Ich denke, wenn man mal am Meer ist, sollte man dort auch die Spezialität essen - und Barra schmeckt wirklich lecker.
1. OktoberUm kurz nach sechs stehen wir auf und sind nach dem Frühstück gegen zwanzig nach sieben abfahrbereit. Langsam machen wir uns auf den Weg zum Bahnhof. Alle bestellten Fahrkarten liegen beim Station Master, inklusive der Kreditkartenrechnung. Ein kleines Museum mit allerlei Gerümpel sehen wir uns im Bahnhof an.
IC Goethe
Dies sind möglicherweise die Reste einer
'Morning Glory', sicher bin ich allerdings nicht.
Der Diesel der Zugmaschine muss erst fremd gestartet werden, bevor der Zug sich in Bewegung setzen kann. Wir setzen uns zunächst in die Zugmaschine. Kurz vor Abfahrt erscheint eine Reisegruppe und schon beginnt der Streit um Sitzplätze. Um dem aus dem Weg zu gehen, steigen wir in den hinteren Waggon ein.
Die Eisenbahnlinie war ursprünglich als Verbindung zwischen Normanton und Cloncurry geplant. Die zum Bau benötigten Gelder wurden 1886 bereitgestellt und der Bau genehmigt. Als in Croydon Gold gefunden wurde, war das Ziel der Bahnlinie umstritten. 1888 baute die Eisenbahngesellschaft die Trasse in Richtung Croydon, mit der Möglichkeit nach zwölf Meilen später einen Abzweig nach Cloncurry anzuschließen. Dies geschah jedoch nie. Ende 1891 war die Strecke bis Croydon befahrbar. Seither ist die Strecke ununterbrochen in Betrieb und eine der wenigen Eisenbahnlinie ohne Anbindung.
Interieur
Die Schienen wurden auf Schwellen befestigt, die direkt auf der Erdoberfläche auflagen. Dadurch erhoffte sich der aufsichtsführende Ingenieur geringere Kosten und weniger Flutschäden, da Wasser einfach über die Schienen fließen konnte. Aus heutiger Sicht besteht die gesamte Trasse aus einer einzigen, sich immer wiederholenden Verwerfung und ständigen Schienenbrüchen. Dementsprechend heftig schaukelt der Zug während der Fahrt.
Die Brücke über den Norman River stand im letzten Jahr (2007) unter Wasser. Der Höchststand des Flusses betrug 9 m über Grund. Heute führt der Fluss nur rund 50 km von der Mündung entfernt kein Wasser.
Norman River
Noch heute wird der Zug für eine zusätzliche Postzustellung pro Woche genutzt. Hier ein paar Haltepunkte:
Critters Camp
Timora
Die Ranch liegt ungefähr 20 km im Norden. Der Zug bringt im Übrigen nicht nur Post, sondern auch Lebensmittel und andere Güter, die in Normanton bestellt worden sind. Am Haltepunkt Blackbull nach ungefähr der Hälfte der Fahrt hält der Zug zur unvermeidlichen Teepause.
Info-Center
Glücklicherweise fährt die Reisegruppe mit einem Bus weiter und wir steigen in die Zugmaschine um. Diese springt nicht mehr an und muss vor der Weiterfahrt erstmal angekurbelt werden.
Ankurbeln hilft aber nichts - der Zug muss vom Begleittoyota angeschleppt werden. Dem Zugfahrer und Station Master musste ich versprechen, die von mir geschossene Aufnahme dieses Moments nicht zu veröffentlichen.
In der Zugmaschine erleben wir mit, welche Schwerstarbeit der Fahrer leisten muss. Der alte Diesel wird von Hand geschaltet und nur, wer jemals mit Zwischengas schalten musste, weiß, wie anstrengend Schalten sein kann. Nahezu pünktlich erreichen wir Croydon und werden dort vom örtlichen Leiter des Visitor Centers abgeholt. Mit einem Kleinbus fahren wir unter fachkundigen Erläuterungen zur Geschichte des Ortes zum Pub. Zusätzlich erhalten wir ein Teilnahmezertifikat der Reise.
Im Pub arbeiten zwei Berlinerinnen als Bedienung. Sie wollen mit einem gekauften Kleinwagen irgendwann weiter in Richtung Westen. Croydon hat die besten Jahre hinter sich und ist stolz auf seine Geschichte und den Goldrausch.
Pub
Metzger
Diese Fahrt durch die ewig gleich bleibende Savanne ist natürlich sinnfrei und nur etwas für Eisenbahnfreaks. Sie ist eintönig, gefällt uns aber trotzdem sehr gut. So fahren wir auch durch ein Mustering hindurch, bei dem die Cowgirls mit Quads die Rinder zusammmentreiben.
Ich versichere mich, dass der Bus gegenüber des Pubs abfährt und gemeinsam mit einem australischen Ehepaar warten wir auf ihn. Als der Bus eine dreiviertel Stunde überfällig ist, rufen wir bei dem Transportunternehmen an und erfahren, dass der Bus eine Stunde Verspätung hat. Nach weiteren 20 Minuten fährt dann ein Bus mit hoher Geschwindigkeit an uns vorbei und biegt sehr schnell in Richtung Normanton ab. Ein erneuter Anruf ergibt: Der Fahrer hatte an der BP-Tankstelle gehalten und ein Pärchen mitgenommen. Dieses hatte er gefragt, ob sie wir wären, was sie bejahten. Was den Fahrer aber dann getrieben hat - es waren vier Personen zur Mitfahrt gemeldet - konnten wir nicht klären. Die große Frage war nun - wie kommen wir nach Normanton?
Es gab zwei Möglichkeiten: Morgen mit dem Gulflander zurück oder Übermorgen mit dem nächsten Bus! Dann ergab sich plötzlich eine dritte Möglichkeit:
Die Ehefrau des Leiters des Visitor Centers sieht uns, fragt nach dem Sachverhalt, mobilisiert ihren Mann und die beiden Zugbegleiter und alle suchen gemeinsam eine Lösung. Diese wird gefunden: Der Leiter des Visitor Centers leiht uns seinen Wagen - der Mann des australischen Pärchens, das mit uns versetzt worden ist, wird fahren (ich hätte nicht gewollt, es wurde nämlich bald dunkel und in Australien fahre ich nicht im Dunkeln) - und ein Mitarbeiter der Bahn in Normanton bringt den Wagen am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe nach Croydon zurück. Schnell noch volltanken und los gehts. Die Fahrt dauert ungefähr zwei Stunden, geht durch die Dämmerung und durch die Nacht auf dem Savannah Way nach Normanton. Manchmal hilft nur heftiges Bremsen, eine Kollision mit einem der vielen Roos zu vermeiden. Glücklicherweise ungeschoren erreichen wir kurz nach neun den CP.
Der Zugfahrer und Station Master war von dem Schlamassel persönlich sehr getroffen. Er versprach uns sogar, die Kosten für die Busfahrt zurückzuerstatten. Leider hat das nichts gebracht. Ich habe auch nicht weiter insistiert - als Australier wäre ich da sicher hartnäckiger gewesen. Alles in allen ein aufregender Tag.
Da wir den ganzen Tag außer Frühstück nichts gegessen hatten, hoffen wir, im Albion Hotel noch etwas zu bekommen. Und obwohl deren Küche nur bis neun geöffnet ist, bekommen wir um 20 nach neun noch einen leckeren Barra. (Ich weiß, schon wieder Fisch!)
Die Eisenbahntrasse ist
hier auf der Karte zu sehen.