Samstag, 8. Oktober
Meilenweit KunstSanta Fe die Zweite. Heute ist es bewölkt, ganz wie der Wetterbericht vorhergesagt hat. Am Nachmittag erleben wir sogar ein paar Regentropfen - in Santa Fe, wo 325 Tage im Jahr die Sonne scheint. Aber eben auch 30 Tage nicht.
Wir parken wieder direkt neben der Kathedrale. Diesmal kostet es interessanterweise 45 Dollar. Unser Argument, dass wir gestern nur 40 Dollar bezahlt haben, sorgt zwar dafür, dass der Boss herbeikommt, aber er ist "so sorry", es bleibt bei 45. Sieht so aus, als ob wir gestern ein Schnäppchen gemacht haben ...
Immerhin, die freundliche Kassiererin fragt, woher wir kommen, und bei der Antwort ¨Germany¨ bricht es aus ihr heraus. Ihr Vater sei Deutscher und stamme aus Regensburg, wo ihr Onkel immer noch lebt. Sie nennt uns auch seinen Namen und möchte wissen, ob wir ihn vielleicht kennen. Wir verneinen mit Bedauern, so klein ist Deutschland nun auch wieder nicht.
Wir starten im New Mexico History Museum im Palace of the Governor gleich an der Plaza. Es gibt allerlei Historisches zu sehen, darunter einen toll erhaltenen Planwagen (Mug Wagon). Aber uns interessiert vor allem die Ausstellung im Hinterhaus: ¨Lowriders, Hoppers and Hot Rods: Car Culture of Northern New Mexico¨. Dass manche Amerikaner automobilverrückt sind, weiß man ja. Aber was die Leute alles mit ihren Autos anstellen, ist doch erstaunlich. Wir lernen, was ein Lowrider ist. Einerseits ein Auto, das tiefergelegt und mit Chrom und allerlei Zubehör aufgemotzt wird. Andererseits aber auch sein Besitzer, dem es mehr auf Show, weniger auf Geschwindigkeit ankommt.
Besonders irre: Die blank polierten Straßenkreuzer werden so tief gelegt, dass die Karosserie fast den Asphalt berührt. Andere hieven die Autos mit Hilfe von Hydraulik meterhoch in Luft. Lowriders sind offenkundig eine eigene Community, sogar Lowrider-Fachzeitschriften gibt es.
Echt abgefahren und eine ganz andere Art von Kunst: die Ausstellung über Lowrider.Zu den ¨must sees¨ von Santa Fe gehört die Canyon Road. Auf rund einer Meile reiht sich hier Galerie an Galerie. Nicht etwa Touristenware, sondern zum überwiegenden Teil ernsthafte Kunst. Die Maler und Bildhauer betreiben ihre Läden in der Regel selbst, haben aber oft auch noch die Werke von Kollegen im Angebot. Wer durch die Canyon Road bummelt, kann sich ein Museum für Gegenwartskunst im Hinblick auf diese Region eigentlich sparen.
Die Canyon Road ist selbst ein Museum für Gegenwartskunst. Und nicht das Schlechteste.Kunst gucken macht hungrig. Zurück im Zentrum, kehren wir in dem französischen Bistro Mamou ein. Mal wieder gut getroffen. Eggs Benedict und Pilzomelett sind gut. Leider sitzen wir hinten im Lokal direkt neben der Theke mit den Backwaren. Irene kann den Kopf gar nicht wenden von diesen so köstlich aussehenden Tartes, Eclairs und Baisers. Da muss es dann noch ein Kaffee mit einer Tarte au Citron zum Nachtisch sein: himmlisch.
Die Tarte au Citron - vorher.So gestärkt, nehmen wir das zweite Museum des Tages in Angriff, das New Mexico Museum of Art. Hier hat die Kunst der Natives ihren Platz, und wir sind gespannt, was uns erwartet. Eine Sonderausstellung ist Rick Bartow gewidmet. Dieser Maler und Bildhauer hat ein breites Spektrum an Motiven und Techniken. Vieles ist düster und regelrecht verstörend. Seltsame Mischwesen zwischen Mensch und Tier sehen wir, sehr expressiv und kraftvoll. Bartow ist ganz sicher nicht nur als Native Artist bedeutend - von manchen anderen dort präsentierten Künstlern kann man das vielleicht nicht sagen.
Eine Sonderausstellung ist Rick Bartow gewidmet.Im New Mexico Museum of Art.Irene hält nun noch ein bisschen Ausschau nach einem Ring aus Türkis. Wir haben so viel Schmuck gesehen, aber das Passende noch nicht gefunden. In den Shops werden wir auch nicht fündig. Deshalb werfen wir jetzt doch einen Blick die indianischen Stände an der Plaza. Und siehe da, es klappt: Ein Türkisring wechselt für 40 Dollar Cash den Besitzer. Der Kunsthandwerker hat sogar einmal in Düsseldorf für eine Galerie gearbeitet.
So sehen die Adobe-Häuser im Rohbau aus: OSB-Platten bilden die Wände. Außen wird der braun-beige Lehmputz schön rundlich aufgetragen.Einschub: Alltagsorganisation RV: Die Zuständigkeiten sind ziemlich klar umrissen. Dieter ist wie zu Hause fürs Frühstück, fürs Spülen und für den Grill zuständig. Irene kümmert sich ums sonstige Kochen und um die Wäsche, außerdem um die allgemeine Ordnung. Auf dem Campground ist Dieter der Strom- und Wassermann, Irene hat die Hoheit über die Abwasserentsorgung. Beim Autofahren wechseln wir uns ab.
Anmerkung Dieter:Irenes Darstellung ist im Kern korrekt, nur erschließt sich mir auch bei heftigstem Nachdenken nicht, was in aller Welt unter dem Begriff "allgemeine Ordnung" zu verstehen sein soll. Fakt ist, dass ich die in meiner Obhut befindlichen Sachen, angefangen bei Kleidung und Schuhen über Handtücher und Frühstücksutensilien (wie die jeden Morgen frisch aus Alufolie angefertigten Eierbecher) bis hin zu Spülgut, Kaffeemaschine und Toaster eigenhändig weggeräumt habe. Was da noch einer nicht ohne Grund nebulös-schwammig gehaltenen "allgemeinen Ordnung" zuzuordnen sein soll, vermag ich nicht im Entferntesten zu erahnen. Ach ja: Einmal hat Irene ein von mir am WoMo-Heck zum Trocknen aufgehängtes Handtuch reingeholt. Aber rechtfertigt diese solitäre Handreichung tatsächlich, die Aufrechterhaltung der "allgemeinen Ordnung" für sich allein zu reklamieren? Oder hat sich in Irenes Worten nicht vielmehr ihr Gewissen mit der bohrenden Frage gemeldet, ob die Hausarbeit während der Reise wirklich gerecht verteilt war? Das ließe für die nächste Tour im Frühjahr hoffen.Dieters Eierbecher-Konstruktion, jeden Morgen eine neue Kreation.Wir haben uns auf dieser Reise häufig gegen Full-Hook-Up entschieden, sondern stattdessen die Dumpstation auf dem Campground genutzt, falls nötig. Wir hatten das Gefühl, dass die Nur-Wasser-und-Elektrizität-Plätze oft netter gelegen waren. Außerdem waren sie preiswerter.
Strom ist für uns relativ wichtig, weil der Fernseher dann läuft. Wegen des Präsidentschaftswahlkampfs haben wir immer wieder angeschaltet. Außerdem brauchen Toaster und Kaffeemaschine externen Saft.
Technik: Zwei Smartphones und ein Tablet haben den Kontakt zur Außenwelt gehalten. Für Irenes Smartphones haben wir eine Simly-Karte für Daten (4 GB) und Telefon (das bedeutet auch: eine amerikanische Telefonnummer, sehr praktisch), das Tablet hat nur eine Datenkarte (3 GB) zum Surfen bekommen. Dieters Smartphone haben wir nicht amerikanisiert, damit er zur Not unter seiner Nummer erreichbar ist.
Unterwegs haben wir - vor allem in der Wildnis - oft kein Netz. In der Nähe von Siedlungen aber funktioniert das mobile Internet gut. Abends auf dem Campground haben wir oft kostenloses WiFi, sodass wir auf drei Geräten parallel surfen und senden können.
Viel Technik - neben den genannten Geräten auch noch zwei Kameras, ein E-Book-Reader, eine elektrische Zahnbürste, ein Navi - braucht auch viel Strom. Wir haben uns im Walmart ein weiteres Ladekabel für den 12-Volt-Anschluss im Auto gekauft, an dem wir zwei Verbraucher gleichzeitig laden können. Das Navi steckt dauerhaft in dem zweiten 12-Volt-Anschluss. Wenn wir auf dem Campingplatz Strom haben, nutzen wir die Steckdosen im RV. Dafür sind allerdings die Steckeradapter nötig, die wir von zu Hause mitgebracht haben.