usa-reise.de Forum

Autor Thema: Desert Silence - Drei Wochen im Mai/Juni 2008 durch Arizona, Utah und Nevada  (Gelesen 46224 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Westernlady

  • Gast
In diesem Bereich der Strecke (muss so in der weiteren Nähe der Abbiegung der 97 Richtung Bagdad sein) gibt es auf der rechten Seite (bei Deiner Fahrtrichtung) eine ziemlich freistehende Felsformation, die Snoopy (oder auch einem kleinen Dinosaurier) sehr ähnlich sieht. Ist Dir die auch aufgefallen?

 :( :( :(
Nö, da muss ich dran vorbei gerauscht sein  :(
Schade.
Aber ich komme wieder dorthin.

Freut mich aber unheimlich, dass so viele die gleichen Empfindungen zum Hwy 93 hatten und auch Erinnerungen an den schönen Joshua Tree Natioal Park hatten oder aber "der Grundstein" für die Liebe zu diesem Park geweckt wurde  :D



Ok, seid Ihr alle fertig?




  4. Tag - Mittwoch, 28. Mai 2008

„Crazy“

Wow, ich besserte mich: Der Tag begann erst um 5.20 Uhr! Während der Kaffee durch die Maschine lief, ging ich nach draußen, um eine Zigarette zu rauchen. Es war schweinekalt.

Ca. eine Stunde später checkte ich aus und fuhr zur Tankstelle, dann machte ich mich auf den Weg. Commi erzählte mir, dass die Temperatur nur 45°F beträgt, ein überzeugendes Argument, die Heizung einzuschalten.

Ich quälte uns von Prescott zurück zum Hwy 93 – leider war die Straße über Nacht weder kürzer noch gerader geworden. Es ist eine Strecke, die ich nicht noch mal fahren muss, weil ich sie landschaftlich nicht so reizvoll finde. Beeindruckend ist dieses Hochplateau schon auf seine Art, wie es so plötzlich aus der Ebene aufragt, aber mir ist es dort definitiv zu grün.

Gegen 8 Uhr hatte ich unheimlich Appetit auf einen weiteren Kaffee und mir war noch immer kalt, daher beschloss ich, in Yarnell im Ranch House zu frühstücken. Mit einem Miners Burro stimmte ich mich auf die geplanten Unternehmungen ein

Als ich eine halbe Stunde später die Fahrt fortsetzte, stieg das Quecksilber, je weiter ich von der Mesa runter kam. Endlich wurde es wieder angenehm warm. Kaum war ich unten, gab es wieder das erste „Klatsch“ an der Frontscheibe... An der Tankstelle hatte ich noch überlegt, ob ich die Scheiben wasche, aber dann ließ ich es bleiben. Gute Entscheidung

Kurz nach 9 Uhr erreichte ich Wickenburg und bog auf die Vulture Mine Road ab. Anfangs war die Fahrerei schön, dann aber begann wieder die Hetzjagd auf mich – und dabei fuhr ich schon schneller als erlaubt! Mich stresste diese Hetzerei und prompt fuhr ich am Eingang zum Gelände der Vulture Mine vorbei Also Dreherle gemacht.

Pro Person beträgt der Eintritt 7 Dollar und man erhält einen Plan des Areals mit Erläuterungen. Damit ausgestattet kann man das Gelände auf eigene Faust erforschen.

Es verging aber noch ein Weilchen, bis ich meine Besichtigungstour startete, der Grund war eine Katzenmutter mit ihren drei zwei Monate alten Jungen. Die waren herzig, nur Blödsinn im Kopf, spielen, spielen, spielen. Die Katzenmama war anfangs sehr besorgt, nach ein paar ausgiebigen Streicheleinheiten wurde ich aber sofort als Spielkamerad akzeptiert.

Die Anlage der Vulture Mine ist toll. Man bekommt einen netten Eindruck über den Aufbau solcher Bergbausiedlungen.



Mir gefiel sehr gut, dass man die alten Gebäude sogar betreten durfte und dadurch einen intensiveren Einblick in das Leben der damaligen Zeit erhielt. Manchmal standen noch ein paar alte Möbel drin oder das, was von ihnen noch übrig war. Es war faszinierend, auf den Spuren der Vergangenheit zu wandeln. Nichts war offensichtlich restauriert, es wirkte alles so ursprünglich.

Gemütlich schlenderte ich zwischen den einzelnen Gebäuden umher. Ich war ganz allein dort und konnte so alles in Ruhe genießen.




Um 11.20 Uhr machte ich mich dann wieder auf den Weg. In Wickenburg bog ich auf den Hwy 60 nach Süden ab, diese Straße führt mitten durch die kleine Stadt und was ich sah, gefiel mir sehr gut: Es ist ein gepflegter, überschaubarer Ort, mit einer netten Innenstadt.

Kurz vor „High Noon“ erreichte ich in Morristown den Abzweig zur Castle Hot Springs Road, auf ihr wollte ich abseits der Hauptstraßen Richtung Phoenix fahren. Das Thermometer zeigte mittlerweile herrliche 81°F und sobald man etwas langsamer fuhr, wurde es im Auto schon sehr warm. (Die Heizung war übrigens nicht mehr an.)

Nach 2 Meilen endete der Asphalt und die Straße wurde zu einer guten und breiten Gravelroad, die sich in die Wickenburg Mountains hinein windet, rechts und links der Fahrbahn stehen viele Chollas und auch Saguaros.


Im weiteren Verlauf verengt sich die Dirt Road jedoch und wird abschnittsweise auch steiniger.

Die Fahrt ist sehr abwechslungsreich und man bekommt ständig neue Eindrücke: Mal befindet man sich in engen Senken und die Berge ragen neben einem auf, dann verläuft die Straße wieder höher und man hat herrliche Aussichten auf diverse Canyons und die Hieroglyphic Mountains und die südlichen Bradshaw Mountains.





Gegen Ende führt die Castle Hot Springs Road über drei Meilen lang durch ein steiniges Flussbett. In der Ferne sah ich eine Straße, die sich extrem steil den Berg hoch windet – ich hoffte, dass dies nicht der weitere Verlauf der Strecke war.
Aber ich hatte Glück! Nachdem die Straße das Flussbett verlässt, folgt noch ein Abschnitt mit etwas Sand und ab dem Lake Pleasant ist die Road dann wieder so breit wie am Anfang. Alles in allem eine wunderbare Strecke, auf der man tolle Einblicke ins Hinterland bekommt.

Um 14.15 Uhr hatte Commi wieder Teer unter den Hufen und ich studierte meine Karten, damit ich wusste, wie ich weiter fahren muss, mein Ziel war Phoenix, Apache Junction.

Kaum war ich auf den I 17 abgebogen befand ich mich wegen einer Baustelle gleich mitten im Chaos und Stau. Beim Schild „Phoenix City Limits“ dudelte der CD-Player gerade „Crazy“ von Aerosmith – sehr passend…
Das Verkehrsaufkommen war enorm!
Dann vereinigte sich der I 17 mit dem I 10 und weil drei Spuren noch nicht gereicht haben, kam nun eine vierte dazu...

Der Stau war vorbei, nun herrschte Stadtverkehr: Alle fuhren mit flotter Geschwindigkeit von 60 mph Stoßstange an Stoßstange...

Ich wusste, dass ich mal rechts weg muss, auf den Hwy 60 nach Osten, aber ganz rechts zu fahren war mir zu riskant: Es ist mir nämlich schon öfters passiert, dass diese Spur dann plötzlich auch noch mit zur Ausfahrt wurde und ich dann meine Not hatte, im Gewühl die Spur zu wechseln.

Dann sah ich ein Schild, auf dem der Hwy 60 angekündigt wurde - – prima alles paletti!
Denkste! Denn das nächste Schild erzählte was von „next exit left“
Hilfe, mal wieder eine Abfahrt, die links ist...
Ich quälte mich also nach ganz links, dann kam das nächste Schild, auf diesem war die ganz rechte Spur mit dem Pfeil als Exit und Überleitung zum Hwy 60 gekennzeichnet
Was denn nu

Klar, nun kapierte auch ich die Beschilderung: Nach dem Exit links zum Apache Junction abbiegen… Das hätte ich auch so gewusst!
Mist !!!
Natürlich schaffte ich es nicht mehr nach rechts zu fahren, um noch auf den Exit zu kommen...

Bis zur nächsten Abfahrt hatte ich mich dann von ganz links wieder nach ganz rechts manövriert. Ich verließ den Interstate und hatte erstmal genug vom rasanten Interstate-Stadtverkehr. Daher fuhr ich lange parallel zum Hwy 60. Ich wusste, dass Apache Junction sehr weit östlich liegt, also düste ich in diese Richtung, bis ich dann nochmals links abbog und so wieder den Hwy 60 erreichte.

Ich fuhr und fuhr und fuhr...

Hatte ich die Superstition Mountains anfangs noch in großer Entfernung gesehen, waren sie nun schon fast zum Greifen nahe. Und noch immer kein Schild mit Hinweis Apache Junction. War ich etwa schon vorbei? War ich zu spät auf den Hwy 60 gefahren? Ich wusste nicht, welche Ausfahrt ich brauche…
Es hätte mich nicht gewundert, wenn plötzlich das Stateline Schild „New Mexico“ an der Seite aufgetaucht wäre...

Aber dann kam die Erlösung, Apache Junction war endlich angeschrieben

Um 16.10 Uhr erreichte ich das Super 8 Motel. Ich entschied mich für ein Raucherzimmer, aber als ich es betrat, ging ich rückwärts wieder raus. Der Mief, der da in Teppichen, Wänden usw. hing, der war selbst mir als Raucher viel zu viel.
Das Mädel an der Rezeption war sehr nett, ich bekam ein Nichtraucherzimmer im Erdgeschoss, gegenüber vom Pool. Es hatte sowohl nach innen als auch nach außen eine Türe – sehr praktisch für Raucher und außerdem: Wer will bei so schönem Wetter abends schon drinnen sitzen?

Nun war erstmal Akklimatisieren angesagt, dabei kämpfte ich mit dem Internet und versuchte, eine Verbindung zu bekommen. Auch das Mädel von der Rezeption konnte mir nicht helfen. Ich tigerte also mal nach vorne in die Lobby, um es dort zu testen, erst ebenso Fehlanzeige aber plötzlich wurde mir eine zweite Verbindung von dem Motel angezeigt, damit ging es problemlos.

Gegen 18 Uhr entschloss ich mich, noch auszukundschaften, wie weit es bis zum Lost Dutchman State Park ist. Das ging fix, denn er ist quasi gleich um die Ecke, max. 10 Minuten Fahrzeit (da müssen dann aber auch alle Ampeln rot sein). Perfekt, so würde ich auch morgen schnell und ohne Verkehrschaos zu meinen Zielen aufbrechen können.

Quasi schräg gegenüber vom Lost Dutchman State Park befindet sich die Ghost Town Goldfield und mir fiel die Terrasse vom Mammoth Steak House & Saloon auf. Ein herrliches Plätzchen für ein kleines Abendessen.

Naja, mit ihren Chicken Nuggets können sie keinen Preis gewinnen...

Der Blick auf die Superstition Mountains entschädigte jedoch dafür. Wie sie im Licht der tief stehenden Sonne glühten, war einfach herrlich


Und das kalte Budweiser und ein paar Zigaretten dazu – dies war ein gemütlicher Abschluss eines schönen Tages

Um 19.30 Uhr war ich wieder im Motel. Erstmal duschen und Sonnenbrand verarzten (den hatte ich mir in der Vulture Mine geholt), Reisebericht tippen, Bilder überspielen, dann hielt mich nix mehr im Zimmer. Ich schnappte mir mein Buch, eine Dose Miller, meine Zigaretten und den Behelfs-Aschebecher und machte es mir bis 23.30 Uhr auf einer Liege am Pool bequem.


Gefahrene Meilen: 242[/center]

Links:
Vulture Mine
Info-Seite: Castle Hot Springs Road
Ghost Town Goldfield
Mammoth Steak House & Saloon in Goldfield
Super 8 Motel Phoenix Apache Junction

Inspired

  • Moderator
  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 8.150
  • Life is unpredictable - eat dessert first!
Super Service, dass du in deine Beiträge auch immer gleich eine Karte der Tagesetappe einstellst. Danke!

Gipsy

  • Silver Member
  • *****
  • Beiträge: 481
Hallo Silke,

Habe gerade den nächsten Tag verschlungen. Das ist ja wie ein Bilderbuch für Wüstenliebhaber. :lol: So schöne Wüstenbilder. :wink: Ich seh schon, ich muss mal einfach nur nach Phoenix fliegen und die nähere (und weitere) Umgebung genauer erkunden. Da gibt es ja so viele tolle Orte, die ich bisher komplett übersehen habe. Vielen Dank für den tollen Bericht und die vielen Anregungen.

Hier ist übrigens ein Bild vom Snoopy-Felsen.
Bis später
Gipsy

americanhero

  • Gast
toll, diese schoenen Landschaftsbilder.Und die wundervollen Kakteen erst. 
Da moechte man am liebsten sofort selbst hin. :daumen:
Und das letzte Bild ist echt der Hammer. Scheint ja eine tolle Ecke zu sein, die kenne ich noch gar nicht.


Greetz,


Yvonne

Doreen & Andreas

  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 8.002
    • http://www.neef-online.de
Puuuh... Abflug verpaßt und hinterhergehetzt.
Jetzt bin ich aber up to date und von nun an mit dabei.
Die ersten Tage lasen sich ja schon wieder sehr gut und die Bilder machen Lust auf mehr...
Viele Grüße,
Andreas
------------------------------
http://www.neef-online.de

AndyOne

  • How are you doing?
  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 3.240
    • Trailhead Adventures
Nachdem mein Reisebericht nun fertig ist, lehne ich mich bei Dir mal gemütlich zurück und fahre mit.
bye
Andy

Meine USA Reiseberichte und Bilder auf Trailhead Adventures

Westernlady

  • Gast
Super Service, dass du in deine Beiträge auch immer gleich eine Karte der Tagesetappe einstellst. Danke!

Danke  :D
Ich finde, so lässt sich die Tagesetappe einfacher nachvollziehen, als wenn ich den Lesern die Nummern der Straßen um die Löffel haue.

Hier ist übrigens ein Bild vom Snoopy-Felsen.

 :D Ich kann mich an die Stelle erinnern, habe nur leider kein Bild davon  :(
Wahrscheinlich klebte da wieder jemand an meinem Kofferraum, als ich mit max. 40 mph entlang fuhr...

Scheint ja eine tolle Ecke zu sein, die kenne ich noch gar nicht.

Ist wirklich wunderschön dort. Und in Zukunft hast Du es ja auch nicht mehr ganz so weit  :wink:

Puuuh... Abflug verpaßt und hinterhergehetzt.
Jetzt bin ich aber up to date und von nun an mit dabei.
Die ersten Tage lasen sich ja schon wieder sehr gut und die Bilder machen Lust auf mehr...

Hallo Andreas,
ich hatte Dich schon vermisst  :(
Schön, dass Du hier bist  :D

Nachdem mein Reisebericht nun fertig ist, lehne ich mich bei Dir mal gemütlich zurück und fahre mit.

Hi Andy,
ok, wir tauschen: Du übernimmst hier mal kurz das Lenkrad und ich kann Deinen Bericht fertig lesen  :wink:

Westernlady

  • Gast
5. Tag - Donnerstag, 29. Mai 2008

„Wir werden nie Freunde werden“

So langsam schien ich meinen Rhythmus zu finden, ich wurde gegen 5:30 Uhr wach und setzte gleich erstmal einen Kaffee auf. Während meiner Guten-Morgen-Zigarette stellte ich fest, dass es nachts angenehm abgekühlt hatte. Ich machte mich ausgehfertig, kramte nebenbei die Infos für heute hervor und packte meine Tasche (Akkus, Infos, Sonnencreme usw.), die ich tagsüber immer mit dabei hatte.

Genau gegenüber war ein „Waffle House“, 1999 bin ich mit Andy hier in Phoenix mal in einem gewesen und es gefiel uns da ganz gut, also mal schauen, ob es noch immer so ist. Es war nicht schlecht aber irgendwie war ich damals begeisterter davon, als dies heute der Fall war. Ich wählte ein Special mit Spiegelei, Bacon und Hashbrowns, dazu gab es natürlich noch die für das Wafflehouse obligatorische Waffel. Nach der Hälfte war ich satt. Nun war Commi an der Reihe. Der gute Junge hatte viel Durst! Ich putzte noch die Frontscheibe – na ja, sauber ist was anderes, aber wenigstens war es nicht mehr so eklig, die ganzen Leichen waren jetzt weg. Zum Schluss wurde noch die Kühltasche mit Eis und Getränken bestückt.

Unter dem linken vorderen Radkasten entdeckte ich eine Mini-Pfütze…?
Keine Ahnung, woher die kam, ob das Commi war?
Immer diese Unsicherheiten...

Kurz vor 8 war ich endlich fertig, das ganze Ritual braucht immer irgendwie seine Zeit …

Die Fahrt zum Apache Trail ging fix, die Lage vom Super 8 Motel ist wirklich unschlagbar.

Die Superstition Mountains sahen ganz anders als gestern Abend aus, da sie das Licht von der anderen Seite bekamen (logisch..., schließlich war ja Vormittag). Die majestätischen Felsen wirkten im Morgendunst grau und abweisend.


Kurz darauf war dann schon der erste Stopp fällig, um die Ghost Town Goldfield zu durchstreifen. Die Ghost Town erinnert mich an Calico, es wirkt alles viel zu künstlich. In Goldfield fehlt mir einfach das Authentische. Es spricht ja nichts dagegen, dass die alten Gebäude für Restaurants, Gift Shops etc. verwendet werden. Aber es wäre schön, wenn dies alles viel dezenter geschehen würde, ohne die ganze Werbung etc. Da war die Vulture Mine gestern viel besser. Trotzdem freute ich mich wieder, über diese so typischen Holzwege vor den Häusern zu laufen. Außer mir schlenderte nur noch ein Motorradfahrer umher, so konnte man wenigstens ein paar Fotos machen, ohne dass einem ständig jemand durchs Bild rannte.


Goldfield ist nicht groß, die Geschäfte hatten alle noch geschlossen und nach ca. 20 Mintuen fuhr ich weiter. In der Ferne sah man die Silhouette der Four Peaks, welche die anderen Felsen deutlich überragten. Würde ich mich trauen, diese Strecke heute Nachmittag in Angriff zu nehmen?

Der Apache Trail führt durch eine wunderbare Landschaft: Tolle farbige Felsen, herrliche  Kakteen, Canyons, eindrucksvolle Mesas, die tiefblauen Seen „Canyon Lake“ und „Apache Lake“ – nur die blöden Strommasten stören unheimlich. Sie sind beharrlich entlang an der Straße aufgestellt.



Kurz vor Tortilla Flat war doch tatsächlich wieder eine Schlange auf der Straße - aber ich konnte zum Glück noch ausweichen und wir kamen beide mit dem Schrecken davon. Das Prickly Pear -Eis in Tortilla Flat probierte ich nicht, so früh am Morgen war mir noch gar nicht nach solchen Experimenten.

Ein Stückchen weiter kam mir ein Polizeiauto mit Blaulicht entgegen. Der Polizist signalisierte mir, dass ich anhalten sollte, weil ein Truck mit langer Ladung entgegen kommt und eine Begegnung in der Kurve vermieden werden muss. Ich hatte vollstes Verständnis, Commi und ich blieben wie festgenagelt stehen.

Langsam fragte ich mich, wann denn nun der Asphalt aufhört oder sollte mittlerweile der komplette Apache Trail geteert sein? Aber endlich tauchte ein Hinweisschild auf, dass die Strecke während der nächsten 22 Meilen unpaved ist.

Anfangs wies die Straße einige unangenehme, tiefe Löcher auf und es holperte ordentlich, wenn man denen nicht ausweichen konnte, aber dann wurde sie besser, eine feste Staubpiste.

Ein Schild kündigte an, dass die Strecke nun zur „one lane road“ wird?
Wieso denn das

Der Grund offenbarte sich nach der folgenden Kurve: Der Weg wurde so schmal, dass an der Wand des „Black Cross Butte“ in den „Fish Creek Mountains“ wirklich nur ein Auto auf die Fahrspur drauf passt! Am liebsten hätte ich die Augen geschlossen, damit ich nicht sah, wie tief es neben der Straße runter ging, aber das wäre wohl nicht sehr gesund gewesen...


Und was ist, wenn nun doch jemand entgegen kommt? Ich fahre nicht rückwärts!!!
Aber ich hatte Glück, es war kein Gegenverkehr unterwegs.

Unten angekommen war die Straße dann wieder breiter. Man hatte einen guten Blick auf die Wand, an der man vorher gerade hinunter gefahren war – und ich entdeckte diverse Autowracks, die irgendwann mal abgestürzt waren

Die Landschaft ist ein Traum.


Gegen Mittag erreichte ich den Roosevelt Staudamm. Und nun? Four Peaks oder nicht? Ach was, schlimmer als der steile Abhang konnte es auch nicht werden Der CD-Player spielte gerade „Dead or Alive“ – sollte mir das zu denken geben

Ich fuhr einige Meilen nach Norden und bog dann auf die El Oso Road ab. In der Ferne sah man den Verlauf der Straße – sah doch ganz harmlos aus, wie sie sich in Richtung der „Four Peaks“ schlängelte.

Sie ist bestimmt auch harmlos - aber nicht für mich. Nach den ersten paar Hundert Metern ging es steil nach oben. Die Straße verläuft immer mal ein kurzes Stück auf einer Art Grat, aber dann kommt gleich die nächste verdammt steile Stelle. Ist die Straße anfangs noch breit, wird sie sehr schnell immer enger und bietet nur noch einem Auto Platz. In der Mitte ist die Fahrbahn etwas nach oben gewölbt und – ganz fies - in den Kurven neigt sie sich dann ganz unangenehm abschüssig zum Abhang.
Fürchterlich!!!
Mir wurde flau im Magen, ich begann am ganzen Körper zu zittern und umklammerte das Lenkrad, dann wurde mir richtig elend. Ich hatte einfach nur noch Angst Aber mir blieb nix übrig als weiterzufahren. Umdrehen wäre nicht gegangen.

Nach ca. 4 Meilen bot sich dann endlich eine Gelegenheit. Ich schaute den nächsten Abschnitt an, da wurde es noch steiler, d.h. es ging noch höher hinauf (man könnte also noch tiefer runterfallen) und ohne einen einzigen Gedanken des Bedauerns drehte ich um. Die Abfahrt empfand ich nicht mehr als ganz so schlimm, aber Commi tat mir leid, seine Bremsen mussten viel arbeiten.

Dennoch genoss ich den Ausblick, den man von der El Oso Road auf den Roosevelt Lake hat.


Ich war froh, als ich wieder unten war und ich bereute nicht, dass ich das Vorhaben abgebrochen hatte. Das wird mir eine Lehre sein und ich werde mir künftig vorher in Topo das Höhenprofil solcher Strecken anschauen. Möglicherweise wäre die Strecke für mich nicht so fürchterlich gewesen, wenn ich sie von der anderen Seite aus in Angriff genommen hätte. Da steigt sie eher gemächlich bis zum höchsten Punkt an, man kann sich besser darauf einstellen.

Der Anfang der Trailbeschreibung „very popular mountain drive“ im 4WD-Book hätte mir schon zu denken geben sollen bzw. gab mir auch zu denken, was ich aber ignorierte.
Mountains (mit ihrer Höhe und den Tiefen) und ich, wir werden nie Freunde werden.

Ich gönnte Commi eine Pause, um seine Bremsen abzukühlen, schlachtete in der Zwischenzeit eine kalte Coke und rauchte eine Beruhigungszigarette gegen meine flatternden Nerven.

Als sich der Pudding aus meinen Knien verflüchtigt hatte beschloss ich, das Tonto National Monument zu besuchen. Also fuhr ich wieder zurück, überquerte erneut die Roosevelt Bridge und kurz darauf kam auch schon der Abzweig. Ich parkte Commi, besorgte mir eine Eintrittskarte und begab mich auf den Trail. Der ist zwar kurz aber unangenehm steil.

Und ganz fies waren die kleinen schwarzen Fliegen   Sobald man stehen blieb, wurde man umsummt, sie versuchten in die Ohren zu krabbeln usw. Man war nur noch am Rumwedeln. Diese Viecher waren mir auch gestern schon aufgefallen, aber nicht in diesen Mengen. Widerlich! Es ist überhaupt das erste Mal im Südwesten, dass ich solche Flugviecher sehe. Ob es an den Regenfällen der letzten Woche liegt, ist da eine neue Generation geschlüpft?

Um 13 Uhr, so richtig fein in der Mittagshitze, schleppte ich mich den Weg nach oben. Die Indianer können damals noch keine Friedenpfeife oder sonst was geraucht haben, sonst hätten sie nicht so weit oben gebaut… *stöhn*
Eine Rangerin war in den Ruinen und erzählte den Leuten vieles über die Geschichte. Den Job möchte ich nicht haben – bei diesem Arbeitsweg.

Ich lauschte ihrem Vortrag und ließ alles auf mich wirken.


Der Weg zum Parkplatz war um einiges einfacher. 

In Globe ging ich schnell zum Fry’s, meine Wasservorräte waren beachtlich geschrumpft und ich holte mir einen Salat für das Abendessen. Eine Tüte Eis musste auch noch mal her, das Thermometer zeigte 92°F und in der Kühlbox befand sich nur noch Wasser, in dem mein Salat sonst abgesoffen wäre.

Kurz nach halb fünf war ich wieder am Motel. Ich schaute nach, ob das Internet nun geht – tatsächlich, es funktionierte. Also schrieb ich fix zwei E-Mails, guckte kurz ins Forum und machte mich dann um 17.15 Uhr auf den Weg zum Lost Dutchman State Park. Dort schlenderte ich den kleinen Trail zwischen dem Cholla Picknick-Platz und dem Saguaro Picknick-Platz entlang. Ich ärgerte mich, dass ich mein Abendessen im Kühlschrank vom Motel gelassen hatte, aber die lästigen Mücken überzeugten mich davon, dass es die richtige Entscheidung war. Bei dem Gesummsel wäre das Essen zur Qual geworden.

Und dann tat ich was, wovon ich schon dachte, dass ich gar nicht mehr weiß, wie das geht: Ich machte einfach mal gar nix. Nix aufschreiben, nix nachschauen, nix überlegen usw.
Ich öffnete eine Dose Miller, zündete eine Zigarette an, beobachtete, wie sich der Schatten durch die untergehende Sonne immer mehr auf die Superstition Mountains hin bewegte und ließ die Seele baumeln.




Gegen 19.40 Uhr war ich wieder am Motel. Nach einer erfrischenden Dusche mampfte ich meinen Salat, dann wurde der Reisebericht getippt und in der Lobby noch mal die E-Mails gecheckt. Als alles erledigt war, machte ich es mir wieder mit einem Miller und meinem Buch am Pool bequem, bevor ich gegen 0.30 Uhr ins Bett ging.


Gefahrene Meilen: 188[/center]

Links:
Tortilla Flat
Ghost Town Goldfield
Apache Trail
Super 8 Motel Phoenix Apache Junction

Inspired

  • Moderator
  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 8.150
  • Life is unpredictable - eat dessert first!
Na, das flaue Gefühl kann ich absolut nachvollziehen! Früher hatte ich keine Höhenangst, aber mittlerweile wird mir auch in recht harmlosen Situationen in Höhe oder an Abhängen schnell mal komisch, was dann auch noch eine Weile danach anhält.

Gute Info: Waffle-House im Süd-Westen, sehr gut! Bisher dachte ich immer, die gibt es vorwiegend im Süd-Osten. Dort geht´s halt schnell und Waffeln passen bei mir immer.

Hach, und im nächsten Frühjahr fahre ich diese Strecke dann bestimmt auch!

Gipsy

  • Silver Member
  • *****
  • Beiträge: 481
Die Landschaft ist ein Traum.

Dem kann ich nur zustimmen. Wieder ein toller Tag mit tollen Wüstenbildern zum Anschmachten.
Gut, dass Du die Straßen vortestet und so gut beschreibst. Da weiß ich schon im Voraus genau, wo ich nie, nie, bestimmt nie im Leben selbst entlangfahren werde (und als Beifahrer nur mit geschlossenen Augen und am besten bewußtlos). :wink:

Meine Liste mit interessanten Punkten im Raum Phoenix, Tucson, Sedona wird immer länger.
Bis später
Gipsy

carovette

  • Gold Member
  • *****
  • Beiträge: 1.599
    • carovette
Ich bin schon wieder total begeistert, Silke, da wäre ich gerne dabeigewesen. Super Tag!

Grüßle Caro

mannimanta

  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 3.352
  • USA Reisevirus - nicht heilbar....
Mann, Mann, Mann...
Da ist man mal ein paar Tage nicht da und hier werden die geilen Reiseberichte
gestartet... :groove:

Ich hechele zwar noch etwas hinterher, aber der Titel und die Bilder machen
mich schon sehr neugierig... :daumen:

CU,
Manni


man-of-aran

  • Bronze Member
  • *****
  • Beiträge: 381
Fantastisch, Westernlady!!!
und täglich träume ich vom Juli 2008...

Palo

  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 15.087
Klasse Bericht Silke. Ich bin auch immer gerne in Wickenburg oder den Superstition Mountains. Man kann dort auch herrliche Ausritte in die Wildnis machen.
Gruß

Palo

Westernlady

  • Gast
Guten Morgen  :winke:

Danke für Eure lieben Kommentare zum Bericht  :D