Mittwoch, 18.3.2015 Teil 5
Für uns geht es jetzt alleine weiter durch die Upper West Side. Aracy hat uns erzählt, dass hier früher sehr viele Deutsche gewohnt haben. Die Gegend war mal wirklich angesagt. Jetzt sind die jungen Leute aber in andere Gegenden weitergezogen, auch die Deutschen mit Geld leben jetzt außerhalb. Ein paar Dinge erinnern aber noch an die Deutschen. Wir sehen ein Restaurant mit dem Namen Old Heidelberg. Aracy hat uns aber von der Qualität des Essens dort gewarnt. Ich frage meine Freundin, ob sie Hunger hat, ja, meint sie, es wäre gut, wenn wir jetzt erstmal was essen gehen würden. Sie ist platt, aber sie ist nicht die einzige. Mein Mund war gegen Ende unseres Spaziergang von dem eisigen Wind so zugefroren, dass ich kaum noch ein vernünftiges Wort herausgebracht habe. Ich hoffe, es ist doch irgendwie rübergekommen, dass uns dieser Spaziergang unheimlich gut gefallen hat.
Da mich auch schon wieder die Blase drückt, suchen wir einen der Orte auf, die Aracy uns genannt hat - leider gibt es dort keine Toilette, aber das Essen schmeckt gut. Meine Freundin holt sich was Vernünftiges, ich begnüge mich mit einem double Chocolate Cookie und einer Cola, die ich jetzt dringend zum Wachwerden brauche.
So langsam werden wir wieder warm und wach. Wir überlegen, was wir mit dem Rest des Tages machen. So richtig hat gerade keine von uns Lust den Central Park heute noch weiter zu erkunden. Wir entscheiden uns nicht mehr zurückzugehen. Da die Sonne scheint und einen Sonnenuntergang verspricht, will ich unbedingt am Abend noch am Gantry Park fotografieren, denn ich habe zwar viel geknipst heute, aber hatte nicht so wirklich das Gefühl zu fotografieren. Eine Pause vorher im Hotel klingt da gerade sehr verlockend. Meine linke Schulter tut nämlich unter der Last des Photorucksacks immer mehr weh. Wir entschließen uns noch bei dem einen Supermarkt vorbeizugehen, von dem Aracy uns erzählt hat und dann ins Hotel zu fahren und uns vor dem Abendspaziergang etwas auszuruhen.
Da das Wort Toilette immer noch eine große Anziehungskraft auf uns beide auswirkt, gehen wir direkt in den Burger King, an dem wir vorbeikommen. Da man dort nur als Kunde einen Schlüssel für die Toiletten bekommt, esse ich als Nachtisch zu meinem Cookie dort noch ein Stück Peanutbutter Pie – etwas, was ich später noch bereuen werde, der aber sehr lecker ist, während meine Freundin sich ein Smoothie genehmigt. Als nächstes drehen wir eine große Runde im Fairway Supermarkt, von dem Aracy uns erzählt hat. Leider haben die auch nur viel Gesundes und nicht das, was ich für meine Familie mitbringen soll, aber wenigstens finde ich hier endlich den cherry chapstick, den Miss 18 haben möchte.
Nun wollen wir schnell ins Hotel, irren aber erstmal eine Weile am falschen U-Bahn Eingang herum, bis uns jemand erklärt, dass unser Eingang auf der anderen Straßenseite ist.
Nach 1,5 Stunden brechen wir zum Gantry Park auf. Von dem Park hat man einen super Blick auf Manhattan. Wäre es nur nicht so kalt! Ich laufe erstmal herum, um den richtigen Ort für ein Bild zu finden, während meine Freundin irgendwo stehen bleibt und friert. Immer wieder bläst der eiskalte Wind so heftig, dass ich fast Angst habe, dass es mein Stativ gleich schmeißt.
Als erstes entdecke ich die Pepsi Leuchtschrift, die ich am Morgen vom UNO Gebäude aus fotografiert hatte! Wir befinden uns tatsächlich jetzt am Abend genau auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses, von der Stelle, wo wir unsere Erkundung der Stadt am Morgen begonnen haben.
Ich bin glücklich endlich mal halbwegs richtig fotografieren zu dürfen. Ich bin auch nicht der einzige Hobbyfotograf, den es trotz der Kälte heute hierher verschlagen hat, aber die einzige, die so gaga ist, die blaue Stunde hindurch bis zur Dunkelheit durchzuhalten. Aber noch geht es, noch ist die Sonne nicht untergegangen, sondern blitzt durch die Häuserreihen Manhattans hindurch. Meine Sonnenblende am Tele vermisse ich jetzt schmerzlich.
Ein Gutes hat die Kälte, der Abend ist absolut klar. Und schließlich ist die Sonne untergegangen und sie ist da - die heute eiskalte blaue Stunde. Jetzt müssen nur noch die Lichter der Stadt am gegenüberliegenden Ufer angehen.
Blick auf Manhattan
Aber nicht nur die Stadt auf der anderen Uferseite lädt zum Fotografieren ein. Wenn ihr auf das Bild von heute Morgen schaut, könnt ihr da auch diese Tore, wo Long Island City draufsteht, sehen. Jetzt stehe ich hinter diesen Toren und fotografiere durch das beleuchtete Tor hindurch die Stadt.
Meine Freundin ist unterdessen fast zum Eiszapfen gefroren und auch mir ist nicht minder kalt - nur das Adrenalin lässt mich weitermachen. Das Gehirn ist längst zugefroren und eigentlich würde mein Darm sich gerne entleeren, wie immer, wenn ich zu viele Erdnüsse esse - ihr erinnert euch an den leckeren Peanut Pie vom Nachmittag?
Nur noch ein Foto sage ich - und mache mindestens noch vier. Natürlich ist die Belichtung jetzt im Dunkeln entsprechend lang .... mein schlechtes Gewissen plagt mich ja auch, aber ... ich kann nicht anders.
Nun ist aber auch Schluss - vor lauter Kälte und schlechtem Gewissen bekomme ich sowieso kein vernünftiges Foto mehr hin. Ich packe alles zusammen und wir machen uns auf den Rückweg. Mir geht der fotografische Abend durch den Kopf. Durch das verwendete Weitwinkelobjektiv erscheint die Stadt durch das Tor jetzt recht klein. Mist, ich hätte das Tele nehmen müssen. Wie bringe ich nach diesem eiskalten Abend meiner Freundin jetzt blos bei, dass ich unbedingt während unseres New York Aufenthalts nochmal hier hin will, um das Torbild nochmal mit einem Tele zu machen!
Völlig durchgefrohren und müde kommen wir wieder am Hotel an. Jetzt wo ich nicht mehr fotografiere, bibbere ich auch. Ich lasse mir ein heißes Bad ein und taue langsam wieder auf. Eigentlich wollten wir morgen nach Staten Island, aber weil meiner Freundin das Knie weh tut, entscheiden wir uns am nächsten Tag in den Bronx Zoo zu gehen. Da will meine Freundin unbedingt hin und da es wieder sehr kalt werden soll, ist das sicher kein schlechtes Ziel, weil man sich in den Häusern gut aufwärmen kann. Und bestimmt gibt es dort auch Möglichkeiten sich mal hinzusetzen. Ich bin langsam davon überzeugt, dass ich u.U. hier bei meinem Stadturlaub mehr laufe als sonst, wenn ich in den Kellerwald fahre.
Bevor ich wieder todmüde ins Bett falle, google ich die Seite des B & K Photo Ladens in Manhattan. Ich hatte mich schon vor dem Urlaub nach Kameraläden im Internet umgeschaut, denn man kann ja nie wissen. Im Internetladen finde ich eine Sonnenblende für mein Tele und sogar eine von einem Drittanbieter für 13 Dollar! Wenn ich jetzt über das offene WLAN des Hotel meine Kreditkartennummer eingebe, könnte ich es kaufen und dann am Freitag im Superstore in Manhattan abholen. Aber meine Kreditkartennummer will ich nicht durch das Hotel WLAN angeben. Also schreibe ich dem Laden lieber eine e-mail, ob sie das Teil vorrätig haben. Wenn ja, dann hoffe ich drauf, dass sie es Freitag noch haben, denn Freitag werden wir ganz in der Nähe sein und dann einen Abstecher zu dem Laden machen können. Ich bekomme relativ schnell eine positive Antwort von dem Laden und bin froh nur noch einen Tag ohne die Sonnenblende auskommen zu müssen.