Montag, 1. Oktober 2012Um viertel nach acht verlasse ich heute morgen das Hotel und gehe einige hundert Meter zum Breakwater Ferry Terminal, von wo die Passagier-Fähren nach Magnetic Island abfahren. Wie vorhergesagt ist der Himmel bedeckt, aber als ich schließlich um viertel vor neun auf dem Oberdeck der Fähre sitze und wir langsam aus dem Hafen fahren, ist es in Townsville schon sonnig, während vor uns über Magnetic Island noch die dunklen Wolken hängen.
Während ich friedlich in der Sonne sitze und nach vorne aufs Wasser schaue, klagt hinter mir ein frustrierter deutscher Backpacker, der offenbar hier seine "working holidays" verbringt, zwei deutschen Backpackerinnen sein Leid. Er hatte es sich einfacher vorgestellt, hier Arbeit zu finden, ja, natürlich, Fruit Picking, das hätte man ihm angeboten, aber jetzt mal ehrlich, das wolle er sich nicht antun, diese Bananenstauden zu ernten, und überhaupt, in Sydney gäbe es vielleicht Arbeit, hier aber nicht, und überall wo er frage, wolle man nur Leute mit einer Ausbildung, Maurer würden gesucht, aber er hätte halt keine Ausbildung, und zu hause hätte man ihm gesagt, das sei alles ganz einfach, aber das stimme ja gar nicht, und überhaupt, er wisse eigentlich nicht, warum er heute nach Magnetic Island rüberfahre, das sei ja schließlich auch nur so eine Insel, und jetzt mal ehrlich, wenn man eine Insel gesehen habe, dann kenne man alle, letztlich sei das alles ja sowieso immer dasselbe.
Ich bin froh, dass der Fahrtwind es mir erspart, mehr von diesem Monolog mitzubekommen Nach einer halben Stunde erreichen wir Nelly Bay auf Magnetic Island, ich spaziere von Bord und mache mich erst mal zu Fuß auf den Weg zur Geoffrey Bay.
Gerade als ich dieses Foto mache, beginnt es zu tröpfeln, aber ein paar Minuten später in der Alma Bay schiebt sich schon wieder die Sonne durch die Wolken.
Um kurz nach zehn steige ich an der Alma Bay in den Bus zum Startpunkt des Forts Walks. Der Wanderweg führt auf einem insgesamt 4 km langen Weg durch den Busch zu einigen Verteidigungsanlagen aus dem zweiten Weltkrieg und zurück. Hier ist die Chance, Koalas in freier Wildbahn zu sehen, angeblich ziemlich groß, und so mache ich mich hoffnungsvoll auf den Weg.
Die Wolken werden immer kleiner, der Himmel wird blauer, und als ich ein paar entgegenkommende Wanderer frage, ob sie Koalas gesehen haben, nicken sie fröhlich und erklären mir, ein Koala säße nicht weit von hier auf der rechten Seite im Baum, direkt am Weg. Ich schaue also suchend in die Bäume, aber weil ich ja meine fehlenden Fähigkeiten, Tiere in Bäume zu erkennen, kenne, frage ich auch immer wieder die entgegenkommenden Leute. Eine Frau sagt mir schließlich, dass es nur noch fünfzig Meter sind, geht dann aber netterweise auch noch bis zu dem Koala-Baum mit mir zurück. Glück gehabt! Ich hätte den Koala hier sicher nicht alleine gefunden:
Der Koala sitzt zusammengekuschelt im Baum und schläft anscheinend. Sein weiches Fell kann man trotzdem gut erkennen, und ab und zu streckt er sich ein wenig. Während ich um den Baum gehe, um einen möglichst guten Blick auf ihn zu erhaschen, kommt eine kleine Gruppe von Wanderern am Baum an, sieht mich mit der Kamera nach oben spähen, entdeckt den Koala und gratuliert mir begeistert dazu, dass ich ihn aufgespürt habe. Ich versuche bescheiden zu erklären, dass ich ihn nur von einer anderen Frau gezeigt bekommen haben, aber trotzdem fällt mir eine enthusiastische Japanerin beinahe um den Hals.
Der Koala fragt sich vermutlich, warum sich ausgerechnet unter seinem Baum ständig aufgeregte Menschen versammeln und streckt sich noch ein bisschen mehr, bis er sich schließlich halb umdreht, und ich ein paar Fotos machen kann.
Danach kuschelt er den Kopf wieder ins Fell und schläft weiter. Nach einem kurzen Blick auf die Uhr lasse ich den Koala schweren Herzens zurück und gehe weiter bis zum Fort, von wo sich schöne Ausblicke auf die Buchten ringsum bieten.
Auf dem Rückweg kann ich den Koala nicht mehr entdecken. Entweder hat er in der letzten halben Stunde seinen Baum verlassen oder ich bin noch nicht mal in der Lage, ein Tier in einem Baum zu finden, das ich vorher schon gesehen hatte – vermutlich ist letzteres der Fall.
Mit dem Bus fahre ich anschließend weiter bis zur Horseshoe Bay, wo ich einen freien Tisch im Schatten ergattere und Quesadillas esse. Danach wandere ich noch eine Weile am Strand entlang und kann kaum widerstehen, ins Wasser zu hüpfen. Doch ich tröste mich damit, dass ich nachher noch Bekanntschaft mit dem Wasser der Horseshoe Bay machen werde.
Gegen zwei steige ich wieder in den Bus und spaziere von der Bushaltestelle aus zur Horseshoe Ranch, denn ich habe einen Ritt durch den Busch und zum Strand gebucht. Nach und nach findet sich eine gemischte Gruppe auf der Ranch ein. Es sind absolute Anfänger dabei, aber auch erfahrene Reiter. Ich selbst hatte zwar früher Reitunterricht, aber nachdem das inzwischen schon über 15 Jahre her ist, habe ich auf dem Fragebogen lieber mal „geringe Kenntnisse“ angekreuzt.
Meine geringen Kenntnisse darf ich übrigens mit Kitaboy ausprobieren, der vor dem Ritt noch dösend in der Sonne steht und offenbar seine Kräfte schont.
Um drei Uhr geht es los. In der Obhut von vier Begleiterinnen verlässt unsere Gruppe die Ranch und schlägt den Weg durch Busch und Palmenhaine ein. Kitaboy ist ein nettes, umgängliches Pferd, und meine reiterlichen Fähigkeiten reichen dann doch dafür aus, dass ich in die vordere Gruppe darf, die zwischendurch auch mal einen leichten Galopp einlegt. Nach etwa einer Stunde kommen wir dann am Strand an.
Jetzt beginnt der Teil des Ausflugs, auf den ich mich besonders gefreut habe: Zuerst werden die Pferde abgesattelt und dürfen sich erst mal kräftig im Sand wälzen.
Auch wir Reiter haben uns in der Zwischenzeit quasi „abgesattelt“, also die Klamotten abgeworfen, und warten in Badesachen darauf, dass wir wieder die Rücken unserer Rösser erklimmen dürfen. Und dann reiten wir mit den Pferden wieder hinunter an den Strand und hinein in das wunderbare warme Wasser der Horseshoe Bay.
Es ist einfach ein Traum, hier durchs Wasser zu reiten, und überall um mich herum sehe ich nur fröhliches Gesichter. Selbst die Reitanfänger kommen gut klar. Die Pferde marschieren völlig gelassen durch Wasser, dass ihnen fast bis über den Rücken reicht.
Schließlich müssen wir leider wieder zurück zur Ranch. Auf dem Weg dorthin komme ich noch mit einer der Begleiterinnen ins Gespräch, einer Deutschen, die seit 10 Wochen hier arbeitet und am liebsten hier bleiben will. Es fällt mir nicht schwer, das zu verstehen.
Leider ist der Ausritt dann auch schon zu Ende. Ich gehe zum Abschluss noch zurück zur Horseshoe Bay und schaue mir den Sonnenuntergang an, bevor ich den Bus zum kurz nach sechs zurück zum Fährhafen in der Nelly Bay nehme.
Es ist inzwischen schon dunkel, und auf der Fahrt sieht man die Lichter von Townsville. Auf dem Weg zurück zum Hotel nehme ich mir dann noch in einem chinesischen Restaurant etwas zu essen mit, und als ich dort auf einen Barhocker klettere, um auf mein Essen zu warten, merke ich schon den Muskelkater vom Reiten. Im Hotelzimmer schaffe ich es nur noch, unter die Dusche zu hüpfen und zu essen, dann krabbele ich todmüde unter die Bettdecke.
Zum Glück kann ich morgen ausschlafen, denn für morgen habe ich mir kein festes Programm überlegt, sondern will einfach ein wenig Townsville erkunden.
Gute Nacht!