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Autor Thema: Die unglaubliche Anziehungskraft von unpaved Roads im wilden Westen Mai/Juni 16  (Gelesen 53417 mal)

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sil1969

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Wirklich eine schöne Reise! Die Black Hills haben uns damals auch besonders gut gefallen.
LG Silvia

Jessie

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Toll, wie viele Fotos du uns vom Custer SP zeigst.
Ich war da noch nicht, habe aber jetzt eine ungefähre Vorstellung  :dankeschoen:

Culifrog

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Tag 34  – Rapid City - Cheyenne (14.06.2016)

Ein letztes Mal gibt es das Frühstück von K. Wir schneiden ein paar Äpfel für die begging Burros klein, machen klar schiff und verlassen Rapid City über den Needles Highway. An einer Haltebucht wuseln drei Streifenhörnchen umher und jagen sich gegenseitig das Futter ab.


Needles Highway


Streifenhörnchen am Needles Highway

Bereits gestern habe ich mich über das Militär in einem State Park gewundert und auch heute kommen uns Armeefahrzeuge entgegen. Kurz nach der Entrance Station bauen Soldaten eine Brücke. Das heisst, ein paar bauen, die anderen stehen bewaffnet um die Baustelle herum. Besonders amüsant finde ich es, dass sie dafür nicht bloss bewaffnet und im Kampfanzug sind, sondern auch noch Tarnfarbe im Gesicht und grüne Büschel auf dem Helm tragen.

Für einmal fahre ich und Reiner sitzt daneben. Auf einmal staut sich der Verkehr. Eine grössere Herde Pronghorns grast auf der linken Seite und unzählige Buffalos überqueren vom linken Hügel herkommend die Strasse. Wir haben im Yellowstone einige Bisons gesehen, aber dies hier übersteigt alles. Den Motor kann ich abstellen, denn es ist offensichtlich, dass es ein Weilchen dauern wird, bis alle Bisons den Weg auf die rechte Seite gefunden haben. Dort ist auch noch eine Wasserlache, in welcher sich die einen baden müssen und die anderen einen grossen Schluck davon gönnen.


Pronghorns und Bison am Wildlife Loop im Custer State Park


Pronghorn am Wildlife Loop im Custer State Park


Bisons am Wildlife Loop im Custer State Park

Inzwischen überqueren auch die Gabelböcke die Strasse und verschwinden auf der rechten Seite am Horizont. Irgendwann gibt es eine Lücke, die genügend gross ist, um an den Kolossen vorbeizufahren. Der Platz, wo gestern die bettelnden Esel waren, ist heute voller Bisons. Die haben wohl die Burros vertrieben. Schade, wir haben doch extra Apfelviertel eingepackt, um sie den Grautieren zu füttern.

Immer wieder muss ich wegen Bisons stoppen. Insgesamt stehe ich wegen den Tieren rund eineinhalb Stunden auf der Strasse herum, habe aber riesigen Spass daran. Nicht nur die imposante Grösse der Tiere, sondern auch die Anzahl ist beeindruckend.

Nach einer Kurve sehe ich doch noch die Esel. Hier zu halten wäre zu gefährlich, deshalb fahre ich an ihnen vorbei. Als dann aber auf einer Geraden ein paar weitere entgegenkommen, stelle ich den Warnblinker und fahre rechts ran. Ein Esel sieht das und steuert auf mich zu. Ich füttere ihm einen Apfel und der niest mich voll an. Das ist ziemlich eklig, trotzdem mache ich weiter, bis kein Obststück mehr da ist. Zum Glück haben wir Taschentücher und Wasser da, das eigentlich zum Trinken gedacht ist. So kann ich mich von der Eselsspucke befreien und fühle mich wieder einigermassen sauber.

Im Süden verlassen wir den Park mit vielen unvergesslichen Eindrücken im Gepäck. Wieder führt uns der Weg durch den Wind Cave National Park, diesmal in die umgekehrte Richtung. Kurz vor dem Visitor Center gibt es eine Picnic area, wo wir unser Mittagessen einnehmen. Eine Gruppe kommt zu Fuss vom Visitor Center her, um eine kleine Wanderung zu unternehmen. Es scheint sich um zwei Familien und ein Paar zu handeln. Das Paar und die eine Familie sind für eine Wanderung viel zu chic angezogen und haben keinen Plan, wo sie entlanglaufen sollen. Nach einigem hin und her kehren sie um und gehen wieder zurück.

Wir fahren weiter über Hot Springs, das hübsche Städtchen, das uns schon vorgestern aufgefallen ist. Von nun an wird es langweilig. Links und rechts nur Wiesen. Einzig ein Kojote, der über die US-385 ins grüne Feld rennt, bietet etwas Abwechslung. Wir kommen in Nebraska an, dem achten und letzten Staat unserer Tour. Für das Schild gibt es extra eine Aus- und Einfahrt. Es geht weiter mit Feldern, Kühen, Wiesen, Kühen, Feldern, sanften Hügeln und nochmals Kühen. Die Kühe haben riesige Weiden, trotzdem stehen immer alle auf einem Haufen herum.


Hot Springs


US-385 in Nebraska

Teilweise stinkt es bestialisch. Ob die hier Biogas produzieren? Ich kann zwar keine Anlagen erkennen, aber der Gestank muss ja irgendwoher kommen. Wir haben inzwischen 29°C und der Himmel ist voller Schäfchenwolken. Wie damals in New Mexico verdeutlicht der Himmel die unendliche Weite dieses Landes.

In Alliance machen wir einen Abstecher zu Carhenge.

Carhenge (NE)

Carhenge ist ein Kunstwerk aus alten Autos in der Nähe von Alliance, einer Stadt in Nebraska. Als Vorbild dienten die steinzeitlichen Megalithkreise von Stonehenge. Das Projekt von Jim Reinders wurde während der Sommersonnenwende 1987 eingeweiht und 2006 ein Besucherzentrum eröffnet. Statt aus Steinen besteht Carhenge aus amerikanischen Autos, die mit grauer Farbe besprüht sind. 38 Oldtimer stehen in einem Kreis von 29 Metern. Einige Autos wurden senkrecht 1.5 Meter im Boden verankert aufgestellt und zum Teil über waagrecht aufliegende Autos miteinander verschweisst.

Als erstes suche ich eine Box, um den Eintritt zu bezahlen, werde aber nicht fündig. So gehen wir mit Kameras bewaffnet zu der coolen Installation. Reiner stellt sich in den Kreis und versucht ein 360° Panorama mit seinem Handy. Er meint, es habe ein paar Schwächen, doch ich finde es gelungen. Das Gelände ist recht klein und somit schnell besichtigt. Nun besuchen wir den kleinen Shop. Ausser uns sind noch zwei andere Besucher hier. Die Kassiererin unterhält sich mit ihnen und bezieht mich ins Gespräch mit ein. Als sich herausstellt, dass ich nicht zu den anderen gehöre, fragt sie wie üblich nach meiner Herkunft. Oh, aus der Schweiz, dann soll ich doch bitte etwas ins Gästebuch schreiben. Klar, mache ich doch gerne.


Carhenge in Alliance


Kunstwerk bei Carhenge in Alliance


Kunstwerk bei Carhenge in Alliance


Kunstwerk bei Carhenge in Alliance


Kunstwerk bei Carhenge in Alliance

Auf der Weiterfahrt kommen noch mehr Kühe. Manche haben es nicht so schön wie die anderen. Die haben wesentlich weniger Platz und manchmal kein bisschen Grün. Dann kommen wir wieder mal an einem gigantisch langen Zug vorbei. Wie ein kleines Kind muss ich die Wagen zählen. Es sind vorne 4 Lokomotiven gefolgt von 146 Wagen und abschliessend eine weitere Lokomotive. Die Wagen sind alle mit Kohle gefüllt. Da kann man nur hoffen, nicht an einem Bahnübergang stehen zu müssen, wenn so ein Zug vorbeifährt.

Scotts Bluff National Monument (NE)

Das markante Kliff diente den Pionieren im Wilden Westen als wichtige Wegmarke für ihren Weg über die Rocky Mountains. Der Kern des Schutzgebiets ist eine Klippe aus Sandstein am Südufer des North Platte River. Es liegt an den als National Historic Trail ausgewiesenen und markierten Routen Oregon Trail, California Trail und Mormon Trail. Picknickplätze und Wanderwege sind von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang geöffnet.

Kaum sind die Schilder zum Scotts Bluff National Monument zu sehen, überrascht die Landschaft mit Kliffen, die aus der Ebene stossen. Wir fahren durch zwei Tunnels auf die Klippe hoch und laufen zum South Overlook. Ein phantastischer Blick über die Ebene bietet sich uns.


Scotts Bluff National Monument


Scotts Bluff National Monument


Aussicht vom South Overlook des Scotts Bluff National Monument

Reiner schlägt vor, im Städtchen Scottsbluff etwas essen zu gehen. Mir gefällt die Idee. Wir fahren ein bisschen durch den Ort, werden aber nicht fündig. Ohne Internet ist es auch etwas schwierig, also fahren wir auf den Parkplatz eines McDonalds, um in dessen WLAN nach einem gescheiten Restaurant zu suchen. Unsere Wahl fällt auf das Whiskey Creek Saloon Steakhouse & Grill.

Das Navi führt uns zielsicher zu dem Lokal, das gut besucht ist. Auf den Tischen stehen Blecheimer mit Erdnüssen und die Schalen liegen auf dem Boden - sehr gewöhnungsbedürftig, aber irgendwie auch cool. Die Erdnüsse schmecken phantastisch. Sie werden in einer grossen Tonne geröstet und mitsamt Schale gewürzt. Für unseren Kellner sind wir die ersten Schweizer. Einmal habe er einen Polen bedient, sonst noch keine Europäer. Die Premium Rip Steaks sind sehr lecker und die Atmosphäre des Ladens gefällt mir.

Kurz nach Scottsbluff fährt ein Auto auf die falsche Fahrspur, wendet jedoch sofort, so dass nichts passiert. Ich kann mir vorstellen, welch ein Schreck dem Fahrer widerfahren ist, als er gemerkt hat, dass er als Geisterfahrer unterwegs ist.

So langsam geht die Sonne unter und taucht die Felder in ein goldiges Licht. Bis wir in Cheyenne ankommen, ist sie am Horizont verschwunden.

Cheyenne (WY)

Die Hauptstadt von Wyoming zählt rund 60'000 Einwohner und liegt am Rande der Laramie Mountains auf 1'848 Metern Höhe. Auch heute noch ist es das Zentrum der Viehzucht (Cowboy Capital). Seit 1897 finden jährlich das Festspiel «Frontier Days» statt, das über 300'000 Besucher anlockt.

Wir checken im Fairfield Inn & Suites ein. Wir können wählen, ob wir im ersten oder zweiten Stock schlafen wollen. Dass wir uns für das obere Geschoss entscheiden, ist wohl überflüssig zu erwähnen. Diesmal gibt es aber einen Lift. Gleich neben unserem Zimmer ist eine Gästewaschmaschine, die wir noch in Betrieb nehmen, bevor endgültig Nachtruhe ist.

Culifrog

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Tag 35  – Cheyenne - Denver (15.06.2016)

Nach einem ganz passablen hot Breakfast im Motel fahren wir in das Historic District von Cheyenne. Das Viertel, das rund um den Bahnhof der Union Pacific Railroad erbaut ist, trifft voll meinem Geschmack. Ein etwas schäbiger, leicht heruntergekommener Industrielook ist genau das, was ich gerne mag. Auch der Platz mit seinen überdimensionierten Cowboystiefeln finde ich ganz spannend, auch wenn er sich gerade "under construction" befindet.


Überdimensionaler Cowboystiefel auf dem Cheyenne Depot Plaza


Statue auf dem Cheyenne Depot Plaza


Überdimensionaler Cowboystiefel auf dem Cheyenne Depot Plaza


Statue auf dem Cheyenne Depot Plaza


Überdimensionaler Cowboystiefel auf dem Cheyenne Depot Plaza


Alter Bahnhof (Fahnen wegen dem Anschlag von Orlando auf Halbmast)


Überdimensionaler Cowboystiefel auf dem Cheyenne Depot Plaza


Strassenkreuzer in Cheyenne

Next Stopp: Outlet in Loveland. Ich mag kein Shopping. Am liebsten hätte ich es, wenn mir viele neue Sachen einfach so zufliegen würden, ohne das blöde An- und Ausziehen und stundenlang durch Läden zu streifen. Ausserdem zieht es mich in die Natur, ich will zum Rocky Mountains National Park. Na mit der Einstellung wird das logischerweise nichts mit Einkaufen. Wenigstens Reiner findet für sich ein paar Nike.

Rocky Mountains National Park (CO)

Nordwestlich von Boulder in Colorado liegt der Rocky Mountains National Park. Bekannt für seine Ausblicke auf die Rocky Mountains sowie seine Tier- und Pflanzenwelt, ist er ganzjährig stark frequentiert. Er bietet ein ausgedehntes Wanderwegnetz. Die kontinentale Wasserscheide und der Colorado River verlaufen durch den Nationalpark.

Die Scenic Drive "Old Fall River Road" ist der Zugang zum Hochland des Parks. Sie führt vom Horseshoe Park durch die Wildnis des Parks zum Fall River Pass, der auf einer Höhe von 3595 Meter liegt. Die 17.7 km lange Gravel Road mit vielen Serpentinen kann nur von Osten nach Westen befahren werden und ist im Winter geschlossen. Die Geschwindigkeit ist auf 15 mph beschränkt.

Ein weiterer Scenic Drive mit gigantischen Aussichten ist die "Trail Ridge Road". Die befestigte Strasse zwischen Estes Park im Osten und Grand Lake im Westen ist 77 km lang und stark befahren. Der höchste Punkt liegt auf 3713 Meter. Die windige Bergwelt ähnelt derjenigen von Kanada oder von Alaska. In der Tundra leben Pikas, Murmeltiere, Schneehühner und Dickhornschafe.


Bereits in Estes Park ist es ziemlich voll, womit ich gerechnet habe, also kann ich gut damit leben. Dass wir aber am Bear Lake Trailhead kein Parkplatz finden ist schon ein bisschen schade. Etwas Wandern hätte gut getan. Aber ich freue mich ja ganz besonders auf die letzte ungeteerte Strasse dieser Ferien, die Old Fall River Road. Doch was müssen meine müden Augen lesen: Strasse gesperrt? Das kann doch nicht sein, die haben bestimmt vergessen, das Schild zu entfernen. Ich glaube es erst, als noch zwei weitere Schilder mit derselben schrecklichen Botschaft folgen. Jammern hilft nichts, als Alternative fahren wir halt die Trail Ridge Road, die soll ja auch schön sein.


Sicht von der Bear Lake Road im Rocky Mountains National Park


Sicht von der Bear Lake Road im Rocky Mountains National Park

Und das ist sie auch. Herrliche Aussichten bieten sich uns an den diversen Aussichtspunkten. Teilweise sind die Parkbuchten ziemlich voll, so dass man schauen muss, noch ein Plätzchen zu finden. Besonders viele Leute sind beim Forest Canyon. Mein Puls rast, als ich das kurze Stück zum Aussichtspunkt gehe, die dünne Luft in dieser Höhe macht mir ganz schön zu schaffen. Der Aussichtspunkt ist durch eine Brüstungsmauer absturzgesichert, doch drei Kinder klettern auf die Mauer und beugen sich weit über diese hinaus, ohne dass ihre Eltern eingeschritten wären. Ganz aufgeregt reden sie von "Marmots" und als ich auch endlich zur Mauer vordringen kann, muss ich mich weit vorlehnen, um die drei dicken Murmeltiere in den Steinbrocken unterhalb dieser Mauer sehen zu können.


Aussicht von der Trail Ridge Road im Rocky Mountains National Park

Mit jeder Kurve steigen wir noch mehr dem Himmel entgegen, bis wir auf 3713 Meter Höhe ankommen, wo uns kurz darauf bei der Gore Range ein kühler, heftiger Wind um die Ohren pfeift. Das Thermometer im Auto zeigt noch immer 15°C an, aber es fühlt sich deutlich kälter an. Zum Glück habe ich meine Jacke auf dem Rücksitz liegen. An den Strassenrändern liegen teilweise hohe Schneewalme, so dass ich mir nun vorstellen kann, weshalb die Old Fall River Road noch geschlossen ist.


Schnee an der Trail Ridge Road im Rocky Mountains National Park


Aussicht vom Gore Range im Rocky Mountains National Park

Manche meinen, als Mitteleuropäer müsse man nicht in diesen Park fahren, weil die Gegend aussieht, wie zu Hause. Ein bisschen stimmt es schon, aber erstens brauchen wir von Basel auch ein paar Stündchen, bis wir richtig in den Bergen sind und zweitens gibt es keine Strassen in dieser Höhe. Ausserdem ist es ja nicht falsch, etwas, das zu Hause schön ist, auch im Ausland zu geniessen.

Vom Alpine Visitor Center bin ich ein bisschen enttäuscht. Die Toilettenanlagen sind schmutzig, was bestimmt auch am grossen Besucherandrang liegt, aber auch sonst haben wir schon attraktivere Besucher-Center gesehen.

Für die Weiterfahrt ist die Motorenbremse gefordert, denn es geht ziemlich steil bergab. Bei der Holzwarth Historic Site haben wir das Glück, eine ganze Herde Hirsche beobachten zu dürfen wie sie äsen oder gemütlich in der Sonne baden. Wir laufen dazu durch das hohe Gras - müssen aufpassen, nicht in Hirschkot zu treten - und stellen uns in den Schatten eines Baums. Ein anderes Paar findet das wohl eine gute Idee und folgt uns.


Hirsche bei der Holzwarth Historic Site im Rocky Mountains National Park


Hirsche bei der Holzwarth Historic Site im Rocky Mountains National Park

Kaum erreichen wir die US-40, schlägt das Wetter um. Statt weisse Quellwolken versteckt sich die Sonne nun hinter dicken, schwarzen Wolken. Beim Verlassen der US-40 auf die I-70 ist es wieder schön, als ob auf der US-40 ein Fluch läge.

Mit jeder Meile, die wir uns Denver nähern, wird es wärmer. Selbst abends um 19:00 Uhr ist es in Colorados Hauptstadt noch 36°C.

Denver (CO)

Die Hauptstadt von Colorado trägt den Spitznamen «Mile High City», weil sie sich genau eine Meile über Meeresspiegel befindet. Die Stadt selber hat etwa 600'000 Einwohner und in der Metropolregion Denver-Aurora-Broomfield leben rund 2.5 Millionen Einwohner. Früher war Denver, das am östlichen Fuss der Rocky Mountains liegt, eine Goldgräbermetropole. Heute gibt es in Denver den zweitgrössten Akademikeranteil (nach Boston) der USA. Bergbauunternehmen, Energieversorgung, Logistik und Telekommunikationsunternehmen wie Qwest sind hier angesiedelt. Sport Clubs haben einen hohen Stellenwert. Die Denver Broncos, die dieses Jahr den Super Ball gewonnen haben, sind genauso Denvers Stolz wie die Denver Nuggets (NBA), Colorado Rockies (MLB) und Colorado Avalanche (NHL).

Es herrscht ein weltoffenes, liberales Flair. Seit 2014 ist der Marihuana-Verbrauch legal. Ursprünglich war es das Gebiet der Sioux, Cheyenne, Arapaho, Apache und Ute. Im 16. Jahrhundert wurde es von spanischen Expeditionen erkundet und 1706 zur spanischen Kolonie. 1803 erwarben die vereinigten Staaten das Territorium und 1858 entstanden erste weisse Siedlungen während des Pikes Peak Gold Rush.


Wir streifen die eigentliche Stadt nur knapp, denn unser letztes Hotel der Reise ist in Westminster, einem Vorort nördlich von Denver. Bevor wir einchecken, teilen wir uns bei Dickey's Barbecue Pit ein Full Slab of Ribs. Reiner testet einmal mehr seinen heiss geliebten Cole Slaw und muss auch hier feststellen, dass er wieder anders schmeckt, als an den anderen Orten. Scheinbar hat jeder sein eigenes Rezept für diesen amerikanischen Krautsalat. Die Rippchen schmecken himmlisch und von der BBQ-Sauce hätte ich gerne das Rezept.

Nun ist es Zeit unser Zimmer im Hampton Inn Denver/Northwest/Westminster zu beziehen. Die Rezeptionistin ist sehr freundlich. Sie empfiehlt uns ein Steakhouse und als wir ihr erzählen, dass wir bei Dickey's waren, gibt sie einen Tipp, wie wir da am schnellsten hinkommen. Das ist zwar zu spät, denn auch wenn es lecker war, möchten wir morgen an einem anderen Ort essen gehen.

Unser Zimmer gefällt mir sehr gut. Vor allem den Lesesessel finde ich äusserst bequem. Dort stöbere ich noch ein bisschen in Reiseberichten, bis ich die nötige Bettschwere habe für die vorletzte Nacht in den USA.

sil1969

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Ich mag kein Shopping. Am liebsten hätte ich es, wenn mir viele neue Sachen einfach so zufliegen würden, ohne das blöde An- und Ausziehen und stundenlang durch Läden zu streifen.

Ich auch nicht. Ist ja eigentlich total untypisch für eine Frau. Allerdings sieht es in den USA anders aus, da gehe ich gerne mal shoppen.  :D
LG Silvia

U2LS

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Ich mag kein Shopping. Am liebsten hätte ich es, wenn mir viele neue Sachen einfach so zufliegen würden, ohne das blöde An- und Ausziehen und stundenlang durch Läden zu streifen.

Ich auch nicht. Ist ja eigentlich total untypisch für eine Frau.

Das habe ich auch gerade gedacht; diese Spezies Frau gibt es sehr sehr selten   :D
Gruß
Lothar

I work bloody hard at work so that I can get home early

http://www.traumzielamiland.de/


usa2008

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Zitat
  Ich mag kein Shopping

zuhause gehöre ich auch zu dieser seltenen Spezies, aber im Urlaub gehe ich merkwürdigerweise sehr
gerne shoppen  :?

Culifrog

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Ich mag kein Shopping. Am liebsten hätte ich es, wenn mir viele neue Sachen einfach so zufliegen würden, ohne das blöde An- und Ausziehen und stundenlang durch Läden zu streifen.

Ich auch nicht. Ist ja eigentlich total untypisch für eine Frau.

Das habe ich auch gerade gedacht; diese Spezies Frau gibt es sehr sehr selten   :D
Zitat
  Ich mag kein Shopping

zuhause gehöre ich auch zu dieser seltenen Spezies, aber im Urlaub gehe ich merkwürdigerweise sehr
gerne shoppen  :?

Wenn Ihr den heutigen Bericht lest, dann seht Ihr, dass ich einem zweiten Frauen-Klischee durchaus entspreche: Ich ändere meine Meinung und es geht zum Extreme-Shopping :lol:

Culifrog

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Tag 36 – Denver (16.06.2016)

Das Frühstück sieht gut aus. Reiner macht uns Waffeln und ich freue mich auf die frischen Früchte. Die Waffeln schmecken aber überhaupt nicht und die Früchte sind steinhart gefroren. Ich bin masslos enttäuscht. Am Fernseher läuft irgendein EM-Spiel, was zwei spanisch oder portugiesisch sprechende Männer interessiert verfolgen.

Der Couch eines Football Teams schmiert das Gesicht seines Sohnes mit Sonnencrème ein, weswegen dieser sein Gesicht verzieht, wie meine Brüder und ich es vor vierzig Jahren taten, als unsere Mutter dies bei uns machte.

Wir wollen nochmals einen Versuch wagen, ein paar Klamotten und vielleicht eine Handtasche für mich zu kaufen. Dafür fahren wir bei dichtem Verkehr durch Denver ins Outlets at Castle Rock zum Extreme-Shopping. Wir brauchen ausserdem einen neuen Fotorucksack, weil der alte gerissen ist und fragen bei Samsonite nach. Leider haben sie keinen, aber die Verkäuferin ist unheimlich nett und gibt uns Tipps und Wegbeschreibungen zu Fotogeschäften, die eventuell welche im Angebot haben könnten.

Vollgepackt mit Tüten und glühender Kreditkarte fahren wir nach Denver zurück. Reiner ist noch immer überrascht, dass ich es so lange ohne zu Murren ausgehalten habe. Selbst bei Mike's Camera in Denver, bin ich geduldig bei der Auswahl eines geeigneten Modells. Der Laden selber ist super, nur der Verkäufer etwas aufdringlich. Wir werden schliesslich fündig und shoppen schliesslich in der Cherry Creek Mall weiter.

Nun haben wir aber genug Klimaanlagen genossen, ein bisschen etwas möchte ich noch von der Stadt sehen, auch wenn draussen knackige 42°C herrschen. In der Nähe des Denver Art Museum von Daniel Libeskind finden wir einen Parkplatz für eine Tagespauschale von 10 US-Dollar. Als erstes schauen wir uns das Museum an, vor welchem ein paar junge Leute Unterschriften für Greenpeace sammeln. Sehr motiviert sind sie nicht, in der Hitze wildfremde Menschen anzusprechen und ihnen ein Autogramm abzuschwatzen. Unseres wollen sie komischerweise nicht, nachdem wir ihnen erklärt haben, dass wir aus Switzerland sind.


Denver Art Museum von Daniel Libeskind


"Schüfeli ond Bäseli" vor dem Denver Art Museum


Denver Art Museum von Daniel Libeskind


Cowboy und Indianer auf dem Dach des Denver Art Museum


Denver Central Library


Noch mehr Architektur in Denver


Es steht ein Pferd auf dem Stuhl


ALPS Mutual Funds Services in Denver


Down Town Denver

Den grossen Civic Center Park zwischen Colorado State Capitol und Denver City Council teilen sich unzählige Eichhörnchen und Kiffer. Wir schauen uns erst das Capitol an, dann spazieren wir zwischen den Rauchwölkchen hindurch zum City Council und das alles bei tropischen Temperaturen. Zum Glück mag ich den süssen Duft und zum Pöbeln sind die Leute eh viel zu fertig, was selbstverständlich nur dem Wetter geschuldet ist.


Colorado State Public Defender


Civic Center Park mit Colorado State Capitol im Hintergrund


Eichhörnchen nimmt den Mund zu voll im Civic Center Park


Colorado State Capitol in Denver


Noch ein Eichhörnchen im Civic Center Park


Colorado State Capitol in Denver


Denver City Council in Denver


Noch ein Gebäude in Denver

Nach ein paar Stündchen in der Stadt fahren wir zum Hotel zurück. Die Interstate ist dicht, wir sind voll in den Berufsverkehr geraten. Mir macht das nichts aus. Ich kurble – okay, ist heutzutage elektrisch – das Fenster hinunter und werfe einen letzten Blick auf die Stadt und das Stadion. Das war’s dann also, so schnell können fünf Wochen vergehen.


Skyline von Denver


Luna Park in Denver

Im Hotel machen wir uns frisch und ich schaue nach dem nächsten Sushi-Restaurant, um nicht mehr weit fahren zu müssen. Ich werde fündig. Auf dem Parkplatz des Sakana Sushi & Ramen in Westminster stehen keine Autos und das Lokal scheint geschlossen zu sein. Reiner guckt nach, während ich im Auto sitzenbleibe. Wider Erwarten hat es geöffnet. Zögernd gehen wir rein und setzen uns an einen der vier Tische. Wir sind die einzigen, aber kurz darauf gesellen sich weitere Gäste dazu. Ich kann mich nicht zwischen Ramen und Sushi entscheiden, wähle dann doch meine geliebten Rolls, ohne es zu bereuen.

McC

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Wenn ich mich nicht täusche gibt es Luna Park schon lange nicht mehr.... dürfte über hundert Jahre her sein.  :wink:

Die Holz-Achterbahn Twister 2 (1964)und Skyline bekommt man richtig ins Bild nur vom Stadion.


Culifrog

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Wenn ich mich nicht täusche gibt es Luna Park schon lange nicht mehr.... dürfte über hundert Jahre her sein.  :wink:

102 Jahre, um genau zu sein :-D Ich habe den Namen in Erinnerung an meine Kindheit gewählt, wo Plätze mit "Reitschulen" (Achterbahnen, Karussells u.ä.) "Luna Park" genannt wurden.

Jessie

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"Schüfeli ond Bäseli" vor dem Denver Art Museum


Schüfeli ond Bäseli is ja nett  :)
bei uns heißt des Scheiferl und Bäserl

Culifrog

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Tag 37  – Denver – Basel (17.06.2016)

Da ist er nun, der letzte Tag und ich fühle mich seltsam leer. Keine Wehmut, dass es schon zu Ende ist, aber auch keine Freude auf zu Hause kann ich empfinden.

Wir lassen das Hotelfrühstück sausen, auf gefrorene Erdbeeren kann ich verzichten. Wir müssen erst um 12:00 Uhr das Zimmer räumen, also trödeln wir herum und bleiben da bis zum bitteren Ende. Wir räumen die Rucksäcke aus und verstauen alles Unnötige, Gefährliche und Flüssige wie den Mückenspray oder das Taschenmesser in die Koffer.

Fünf vor zwölf stehen wir an der Rezeption einer furchtbar netten älteren Dame gegenüber. Wir plaudern noch ein bisschen über ihren „armen“ Bruder, der Pilot ist und so um die ganze Welt reisen „muss“, dann steuert Reiner das Auto Richtung Flughafen. Dort angekommen, müssen wir - wie viele andere auch - erst volltanken. Überraschenderweise sind die Preise für das Benzin trotzdem human.

Beim Car-return wird vor uns ein Auto eben weggebracht und hinter uns warten Deutsche darauf, ihres abzugeben. Der junge Mann von Alamo checkt kurz unseren Meilenstand und schon halte ich eine Quittung in der Hand. Moment mal, was sind denn das für Beträge? Der Alamo-Mitarbeiter ist bereits bei den Deutschen, da frage ich ihn danach. Das eine sei die zusätzliche Woche, dann der Zusatzfahrer und Toll ist mir selber klar. Komisch, steht doch alles bis auf den Toll auf der Rechnung und wurde der Kreditkarte bereits bei Reiseantritt belastet. Das muss ich zu Hause checken. Ich kann hier schon vorausschicken, dass alles seine Richtigkeit hat. Statt eines Gesamtbetrags hat Alamo drei Pakete geschnürt: Das erste Paket sind vier Wochen Miete, was wohl eigentlich das Maximum an Mietdauer ist, dann als zweites die Zusatzwoche, den Zusatztag (36 Tage = 4 Wochen + 1 Woche + 1 Tag) und der Zusatzfahrer und als letztes noch die Maut, die wir von Denver bis Colorado Springs «erwischt» haben.

Wir steigen in den Shuttle-Bus zum Flughafen ein und zu uns gesellt sich die deutsche Familie in drei Generationen mit Kinderwagen. Wenn ich es recht verstehe, wohnt die junge Familie mit Baby in den USA und die Eltern von ihm fliegen über München nach Berlin zurück. Ich wundere mich, dass sie nicht direkt fliegen, da erklären sie lachend, dass sie ja gar keinen Flughafen hätten. Da fällt mir ein, dass da ja noch was war...

Wir kommen am Flughafen an, aber noch nicht bei Lufthansa. Der Busfahrer räumt für einen anderen Passagier die Koffer zur Seite, da ruft die Berlinerin entsetzt: „No!!!“ und will aufspringen. Ihr Sohn beschwichtigt sie: „Mama!“ Ist wohl überall dasselbe, dass die aufgeregten Mütter überreagieren.

Wir sind viel zu früh, so, dass wir es ruhig angehen lassen können. Irgendwann stehen wir in der Schlange für den Sicherheitscheck. Reiner schiebt seinen Fotorucksack zum Röntgen und ich den Rucksack mit dem 50/500er Objektiv darin hinterher. Mein Rucksack bleibt stecken. Ich muss mit einem freundlichen Beamten zum Tisch. Er fragt, ob er die Fächer öffnen dürfe – hätte ich verneinen können? – und nimmt von jedem einen Abstrich. Ich frage ihn, was er tue und er erklärt mir, dass er einen Chemietest mache. Das Objektiv, das auf dem Röntgenbild riesig wirkt, interessiert ihn nicht besonders, er fragt lediglich, ob ich gerne fotografieren würde. Er sucht etwas in der Aussentasche und zieht meine teure Sonnencrème hervor. „Oh no!“, wie konnte mir das passieren? Ich sehe das gute Stück im Mülleimer verschwinden, da zwinkert mir der Sicherheitsbeamte zu und steckt die Tube in den Rucksack zurück. Wow, es lohnt sich halt, freundlich zu bleiben. Zum Abschied winkt er mir sogar noch nach.

Das lange Warten überbrücken wir mit Essen im Panda Express. Reiner wählt zur Verwunderung der Angestellten nur Gemüse aus. So versucht er etwas den Heisshunger auf Vitamine zu reduzieren. Besonders lecker ist es nicht, aber die Alternativen sind auch nicht besser.

Irgendwann ist es dann soweit, das Boarding beginnt. Wir dürfen wieder in der Premium Economy Platz nehmen, wo bereits Wasser in den Haltern bereitsteht. Ein Mann stellt seinen Handgepäckkoffer vor uns auf den Sitz und wandert herum, kommt zurück und stellt das Gepäckstück auf einen anderen Sitz. Es gibt ein kleines Getuschel, dann verschwindet er mit Köfferchen nach vorne. Ich vermute mal, dass er soeben in die Business Class umgebucht wurde.

Alle haben Platz genommen, die Gepäckablagen sind geschlossen und auch der Pilot ist bereit für den Abflug, wie er durchgibt, wäre es nicht einem Passagier in den Sinn gekommen, wieder auszusteigen. Jetzt müsse sein Gepäck rausgeholt werden, das bereits gefunden werden konnte. Von wegen Business Class...

Reisen wäre so schön, wenn das blöde Fliegen nicht wäre. Das Essen haut mich auch nicht vom Hocker und auf Filme schauen habe ich keine Lust. Ich versuche zu schlafen, was mir nicht wirklich gut gelingt. Endlich wird das Flugzeug auf den Landeanflug vorbereitet. Wir kommen etwas früher in Frankfurt an, als geplant. Uns nützt das nicht viel, denn unser Flug nach Basel geht deswegen nicht eher.

Im Gegenteil, auch hier gibt es eine Verzögerung, weil wir wohl mit unserem kleinen Flieger keine Priorität zum Starten haben. Der Flugkapitän informiert uns derweil über das Wetter daheim. Es sei gleich wie in Frankfurt (bewölkt und kühl) nur dass es regne. Na super. In Basel geht es schnell. Statt des Busses leisten wir uns ein Taxi, obwohl es grad nicht regnet. So kommen wir müde zu Hause an und werden von unseren beiden verschmusten Katern begrüsst.

Simone_JJ

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 :dankeschoen:
Ein toller Reisebericht!

usa2008

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Von mir auch  :dankeschoen: für den ausführlichen Bericht. Bei uns steht nächstes Jahr auch endlich der Yellowstone
auf dem Programm, allerdings fahre ich selten mehr als 200/300 Meilen am Tag, daher werden´s wohl einige Inlandsflüge.

Aus deinem Bericht vom letzten Tag kann ich so richtig deine Stimmung spüren: Wie können 5 Wochen nur so schnell
rumgehen, die Spannung, die Vorfreude, alles vorbei und jetzt??
Ich kenn diese Stimmung auch, aber mich überkommt die meist erst, wenn ich wieder ein paar Tage zu Hause bin. Am Ende
der Reise bin ich nur traurig, dass es schon wieder vorbei ist, freu´ mich aber auch auf zu Hause und bin gespannt, ob wir durch
den Zoll kommen  :wink: