Hallo allerseits,
es geht weiter:
17.10.2010 William Creek - Coober PedyDa wir ja abwarten müssen, dass die Straßen nach Norden geöffnet werden, schlafen wir für unsere Verhältnisse lange aus. Als wir um kurz nach acht Uhr aufstehen, hängen am ansonsten blauen Himmel einige Wolken, die allerdings nicht wirklich nach Regen aussehen. Wir schauen uns zunächst in aller Ruhe den Ort an. Viel gibt es ja nicht, aber das was es gibt, ist durchaus interessant. Der kleine Platz vor dem Pub ist zu einer Art Freilichtmuseum umfunktioniert. Wir sehen zwei Grabsteine von Einwohnern von William Creek sowie einen Gedenkstein an Caroline Grosmüller, die Österreicherin, die 1998 am Lake Eyre North ums Leben kam. Ansonsten liegt hier viel Gerümpel herum wie zum Beispiel Teile von auf dem Testgelände bei Woomera abgeschossenen Raketen, Telegrafenmasten, eine alte pferdegetriebene Wasserpumpe und ein Wasserhahn, mit dem Dampflokomotiven aufgetankt wurden. Direkt daneben steht ein großer Wegweiser, auf dem wir (unter anderem) ablesen können, dass wir exakt 14235 Kilometer von München entfernt sind. Zudem gibt es einen Parkplatz reserviert nur für Flugzeuge des Royal Flying Doctor Service, versehen mit einer Parkuhr (Made in Germany). Interessant. Das Potpourri an Absurditäten wir dadurch perfekt abgerundet, dass irgendjemand auf das Schild des Pubs Aufkleber von Jan Cux und Cuxi geklebt hat, den Maskottchen des norddeutschen Städtchens Cuxhaven.
Parkuhr in William Creek. Der Oodnadatta Track und die William Creek Road - die direkte Verbindung nach Coober Pedy - sind leider immer noch gesperrt. So wie die Strecke und das Wetter aussehen, müssten sie unserer Meinung aber heute frei gegeben werden. Wir haben Zeit und besuchen daher den Pub um in aller Ruhe abzuwarten und Kaffee zu trinken. Die Leute im Pub erzählen uns, dass sie den nächsten offiziellen Straßenbericht um 10 Uhr erwarten. Wenn denn dann die Internetverbindung steht und wenn überhaupt ein Bericht erstellt wird - schließlich ist ja heute Sonntag. Nu ja - gut. Wir warten weiter und hoffen unterdessen darauf, dass der an der Wand angebrachte Fernseher einen Wetterbericht zeigt. Nach einiger Zeit trifft eine Gruppe älterer Herrschaften ein, mit denen wir schnell ins Gespräch kommen. Dieses läuft zunächst nach dem altbekannten Muster ab: Wo wir denn herkommen? Ah, Deutschland, München, sie lieben München, waren selber vor einer Zeitlang in Deutschland unterwegs und haben dabei Berlin und München gesehen. Außerdem gibt es einen entfernten Verwandten, der als Opernsänger in Deutschland gearbeitet hat. Dann wendet sich das Gespräch dem Fernsehprogramm zu. Passend zu den dort gerade laufenden Sportergebnissen wird über die Sportverrücktheit der Australier erzählt. Wir erwähnen, dass wir ja eigentlich auf einen Wetterbericht warten, da wir heute gerne noch nach Coober Pedy fahren würden.
Die älteren Leute schauen uns entgeistert an: Aus Coober Pedy seien sie gerade gekommen, das sei überhaupt kein Problem gewesen. Als wir die angedrohten hohen Strafen für das Befahren von gesperrten Tracks erwähnen, erhalten wir zur Antwort, dass wir hier in Australien seien, da werde niemand für irgendetwas bestraft. Auch wenn wir diese Aussage ganz leicht anzweifeln, schauen wir uns das Auto der Gruppe an. Wir hätten einen Landcruiser oder etwas ähnliches allradtaugliches erwartet und sind baff erstaunt, als ein normaler Reisbus vor dem Pub steht. Wir haben es hier mit einer Art Rentnerausflug zu tun. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Busfahrer (einige Floodways enthalten noch recht viel Wasser, ansonsten ist aber alles OK und gut zu fahren), entscheiden wir uns aufzubrechen. Ein junges italienisches Pärchen, die neben uns am Campground übernachtet haben, lauscht aufmerksam unseren Gesprächen. Die haben wohl dasselbe vor wie wir.
Wir brechen auf und verlassen den Oodnadatta Track kurz hinter William Creek. Vor uns liegt eine 160 Kilometer lange Strecke quer durchs Nichts in Richtung Coober Pedy. Diese ist in der Tat sehr trocken und gut zu fahren, leider hat - wie gestern schon südlich von William Creek beobachtet - ein einzelner Verkehrsteilnehmer die Straße als sie noch feucht war mit ziemlich tiefen und schlangenlinienförmigen Furchen versehen. Einmal geraten wir bei hohem Tempo in einem falschen Winkel in so eine Furche, der berüchtigt hohe Schwerpunkt unseres Bushcampers kommt dazu und für einen Sekundenbruchteil sehen wir uns schon auf dem Dach im Graben liegen.
Abzweigung nach Coober Pedy kurz hinter William Creek. Die Landschaft ist zwar karg aber erstaunlich grün, teilweise sehen wir rechts und links der Straße sogar kleine Seen und Tümpel. Der Kontrast zu normalen, trockeneren, Jahren wird besonders deutlich am Dog Fence, den wir nach ungefähr 140 Kilometern erneut queren. Unser Reiseführer enthält ein exakt an dieser Stelle aufgenommenes Foto. Dieses zeigt eine braune und nahezu tote Landschaft, wir dagegen stehen vor einer grünen Wiese. Während der Fahrt sehen wir auch jede Menge Vögel, darunter wohl auch Wellensittiche - jedenfalls passt die Farbe. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit, mit der die Tiere fliegen, ist keine exakte Identifizierung möglich.
Am Dog Fence. Was für ein Kontrast, als wir nach insgesamt über 400 Kilometern Gravel Road kurz vor Coober Pedy auf den Stuart Highway rollen, der asphaltierten Verbindungsstraße zwischen Adelaide und Darwin. Während den letzten Kilometern kamen uns auf der William Creek Road einige Autos entgegen und als wir uns umdrehen, ist auf der großen Anzeigetafel auch zu erkennen, dass diese Straße inzwischen geöffnet ist. Auch wenn wir Coober Pedy noch gar nicht erreicht haben, können wir schon zwei Besonderheiten dieser seltsamen Ortschaft erkennen. Zum einen ein sehr typisches Warnschild: Coober Pedy entstand, weil hier Opale gefunden wurden. Ein großer Teil der Bevölkerung lebt auch heute noch direkt oder indirekt vom Opalbergbau. Jeder Besitzer eines Claims buddelt auf seinem Grundstück an irgendwelchen Stellen Schächte in die Tiefe, um nach den wertvollen Steinen zu suchen. Daher ist oberstes Gebot: Gut aufpassen, wo man hintritt und auch nicht rückwärts laufen. Es könnten unerwartet Löcher im Boden sein. Darauf werden Besucher mittels großen Schildern an allen Zugangsstraßen gewarnt.
Vorsicht, Löcher im Boden!. Als Symbol für den Bergbau steht direkt am Stuart Highway als eine Art Ortsschild ein Blower, ein zum Staubsauger umgebauter LKW, der dazu verwendet wird, Steine aus den Minenschächten nach oben zu saugen. Die Steine werden über einen Schlauch in eine Art Bottich gesaugt und bleiben dort hängen. Dieses Verfahren ist erheblich schneller und einfacher als die althergebrachte Methode mit Eimer und Seilwinde.
Blower als Ortsschild von Coober Pedy. Wir holen uns ein Motelzimmer, und zwar ein unterirdisches. Aufgrund der hier zumeist herrschenden Wüstenhitze sind die Einwohner schon zu den Frühzeiten der Ortschaft dazu übergegangen, ihre Wohnungen in alte Minenschächte zu verlegen, so genannte Dugouts. Das stellt man sich nun sehr spartanisch vor, aber moderne Dugouts sind vom Komfort her nicht mehr von normalen überirdischen Wohnungen zu unterscheiden - mit der einen Ausnahme, dass sie keine Fenster haben. Auch unser Motelzimmer gefällt uns überaus gut. Wir machen einen Stadtrundgang: Direkt neben dem Motel steht eine unterirdische Kirche. Zwar recht klein aber sehr hübsch. Was wir besonders interessant finden, ist der große Plastikkanister mit der Beschriftung "Weihwasser" - uns kommt das irgendwie sehr profan und fast ein wenig blasphemisch vor.
Untergrundkirche in Coober Pedy. Weiter geht es zum Big Winch, dem Denkmal einer großen Seilwinde, das zentral auf einem Hügel in der Mitte des Orts thront. Hier steht auch der First Tree von Coober Pedy, ein in Form eines Baums zusammengeschweißtes Drahtgestell. Der Blick vom Hügel aus erinnert ein wenig an Wüstenstädte in den USA, mit der Ausnahme dass hier überall schweres Bergbaugerät rumsteht und am Horizont jede Menge Abraumhügel zu erkennen sind. Somit erinnert die Gegend ein wenig an eine Mondlandschaft und in der Tat wurden hier auch Science Fiction-Filme gedreht. Wir können sogar ein Raumschiff erkennen, das am Straßenrand einfach so rumliegt. Wie wir später erfahren, handelt es sich um eine Kulisse für den Film "Pitch Black".
Blick vom Big Winch auf Coober Pedy. Ein Raumschiff. Vom Big Winch kommen wir mehr oder weniger direkt zur Old Timers Mine, einem Museum in dem wunderschön aufbereitet die Geschichte des Opalbergbaus in dieser Gegend erklärt wird. Ein großer Teil des Museums befindet sich unterirdisch, beginnend mit Bergwerkschächten wie sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts angelegt wurden und endend bei modernen Dugout-Wohnungen. Ein nettes Detail in einer dieser Wohnungen ist das Billardzimmer. Da das Gestein kreidehaltig ist, wurde die Pomeranze an der Spitze der Queues einfach an der Decke eingekreidet.
In der Old Timers Mine. In der Old Timers Mine gibt es auch eine Vorführung von zum Bergbau verwendeten Gerätschaften. Ein ehemaliger Bergmann zeigt uns jede Menge Winden, Opalreinigungsmaschinen und ähnliches Zeug. Interessant die unzähligen Anekdoten, die beispielsweise den Kauf von Sprengstoff behandeln: Vor dem 11. September gab es das gefährliche Zeug einfach im Supermarkt, heute benötigt man unzählige Genehmigungen und Lizenzen dafür. Höhepunkt der Führung ist jedoch die Demonstration der Funktionsweise eines Blowers. So ein Blower hat laut unserem Guide eigentlich nur zwei Nachteile: Zum einen sind diese Geräte enorm uneffizient. Zum anderen wurden sie von einem Neuseeländer erfunden - schlimmer geht es für einen Australier nicht! Der Blower wird eingeschaltet und jeder Besucher darf einen Stein in den Saugschlauch stecken - nach voriger Ermahnung, ja keine losen Sonnenbrillen, Kameras oder Handtaschen in die Nähe des Saugstutzens zu bringen. Als wir uns nach dem Museumsbesuch noch einige Zeit im dazugehörenden Gift Shop umschauen, treffen wir das italienische Pärchen von Campingplatz in William Creek wieder. Die beiden wollen heute noch ein gutes Stück nach Norden weiter fahren, um morgen früh am Kings Canyon anzukommen.
Ein Blower in Aktion. Für den Bergbau benötigtes Gerümpel mitten in Coober Pedy. Wir laufen zurück zum Motel. Leider hat der benachbarte Underground Bookstore schon zu. Wir steigen in unseren Bushcamper und fahren zum etwas außerhalb gelegenen Golfplatz. Faszinierend, ein Golfplatz ganz ohne Rasen und inmitten einer Mondlandschaft. Da inzwischen langsam der Abend anbricht, brechen wir direkt vom Golfplatz zu unserem letzten Ziel für heute auf. Wir fahren auf dem Stuart Highway etwa 20 Kilometer nach Norden und biegen dann nach Osten auf eine Gravel Road ab. Dieser folgen wir etwa elf Kilometer und kommen dann zu den Breakaways. Dabei handelt es sich um eine natürlich entstandene Abbruchkante mit faszinierenden Sandsteinstrukturen. Von der Struktur her erinnert das ganze ganz entfernt an die Badlands in South Dakota. Die tief orange und fast braune Farbe der Breakaways kommt im Licht der tief stehenden Sonne perfekt zur Geltung. Wir schauen uns an den beiden Aussichtspunkten ausgiebig um. Am zweiten Aussichtspunkt befindet sich eine Infotafel, die erklärt, mit welchen Traumzeitwesen die hier lebenden Aborigines die einzelnen Kuppen und Tafelberge identifizierten. Faszinierend.
Sonnenuntergangsstimmung an den Breakaways. Schöne Grüße,
Dirk