Donnerstag, 18. Oktober Ich schlafe gut, zumindest bis um halb drei nachts, aber da habe ich immerhin schon fast sieben Stunden Schlaf genossen und fühle mich erholt. Bis es Frühstück gibt, stöbere ich im Filmangebot und finde dabei in der Kategorie Klassiker den in den USA so beliebten Streifen "The sound of music". Während ich mir anschaue, wie die Trapp-Familie singend über die Berge in die Schweiz flieht, nähern auch wir uns langsam Europa und dem Land der Eidgenossen.
Das Frühstück wird dann ab etwa halb fünf serviert, und ich suche mir aus dem reichhaltigen Angebot Schokocroissants, Cornflakes und French Toast aus. Draußen ist es noch dunkel, wir fliegen über Ungarn und Österreich und nähern uns schließlich Zürich, wo dicke Nebelschwaden zu erkennen sind. Der Flughafen liegt mitten in dieser Nebelsuppe, und ich merke erst, wie nahe wir dem Boden sind, als durch das Weiß um uns herum die Lichter der Landebahn neben mir auftauchen und das Flugzeug wenige Sekunden später aufsetzt.
Wie schon auf dem Flug von Frankfurt nach Bangkok gibt es auch hier zum Abschied ein kleines, völlig unhandliches Orchideen-Gesteck, das bei der anschließenden Sicherheitskontrolle ein Stirnrunzeln des Schweizer Mitarbeiters auslöst.
Überhaupt, diese Schweizer: Das Netbook muss nicht nur aus dem Rucksack, sondern auch aus der dünnen Hülle, den Plastikbeutel mit Flüssigkeiten soll ich doch bitte nicht zu meiner Jacke legen, sondern in einen Extra-Container. Aber dass ich in meiner kleinen Tasche zwei Amenity-Kits von den beiden Flügen habe, die auch Flüssigkeiten enthalten, das fällt den gründlichen Schweizern nicht auf.
Nachdem ich so ziemlich den kompletten Züricher Flughafen inkl. Sicherheits- und Passkontrolle kennengelernt habe, wobei das besondere Highlight eine kurze Fahrt mit einem Shuttle ist, die akustisch mit Kuhgemuhe, Glockengebimmel und Alphornfanfaren untermalt ist, komme ich schließlich um kurz nach halb acht am Gate A64 an, wo dann auch um acht Uhr das Boarding für den Lufthansa-Flug nach Frankfurt beginnt. Hier „muss“ ich Business fliegen, denn First gibt’s auf dem kurzen Zubringerflug nicht. Igitt.
Das Flugzeug rollt pünktlich zur Startbahn. Immer noch ist es neblig und man kann kaum den Flughafen erkennen. Aber dafür bietet sich dann über dem Nebel ein umso schönerer Blick.
Die Flugzeit beträgt nur 45 Minuten, ich sitze alleine in einer Dreier-Reihe und schaffe es bis zum Landeanflug kaum, das Schinkencroissant, den Müsliriegel und die im Nachgang angebotenen Pralinen zu essen. Okay, die Pralinen hätte ich wohl mitnehmen, und nicht gleich essen sollen. Aber nachdem gestern das Abendessen größtenteils ausgefallen ist, habe ich trotz des üppigen Frühstücks wieder richtig Hunger.
Unten in den Tälern hängt immer noch der Nebel, aber ab und zu bringt die Sonne die Landschaft schon zum Leuchten. Hm, eigentlich ist Deutschland auch ganz schön.
Pünktlich landen wir schließlich in Frankfurt.
Nochmal knapp 45 Minuten vergehen dann, bis der Flieger von der Landebahn zum Gate A26 gerollt ist und ich den Weg bis zur Gepäckausgabe bewältigt habe und dort glücklich meinen Koffer vom Band ziehen kann.
Eine Stunde später sitze ich schließlich im Zug nach Hause. Hm, „nach Hause“, das klingt im Moment genauso merkwürdig wie vor vier Wochen der Satz „Am Sonntag fliege ich nach Australien“ geklungen hat. Ich bin hin und her gerissen zwischen der Freude, dass ich wieder heim komme und der Trauer, dass der Urlaub jetzt tatsächlich zu Ende ist.
Diese Reise war einer der schönsten, die ich bisher unternommen habe, wenn nicht sogar die schönste. Die monatelange Planung hat sich gelohnt, aber mir ist klar, wie viel Glück ich gehabt habe: Wären am Cape Hillsborough keine Kängurus am Strand gewesen und hätten die Schnabeltiere im Eungella Nationalpark gestreikt, wäre der Aufenthalt dort nur halb so schön gewesen. Hätten mir die Whitsundays auch gefallen, wenn es dort wolkig gewesen wäre? Und ohne die nette Frau auf Magnetic Island, die mir den Koala gezeigt hat, hätte ich das wollige Tier sicher nicht im Baum erspäht. Dass die Kanutour in Yungaburra doch noch stattfinden konnte, war wirklich Glück, und ebenso hätte ich auch wegen des windigen Wetters beinahe auf die Tour zum Great Barrier Reef verzichten müssen. Und dass man am Uluru keine Schönwetter-Garantie hat, hatte ich im Vorfeld meiner Reise schon besorgt in einem anderen Reisebericht hier im Forum lesen müssen.
Aber ganz egal, was hätte schieflaufen können: Ich bin mir sicher, dass ich auch dann von der Freundlichkeit der Australier begeistert gewesen wäre. Ganz egal, wo ich war, ob ich im Hotel eingecheckt habe, eine Tour unternommen habe, mich im Flughafen durchfragen musste oder nur eine Weile auf einer Parkbank gesessen habe: Überall wurden meine Fragen freundlich beantwortet oder ich wurde selbst angesprochen. Da war die Oma von zwei Mädchen, die mich nach der Reittour auf Magnetic Island zur Fähre fahren wollte, der Mitarbeiter an der Rezeption in Sydney, der mir seine Seasickness-Tabletten schenken wollte oder die Teilnehmer der Campingtour, die mir zum Abschied ihre E-mail-Adressen gegeben haben und mich gebeten haben, mich bei ihnen zu melden und ihnen zu berichten, ob meine Reise gut zu Ende gegangen ist.
Fast überall habe ich mich wohl und willkommen gefühlt und hatte auch als Alleinreisende nicht das Gefühl, einsam und im Falle eines Falles auf mich alleine gestellt zu seine.
Und während sich der Zug langsam dem Heimatbahnhof nähert, spuken mir schon die nächsten Reiseziele im Hinterkopf herum: Darwin im Norden? Oder Perth im Westen? Melbourne, die Great Ocean Road und Kangaroo Island im Süden? Oder vielleicht sogar Tasmanien? Oder könnte man vielleicht sogar die Ziele miteinander kombinieren?
Egal, ich bin mir jedenfalls sicher: Irgendwann werde ich wieder zurückkommen.
- ENDE -