Heute scheuen wir uns einen schönen Regenwald an und besuchen dann einen tollen Nationalpark an der Küste.
2.10.2010: Bairnesdale-Wilsons Promontory NPAuch wenn es während der Nacht empfindlich kalt wurde, konnten wir im Spaceship ziemlich gut schlafen. In den Hotel- bzw. Motelzimmern in den Bergen im bisherigen Verlauf der Reise war es jedenfalls teilweise deutlich kälter. Ehe wir aufbrechen, sehen wir uns noch das in den Campground integrierte Tiergehege an. Die dort lebenden Hühner und Schafe interessieren uns weniger, wir wollen uns die Emus anschauen. Diese großen Laufvögel sind für Australien typisch. An und für sich mögen wir Emus lieber als ihre afrikanischen Verwandten, die Strauße. Aufgrund des struppigen Gefieders sehen Emus irgendwie aus wie überdimensionale Staubwedel, einzig ihr Blick wirkt aufgrund der roten Augen irgendwie kalt und bösartig. Wir verlassen Bairnesdale auf dem Princess Highway in Richtung Westen. Das Wetter ist leider nicht mehr ganz so gut wie während den vergangenen Tagen, der Himmel ist von einer dichten Wolkenschicht bedeckt. Der Straßenverlauf ist teilweise aufgrund der schnurgeraden Streckenführung ziemlich eintönig. Hier scheinen auch öfters von Sekundenschlaf verursachte Unfälle zu passieren, jedenfalls stehen jede Menge Schilder rum, die zu Pausen und einem "Powernap" auf einem Parkplatz auffordern. Die Landschaft wirkt wieder einmal sehr mitteleuropäisch, im starken Kontrast zu diesem Eindruck stehen jedoch die Mengen an weißen Kakadus, die in den Feldern sitzen.
Bei Sale biegen wir auf den deutlich interessanter verlaufenden Gippsland Highway ab. Hier sind wir fast alleine unterwegs. Nach etwas mehr als 70 Kilometern erreichen wir Yarram und verlassen die Hauptstraße. Unser nächstes Ziel ist der Tarra Bulga National Park, der einen 15 Quadratkilometer großen Rest von aus Eukalypten und Farnen bestehenden kalten Regenwald unter Schutz stellt. Die Straße zum Nationalpark wird in Abstufungen immer schmaler und kurviger. Letztendlich schlängelt sich nur noch mehr oder weniger eine Fahrtspur um dicke Baumriesen herum und wir sind froh, dass kein Gegenverkehr unterwegs ist. Der Park besteht aus den beiden Teilbereichen Tarra und Bulga.
Straße zum Tarra Bulga National Park. Wir schauen uns zuerst den Bulga-Bereich an. Dabei sind wir völlig alleine unterwegs und auch das Visitor Centre ist geschlossen. Wir stellen das Spaceship am Parkplatz ab und laufen die kurze Kombination aus Fern Gully Walk und Wills Track. Schon nach wenigen Schritten sind wir überwältigt von der uns umgebenden Pflanzenwelt: Inmitten des von riesigen Bäumen und teilweise mehrere Meter hohen Farnen gebildeten Waldes fühlen wir uns wie in einen Fantasyfilm versetzt und erwarten jeden Moment, auf eine Gruppe Hobbits zu treffen. Der Wald ist erfüllt von den Geräuschen zahlreicher Vögel, von denen wir leider nur sehr wenige - und dann auch meistens nur aus dem Augenwinkel - zu Gesicht bekommen. Am Ende des Fern Gully Walk überqueren wir eine Hängebrücke, die 1982 als originalgetreuer Nachbau einer Brücke von 1938 errichtet wurde. Von der Brücke aus bietet sich ein toller Ausblick über jede Menge Farne in den Wald hinein.
Farne im Tarra Bulga National Park. Blick von der Hängebrücke über den Farnwald. Wir fahren zurück zum Tarra-Bereich des Parks und laufen den Tarra Valley Rainforest Walk, der uns zu den hübschen Cyathea Falls führt. Auch hier ist der Regenwald einfach beeindruckend und wie nicht aus dieser Welt. Gleich zu Beginn des Trails hüpft von links ein Lyrebird auf den Weg und weiter in den Anhang rechts des Weges. Dort fängt er an, geräuschvoll im Boden zu scharren. Diese faszinierenden und wunderschönen Vögel sind uns ja schon im Blue Mountains National Park begegnet. Ehe wir den Park endgültig verlassen, halten wir noch an den direkt an der Straße gelegenen Tarra Falls an. Als wir wieder Richtung Yarram aufbrechen, kommen uns auf der einspurigen Straße tatsächlich einige Autos entgegen, was vor allem in den Kurven für hektische und gleichzeitig interessante Ausweichmanöver auf beiden Seiten sorgt.
In Yarram decken wir uns mit Nahrungsmitteln für die kommenden Tage ein und folgen dann weiter dem Verlauf des Gippsland Highway. In Welshpool biegen wir nach Norden ab, da noch eine weitere Sehenswürdigkeit auf dem Programm steht. Die kleine Straße, auf der wir nun unterwegs sind, erklimmt zunächst einen Hügel. Von hier oben können wir im Süden das Meer erkennen und sogar schon die Berge des Wilsons Promontory National Parks, unserem Etappenziel für heute. Erst fahren wir aber durch sehr irisch anmutende Hügellandschaften zu den Agnes Falls. In dieser sanft geformten Landschaft soll es Wasserfälle geben? Ja, in der Tat - am Ende der Straße öffnet sich ein tiefer Einschnitt in der Landschaft, gegraben vom Agnes River. Die Straße führt steil bergab zum Parkplatz, von dem aus sich die Agnes Falls durch einen sehr kurzen Fußmarsch erreichen lassen. Die in mehreren dicht aufeinander folgenden Kaskaden in die Tiefe stürzenden Wasserfälle gefallen uns sehr gut. Wir bewundern das Schauspiel gebührend und fahren dann wieder zurück zum Gippsland Highway.
Die Agnes Falls. Erster Blick auf die Berge des Wilsons Promontory National Parks. In Foster tanken wir das Auto voll und biegen Richtung Wilsons Promontory National Park nach Süden ab. Die Straße führt zunächst durch Kulturlandschaft, ein Eindruck, der sich schlagartig ändert, als wir die Grenze zum Nationalpark überqueren: Mit Ausnahme der Straße verschwindet jeder sichtbare menschliche Einfluss und wir fahren durch wunderschöne Landschaften. Je näher wir unserem Tagesziel Tidal River kommen, desto häufiger ergeben sich tolle Ausblicke auf das fantastisch türkisblaue Meer. Man merkt übrigens, dass es sich hier um einen der bekanntesten Nationalparks von Australien handelt und dass viele ausländische Touristen unterwegs sind: Immer wieder weisen Warnschilder darauf hin, dass wir uns hier in Australien befinden und dass man in diesem Kontinent auf der linken Seite der Straße unterwegs ist - gut zu wissen... Am Tidal River Campground, der sehr schön an der Mündung des gleichnamigen Flusses unterhalb des Mount Oberon liegt, holen wir uns eine Unpowered Site und stellen unser Spaceship ab.
Am Tidal River im Wilsons Promontory National Park. Da es noch relativ früh am Nachmittag ist, laufen wir gleich einige der Hikes ab, und zwar die Kombination aus Pillars Overlook, Squeaky Beach und Tidal Overlook Trail. Dazu überqueren wir zunächst auf einer kleinen Holzbrücke den Tidal River und biegen dann in Richtung Westen ab. Der Weg verläuft hier durch lichten Wald. Als wir keine zehn Minuten unterwegs sind, treffen wir eine Familie, deren kleine Tochter mit einer Spiegelreflexkamera (die fast größer erscheint als das Kind selber) sehr intensiv irgendetwas am Wegesrand fotografiert. Wir denken an eine Blume oder einen Pilz und sind baff überrascht, als wir beim näher kommen einen Wombat sehen, der sehr geräuschvoll das direkt neben dem Weg wachsende Gras abknabbert. Wombats gehören zu den Plumpbeutlern, sind aufgrund ihrer kurzen Beine breiter als hoch und doch irgendwie niedlich. Wir beobachten das Tier eine ganze Weile und machen uns dann wieder auf den Weg.
Ein Wombat. Der Pillars Overlook bietet einen tollen Rundumblick auf das Meer sowie die verschiedenen Buchten und Strände in der näheren Umgebung. Aufgrund der kargen und felsigen Hänge der Berge sowie der Türkisfarbe des Meers fühlen wir uns ans Mittelmeer, im speziellen an Kroatien erinnert. Auch unser nächstes Ziel, den Squeaky Beach können wir schon als weißes Fleckchen erkennen. Den Strand erreichen wir nach kurzem Abstieg durch niedriges Buschwerk und entlang sehr beeindruckender Granitfelsen. Der Name des Strandes kommt von dem Sand, der tatsächlich quietscht, wenn man darauf herumläuft. Ursache ist die kleine Größe der Sandkörner, die bei Belastung aneinander vorbeigleiten und dabei ein leises Quietschen von sich geben. Wir sind zunächst skeptisch und während den ersten Schritten leicht enttäuscht, können aber, als wir weiter in den Strand hineinlaufen, die Namensgebung nachvollziehen. Wir halten uns einige Zeit hier auf und genießen den tollen Blick auf das Meer sowie die langsam untergehende Sonne.
Faszinierende Farbe des Meerwassers. Der Squeaky Beach. Austernfischer auf dem Squeaky Beach. Auf dem Rückweg zum Campground nehmen wir noch den Tidal Overlook mit. Dieser bietet einen im Prinzip ähnlichen Überblick wie der Pillars Overlook, ist aber um einiges höher gelegen. Uns gefällt hier besonders gut der "Quiet Place", eine Gedenkstätte die an alle Nationalparkranger weltweit erinnert, die im Rahmen der Ausübung der Arbeit ihr Leben verloren haben. Von hier aus könnten wir sehr gut den Sonnenuntergang beobachten (der Wilsons Promontory National Park ist übrigens einer der wenigen Plätze, an dem die Einwohner der Ostküste von Australien ohne lange Reise einen Sonnenuntergang über dem Meer beobachten können), ziehen es aber vor, zum Campground zurück zu laufen. Dort wollen wir Wildlife beobachten, denn wir hoffen, das unsere Wombatbegegnung nicht ein einzelner Glückstreffer war. Also laufen wir über den Lilly Pilly Link Track wieder zurück zum Campground. Der Weg führt schön um einen Höhenrücken herum und bietet einen schönen Blick auf den im Licht der tief stehenden Sonne tief rot leuchtenden Mount Oberon.
Sonnenuntergang am Mount Oberon. Wir müssen gar nicht komplett zum Campground zurücklaufen, um unsere Hoffnung bezüglich Tierbeobachtungen bestätigt zu finden: Auf der Holzbrücke über den Tidal River drehen wir uns um und sehen im Gras am anderen Ufer einen Steinbrocken. Einen Steinbrocken, der Gras knabbert und langsam davonläuft. Interessant. Wir laufen als Abendspaziergang einmal rings um den Campground herum und treffen dabei auf noch viel mehr Wombats, teilweise mitten auf dem Weg, teilweise auf dem Strand (leicht anhand der im Sand hinterlassenen Spuren zu finden). Die Tiere sind mehr oder weniger scheu: Einige laufen schnell weg, als wir uns näheren, einige nehmen gar nicht von uns Notiz. Nach einem leckeren Abendessen betrachten wir noch eine Zeit lang den hier phantastisch klar zu erkennenden südlichen Sternenhimmel und gehen dann ins Bett.
Noch ein Wombat. Schöne Grüße,
Dirk