Mein "Reisebericht" geht jetzt weiter, nun werde ich auch das Geheimnis lüften!
Sonntag, 2.7.06, Tag 13. WilmingtonIch dachte mir, nachdem ich bisher zurückgehalten habe in Sachen Ausgaben, könnte ich mir nun mal etwas gönnen. Wie wäre es mal mit einer Luxus-Herberge? Ich habe diesbezüglich einen echten Geheimtipp gefunden, wo man teilweise einen Raum + Bad für sich alleine hat, einen Fernseher, ein elektrisch verstellbares Bett, Klimaanlage, ja sogar das Essen kriegt man ans Bett gebracht. Und das Beste ist die Betreuung. Man wird so liebevoll umsorgt wenn man irgendetwas braucht. Allerdings sollte man über einen etwas größeren Geldbeutel verfügen um sich dieses Vergnügen leisten zu können. Die Übernachtungspreise können je nach Art der "Kundenwünsche" mal schnell vierstellige Beträge erreichen!
Falls ihr dort auch mal nächtigen wollt, gebe ich euch diesen (noch) Insider-Tipp gerne weiter. Die Herberge heißt: "New Hanover Regional Medical Center".
Okay, okay, ihr wollt die ganze Story!
Gegen kurz vor 2 Uhr bin ich aufgewacht und hatte ein starkes Ziehen im Bauch. Weiß auch nicht so genau, wo das herkam, vielleicht die hungrige Rumrennerei und dazu die Hot Dogs. Richtiges Essen kann man das jedenfalls nicht nennen. Vielleicht waren die auch schlecht? Seitdem bin ich also wach, habe Ratiopharm gegen Magen-/Darmbeschwerden genommen, Aspirin und später noch mal Ratio. Das hätte ich vielleicht nicht tun sollen, denn seitdem war ich total aufgedreht und die Bauchschmerzen waren auch nicht weg. Auch ständiges Übergeben half wenig bis gar nicht.
Der Schmerz ging und ging nicht weg und nach einigen Stunden der Qual musste ich meine Entscheidung treffen. Es machte keinen Sinn mehr, also versuchte ich, den Front Desk anzurufen, funktionierte aber gar nicht. Also bin ich um 5 Uhr morgens hingegangen und der meinte, er hätte keinen Doktor zum Anrufen, er könnte aber 911, also die Ambulanz anrufen. 5-10 Minuten später kamen die dann, aber ohne Blaulicht. Sie wollten/konnten vor Ort nicht feststellen, was es ist, sondern nur, wenn sie mich mitnehmen würden ins Krankenhaus. So entschied ich mich, selbst mit meinem Auto zu fahren, dann könnte ich wieder zurückfahren, wenn ich behandelt worden war. Gegen 6 Uhr kam ich an, musste schon mal zu den Restrooms rennen, um mich zu übergeben. Am Hauptschalter war niemand, ich fand nur an der Seite jemanden, die mich dann zur Notaufnahme schickte. Man wird dort so viele Sachen gefragt, dass man denkt, hier gibt es noch mehr Bürokratie als bei uns, vor allem ist das richtig schlimm, wenn dabei die Bauchschmerzen immer schlimmer werden. Man wird abgehört und muss sich dann noch mal registrieren lassen. Endlich kriege ich dann ein Notfallbett, aber niemand kümmert sich um mich. Ich fange an, die Leute anzusprechen, 3 Stück, alle sagen, sie geben es weiter, aber nichts tut sich. Ich kann mittlerweile kaum mehr stehen oder sitzen oder liegen. Irgendwann bekomme ich dann endlich eine Spritze und werde an die Infusion angehängt, es wird besser.
Nun geht die nächste Tortur los, denn ich soll 2 Becher Kontrastmittel trinken, dass dann irgendwas in meinem Magen anzeigen soll, wenn sie CT machen. Das fällt mir schon schwer, muss dann dort angekommen noch einen Becher trinken und als dann die CT gemacht wird, sagen sie, dass es nicht möglich war, weil das Mittel noch nicht angekommen ist. In der Zwischenzeit werden mir die immer selben Fragen gestellt. Reicht 1 Mal fragen nicht? Ich werde ständig hin und her geschoben und soll wieder 2 Becher Wasser trinken und hab schon so viel Flüssigkeit drin, dass es mir hochkommt und mich wieder übergeben muss. Beim nächsten Versuch hält man mir gleich einen Eimer mit mindestens 2 Litern drin hin. Hallo?! Was stellen die sich denn vor, ich bin doch kein Wasserfass!? Ich versuche es kaum, weil es einfach nicht mehr geht. Nach ganzen 2 weiteren Versuchen in der CT geben sie es auf und so kriege ich die Flüssigkeit per Schlauch in eine nicht näher beschriebene Körperstelle eingeleitet, die dann direkt in den Blinddarm fließt. Das hört sich nicht sehr angenehm an, aber das war mir lieber als 3-4 Stunden dieses Hin und Her mitzumachen. Diese Zeit hätte ich mir dann sparen können. Danach kann sie sofort die Bilder machen. Bis die Ergebnisse fertig sind und die Ärzte kommen, dauert es wieder eine Ewigkeit und ich frage wieder nach, wann sie denn kommen. Nach langer, langer Zeit und wieder schlimmer werdenden Schmerzen kamen sie dann endlich. Es war erst 12 Uhr am Mittag und für mich dauerte der Tag schon so unendlich lange. Sie sagen, dass sie mich weiter beobachten und abwarten werden. Möglicherweise muss der Blinddarm raus. Super! Nur 1 Mal in meinem ganzen Leben bin ich operiert worden und genau dann im Urlaub passiert es! Etwas Besseres kann man sich echt nicht vorstellen. Das kann echt nicht wahr sein, oder? Wenn was schief läuft, dann richtig.
Ich werde verlagert, wieder abgehört und kriege wieder die selben Fragen gestellt und nach vielleicht nur einer halben Stunde wieder verlagert. Na, das hat´s jetzt gebracht. Ich kriege dann ein Einzelzimmer. Das ist gut, in dem Zustand will man auch seine Ruhe haben. Durch die Medikamente werde ich schläfrig und döse und schlafe die ganze Zeit vor mich hin. Das ist auch gut so, denn so lässt sich das am Besten aushalten. Ich darf nur Eis lutschen, nichts trinken, geschweige denn essen. Super, hab ja meine ganzen Sachen im Kühlschrank im Motel. Schön ist es nicht, aber durch die Infusion geht es.
Montag, 3.7.06, Tag 14. WilmingtonDie Ärzte wollen die Nacht abwarten und in der Zeit kriege ich immer wieder meinen Sauerstoffgehalt, Blutdruck und Temperatur gemessen. Die Schmerzen waren schon besser geworden und ich hatte schon Hoffnung geschöpft, als sie sich in der Nacht ändern und noch schlimmer werden. Kann jetzt nur noch auf dem Rücken liegen und wenn ich mich auch nur einen Millimeter bewege, tut es höllisch weh. Auf´s Klo zu gehen, wird dadurch zur richtigen Qual. Ich weiß nicht, ob ich jemals so schlimme Schmerzen hatte. Muss mir noch 2 Spritzen geben lassen, die aber nur ganz wenig Besserung verschaffen. Am nächsten Morgen rede ich dann mit den Doktoren, die erst noch mal einen Scan machen wollen.
Jetzt setzt sich was in Bewegung und auch, wenn ich vorher oft warten musste, sind nun alle sehr sehr nett und hilfsbereit, eine vom Sozialdienst schreibt sich auf, was ich in meinem Zimmer habe und im Auto und wo es zurückgegeben werden muss. Und so haben sie die Sachen aus dem Motel abgeholt oder holen lassen, das Auto zum Vermieter gebracht, den Flug für heute storniert und dann hat sich eine noch so gut darum gekümmert, dass ich zu Hause anrufen kann (meine Mutter war vielleicht überrascht!), weil der Scan mittlerweile abgeblasen wurde und ich also operiert werden musste. Nun, bei den Schmerzen musste es wohl sein.
Im Vorbereitungsraum waren auch alle so nett, haben nach dem Befinden gefragt, sich gleich mit Vornamen vorgestellt, wo ich herkomme und nicht gerade wenige haben sogar nach der Fußball-WM gefragt. Hat mich echt gewundert, dass sie hier doch so beliebt ist. Der Eine hat mir sogar erzählt, dass Deutschland im Halbfinale sei. Ach wirklich? Na ja, mich interessiert das nicht wirklich. Es klingt komisch, aber gerade hier habe ich die größte Gastfreundschaft erlebt und wenn man sich nicht so gerne an eine Blinddarm-OP erinnert, daran werde ich mich ganz sicher erinnern.
Gegen 9:30 Uhr oder so werde ich mit „Happy Juice“ schlafen gelegt und um 12 Uhr wache ich wieder auf und von der Zeit dazwischen habe ich keinen blassen Schimmer. Ohne Blinddarm fühlt es sich gleich ganz anders an. Schmerzen habe ich immer noch leichte und das Laufen fällt mir noch etwas schwer, aber das ist gar kein Vergleich zu vorher.
Nach der OP muss ich mehrere Male wieder nach einer Schwester rufen, damit mir jemand mit dem Telefon hilft. Die hat sich dann aber auch richtig aufgeopfert, damit ich meiner Familie Bescheid sagen kann. Dieses Mal ist es seltsamerweise viel schwieriger, nach Übersee zu telefonieren. Einmal will man nur eine amerikanische Kreditkarte akzeptieren. Hab´s auch über ein Pay Phone probiert, dass total tot war und meine Münzen geschluckt hat. Die Frau hat mir sogar ihr Handy gegeben, mit dem es aber auch nicht funktioniert hat. Mit dem konnten wir aber wenigstens die erste Nacht im Hotel stornieren. Später funktionierte es dann endlich, weil es irgendwie über die Krankenhauskostenstelle abgerechnet wurde. Übrigens habe ich zu Hause erfahren, dass das eine Telefonat per KK mich ganze 18€ gekostet hat, dabei war das gar nicht so lange! Über ein Münztelefon bezahle ich $1 für 4 Minuten!
Gegen 17 Uhr habe ich einen Nachbarn im Zimmer bekommen, der leider Besuch bekam, der sich nicht unbedingt um Ruhe bemühte und auch bis fast 22 Uhr blieb. Seine Frau blieb gar die ganze Nacht. Und er schnarchte. Aber irgendwie habe ich auch so geschlafen.
Tja, in Wilmington wollte ich noch so viel sehen, aber das konnte ich nun vergessen.
Aber was ist mit New York? Werde ich auch diesen Traum abschreiben müssen?
To be continued...