Hier kommt jetzt das versprochene
FazitEine Coast-to-Coast Tour? Und dann noch als quasi USA-Reise-Anfänger? Unserer Erfahrung nach spricht da gar nichts dagegen.
Hauptargument für solch eine Reise ist, dass man einen schönen Überblick über das gesamte Land und seine vielfältigen Landschaften bekommt. Sicherlich ist dieser Überblick nicht komplett, wir haben ja beispielsweise den kompletten Südosten und Nordwesten ausgelassen.
Route 66-Wegweiser in Chicago Schildkröte auf Route 66 in Paris Springs Tallys Diner in Tulsa Sicherlich haben es auch viele der Gegenden, durch die wir gefahren sind, verdient, dass ihnen irgendwann mehr Zeit gewidmet wird. Schöne Anknüpfungspunkte wären zum Beispiel das Upper Hudson Valley und die Adirondack Mountains im Staat New York, die Gegend nördlich von Chicago an den großen Seen, die Gegend südlich von Flagstaff mit Sedona, und natürlich der klassische Südwesten. Der Vorteil an einer Coast-to-Coast Tour als Erstreise ist allerdings, dass man diese unterschiedlichen Anknüpfungspunkte überhaupt erst sieht. Gerade für eine erste USA-Reise ist es ein tolles Gefühl, das Land auf den Spuren der ersten Siedler oder der von Steinbeck beschriebenen Okies von Osten nach Westen zu erobern und den langsamen Wandel der Landschaft zu erleben. Zudem waren wir von der Freundlichkeit der Menschen vor allem im touristisch unterschätzten mittleren Westen überrascht. Wir sind selten so nett aufgenommen worden, wie von den Besitzern der alten Route 66 Vintage-Motels oder in den Restaurants und Diners in Missouri, Kansas und Oklahoma. Das Kontrastprogramm war dann das vollkommen vom Tourismus abhängige Page, als wir am selben Abend sowohl im Taco Bell wie Luft behandelt wurden und dann noch die sehr unfähige und pampige Dame an der Rezeption im Motel 6 nicht in der Lage war, ein Problem mit einer verstopften Toilette kompetent zu lösen. Einzelfälle sicherlich, aber der Gesamteindruck bleibt dennoch haften.
Anti-Interstate-T-Shirt Route 66-Wegweiser in Groom Alter Oldtimer Viele Leute bezeichnen die Fahrt durch den mittleren Westen als öde und langweilig. Das ist sicherlich im gewissen Sinne auch wahr. In unserem Bericht wird diese Tatsache etwas überspachtelt durch Konstrukte wie "… knapp 60 Kilometer später …", die oft zwischen der Beschreibung eines Ereignisses und dem nächsten stehen. Wer aber die Reise mit halbwegs offenen Augen angeht, wird zum einen sehen, dass hier über weite Strecken der Weg das Ziel ist, das heißt die schönen Landschaften, durch die man kommt und die alte Straße auf der man fährt. Zum anderen sind die alten Highways wie Route 66 und auch der Lincoln Highway alles andere als frei von Sehenswürdigkeiten. Diese fallen halt etwas schräger aus, als beispielsweise die klassischen Südwest-Sehenswürdigkeiten und bestehen aus türkisfarbenen Walfischen, schiefen Wassertürmen, runden Scheunen, riesigen Astronauten mit einer Rakete in der Hand und ähnlichem Zeug.
Route 66-Schild am Midpoint Cafe Route 66-Wegweiser Route 66-Denkmal in Tucumcari Über ein anderes hier im Forum kontrovers diskutiertes Thema sollte man sich gerade als Anfänger vor der Planung einer solchen Reise unbedingt Gedanken machen: Hotels und Motels vorbuchen oder nicht? Wir sind gemischt vorgegangen: Die Hotels in den großen Städten wurden schon von Deutschland aus vorgebucht. Zur Entscheidungsfindung wurde dieses Forum aber vor allem intensive Recherche mit Tripadvisor genutzt. Dabei wurde auf gute Innenstadtlage und gleichzeitig günstige Parkmöglichkeiten geachtet. Als Resultat waren wir mit eigentlich allen Hotels sehr zufrieden und waren in New York, Toronto, Chicago, Las Vegas und Los Angeles immer mittendrin. Die Motels auf der restlichen Strecke dagegen sollte man unserer Meinung nach nicht vorbuchen. Zum einen entdeckt man viele lohnenswerte Sehenswürdigkeiten erst während der Fahrt und zum anderen hilft eine flexible Gestaltung der Übernachtungen gerade dem USA-Anfänger, ein Gefühl für die Strecken zu bekommen, die man an einen Tag fahren kann oder will. Das ist ja von Person zu Person unterschiedlich und kann sich auch ganz schnell durch einen Wetterumschwung ändern. Wir haben während der Reise zwei geplante Ruhetage gestrichen sowie einen Tag durch längere Tagesetappen rausgeholt. Die drei gewonnenen Tage wurden für die Südwest-Schleife, Las Vegas und Los Angeles verwendet. Das Resultat war eine auf uns maßgeschneiderte Reise mit rundem Verlauf und genau passenden Tagesetappen.
Diner in Albuquerque Alte Autos in Seligman Route 66-Schild in Barstow Wir würden diesen Trip jederzeit wiederholen und irgendwie locken ja auch noch so Dinge wie Lincoln Highway oder der Highway 50...
Aber nun zu den Reiseführern. Wir hatten neben Standardsachen wie den Grundmann vier Bücher direkt zur Route 66 dabei. Das waren:
HB Bildatlas Special: USA - Route 66HB Verlag, ISBN: 361606466X
Schöner Bildband, um zu schmökern und zu träumen. Als Reiseführer zu oberflächlich und allgemein. Das Kartenmaterial ist gut, um einen Überblick zu bekommen, beim Abfahren der Route 66 hilft es wegen dem großen Maßstab aber nicht wirklich weiter. Die enthaltenen Tipps zu Restaurants, Hotels usw. haben uns nicht wirklich weiter geholfen. Als wir Bill Kinder vom Blue Swallow Motel in Tucumcari erzählt haben, dass wir aus Deutschland kommen, hat er uns ganz stolz ein Exemplar dieses Buches gezeigt (das Motel auf dem Titelblatt ist nämlich seins)
Horst Schmidt-Brümmer: Route 66Vista Point Verlag, ISBN: 3889732763
Für die Planung einer Route 66-Tour schon viel besser geeignet. Allerdings ist der Text auch eher etwas zum Schmökern (wurde auch mal mit anderen Bildern als separater Bildband veröffentlicht). Stärkste Seite des Buches sind die Infoseiten: Hier wird eine Einteilung der Route 66 in Tagesetappen mit vernünftig langer Fahrtzeit vorgestellt. Diese Einteilung hat uns bei den ersten Planungen sehr geholfen. Zu jeder Tagesetappe gibt es einen Zeitplan und Seiten mit wichtigen Informationen. Für Chicago, St. Louis, Oklahoma City und Los Angeles sind Ruhetage eingeplant. Für diese Tage sind Programmvorschläge enthalten. Gerade für St. Louis und Oklahoma City, für die sonst kaum Reiseführer existieren, ist das sehr hilfreich. Dieses Buch ist eine recht gute Mischung zwischen Reiseführer und Bildband. Die beigelegte Karte ist sehr viel detaillierter als beim HB Bildatlas
Ingrid Stein: USA: Route 66Verlag Conrad Stein, ISBN: 3893923845
Das Buch schlechthin, wenn man die Route 66 soweit wie möglich auf der Originalroute abfahren will. Die Autorin ist die ganze Strecke von Anfang bis Ende abgefahren und hat jede Abzweigung und jeden markanten Punkt mit Meilenangaben festgehalten. Zur Verdeutlichung sind schematische Karten enthalten. Wenn man mal an einer Ecke steht und nicht weiter weiß, findet man mit Hilfe dieses Buches (ziemlich) sicher raus, wie es weiter geht. Allerdings ist das Buch nicht auf dem neuesten Stand: Wir haben uns zwei Mal verfahren, weil wir uns zu sehr auf die Wegbeschreibungen verlassen haben. Einmal stimmte auch die Karte nicht mit der Beschreibung überein, beim anderen Mal war ein Hinweis zum Abbiegen schlicht und ergreifend falsch.
Drew Knowles: Route 66 Adventure HandbookSanta Monica Press, ISBN: 1595800123
Dieses Buch haben wir uns spontan in einer Buchhandlung in New York zugelegt. Hauptmerkmal ist nicht, dass sklavisch jede Abzweigung beschrieben wird. Stattdessen gibt es zu fast jeder Ortschaft an der Route 66 und zu vielen Sehenswürdigkeiten, die etwas weiter von der Strecke entfernt liegen, massig Hintergrundinfos. Außerdem erfährt man, welche geschichtlichen Ereignisse in der Ortschaft passiert sind und welche berühmten Leute hier gelebt haben. Wenn man sich alle vorgestellten Sehenswürdigkeiten anschaut, ist man mindestens zwei Monate unterwegs, also muss man eine Auswahl treffen. Das Weingut in Stroud, wo Wein in einer ehemaligen katholischen Kirche ausgeschenkt wird, haben wir uns beispielsweise nicht angeschaut, aber die wirklich süße Bugs Ranch hätten wir ohne dieses Buch niemals gefunden. Perfektes (Vor)lesematerial für den Beifahrer.
Viele Grüße,
Katharina