Die Urlaube sind vorbei, Jetzt wird es Zeit auch mit den Reiseberichten ma langsam hinterher zu kommen
3.12.13
Morgens aufgewacht und erstmal kurz in mich gegangen. Fühlt sich irgend etwas anders an als gestern? Nö. Na also, 50 ist gar nicht so schlimm!
Nach einem brauchbaren Frühstück im Hotel hat's mich zunächst noch einmal auf den Friedhof gezogen. Den wollte ich mir noch mal bei Sonnenschein und mit etwas mehr Zeit anschauen. Gesagt - getan, genau wie gestern bin ich einfach kreuz und quer durch die Gassen des Friedhofs gelaufen und habe mich überraschen lassen, was ich so entdecke.
Das hier ist wohl der Max Schmeling Argentiniens. Warum der jetzt meinte, im Bademantel da stehen zu müssen, weiß wohl auch nur er selber.
Allgemein fand ich schon beachtlich, welche Hybris und welchen Größenwahn man hier bewundern konnte.
Da hat jeder seiner eigenen Engel oder gar Muttergottes zur Bewachung im Jenseits.
Und wenn das nich nicht reicht, wird das eigene Grabmal zum Sitz der Götter
Manche Gräber haben mir aber auch richtig gut gefallen
Am meisten haben es mir die stilleren Ecken angetan, da wo der Zahn der Zeit sichtbar wurde
aber auch da, wo man sah, dass dieser Friedhof nicht nur eine Touri-Attraktion war sondern ein sozusagen lebendiger Ort. An verschiedenen Stellen sah man Angehörige, die offensichtlich Stunden hier verbrachten mit Grabpflege aber auch einfach nur mit ausruhen und Zeitung lesen.
Der prominentesten "Bewohnerin" dieses Friedhofs musste ich natürlich auch noch einen Besuch abstatten, auch wenn ich ihr keine Blümchen mitgebracht habe.
Evita Peron, geborene Duarte
Nach einem letzten Blick zurück auf den wie ein Tempel gestalteten Haupteingang habe ich mich auf den Weg Richtung Zentrum gemacht.
Da das Wetter so schön war, bin ich gelaufen. Durch diverse Nebenstraßen bin ich schließlich zur Avenida de 9 Julio, der Hauptverkehrsader von Buenos Aires. Die verläuft hier teilweise 12 oder 14spurig und dazu gibt es daneben noch einmal 3 oder 4spurige Einbahnstraßen, die zu den Häusern führen. Insgesamt sind es also für Lokal- und Durchgangsverkehr 10 bis 12 Spuren pro Richtung. Trotzdem ist hier dauernd Stau!
Ich bin dann bald wieder abgebogen und ins Einkaufsviertel San Nicolas Richtung Avenida del Mayo eingetaucht. Hier gibt es Fußgängerzonen, überdachte Galerien und alle Läden, die das Herz begehrt. Und alle 10 m steht jemand, der Geld wechseln will und dies lauthals kundtut. Überall hört man nur "Cambio! Cambio!"
An der Plaza de Mayo habe ich nur schnell ein Foto gemacht und bin dann die Avenida de Mayo Richtung Westen gelaufen. Vom Sitz der Präsidentin am einen Ende der Straße zum Kongress am anderen Ende.
Hier steht auch der Denker von Rodin. Bei der Gelegenheit habe ich gelernt, dass es 20 Denker in dieser Monumentalversion gibt.
Besser gefallen hat mir aber eine andere Skulptur. Nämlich die von Alfredo Palacios, dem ersten Sozialisten im Kongress von Argentinien.
Scheint eine echte Type gewesen zu sein
Auch in Buenos Aires scheint sich noch nicht herumgesprochen zu haben, dass man die Ratten der Lüfte eher vergiften als füttern sollte.
Mein letztes Ziel für diesen Wandertag war das Viertel San Telmo, einem der ältesten Viertel von Buenos Aires. AM Rand des Viertels bin ich zum ersten mal auf eine der Mafalda-Figuren gestoßen, die in San Telmo überall als Skulpturen rumstehen (Malfalda ist sozusagen der argentinische Nationalcomic).
Nach einer weiteren interessanten Skulptur, von der ich ehrlich gesagt keine Ahnung habe, was sie darstellen soll war ich dann wirklich in San Telmo.
San Telmo ist ein hübsches Viertel mit viel erhaltener und teilweise etwas runtergekommener Altbausubstanz. Es erinnert ein bisschen an Kreuzberg vor der Zeit als es zum Lehrerkiez wurde oder Prenzlauer Berg in Berlin. EIn bisschen maroder Charme, Alternativkultur, Graffitis, so wie es aussah teilweise auch besetzte Häuser und daneben aber auch Antiquitätenläden aller Preisstufen und einer Menge Gastronomie und Tourismus.
An der Plaza Dorrego im Zentrum von San Telmo waren schon die ersten Tangotänzer zu Gange. Also habe ich mir einen Tisch nahe bei den Tänzern gesucht, in der schönen Nachmittagssonne 2 Bier getrunken und den Tangotänzern zugeschaut. Ursprünglich hatte ich überlegt, mir zur Feier des Tages eine Tangoshow zu gönnen aber die gab es immer nur in Verbindung mit einem 3 oder 4Gang-Menü und alle hätte den ganzen Abend gedauert. Das war mir zu viel und zu formell.
So bekam ich wenigstens ein bisschen Tango zu sehen und für mein Laienauge war das durchaus nett anzuschauen.
Als es langsam dunkel wurde, meldete ich auch mein Magen. Hier wollte ich zum essen nicht bleiben. Die Läden rund um den Platz waren doch eher Tourinepp mit Fleisch und Pommes zu erheblichen Preisen. Ich bin dann nochmal ein paar Schritte gelaufen, obwohl mir meine Füße inzwischen ordentlich weh taten und habe es noch bis zum Purto Madreos geschafft, der ganz in der Nähe liegt.
Hier habe ich mir ein Seafood-Restaurant gesucht und mir eine schöne große Meeresfrüchteplatte gegönnt, begleitet von einem Fläschchen Weißwein. Laufen ging danach aus verschiedenen Gründen nicht mehr
Aber ich habe zum Glück rasch ein Taxi gefunden, das mich zum Hotel zurück gebracht hat.
Dort gab es noch einen Absacker an der Bar und dann war der Tag vorbei. War mit Sicherheit der Geburtstag, an dem ich am meisten gelaufen bin, ca. 12km ohne die Wege auf dem Friedhof.
Und das alles in dem Alter!