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Autor Thema: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005  (Gelesen 17580 mal)

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elTribe

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Re: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005
« Antwort #15 am: 09.12.2005, 00:00 Uhr »
Hört sich gut an, ich warte schon auf mehr :)
Unser blog - www.janseidel.net

Easy Going

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Re: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005
« Antwort #16 am: 09.12.2005, 01:01 Uhr »
Klasse geschrieben - falls der Chevy schon voll ist, sattle ich meinen Bronco und reite nebenher ...........
Gruß Easy


You never gonna fly, if you're afraid to fall

Ole Miss

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Re: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005
« Antwort #17 am: 09.12.2005, 11:18 Uhr »
Na dann:
Welcome aboard everybody!
Ihr habt es ja schön kuschelig hinten.
Alles anschnallen, heute geht es erstmals off-road!

Tag 3: Montag, 10.10.05

Diese Nacht endet sehr brutal und abrupt durch eine Feuersirene, die bei mir fast eine Herzattacke verursacht hätte. Um 5.30 Uhr geht sie ohne Vorwarnung los und jagt uns einen Riesenschrecken ein. Eine eindringliche männliche Stimme wiederholt immer und immer wieder eine Ansage, von der wir nur soviel verstehen, dass ein Police Officer auf dem Flur unterwegs sei, um die Ursache des Alarms zu suchen. Es ist ein Heidenlärm und ich erwarte, dass der Flur voller verängstigter Gäste ist, die fluchtartig das Hotel verlassen. Draußen rührt sich aber nichts, ein Police Officer läuft wie angekündigt durch die Gänge und irgendwann geht der Alarm wieder aus. Klassischer Fall von „Viel Lärm um nichts“.
An Einschlafen ist nach diesem Schock aber nicht mehr zu denken, so dass wir um 6.00 Uhr aufstehen. Morgenstund` hat Gold im Mund und zugleich auch den Vorteil, dass das Check-out genauso quick und easy ist wie das Einchecken. Bevor es jetzt richtig auf Tour gehen kann, brauchen wir noch eine Straßenkarte und ein paar Lebensmittel und Getränke für unterwegs. Wir suchen eine ganze Weile bis wir einen Supermarkt finden, in dem wir uns mit Nahrung eindecken können.
Besonders wichtig ist mir die Supersize-Familienpackung Oreo-Kekse, lecker! Sie wird tatsächlich für die 3 Wochen reichen, was bei meinem täglichen Konsum wirklich erstaunlich ist. Eine Karte finden wir aber nicht, auch nicht in der nahegelegenen Tankstelle, so dass wir erstmal ohne losfahren.
Auf der Interstate 15 geht es Richtung Zion. Wir kommen gut voran, staunen über die Golfplätze am Wegesrand, die in Anbetracht der Trockenheit der Region wirklich der Gipfel der Wasserverschwendung sind und erreichen auf reizvoller Strecke bald das Utah-Welcome Center. Der dortige Mitarbeiter ist sehr freundlich und hilfsbereit, stattet uns mit Info-Materialien aus und beschreibt uns den Weg zum BLM-Office in St. George, als wir nach detaillierten Karten fragen. Schließlich verabschiedet er uns mit „Have a good one!“. Den werden wir sicher haben. Das BLM-Office ist leicht gefunden und auch hier ist man sehr hilfsbereit, als wir uns nach dem Smithsonian Butte Scenic Backway erkundigen, der Offroad-Strecke über die wir in den Zion-Nationalpark fahren wollen. Wir erhalten eine gute Wegbeschreibung und fahren über Hurricane nach Apple Valley, wo wir an einer Tankstelle erneut nachfragen, um die exakte Lage des Abzweigs zu erfahren. Ein paar hundert Meter hinter der Tankstelle geht es nach links ab, ein Schild weist sogar den Namen der Straße aus, das hätten wir also gar nicht verfehlen können.
Jetzt sind wir vom Asphalt runter und fahren auf das Massiv des Zion-Nationalparks zu. Stephan ist ganz begeistert, vor allem als die Strecke bergab noch etwas felsiger und rougher wird und wir kräftig durchgeschüttelt werden. Ich bin froh, dass ich nicht fahren muss. Der Blick in Richtung Zion ist wirklich spektakulär.



Ein Abstecher nach links führt uns zur Ghosttown Grafton, wobei die Bezeichnung „town“ doch etwas hochgegriffen ist. Am Grafton Cemetery stehen ein paar Grabsteine früherer Bewohner, wobei die „interessanteren“, die von Indianerüberfällen berichten, eingezäunt und wohl auch restauriert sind und nicht so urtümlich wirken. Gleiches gilt für die wenigen Häuser, die sich noch finden. Dafür ist die Kulisse der Berge unschlagbar und gibt ein dankbares Fotomotiv ab.



Über eine alte Brücke fahren wir nach Springdale und in den Zion-Nationalpark hinein. Am Eingang kaufen wir unseren Nationalparkpass für $50 und unterschreiben beide auf der Rückseite. Damit ist die Grundlage für unseren Urlaub gelegt, denn den NP-Pass sollen wir noch ausgiebig nutzen. So gesehen sind die $50 für uns beide ein absolut günstiger Preis und eine der besten Investitionen des gesamten Urlaubs, was das Kosten-Nutzen-Verhältnis angeht.
Der Zion NP verdankt seinen Namen einem mormonischen Farmer, der 1862 im Gebiet des Parks eine Farm aufbaute und sich wohl im gelobten Land Zion glaubte. Der Zion-Nationalpark lässt sich nur per Shuttle-Bus erkunden, welcher aber glücklicherweise in kurzen Abständen fährt. Wir besteigen den Bus und finden bequem Platz. Es ist ein deutlicher Vorteil des Reisens „off season“, dass die Nationalparks nicht so voll sind. Im Sommer muss es doch ganz anders hergehen und Stephan erinnert sich noch lebhaft an seinen ersten Besuch im Jahr 1996, als er sich vor der Einführung des Shuttle-Services in einer Autokolonne durch den Park staute.
Die Busfahrerin ist ein echt amerikanisches Original und kommentiert fortlaufend die Stopps des Busses und allgemein Wissenswertes über den Park, so dass es eigentlich mehr eine guided tour als ein reiner Shuttle-Service ist. Als sie stoppt, um ein Auto vorbei zu lassen und feststellt, dass dieses nicht die benötigte Sondergenehmigung hat, macht sie ordentlich Rabatz und das Auto kehrt brav um. Ich hätte mich mit der Fahrerin auch nicht anlegen wollen. Wir staunen nicht schlecht als an einem Haltepunkt eine Gruppe Japaner zusteigt und deren amerikanischer Führer die Kommentare der Busfahrerin simultan ins Japanische übersetzt. Da behaupte noch einer, die Amerikaner könnten keine Fremdsprachen. Wir sind ganz begeistert von den grandiosen Felswänden, die sich links und rechts von uns bis zu 900 m in die Höhe recken. Der Virgin River begann vor ca. 13 Mio. Jahren sich in den Carmel-Kalkstein zu graben und somit den Zion Canyon zu schaffen. Beeindruckend! An den Felswänden kann man viele Kletterer beobachten, die sich langsam nach oben vorarbeiten. Wir fahren bis zum letzten Haltepunkt des Busses namens Tempel von Sinawava, weil wir den Riverside Walk laufen wollen. Sinawava ist der wohltätige Wolfsgott der früher hier lebenden Paiute-Indianer.
Der Riverside Walk scheint sehr beliebt zu sein, schließlich ist er auch relativ interessant und sehr einfach zu laufen. Im Sommer muss das die reinste Völkerwanderung sein. Am Fluss lassen wir uns auf einem großen Stein nieder, es ist wirklich idyllisch und eine perfekte Atmosphäre für unsere Sandwich-Pause. Der Trail lohnt sich auf jeden Fall, auch wenn wir dann nicht weiter in die Narrows hineinlaufen.



Wir testen die Temperatur des Wassers kurz mit der Hand und wissen dann beide, dass wir auf diese Kneipp-Kur verzichten können. Die Temperatur hält ein paar Unerschrockene natürlich nicht davon ab, ins Wasser zu waten aber einige der Rückkehrer sehen ganz schön unterkühlt aus. Rückwärts brauchen wir ebenfalls nicht lange auf einen Shuttle-Bus warten. Im Bus werden wir dann von einem Pärchen in den ersten USA-typischen Smalltalk „Woher? Wohin? Warum? Wetter?“ verwickelt. Insbesondere wollten sie wissen, ob wir auf „honeymoon“ wären, wir wären so jung… Sooo jung sind wir eigentlich nicht, vielleicht liegt es auch daran, dass wir uns vor PDA nicht scheuen, was in diesem Fall nicht „personal digital assistent“ sondern „public display of affection“ bedeutet. Wir fahren auf der # 9 aus dem Park heraus. Die Straße windet sich in Haarnadelkurven nach oben und führt durch einen Tunnel.
Wir verpassen den Trailhead zum Canyon Overlook gleich hinter dem Tunnel, nicht zuletzt weil wir von der sich hier öffnenden Felslandschaft völlig fasziniert sind. Wir stoppen mehrfach, um Fotos zu machen und uns das Farben- und Formenspiel am Wegesrand in Ruhe ansehen zu können. An einigen Stellen erinnert mich die Landschaft an Aufnahmen, die ich von der Umgebung der Wave gesehen habe. Nach einigen Meilen merken wir, dass wir den Trailhead verpasst haben müssen und drehen um.
Die Wanderung zum Canyon Overlook ist kurz aber sehr schön. Allerdings ist es keine gute Idee, den Weg mit Sandalen zu laufen, wie es eine entgegenkommende amerikanische Familie tut. Sie kommen uns gleich am Anfang des Trails auf dem relativ steilen Stück entgegen. Die Tochter knickt vor unseren Augen mit dem Fuß um und bleibt, nur wenige Meter vor dem Ende des Trails, weinend sitzen. Wir können nur hoffen, dass sie sich nicht ernsthaft verletzt hat.
Vom Canyon Overlook sehen wir die vielen Windungen der Straße, die wir hinauf gefahren sind. Der Blick ist wirklich schön. Stephan wird allerdings etwas nervös, wenn ich mich beim Fotografieren zu nah an den Abgrund wage. Für die Nacht haben wir ein Zimmer im Best Western Ruby’s Inn beim Bryce NP gebucht und dort fahren wir im wunderbar warmen Licht der langsam untergehenden Sonne nun hin. Die Strecke ist wirklich sehr scenic und das Licht lässt die Felsen erstrahlen.
Bei der Checkerboard Mesa gibt es einen weiteren Fotostopp. Es ist schwer vorstellbar, wie die unzähligen Längs- und Querstreifen auf dem Felsen entstanden sein mögen. Experten meinen, dass Spannungen im Zuge von Frost und Erwärmung zu den horizontalen und vertikalen Erosionsstreifen auf dieser versteinerten Sanddüne geführt haben.



Die Strecke führt vorbei an einem idyllischen Tal mit weidenden Kühen und herbstlich gefärbten Laubbäumen. Schließlich erreichen wir den Red Canyon, der selbst im Licht der Dämmerung noch unglaublich rot strahlt. Er trägt seinen Namen wirklich zu Recht.
Es ist schon fast dunkel als wir das Ruby’s Inn erreichen, in dem ziemlich viel Trubel herrscht. Zur Rezeption gehen wir an einer endlos scheinenden Warteschlange für das Restaurant vorbei und sind uns gleich einig, dass wir uns da nicht einreihen werden. Ansonsten gefällt mir die rustikale Einrichtung der Lobby sehr gut, besonders die großen Sessel sehen sehr einladend aus.
Wir beziehen unser Zimmer mit lakeview, es ist ganz neu eingerichtet und bietet allen Komfort, den man sich wünschen kann. Vor allem ist es gut geheizt, worüber wir froh sind, denn es ist hier empfindlich kalt. Nachdem wir uns etwas Wärmeres angezogen haben, machen wir uns notgedrungen noch mal auf den Weg, um uns ein Abendessen zu organisieren. Wir machen die kurze Fahrt nach Tropic, welches auch nicht gerade eine Metropole ist. Von oben kommend sehen die paar Lichter in der dunklen Landschaft zunächst nicht sehr ermutigend aus. Aber es gibt mehrere Restaurants und wir entschließen uns zu Clarke’s Restaurant zu gehen. Hier gibt es keine Warteschlange und wir werden sofort zu einem Tisch geführt. Das Essen schmeckt lecker und wir sind uns einig, dass sich der Abstecher nach Tropic gelohnt hat, um den Abend entspannt, ohne Warterei und ohne großen Touristentrubel ausklingen zu lassen.

Übernachtung: Best Western Ruby Inn Bryce Canyon, 69 Euro

Matze

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Re: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005
« Antwort #18 am: 09.12.2005, 11:55 Uhr »
Zitat von: Easy Going
Klasse geschrieben - falls der Chevy schon voll ist, sattle ich meinen Bronco und reite nebenher ...........



Horst, dass Auto ist schon so voll, dein Bronco ist doch kräftig genug für zwei!!
Und wir sind ja Leichtgewichte!! :wink:  :grins:  :zwinker:
Gruß Matze




San Francisco!!

fritz.s

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Re: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005
« Antwort #19 am: 09.12.2005, 12:20 Uhr »
Hallo,

nehmt ihr auch noch einen Newbie mit??????
Bin auch ganz leicht.

Viele Gruesse
Fritz

Schneewie

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Re: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005
« Antwort #20 am: 09.12.2005, 12:45 Uhr »
@Fritz,
Newbie vielleicht hier, aber woanders.... :wink:
Gruß Gabriele

Schneewie

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Re: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005
« Antwort #21 am: 09.12.2005, 13:19 Uhr »
@Volker,
danke für das Bild. Ein 4WD ist das dann doch nicht?  :?:
Sieht auf jeden Fall gut aus und hat auch Bodenfreiheit. Da kann ich mir schon vorstellen, daß er beliebt ist, wenn er dann noch in einer niedrigeren Wagenklasse angesiedelt ist und aher nicht so "teuer".

@Ole Miss,

super geschrieben, freue mich schon auf die Weiterreise.
Gruß Gabriele

Micky McBenz

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Re: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005
« Antwort #22 am: 09.12.2005, 14:01 Uhr »
@Ole Miss:
 :applaus:  Tolle Fotos!  :applaus: Das macht riesig Spaß, mitzulesen!!!

AndyOne

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Re: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005
« Antwort #23 am: 12.12.2005, 12:33 Uhr »
Ich fahre auch noch mit und warte auf den nächsten Tag!

Ist doch immer wieder schön, Reiseberichte zu lesen von Orten die man selber kennt, sehr gut, weiter so!
bye
Andy

Meine USA Reiseberichte und Bilder auf Trailhead Adventures

Ole Miss

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Re: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005
« Antwort #24 am: 12.12.2005, 14:18 Uhr »
Tag 4: Dienstag, 11.10.05

Heute müssen wir sehr früh aufstehen, was uns dank des noch immer latent vorhandenen Jetlags nicht ganz so schwer fällt. Wäre da nicht die Kälte! Wir ziehen uns warm an, der Bryce Canyon, unser heutiges Ziel, liegt auf ca. 2500 m Höhe und das macht sich bei den Temperaturen bemerkbar, es sind nur 4° C. Am Auto ist dann erst einmal Eiskratzen angesagt, worauf wir gar nicht eingestellt sind, weshalb wir unseren NP-Pass dafür zweckentfremden.
Wir sind pünktlich im Park, am Eingang will noch niemand unseren Pass sehen. Es ist kein Problem einen Parkplatz am Sunrise-Point zu finden, obwohl sich doch schon einige Menschen an den Aussichtspunkten postiert haben. Insbesondere die professionellen Fotografen haben sich schon an den besten Plätzen mit ihrer Ausrüstung aufgebaut. Ich bin sehr froh, dass ich meine Wintermütze und Handschuhe dabei habe. Sie geben mir zwar ein sehr winterliches Aussehen aber machen das Warten auf die aufsteigende Sonne erträglich. Wir laufen eine Weile am Rim entlang bis auch wir einen geeigneten Flecken für die Sonnenaufgangsbetrachtung finden. Stephan baut das Stativ auf und knipst fleißig als die Sonne erst die oberen Spitzen und dann nach und nach den Rest der Sandsteinsäulen in ein wunderbar warmes Licht taucht und zum Glühen bringt.



Dabei frieren ihm fast die Finger ein, so dass ich ihm nach einer Weile meine Handschuhe geben muss. Ja ja, aber vorher hat er mich für meine Winterausrüstung belächelt! Nach ca. 20 Minuten ist der Zauber auch schon vorbei und wir gehen zum Auto zurück, um uns aufzuwärmen und uns ein Frühstück aus selbstgeschmierten Bagels schmecken zu lassen. Es ist nicht luxuriös aber lecker und wir sind überaus zufrieden mit der Gesamtsituation. Es ist ein wunderschöner klarer Tag und die bizarre Schönheit der roten und gelben Sandsteinformationen lockt zu weiterer Entdeckung.
Wir laufen am Rim entlang zum Sunset-Point, um dort auf dem Navajo-Trail in den Bryce-Canyon hinabzusteigen. In steilen Kehren geht es Meter um Meter nach unten und wir sind fast allein mit den Felsen. Unten angekommen reizt ein Baum in den Felswänden Stephans Fotografenambitionen und das Stativ wird einmal mehr aufgebaut. Stephan kniet sich in den roten Sand, was gleich deutliche Spuren auf seiner Hose hinterlässt und knipst sein „masterpiece“. Bei der Wanderung im Canyon fällt es wirklich schwer, aus der unerschöpflichen Vielfalt an Motiven auszuwählen. Alle paar Meter tut sich wieder eine faszinierende Perspektive auf und auch ich komme mit meiner Digitalkamera nicht aus dem Fotografieren heraus.
Der Bryce Canyon ist keine Schlucht im engeren Sinne, sondern die verwitternde Kante der Pink Cliffs, einer 50 bis 60 Mio. Jahre alten Formation des Colorado-Plateaus. Das Gestein besteht aus verschiedenen Sedimenten, die unterschiedlich schnell verwittern und darum die typischen hoodoos bilden. Die ersten Siedler waren den Naturschönheiten gegenüber etwas pragmatischer eingestellt als heutige Besucher, wie der Ausspruch des Mormonen Ebeneezer Bryce beweist, der Canyon sei „ein verdammt schlechter Ort, um eine Kuh zu verlieren“. An einigen Stellen kann man sehen, welches Schicksal den Park in ferner Zukunft ereilen wird. Hier sind die Formationen schon zu Sand zerfallen und bilden nun große Dünen.



Auf dem Queens Garden Trail wandern wir dann langsam wieder aus dem Canyon hinaus. Der Anstieg ist hier nicht so steil wie auf dem Navajo-Trail aber auf Dauer anstrengend genug. Inzwischen ist es auch deutlich wärmer geworden, so dass ich mich Lage um Lage meiner Kleidung entledige, natürlich aber nicht gänzlich. Es kommt uns ein Pärchen entgegen, das einen Kinderwagen bergab schiebt. Wir hoffen, dass den Eltern klar ist, dass sie diesen dann auch wieder hinauf bringen müssen, was ein ziemlicher Kraftakt sein dürfte. Aber das soll nicht unser Problem sein, denn wir kommen glücklich, wenn auch etwas außer Puste, nach 2 Stunden wieder oben am Sunrise-Point an. Obwohl wir noch viel mehr Zeit im Park verbringen könnten, soll uns dieser schöne erste Eindruck genügen.
Wir fahren aus dem Park hinaus und können nun die Strecke nach Tropic noch einmal bei Tageslicht erleben. Die Landschaft gefällt uns sehr gut, während wir uns in Richtung Cottonwood Canyon Road weiterbewegen. Den Kodachrome Basin State Park lassen wir aus Zeitgründen buchstäblich links liegen und fahren auf diese vielbeschriebene und vielgelobte Offroad-Strecke. Die Kondition der Straße sollte sehr gut sein, da es schon lange nicht mehr geregnet hat und auch nicht danach aussieht, als würde es in absehbarer Zeit regnen. Ein wolkenloser tiefblauer Himmel spannt sich über uns, Urlaubs- und Foto-Traumwetter! Gleich zu Anfang kommen wir an einen Wash, der etwas Wasser führt. Da müssen wir durch und mit unserem Trailblazer ist das auch überhaupt kein Problem. Stephan besteht allerdings darauf, dass wir dieses „Abenteuer“ für ein Foto noch mal inszenieren. Also muss ich aussteigen, er fährt zurück und gleich noch einmal durch, was ich fotografisch festhalte. So ein Urlaub will ja schließlich dokumentiert sein!



Wir wollen zum Grosvenor Arch und wissen nur, dass er linkerhand der Straße liegen muss. Also nehmen wir den nächsten Abzweig nach links, der aber nicht zum Arch führt. Das macht in dieser Gegend nichts, die Landschaft ist überall so faszinierend, dass sogar noch das Sich-Verfahren Spaß macht. Eine Weile später finden wir dann noch zum Grosvenor Arch und nutzen erst einmal eine freie Picknickbank für unsere Lunch Break vor herrlicher Kulisse. Dann laufen wir zum Arch, um noch mehr Fotos zu schießen.



Allerdings haben wir den Eindruck, dass es sich hier nicht gerade um einen Geheimtipp handelt, als wir ankommen stehen schon 3 Autos da und es kommen auch noch weitere dazu. Wir sind offensichtlich nicht die Einzigen, die sich für diese Landschaften begeistern können. Bisher war Stephan gefahren, jetzt bin ich an der Reihe. Ich habe keine Erfahrung mit Off-Road-Fahrten aber die Straße ist völlig unproblematisch, so dass ich mich auch traue. Es macht wirklich Spaß und wir kommen gut voran und genießen die ständig wechselnden Landschaftsbilder. Es kommen uns auch immer wieder Fahrzeuge entgegen, auch normale Pkw, allerdings könnte ich mir vorstellen, dass die Strecke mit einem SUV doch mehr Spaß macht.



An einem Canyon halten wir an und erkunden ihn ein Stück. Die Gewalt des Wassers ist am Felsen deutlich abzulesen und ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es ist, wenn eine Flashflood hier durchschießt. In dieser Hinsicht besteht aber überhaupt keine Gefahr, denn das Wetter ist einfach nur perfekt. Kurz vor dem Ende der Cottonwood Canyon Road durchfahren wir richtige Badlands, die in ihrer Kargheit ebenfalls faszinieren. Auf der # 89 biegen wir nach rechts und fahren Richtung Kanab. Unser nächster Halt gilt der Paria Contact Station, wo wir uns beim Ranger nach Wave-Permits erkundigen wollen. Wie erwartet sind sie für den nächsten Tag schon vergeben, auch die Zahlen der Bewerber der letzten Tage sind nicht gerade verheißungsvoll: es waren immer so ca. 30 Bewerber auf die 10 verfügbaren Permits. Egal, wir werden unser Glück am morgigen Tag trotzdem versuchen und lassen uns schon mal ein Anmeldungsformular mitgeben, das wir ausfüllen können.
Es ist noch nicht spät und so schieben wir einen weiteren Stopp am Pariah Movie Set ein. Während uns die Landschaft mit den vielen verschiedenfarbigen Gesteinsschichten wieder restlos begeistert, reißt uns das Movie Set nicht so vom Hocker. Es sind nur 2 Gebäude, die neu aufgebaut sind und nun Wildwest nachahmen. Auf dem Parkplatz sitzt auf einem Campingstuhl eine BLM-Praktikantin, die uns zum Ausfüllen eines scheinbar endlosen Fragebogens über die Arbeit des BLM überredet. Im Gegenzug beantwortet sie unsere Fragen zur Pariah-Ghosttown, von der am Fluss noch wenige Überreste zu sehen sein müssen. Das interessiert Stephan und so fahren wir, als endlich das letzte Kreuzchen gemacht ist, dorthin. Auf sandiger Piste geht es durch Gestrüpp auf den Fluss zu, auf der anderen Seite sind Überreste von Hütten zu erkennen. Zu Fuß kommen wir allerdings nicht trocken über den Fluss. Reifenspuren zeigen, dass schon mal jemand den Fluss gequert hat, das können wir auch. Sogar zweimal, was nötig wird, um wieder mal ein Foto zu inszenieren. Diese Touristen!



Auf der anderen Seite geht es für uns dann die letzten Meter zu Fuß weiter. Hier gefällt es Stephan, die wenigen Überreste sind authentisch, kein Zaun drum herum und es hat sich auch niemand die Mühe gemacht, irgendwas zu restaurieren oder wieder aufzubauen. Entsprechend wenig ist übrig.



Nachdem wir alles ausgekundschaftet haben, geht es zurück und wieder durch den Fluss. Wir können es kaum glauben, aber jetzt kommt uns ein Pkw entgegen. Die Flussquerung sollte er aber lieber sein lassen, auf der anderen Seite gibt es einen ziemlich hohen Absatz, der mit normalem Pkw unangenehm werden könnte. Für uns hat sich der Ausflug jetzt auf jeden Fall gelohnt und wir fahren zufrieden zurück zur # 89.
Kurz vor Kanab erreichen wir unser heutiges Tagesziel, das Utah Trails Resort, eine Ansammlung von Teepees, in denen man übernachten kann. Zunächst ist niemand zu sehen, dann finden wir doch noch die ältere Frau, die offensichtlich den Laden schmeißt. Sie zeigt uns unser Teepee und bringt uns unsere Matratzen und Schlafsäcke. Wir sind die einzigen Gäste, was auch daran liegen könnte, dass die Saison für Im-Freien-Schlafen eindeutig vorbei ist. Das Teepee ist unten quasi offen und ich habe nun doch etwas Bedenken, dass es nachts zu kalt werden könnte. Aber da muss ich jetzt durch. Die Frau fragt noch, ob wir gegen Extra-Charge von $ 10 ein Abendessen möchten, was wir aber ablehnen. Wir wollen noch einmal nach Kanab reinfahren. Vorher laufen wir noch den hauseigenen Trail, der zu einem Hügel mit einem medicine wheel führt. Hier gibt es einige Erläuterungen zur indianischen Tradition der medicine wheels, die für uns sehr interessant sind, wenn man auch zugeben muss, dass die wahre Bedeutung dieser Anlagen nicht eindeutig entschlüsselt ist. Der Sonnenuntergang taucht das rote Felsmassiv hinter den Teepees in ein warmes Licht, ein ziemlich spektakuläres Schauspiel.



In Kanab habe ich den Eindruck, dass wir uns wirklich in der tiefsten Provinz befinden, die Leute an der Tankstelle sehen ultimativ nach Redneck aus. Zum Abendessen gehen wir ins Nedra’s Restaurant. Auch hier ist alles sehr ländlich, eine der Kellnerinnen hat so einen Stiernacken, dass man sich fürchten könnte. Scary beyond all reason! Wir sind offensichtlich nicht die einzigen deutschen Touristen hier. Ein Paar besitzt die Unverfrorenheit, statt am angewiesenen Tisch an einem anderen Tisch sitzen zu wollen und irritiert die Kellnerin damit sichtlich. Sie haben sich aber durchgesetzt. Bei Stiernacken hätten sie sich das vielleicht nicht getraut. Als dessert muss ich natürlich die auf der Karte verzeichnete „deep fried ice cream“ bestellen. Zwei Minuten später steht ein Monstrum von Nachtisch vor mir. Eine riesige Kugel Eis mit dicker frittierter Kruste ruht in einem ebenfalls deep fried Taco, umgeben von einem Meer aus Karamelsauce und getoppt von einer Riesenladung Sahne! Ich sage nur so viel: ich habe nicht aufgegessen und das war wohl auch besser so. Zurück am Teepee bereiten wir uns im Waschraum auf die Nacht vor, ich ziehe mich warm an, denn ich befürchte, sehr zu frieren. Das Gegenteil ist der Fall, ich muss nachts noch Sachen ablegen, weil mir im dicken Schlafsack viel zu heiß ist. Ich schlafe allerdings trotzdem nicht sehr gut, der Schlafsack liegt schwer wie ein Stein auf mir und als leidenschaftliche Nicht-Camperin ist die ganze Situation zu ungewohnt, um 8 Stunden am Stück wie ein Baby durchzuschlafen. Trotzdem möchte ich die Erfahrung nicht missen, es ist wirklich ein besonderes Übernachtungserlebnis!

Übernachtung: Utah Trails Resort, 84 Euro

GreyWolf

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Re: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005
« Antwort #25 am: 12.12.2005, 14:43 Uhr »
Nett geschrieben - da kommen Erinnerungen auf.

@ Easy Going: da es auf Deinem Bronco langsam eng wird, habe ich mal ne kleine Kutsche dran gehängt, wo ich sitzen kann.
Wer schon immer mal wissen wollte, wie man früher gereist ist: Alte Reiseberichte

Kidrock

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Re: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005
« Antwort #26 am: 12.12.2005, 17:39 Uhr »
Also die Reisebericht sind echt immer eine Wucht!
Dagegen kann man so manchen Reiseführer im Taschenformat getrost auf den Müll befördern!
Vielleicht kommt bald auch mal einer von mir rein!

Macht weiter so,ich will meeeeeeeeeeehr!!
"And its one more day up in the canyons
And its one more night in hollywood
If you think you might come to california...i think you should"
Counting Crows-a long December

Kauschthaus

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Re: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005
« Antwort #27 am: 12.12.2005, 20:44 Uhr »
Zitat von: Kidrock
Also die Reisebericht sind echt immer eine Wucht!
Dagegen kann man so manchen Reiseführer im Taschenformat getrost auf den Müll befördern!


Volle Zustimmung! *heftig nicke

Grüße, Petra
Wenn DAS die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück!

Michel

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Re: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005
« Antwort #28 am: 13.12.2005, 08:32 Uhr »
Hallo Ole Miss


nett geschrieben und schöne Fotos! Ich fahr mit meinem Envoj hinterher!! :wink:
Pech, das Ihr in LV so Pech hattet mit der Alamo Station. Bei uns wars im Februar diesen Jahres echt toll und wir hatten die Auswahl zwischen einem Chevy Envoj und einem Chevy Truck 1500.
Haben natürlich den Envoj genommen.

Toll auch Deine Ausführungen zu den OffRoad Strecken wie CCR

Westernlady

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Re: 5000 Meilen durch den Westen der USA - Oktober 2005
« Antwort #29 am: 13.12.2005, 08:50 Uhr »
Hallo,

rutscht mal bitte noch bissl zusammen, ich möchte auch noch mit  :lol:

Ole Miss, ich habe die ersten Tage gerade während des Frühstückskaffees verschlungen! Super geschrieben! Ich freue mich auf die Weiterfahrt.