Uhr »
unser Hippo ist schon ganz grün vor Neid wie euer Nili so herumkommt  :zwinker:

Achso, Euer Hippo wird grün, wenn es neidisch ist? Unseres wird dann immer blau :zwinker:

Bei 2 Wochen bleibt dann gerade Zeit für etwas Feuerland, Bootsfahrt durch die Beagle Street, Torres del Paine, Lago Argentino mit den Getschern und Fitz Roy. Die Entfernungen sind ja nicht gerade klein.

Zwei Wochen sollten gut ausreichen, wenn man in den Nationalparks nicht ganz so viele Wanderungen macht wie wir. Wobei es so oder so nicht schlecht ist, viel Zeit für die Torres del Paine und den Parque Nacional Los Glaciares einzuplanen. Und zwar deswegen, weil das Wetter dort oft schlecht ist und man manchmal im Verlauf von vielleicht vier Tagen nur einmal kurz die Berge sehen kann.

Noch eine Frage: Weißt Du schon, ob Du von Feuerland aus ein Stück Richtung Norden fliegen wirst (zum Beispiel nach El Calafate)? Oder doch mit dem Auto fahren (die Einwegmiete Ushuaia -> El Calafate sollte im Prinzip möglich sein)?

Morgen früh geht es weiter mit einer erneut sehr abwechslungsreichen Etappe und der ersten (Vorsicht, Cliffhanger!) "Reparatur des Autos bzw. von Fahrzeugkomponenten" im Verlauf unserer Reise :wink:

Schöne Grüße,
Dirk

DocHoliday

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #52 am: 12.10.2012, 11:19 Uhr »
Noch eine Frage: Weißt Du schon, ob Du von Feuerland aus ein Stück Richtung Norden fliegen wirst (zum Beispiel nach El Calafate)? Oder doch mit dem Auto fahren (die Einwegmiete Ushuaia -> El Calafate sollte im Prinzip möglich sein)?

Nein, noch keine Ahnung. Bin noch ganz am Anfang der Planung (geht ja erst November 2013 los).
Gruß
Dirk

wuender

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #53 am: 13.10.2012, 09:20 Uhr »
Nein, noch keine Ahnung. Bin noch ganz am Anfang der Planung (geht ja erst November 2013 los).

Na dann bin ich mal gespannt, für welche der beiden Alternativen Du Dich dann entscheidest. Beide haben so ihre Vor- und Nachteile.

Wir fahren unterdessen weiter nach Süden:

1.11.2011: El Bolson - Futaleufu
Wir stehen früh auf. Das Hotelfrühstück hat - wie auch der Rest des Hotels - eher Motelcharakter. Das ist überraschend, da es sich um eines der besten Hotels vor Ort handelt, ist uns aber letztendlich egal. Ehe wir uns endgültig auf den Weg machen, schauen wir noch an einer Tankstelle vorbei, um den Tank unseres Pick Ups aufzufüllen und den Luftdruck der Reifen nachzuprüfen. Dabei fällt uns auf, dass der hintere rechte Reifen geringfügig weniger unter Druck steht als die anderen drei. War das schon bei Übergabe des Wagens so oder haben wir ein Loch im Reifen? Dummerweise haben wir nicht direkt nach der Wagenübergabe nachgeschaut. Wir füllen wieder auf den Nenndruck und warten etwas ab. Nichts passiert. Wir brechen auf, halten aber in der Folge alle paar Kilometer an, um nach dem Reifen zu schauen. Als er nach mehr als einer Stunde immer noch seinen Druck hält, sind wir beruhigt und konzentrieren uns auf unsere heutige Tagesetappe.

Wir fahren auf der Ruta 40 durch eine wunderschöne und sehr hügelige Landschaft nach Süden. Rechts von uns stehen in einigen Abstand die schneebedeckten Anden, links geht die Landschaft langsam in die Pampa über. Links und rechts, direkt neben der Straße, stehen jede Menge blühende Lupinen. Nach etwa 46 Kilometern biegen wir nach rechts auf die Ruta 71 Richtung Cholila ab. Laut unseren Unterlagen sollte diese Straße eine Gravelroad sein. In der Realität ist sie aber über weite Strecken nagelneu asphaltiert - es fehlt lediglich noch der Mittelstreifen. Der Fortschritt hält Einzug nach Cholila. Kurz vor der Ortschaft, hier sind wir wieder auf einer guten Gravelroad unterwegs, sehen wir auf der rechten Seite der Straße in einiger Entfernung die Hütte stehen, in der sich Robert Leroy Parker und Harry Longabaugh nach ihrer Flucht aus den USA 1901 für einige Zeit aufgehalten haben. Die beiden Banditen, besser bekannt als Butch Cassidy und The Sundance Kid zogen dann einige Jahre später weiter nach Chile und Bolivien. Dort sollen sie 1908 vom Militär erschossen worden sein - ihr letztendlicher Verbleib ist allerdings nicht vollständig geklärt. Die Geschichte der beiden wurde 1969 in den empfehlenswerten Film "Butch Cassidy and the Sundance Kid" mit Paul Newman und Robert Redford umgesetzt. Allerdings sehen wir nicht das kleine Eingangshäuschen, von dem wir in Reiseberichten gelesen haben. Wir bremsen ab, um nach dem Häuschen Ausschau zu halten. Da sich nur einige Meter weiter eine Polizeikontrollstation befindet, an der wir vehement dazu aufgefordert werden, weiter zu fahren, lassen wir Butch Cassidy Butch Cassidy sein und fahren weiter.


Unterwegs auf der Ruta 71 kurz vor dem Parque Nacional Los Alerces.

Hinter Cholila wird die Straße ein wenig rumpeliger und führt interessant bergauf und bergab. Von einer dieser Anhebungen aus, kurz hinter der Ortschaft Villa Lago Rivadavia, sehen wir im grünen Tal eine Ansammlung rosafarbener Punkte stehen und umherlaufen. Zu unserer großen Überraschung sind das unsere ersten Flamingos im Verlauf dieser Reise. Wir hätten diese Vögel eigentlich noch ein wenig südlicher erwartet. Einige Kilometer südlicher, insgesamt 26 Kilometer hinter Cholila, können wir kurz einen Blick auf den rechts von uns gelegenen langgezogenen Lago Rivadavia werfen, dann verläuft die Straße durch dichten Wald. Hier erreichen wir den nördlichen Eingang des Parque Nacional Los Alerces. Wir werden freundlich begrüßt, tragen uns in die Besucherliste ein und bekommen etwas Informationsmaterial in die Hand gedrückt. Der Parque Nacional Los Alerces ist bekannt für seine wunderschöne Gebirgslandschaft, die Seen, Tierwelt und die seltenen Alercen. Alercen, auch als patagonische Zypressen bekannt, sind eindrucksvolle Bäume: Sie können bis über 3000 Jahre alt werden und 50 Meter hoch bei einem Durchmesser des Stamms von bis zu fünf Metern. Alercen leben nur in einem kleinen Bereich, beiderseits der Anden in Argentinien und Chile. Da sie sehr langsam wachsen, wurden sie durch Abholzen fast komplett ausgerottet und sind heute streng geschützt.


Flamingos.

Als ersten Trail im Nationalpark laufen wir den nur knapp 200 Meter kurzen Rundweg zum Aussichtspunkt über den Lago Verde. Waren wir am Lago Rivadavia noch fast auf identischer Höhe mit dem Wasserspiegel, hat die Straße bis hierher deutlich an Höhe gewonnen. Als Folge befinden wir uns etwa 200 Meter oberhalb des Sees und haben daher vom Aussichtspunkt aus einen tollen Blick auf das tiefblaue Wasser - rundherum umgeben von Bergen. Auf dem Trail schauen wir uns auch nach Tieren um. Hier soll es sowohl den seltenen Andenhirsch Huemul geben als auch Pudus. Das sind Zwerghirsche, die kaum größer als Hasen werden. Für Tierbeobachtungen sind wir aber wohl zur falschen Tageszeit unterwegs. Allerdings finden wir ein an einem Ast hängendes Fellbüschel, welches in der Tat ganz offensichtlich von einem Huemul stammt.


Blick auf den Lago Verde.

Wir fahren ein kurzes Stück weiter zum Wanderweg Pasarella Rio Arayanes. Als wir unseren Pick Up auf dem Parkplatz verstauen, sehen wir zu unserer Überraschung das Expeditionsmobil aus Ansbach, welches wir schon vor drei Tagen an der Nordseite des Lago Lago Nahuel Huapi gesehen haben. Nachdem damals auf dem Parkplatz recht viel los war und wir daher keine Gelegenheit hatten, uns mit den Fahrern des Gefährts zu unterhalten, sieht die Situation nun ganz anders aus. Da der Parkplatz mit der Ausnahme unseres Autos und des Expeditionsmobils komplett leer ist, begrüßen wir einfach die ersten Wanderer, die uns entgegen kommen, mit einem breiten "Grüß Gott". Das sorgt für Überraschung... Unsere Wanderung führt uns zunächst ein kurzes Stück bergab ins Tal. Hier überqueren wir auf einer lustig schwankenden Hängebrücke den Rio Arayanes und erreichen dann eine Halbinsel, die von Lago Verde, dem Rio Arayanes, dem Rio Menendez, dem Lago Menendez und im Norden dem Cerro Alto el Petiso umschlossen wird. Mit der Besteigung dieses 1748 Meter hohen Bergs hatten wir ursprünglich auch spekuliert. Aufgrund der noch im Gipfelbereich vorhandenen Schneemengen und der heute Früh wegen unserem Hinterreifen verlorenen Zeit verzichten wir aber auf einen Gipfelsturm und nehmen uns daher etwas mehr Zeit, uns im Tal umzuschauen. Hinter der Hängebrücke über den Rio Arayanes treffen wir eine lustig musizierende und vespernde Gruppe von Einheimischen. Der Weg führt weiter entlang des Rio Menendez nach Westen. Der Fluss ist recht wild, wir kommen an heftigen Stromschnellen vorbei. Besonders beeindruckt uns die intensiv türkisgrüne Farbe des Wassers. Hier stehen alle paar Meter Schautafeln, die die Flora und Fauna des Nationalparks erklären. Alles zwar nur auf Spanisch, aber dank vor allem Katharinas Sprachkenntnissen verstehen wir das meiste, was dort erklärt wird. So kommen wir an einigen jungen Alercen vorbei. Zwar noch vergleichsweise kleine, aber trotzdem sehr beeindruckende Bäume.


Eine relativ junge Alerce.


Ausfluss des Rio Menendez aus dem Lago Menendez.

An der östlichsten Stelle der Halbinsel kommen wir zu der kleinen Schiffsanlegestelle. Hier starten zur Hochsaison die Bootsfahrten, die über den Lago Menendez zu den letzten Reservaten führen, an denen es noch größere Mengen wirklich alter Alercen gibt. Heute dagegen sind wir alleine hier, mit der Ausnahme eines kleinen Raubvogels, der es sich auf einen großen Felsbrocken im Wasser gemütlich gemacht hat und uns interessiert beäugt. Direkt neben der Anlegestelle befindet sich ein Strand, von dem aus sich der Lago Menendez in seiner gesamten Länge überblicken lässt. Dahinter steht der 2253 Meter hohe Cerro Torrecillas, von dem aus ein beeindruckender Gletscher Richtung See fließt. Unser Weg führt uns weiter um die Halbinsel herum, vorbei am Lago Verde. Hier sehen wir besonders viele rot blühende Notro-Bäume sowie gelben Ginster. Eine nette Wanderung, für die wir mit vielen Pausen etwa eineinhalb Stunden benötigt haben.


Chimangokarakara am Ufer des Lago Menendez.


Blick über den Lago Menendez auf den Cerro Torrecillas.

Wir fahren weiter entlang des Ufers vom Lago Futalaufquen nach Süden. nach Villa Futalaufquen, wo sich die Verwaltung des Nationalparks befindet. Wie schon im bisherigen Verlauf unserer Reise stellen wir auch hier fest, dass wir deutlich vor der Saison unterwegs sind: Die Ortschaft ist absolut verlassen und im kleinen Visitor Center des Nationalparks sind wir - mit Ausnahme des Rangers hinter dem Tresen - alleine. Am südlichen Parkausgang befindet sich eine größere Straßenbaustelle. Es sieht so aus, als würde auch hier bald ein größerer Teil der Straße asphaltiert sein. Außerhalb des Parks finden wir uns in einer grandiosen Landschaft wieder: Die Straße führt durch eine endlos weite Landschaft, umschlossen von hohen Bergen. Wir halten an, um den Ausblick zu genießen und um Fotos zu machen. Dabei finden wir, majestätisch Kreise im Himmel ziehend, den ersten Kondor unserer Reise - gut zu erkennen am riesigen schwarzen Körper mit einer weißen Halskrause. Das ist wirklich Patagonien, wie man es sich vorstellt.


Unser erster Kondor.


Patagonische Weite irgendwo vor Esquel.

Unser rechter Hinterreifen schaut noch gut aus. Dennoch gehen wir auf Nummer sicher und wählen für den Rest unserer heutigen Reiseroute nicht den direkten Weg über Trevelin, sondern machen einen Abstecher nach Esquel, der größten Ortschaft hier in der Gegend. Hier tanken wir auf und überprüfen den Reifendruck. Dieser hat hinten rechts wieder leicht abgenommen, wogegen alle anderen Reifen stabil sind. Da wird doch eine Reparatur fällig. Nach kurzer Suche finden wir eine Reparaturwerkstatt. Hier haben wir zunächst leichte Schwierigkeiten zu erklären, dass der Reifen einen eigentlich noch ganz guten Druck hat. Nur halt eben doch deutlich weniger, als wir heute Morgen eingefüllt hatten. Manchmal wäre es doch sehr schön, wenn man ein wenig besser spanisch sprechen würde. Letztendlich schaffen wir es aber, die Problematik zu vermitteln. In Windeseile ist der Reifen von der Felge entfernt. Fachmännisch wird ein Nagel entfernt und das Loch geflickt. Die ganze Aktion dauert weniger als 20 Minuten und kostet uns gerade mal 25 Pesos - weniger als 4 Euro. Da ist ein dickes Dankeschön und ein Trinkgeld natürlich selbstverständlich.

Nach 25 Kilometern in Richtung Süden kommen wir nach Trevelin. Diese Ortschaft ist deutlich kleiner und auch hübscher als Esquel. Beide Ortschaften wurden ursprünglich von walisischen Siedlern gegründet. Neben den Ortsnamen lässt sich dieses Erbe an der einen oder andern Stelle an der Architektur erkennen. So ist etwas Trevelin bekannt für seine irischen Teehäuser. Wir halten uns aber nicht lange auf, sondern fahren weiter nach Süden. Kurz hinter dem Ortsausgang knickt die Ruta 259 nach rechts ab und führt wieder direkt in Richtung der im Westen stehenden Andenkette und der chilenischen Grenze. Die Ruta 259 ist eine schöne Schotterpiste, links und rechts sehen wir wieder viele blühende Lupinen. Ganz entfernt fühlen wir uns an das berühmte Plakat aus der Patagonia-Werbekampagne erinnert - auch wenn wir wissen, dass sich das Motiv für dieses Plakat viel weiter südlich befindet. So oder so macht das Fahren richtig Spaß. Was diesen Spaß allenfalls ein wenig trübt, sind die dicken dunklen Wolken, die offensichtlich auf chilenischer Seite an den Anden hängen und leicht über die Berggipfel hinweglugen. Das sind nicht gerade gute Wetterboten für die kommenden Tage unserer Reise. Naja, mal schauen, wie es kommt.


Unterwegs auf der Ruta 259 in Richtung Anden und chilenische Grenze.

Für heute haben wir noch eine schöne Sehenswürdigkeit auf dem Programm - die Nant y Fall-Wasserfälle. Um diese zu erreichen, biegen wir etwa 12 Kilometer hinter Trevelin nach links ab und folgen dreieinhalb Kilometer einer äußerst schmalen Gravelroad, die lustig bergauf und bergab durch lichten Wald führt. Als Eintrittsgebühren für Ausländer sind 20 Pesos pro Person angeschrieben, letztendlich fällig werden aber nur 5 Pesos. Vielleicht liegt es daran, dass wir zur Nebensaison hier sind - denn bei unseren vielleicht als mittelmäßig einzustufenden Spanischkenntnissen hält uns ganz bestimmt niemand für Einheimische. Der Park besteht aus einem toll angelegten Rundweg zu mehreren wunderschönen Wasserfällen. Wir sind wieder völlig alleine unterwegs. Die Wasserfälle führen richtig viel Wasser, sind allerdings aufgrund der schon tief stehenden Sonne und der starken Kontraste schwierig zu fotografieren.


Die Nant y Fall-Wasserfälle.

Zurück auf der Ruta 259 nähern wir uns der Andenkette. Die Schotterstraße gewinnt allmählich immer mehr an Höhe. Die Landschaft wird immer waldiger. Letztendlich erinnert die Stimmung entfernt an die Alpen - nur wesentlich uriger und naturbelassener, als die Alpen zum Großteil sind. Die Grenze zwischen Argentinien und Chile befindet sich mehr oder weniger direkt auf der Passhöhe. Hier ist deutlich weniger los als noch vor drei Tagen am Lanin. Die Ausreise und die Gepäckkontrolle sind folglich auch recht schnell erledigt. Der für das Gepäck zuständige Beamte schaut lediglich kurz über unser Gepäck. Unser zusätzlicher Reservekanister dagegen interessiert ihn deutlich mehr. Wie er uns erklärt, dürfen wir keinen vollen Reservekanister aus Argentinien ausführen, wir sollen das Benzin doch bitte in den Tank des Pick Ups schütten. Naja, leichter gesagt als getan, denn schließlich haben wir erst in Esquel vollgetankt und sind daher mit einem fast vollen Tank unterwegs. Der Beamte scheint unser Problem zu verstehen. Jedenfalls wiederholt er, dass wir doch bitte das Benzin aus dem Reservekanister in den Tank des Autos schütten sollen. Mit einem Augenzwinkern erlaubt er uns aber, das zu machen, während er nicht hinschaut. Die Kontrollen auf der chilenischen Seite sind wesentlich strenger. Der Reservekanister interessiert hier niemanden, aber der Inhalt unserer Koffer wird sehr sorgfältig durchsucht. Direkt vor unserem Auto steht ein goldener Minibus. Der Fahrer scheint einheimisch zu sein, mit ihm unterwegs ist ein jüngerer Mensch sowie ein wenig älteres Pärchen. Die letzteren drei sind deutschsprachig aber vor lauter Grenzformalitäten bleibt keine Zeit zu mehr als einer kurzen Begrüßung.


Kurz vor der chilenischen Grenzstation bei Futaleufu.

Ab der Grenze ist die Straße wieder asphaltiert. Nach nur wenigen Kilometern kommen wir nach Futaleufu, wo wir in einem Bed & Breakfast für die Nacht vorgebucht haben. Das Bed & Breakfast ist schnell gefunden, es befindet sich in einem schönen alten Holzhaus. Nach längerem Suchen finden wir auch die Besitzerin und werden freundlich begrüßt. Die Kommunikation gestaltet sich überraschend schwierig - denn die Dame versteht unser Spanisch einfach nicht. So hat sie zum Beispiel Probleme zu verstehen, wann wir morgen frühstücken möchten. Was um Himmels willen man an "a las ocho" missverstehen kann, ist uns unklar. So kommen wir aber immerhin dazu, die einzigen neben uns im Haus befindlichen Gäste kennenzulernen: Ein sehr nettes junges Pärchen aus Berlin, die von der Hauswirtin als Dolmetscher hinzugezogen werden. Zum Abendessen gibt es nicht viele Möglichkeiten. Futaleufu besitzt zwar durchaus touristische Infrastruktur, ist aber dennoch sehr klein. Zudem ist es Nebensaison und außerdem schon recht spät am Tag. Letztendlich landen wir in einem kleinen Imbiss, wo wir die südamerikanische Variante eines Hamburgers genießen: Mit einem kompletten Fleischstück und leckerer Avocadocreme in einem Fladenbrot. Echt lecker. In der winzigen Bude hängt ein Fernseher, auf dem die chilenische Variante von "Wer wird Millionär" läuft - hier beträgt der Hauptgewinn 120 Millionen Pesos - was sich nach beeindruckend viel anhört, aber letztendlich "nur" 200000 Euro entspricht.

Übermorgen geht es weiter...

stephan65

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #54 am: 13.10.2012, 10:55 Uhr »
 :shock: was hätte ich denn hier beinahe verpasst  :shock: wie geil...gleich noch aufspringen  8)

im Los Ulmos warst du auch, wie lustig...die argentinische Seite der Reise kenne ich noch nicht, ich bin gespannt und fasziniert..

DocHoliday

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #55 am: 13.10.2012, 11:04 Uhr »
Ich finde immer wieder die unterscheidlichen Farben der Seen faszinierend.
Gruß
Dirk

Saguaro

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #56 am: 13.10.2012, 15:24 Uhr »
Wie ist eigentlich das Tankstellennetz? Ich kann mir vorstellen, das rechtzeitiges Tanken angebracht ist.

LG,

Ilona
Liebe Grüße

Ilona

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wuender

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #57 am: 14.10.2012, 14:42 Uhr »
:shock: was hätte ich denn hier beinahe verpasst  :shock: wie geil...gleich noch aufspringen  8)

im Los Ulmos warst du auch, wie lustig...die argentinische Seite der Reise kenne ich noch nicht, ich bin gespannt und fasziniert..

Willkommen an Bord!

Dass wir letztendlich auch im Club Los Ulmos gelandet sind, fand ich im Nachhinein auch lustig. Ich hatte mir ja diese Lodge schon beim Lesen Deines schönen Chile-Reiseberichts rausgeschrieben. Meine Notizen wanderten dann aber etwas später unbeachtet in irgendeine Ecke und ich habe Los Ulmos kurz darauf ein zweites Mal selber rausrecherchiert.

Wie ist eigentlich das Tankstellennetz? Ich kann mir vorstellen, das rechtzeitiges Tanken angebracht ist.

Gute Frage - das war einer der ersten Punkte, die ich mich bei der Reisevorbereitung auch gefragt habe.

Die Gegend, in der wir bisher unterwegs waren (das argentinisch-chilenische Seengebiet) ist zwar nicht sonderlicht dicht besiedelt. Dennoch gibt es immer mal wieder mehr oder weniger große Ortschaften und dort auch Tankstellen. Alles in allem würde ich diese Gegend von der Tankstellendichte in etwa mit dem Südwesten der USA vergleichen (wenn man dort die Tankstellen entlang der Interstates weglässt).

In den kommenden Tagen der Reise werden wir zunächst auf der westlichen Seite der Anden die Carretera Austral nach Süden fahren. Der Bau dieser Straße begann erst 1976 und es geht über weite Strecken durch dichten Regenwald. Somit finden sich recht wenig Ortschaften und dementsprechend auch kaum Tankstellen. Weiter im Süden gibt es in Argentinien - also wieder auf der Ostseite der Anden - ein fast 500 km langes Stück der Ruta 40 (einer der Hauptverkehrsachsen des Landes) mitten durchs Nichts - keine Ortschaften, keine Tankstellen. Da gehört dann zur Reisevorbereitung, rauszusuchen, wo man unbedingt volltanken muss.

Morgen früh geht es weiter...

Schöne Grüße,
Dirk

unterwegsontour

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #58 am: 14.10.2012, 16:41 Uhr »

so, jetzt bin ich endlich auch noch schnell euch hinterher gereist und springe mit auf den Anhänger auf. Die Ecke steht schon lange auf meiner Wunschliste, aber wegen meiner nicht vorhandenen Spanischkenntnissen   :doh:   und als Einzelreisende unterwegs wird sie dort noch länger vor sich hin dümpeln.

Ich freue mich mit euch wenigsten virtuell durch diese Gegend reisen zu können.  :rotierend2:

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Katja

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #59 am: 14.10.2012, 16:58 Uhr »
Hallo Dirk,
habe euren Reisebericht leider etwas spät entdeckt, aber nicht zu spät, um noch hinterherzureisen. Nachdem ich jetzt etwas auf die Tube gedrückt habe, habe ich euch jetzt eingeholt.
Im südlichen Patagonien sind wir auch schon unterwegs gewesen, und uns schwebt auch noch eine Reise durch die chilenische Schweiz und die Atacamawüste vor.
Schade, dass euch die Aschewolken, die Vulkane ein wenig vernebelt haben.
Ich bin gespannt, wie es weitergeht.
Viele Grüße
Katja

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