Hallo allerseits,
Und dann sind die Tracks gesperrt, die wir mit dem Ding fahren wollten...
Tja, das war dann auch der Stand am nächsten Morgen. Aber ich bin - wie regelmäßige Leser unsere Berichte vielleicht schon mitbekommen haben - ein sehr sturer Mensch. Und ich glaube nicht, dass eine Straße geschlossen ist, bis ich direkt davor stehe. Auch wenn ich erstmal 155 km fahren muss, um direkt davor zu stehen.
Und wie es danach weiter ging, erfahrt Ihr jetzt:
16.10.2010 Flinders Ranges - William CreekDas Wetter sowie die im Visitor Centre des National Park ausgehängte Straßen- und Wetterberichte haben sich im Vergleich zu gestern nicht wirklich verbessert: In der Nacht hat es geregnet und es tröpfelt immer noch. Der Wetterbericht sagt eine schrittweise Verbesserung im Laufe der kommenden Woche voraus, aber so lange wollen wir definitiv nicht hier bleiben, wir wollen ja auch noch ins Landesinnere fahren. Die Hänge des Wilpena Pound sind in dichte Wolken gehüllt und sehen auch sehr feucht aus. Eigentlich wollten wir den Trail in Richtung des höchsten Punkts des Kraterrandes, den St. Mary Peak, laufen. Da der Gipfel des St. Mary Peak eine heilige Stätte der einheimischen Adnyamathanha ist, aber nur bis zum vorgelagerten Tanderra Saddle. Gipfel oder nicht ist aber nun einerlei, denn wetterbedingt können wir die Tour definitiv vergessen. Im neben dem Visitor Centre gelegenen General Store kaufen wir uns ein kleines Frühstück und dürfen uns auch noch die tröstend gemeinten Worte anhören, dass das hier so ein Wetter sei, wie momentan eher bei uns zu Hause üblich. Auf dem Rückweg vom Visitor Centre zum Bushcamper begegnen wir einem sehr nassen Känguruh und sehen zudem eine Gruppe sehr junger Vögel, denen auch kalt zu sein scheint und die sich sehr eng aneinanderkuscheln.
Wir machen uns von dannen und treffen auf einer Wiese neben der Zufahrt zum Wilpena Pond Resort eine größere Gruppe Emus, unter die sich auch schüchtern einige Känguruhs gemischt haben.
Emus im Flinders Ranges National Park. Da die unasphaltierten Straßen des Nationalparks allesamt gesperrt sind, müssen wir wohl oder übel wieder über die gestrige Route zurück nach Hawker fahren. Schade, im National Park gibt es so schöne mit Gravel Roads erschlossene Gorges. In Hawker ist nun der Moment der Wahrheit gekommen: Nach Süden kämen wir zurück nach Port Augusta, von wo aus wir unspektakulär über Asphalt ins Innere des Kontinents fahren könnten. Solange der Oodnadatta Track gesperrt ist, bildet die Straße nach Norden eine Sackgasse. Da der Oodnadatta Track aber wesentlich kürzer ist als der südliche Bogen, wir aufgrund des Wetters viel früher dran sind als geplant und zudem die Wolkendecke im Norden heller zu werden scheint, entschließen wir uns, erst mal so weit wie möglich nach Norden zu fahren. Zunächst nach Leigh Creek, dort können wir dann etwas abwarten. Im schlimmsten Fall bedeutet das, 262 Kilometer nach Port Augusta zurückfahren zu müssen anstatt nur 107. Aber die Gegend, durch die wir kommen, entschädigt für eventuell mehrfach zu fahrende Strecken: Eine ziemlich grüne und sehr flache Ebene, die irgendwie an den mittleren Westen der USA erinnert. Direkt neben der Straße stehen immer wieder einzelne Ruinen oder ganze Geisterstädte, die von früheren Besiedlungsversuchen künden. Zunächst stehen rechts noch die Flinders Ranges, später verschwinden diese und dafür kommt eine flachere im Norden stehende Gebirgskette ins Bild. Wir kommen am berühmten Prairie Hotel und Restaurant in Parachlina vorbei und nehmen uns vor, hier trotz der hohen Preise essen zu gehen, falls wir umdrehen müssen.
Straße nach Hawker und ziemlich bescheidenes Wetter. Nach einer Zeit sehen wir zwischen zwei Wolken eine Lücke und blauen Himmel. Je mehr wir uns Leigh Creek nähern, desto häufiger und größer werden die Wolkenlücken. Der Regen hat sowieso schon seit einiger Zeit aufgehört und die Umgebung der Straße schaut auch relativ trocken aus. Leigh Creek ist ein hübsches kleines Städtchen. Hauptsächlich wohnen hier Arbeiter der nahe gelegenen Kohlemine. Die Stadt musste vor einigen Jahren der expandierenden Mine weichen und steht erst seit 1982 an ihrer heutigen Position. Wir besuchen zunächst den General Store mit integrierter Tourist Information. Da man uns hier nur den gleichen mehrere Stunden alten Straßenbericht vorlegt, wie wir ihn schon heute früh im National Park erhalten haben, beherzigen wir den Ratschlag unseres Hema-Atlas und besuchen die nahe gelegene Polizeistation. Hier gibt es einen Internetanschluss und somit auf die Minute genaue Informationen über den Zustand der Straßen: Die Tracks sind allesamt noch sehr nass, werden aber Stück für Stück freigegeben wenn kein weiterer Regen fällt und sie genügend abgetrocknet sind. Der erste Abschnitt des Oodnadatta Track bis nach William Creek ist tatsächlich offen - bis vor kurzem nur für Allradfahrzeuge, seit wenigen Minuten aber sogar für alle Fahrzeuge. Meine Güte, was haben wir für ein Glück. Natürlich besteht immer noch die Gefahr, dass wir nur bis William Creek kommen und dann dort fest sitzen. Im negativsten Fall - falls es wieder zu regnen anfängt und die Straße wieder geschlossen wird - sogar komplett fest sitzen. Aber no risk - no fun. Wir fahren nach Norden weiter.
Kohlemine bei Leigh Creek. An der nahe gelegenen Kohlemine legen wir noch eine kurze Pause ein. Hier können wir in die riesige Tagebaugrube schauen und einen gigantischen Kohlelaster bewundern. In Lyndhurst, 37 Kilometer nördlich von Leigh Creek tanken wir unseren Bushcamper auf, verringern etwas den Luftdruck der Reifen und verriegeln die Freilaufnaben. Und los geht's. Die 80 Kilometer nach Marree sind Gravelroad zum warm werden, zumal entgegen den Angaben in Reiseführer und Atlas große Teile diese Strecke inzwischen asphaltiert sind. Auf einem der unasphaltierten Abschnitte passiert es gleich: Ein von einem anderen Fahrzeug aufgewirbeltes Steinchen trifft unsere Windschutzscheibe und schlägt einen kleinen Krater hinein. Zum Glück ist der Schaden nur oberflächlich, es dürfte also keine Gefahr bestehen, dass es die Scheibe im weiteren Streckenverlauf zerreißt. Trotzdem blöd so etwas.
Beginn des Oodnadatta Track. In Marree teilt sich die Straße in den Oodnadatta Track und den Birdsville Track auf, zwei der klassischen und bekannten Outbackrouten. Wir nehmen den ersteren in Richtung William Creek. Diese Straße führt immer entlang der alten Route des Ghan. Der Ghan ist ein Luxuszug, der heute von Adelaide über Alice Springs nach Darwin führt. Die alte Strecke führte nur nach Alice Springs, wurde 1929 eröffnet und folgte der Route, die John Stuart während der ersten Durchquerung des Kontinents genommen hat. Diese Route führte über zahlreiche Creeks, was sowohl ein Vor- als auch ein Nachteil war: Dampfloks brauchen nun mal Wasser, um fahren zu können. Andererseits bestand immer die Gefahr, dass durch größere Wassermengen die Schienen unter- oder weggespült wurden. Daher wurde die Strecke, als 1980 auf Diesellokomotiven umgestellt wurde, um teilweise mehr als 200 Kilometer nach Westen verlegt und verläuft dort nun im Prinzip entlang des heutigen Stuart Highways, der asphaltierten Nord-Süd-Achse durch Australien. Entlang des Oodnadatta Tracks sieht man zahlreiche alte Bahnhöfe, Wasserbehälter und Brücken. Wenn man ein bisschen entlang der Schienen entlang läuft, findet man auch zahlreiche Gegenstände, die wohl aus dem Zug geworfen wurden, wie alte Bierflaschen und Scherben von Porzellangeschirr.
Alte Bahnstation im Verlauf des Oodnadatta Track. Alte (Schmalspur)schienen des Ghan. Kurz hinter Marree kommen wir am Dog Fence vorbei. Dieser insgesamt mehr als 5600 Kilometer lange Zaun trennt den südöstlichen Teil Australiens komplett vom Rest ab. Ziel ist es, die australischen Wildhunde - Dingos - aus dem landwirtschaftlich genutzten Gegenden fernzuhalten. Die Landschaft hier ist deutlich arider und karger als im bisherigen Verlauf unserer Reise - andererseits ist es immer noch viel grüner als wir es uns vorgestellt haben. Das scheint wirklich ein außergewöhnlich regenreiches Jahr gewesen zu sein. Hinter einem alten Bahnhof finden wir ein Zelt mit einigen Australiern darin. Sie wollen den Birdsville Track fahren und warten hier aufgrund der Straßensperrungen ab. Woher wir kommen? Aus München - prima, sie lieben diese Stadt.
Unser Bushcamper. Die Straße ist trocken und relativ einfach zu fahren - leichter als viele der klassischen Gravel Roads in den USA. Sie zeigt die auch aus den USA bekannten wellenförmigen Corrugations, über die man mit etwa 90 km/h drüber fliegen muss, damit das Auto nicht allzu stark vibriert. Alle paar Minuten kommen wir durch einen Dip oder eine Floodway. Diese sind allesamt gut mit Wasser gefüllt und dementsprechend schlammig. Obwohl wir relativ langsam und vorsichtig durchfahren, bekommt unser Auto schnell das für einen Allradwagen standesgemäße Aussehen. Die Wolkenlücken werden immer größer und nach kurzer Zeit wandelt sich das Bild von dichten Wolken mit vereinzelten Lücken zu einem blauen Himmel mit einigen weißen Wolken darin.
Unterwegs auf dem Oodnadatta Track. Unser nächstes Ziel ist der Lake Eyre. Dieser Salzsee besteht aus zwei Teilen: Der Lake Eyre South liegt mehr oder weniger direkt am Track, der Lake Eyre North dagegen ist nur über eine deutlich schwieriger zu fahrende Stichstraße zu erreichen. 1998 wollte ein Pärchen aus Österreich auf dieser Straße das Ufer des nördlichen Sees erreichen. Dabei fuhren sie ihr Auto im sandigen Untergrund fest. Bei der Marsch durch die Wüste um Hilfe zu holen kam die Frau ums Leben, ihr Partner überlebte. Ironischerweise mussten die Rettungskräfte nur etwas Luft aus den Reifen des Autos lassen, um es frei zu bekommen. Seitdem sind in allen Allrad-Mietfahrzeugen Satelliten-Notfallsender vorgeschrieben. Wir beschränken uns auf den Lake Eyre South. Dieser ist nur alle paar Jahre mit Wasser gefüllt, dieses Jahr soll es wieder mal so weit gewesen sein. Wir sehen allerdings nur eine große weiße Salzfläche. Im Norden, ganz weit entfernt blitzt etwas, aber es lässt sich nicht feststellen, ob es sich dabei um Wasser oder eine Fata Morgana handelt.
Der Lake Eyre South. Knapp 20 Kilometer vor William Creek wird die Straße deutlich schlechter. Zum einen ist sie einfach noch etwas feucht, zum anderen ist ein anderer Verkehrsteilnehmer hier wohl drüber gefahren, als der Belag noch ganz nass war. Eine prima Verdeutlichung, warum hier das Befahren von offiziell gesperrten Straßen bei hoher Strafe verboten ist: Man kann einfach nicht über die Corrugations hinweg fliegen, wenn irgendein Idiot schlangenlinienförmige und ziemlich tiefe Spurrillen in die gesamte Breite der Straße gefräst hat.
Suchbild: Wo ist der Bushcamper? Nach etwas mehr als 200 Kilomtern auf dem Oodnadatta Track erreichen wir William Creek bei fast wolkenlosem Himmel. Diese Ortschaft hat offiziell eine Bevölkerung von sechs Personen. Uns laufen - vor allem im örtlichen Pub - wesentlich mehr Leute über den Weg. Sind das alles Touristen oder Bewohner irgendwelcher Farmen in der Gegend? Die Straßen nach Oodnadatta und Coober Pedy sind beide noch gesperrt. Das wird sich aber hoffentlich bis morgen ändern. Wir melden uns auf dem Campground an und essen im Pub lecker zu Abend. Nun sind wir wirklich im Outback gelandet. Ein Gefühl, das vom wunderschönen Sonnenuntergang noch verstärkt wird.
Der Pub in William Creek. Sonnenuntergang im Outback. Schöne Grüße,
Dirk